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Die Botschaft der Stunde:
"Friede auf Erden den Menschen guten Willens."
(14.11.24)

Vgl. dazu die beiden folden Einträge:

Ein 'Friede' kann nicht herbei gebombt werden und auch nicht
durch Schläge ins Gesicht des Gegners.

Sprechenden Menschen ist zu helfen!
Willt du dein Herz versteinern? - Es nützt dir nichts!Alsbald wird es dir weggesprengt.


Der eine Weg zum Frieden, auf dem zahlreiche Akteure werden gehen müssen.
Aktueller denn je! Freiwilligkeit aus Einsicht!

-1-
“Trierer Appell” 06.02.2002 (sic!)

We, students of the towns of ‘s-Hertogenbosch and Trier, assembled on Wednesday, 6th February 2002 in Trier, Germany, concluding the international Student’s Conference on Gerty Spies, Israel and Palestine,

Considering

That realizing that the problem in the Near East Region is one of the greatest of this time, and that solving this problem is very complicated,
That in our point of view neither Israel nor Palestine is really willing to make the first step towards the other one.
That there can only be a solution if both sides learn to understand and respect each other. This problem can definitely not be solved by military or terrorist actions.
That like history showed us, hate destroys everything: and that for this reason we say: “It’s the people of the nations who should tell the politicians to stop hating each other. What we think is a quick solution has to be found, so the both sides are able to live peace.
That the conflict in the Middle East is not a question of “right” or “wrong”. It is a question of compromising.
That Gerty Spies said once: “Ich frage mich oft: Wie hab ich den das gemacht? Wahrscheinlich … weil ich immer wieder Liebe, Verständnis und Verzeihung zu verbreiten suche.“ (I am wondering, how I did this. Probably because I always tried to spread love, understanding and excuses.

Declare

That the European Union has to take very serious efforts that both parties come together again as soon as possible and retake their negotiations, starting from the Oslo agreements and come to a compromise-solution, based on mutual respect and leaving their hatred against each other.
That the European Union should (in contact with the United States of America) participate these peacetalks and during these negotiations take care of a peacekeeping force in the former occupied territories.
That the European Union should help as a neutral negotiator, to find final compromise between the two parties: each of them has the same right to exist there, so they should both be treated equally although one is in power.
That there should be an international coalition, which can be accepted by both sides and uses all its power to find and force a solution.
That the United Nations has to give both parts temporary governments that don’t have this great hate.

-2-
That especially the United States of America, but the other countries as well, should start to make objectivity a leading principle in general. That means that other aspects like economy should have an inferior role.
That both sides must accept the United Nations-agreement of 1948, which divides the area into two parts and makes Jerusalem an international place.
That Israel has to leave all the occupied territories, the Palestinians have to stop their suicide-attacks.
That Israel should withdraw their forces out of the Palestinian area and both the Israeli and the Palestinian government should allow an international “peace-keeping-force”.
That both sides have to sign a treaty, which prohibits the use of weapons.
That parents should stop teaching their children to hate the so-called enemies.
That in order to create a future of mutual acceptance and tolerance, it is necessary to teach the future generations objective values in all forms of education.

                                                   +++

Bemerkung:
Dieser Appell wurde nach Gesprächen mit jeweilen Mitarbeitern der israelitischen Botschaft und palästinensischen Vertretern in Trier 2002 verfasst.
Die Abgesandten der israelischen Botschaft wollten nicht in einem Raum offiziell zusammen mit den palästinensichen Vertretern anwesend sein. Deshalb fanden die Gespräche jeweils nacheinander statt: Nachdem die einen Abgesandten der Botschaft den Raum verlassen hatte, traten die anderen erst ein. -
Auf den Fluren aber sprachen inoffizell alle miteinander, weil sie sich schon von anderen Veranstaltungen her gut kannten - und sich auch "Duzten"!
Am 07.02.2002 wurde der Wortlaut dieses Appells an beide Botschaften sowie an den damaligen deutschen Außenminister Joschka Fischer geschickt. Dieser antwortete in einem Schreiben, er wolle sich für diese Lösung des Konflikts politisch einsetzen. Aus der israelischen Botschaft sowie aus der palästinensischen Vertretung erhielten wir keine Antwort.
13.10.23


                                 ***          
         


Poetischer Diskussionsbeitrag zum Thema Frieden in der Ukraine –
und anderswo im Nahen Osten

Allein in Olympia

Viele sind es,
die starben durch Schwerter!
des gerechten Krieges?
Unschuldige auch. Doch alle
glaubten fortwährend
zu siegen, zu leben
nur für die Freiheit.
Wenige aber sind Schuld,
doch tragen sie alle
Verantwortung – unermesslich,
wie auch wir.

Dennoch stehen,
und bewaffneter denn je,
die Völker, rings
sich misstrauend,
gestählt gegenüber.
Zu schnell auch vergaßen
die Herrscher das Leid
des hungernden Menschen
und klagen wie nötig
die Rüstung doch sei,
allein für den Frieden – der Welt!

Denn lang schon,
seit der Mensch in den Händen,
das erste Mal schlug,
die Keule, vernichtend
über den Nächsten,
ward die gefährliche Macht
uns gegeben, zu richten
das unschuldige Leben und auch
zu zerstören die Erde -
jetzt schon tausende Mal.

Wann endlich blüht
die Vernunft siegend,
wie die Blume blüht
in giftiger Umwelt,
wann endlich die schönste
Blüte der Einsicht,
friedlich rechtschaffende
Bienen begeisternd, zu tragen
den Samen, von Blüte zu Blüte,
den Frieden
von Mensch zu Mensch?

O, ihr Völker
gedenkt all eurer Helden,
die ihres Herzens Blut
opferten für’s Vaterland und sterbend
noch glaubten:
„Die Schlacht ist unser,
lebe droben, o Vaterland,
und zähle nicht die Toten. Dir ist
Liebes! nicht einer zuviel gefallen!“
O, ihr Völker, achtet den Glauben
und gehet den seligen Weg.

Nicht mehr zählt dann
das Eigne allein.
Gemeinsam zu helfen
versuchen die Völker,
wohlzuverstehen
den Anderen auch
und Rücksicht zu nehmen,
zu achten das Fremde
und liebend zu dulden
den anderen Glauben, in Demut
auch gastfreundlich zu sein.

Vereint ist
die Menschheit und friedlich
leben vielstimmige Meinungen fort,
zu dienen dem Frieden.
Und wer von euch ist
ohne Sünde, der werfe, wie Bomben,
den ersten Stein. -
Doch kämpfen die Menschen
von nun an um Lorbeer,
um Siege nur noch
allein in Olympia.

Die dieses Gedicht und die folgenden wurden im Jahr 1980 geschrieben. Sie setzen sich formal mit der Dichtungstheorie Friedrich Hölderlins (Vom Wechsel der Töne) auseinander. Obwohl vor gut vierzig Jahren geschrieben, sind ihre Inhalte aktueller denn je.

Das erste Gedicht mit dem Titel "Das menschliche Maß" wurde formal dem Versmaß einer antiken Elegie nachempfunden, die sich durch sog. Distichen auszeichnet. Das heißt: der erste von jeweils zwei Versen ist ein Hexameter, welcher den Tonfall am Ende der Zeile hebt, während der nachfolgende Vers die Stimme senkt und Pentameter heißt. Die lyrische Grundstimmung einer Elegie ist daher wehmütig, sie drückt sich in fortlaufenden Klagen aus. Ein „Distichen“ (als Doppelvers) reit sich an das andere. Die schönsten Elegien in deutscher Sprache wurden von Hölderlin geschrieben.

Das zweite Gedicht mit dem Titel „Idylle“ spannt den Hintergrund gegenwärtiger Zeit auf, vor dem das folgende gesehen werden wird. Kapitatistisches Proftstreben liegt am Beginn jeweder Umweltzerstörung und dient als Triebfeder der Zerstörungsspiralen von Aufrüstung und Krieg.

Das dritte Gedicht mit dem Titel "Allein in Olympia" wurde als frei-rhythmische Hymne nach dem Vorbild der "Vaterländischen Gesänge" von Friedrich Hölderlin konzipiert. Hölderlins ‚transzendentale Poesie‘, die als eine poetische Verfahrensweise verstanden werden kann, welche die Bedingung der Möglichkeit von Empfindungen transparent werden lässt, wurde hier angewandt. Indem die verschiedenen lyrischen Tonfälle (lyrisch, heroisch, idealistisch), die Hölderlin in seiner Dichtungstheorie bezeichnet, in Bezug auf ein lyrisches Thema angewandt werden, wird hier ein idealer Prozess sprachlich sichtbar, der jedoch zu einem realen Ergebnis, dem Frieden, führt. Im Wechsel dieser Töne schreitet das Gedicht (von naiven Sprachbildern über heroische Benennungen tatsächlicher Zustände in der Welt und deren aktuelle Widersprüche) diakeltisch fort, bis es sich zuletzt zu seinem idealistischen Schlussvers emporschwenkt.  In diesem zukünftigen Zielpunkt vereinigen sich die natürlichen Gegensätze des Lebens als „harmonischentgegengesetzt“ (vgl. Heraklit). Die tatsächlichen Spannungen und Gegensätze des Lebens werden auf der Höhe des Ziels, als gegenwärtig gelöst vorgestellt, so dass der Blick zurück, den Weg offenbart, auf dem das Ziel hatte erreicht werden können, ohne dass man je wusste, ob es realistischer Weise auch erreichbar werden würde, solange die Bestrebungen nicht auch Vergangenheit sein werden konnten.
Die Strophenfolgen werden dialektisch unterteilt (Strophe 1-3). Die Metaphern wechseln und setzen sich entgegen, um sich in einem Sinn zu vereinen. Sodann wird eine neue Dialektik, die dem ersten Dreischritt thematisch entgegengesetzt ist, in den nachfolgen Stophen (4-6) gesetzt, die erneut einen entgegengesetzten Sinn thematisch beschreiben. Hier erfolgt der Wechsel vom anfänglich naiven lyrischen Ton hin zum heroischen, der die „energischen“ Aspekte am Themenfeld dieser Dichtung offenlegt. Die letzte Schlussstrophe (7) dagegen vereinigt schließlich die beiden zuvor in sich dialektisch differenzierten, aber zueinander entgegengesetzten Metaphernbilder (1-3 + 4-6), um sie wiederum in sich - erneut in einem dialektischen Dreischritt (7), diesmal aber idealistisch - zu vereinigen und in einem einzigen Ziel, auf das die gesamte Dichtung hinstrebte, zu harmonisieren. Die grammatische Zeitenfolge richtet sich damit von der Vergangenheit (naiv) ausgehend über die Gegenwart (heroisch) auf die Zukunft (idealistisch), indem sie von Strophe zu Strophe, die jeweiligen Übergänge thematisiert, die auf einen höheren Punkt hinzielen. Hier vollendet sich die Dichtung, indem sie ihren von Anfang an angestrebten Zweck als idealen Sinn offenbart, in dem die Widersprüche als real aufgelöst erscheinen.   
Da aber das Gedicht die „Bedingungen der Möglichkeit“ (Kant) von Empfindungen lyrisch wie theoretisch thematisiert, drück es praktisch und explizit gesehen den immer schon vorausgesetzten „ersten Schritt“ aus, der die anvisierte schöne Empfindung, nämlich den Frieden“, Wirklichkeit werden lasst. Dazu wechseln die einzelnen Strophen des Gedichts von naiven Bildelementen hin zu entgegengesetzten, heroischen Beschreibungen und von da zurück in idealisierten Sprachbilden bis zur „harmonischentgegengesetzen“ Vereinigung der Empfindung, die darum real ist, weil die den ganzen Werdensprozess sprachlich – und damit auch sachlich - umfasst. Der lyrische Verlauf des Gesichtes drückt somit formal wie inhaltlich einen dialektischen Prozess aus, der hier lyrisch gestaltet wurde, um die Bedingung der Möglichkeit realer und darum auch emotionaler Erreichbarkeit, die nicht bloß illusionär oder bloß utopisch besteht, sprachlich zum Ausdruck bringen zu können. Die hier anvisierte schöne Empfindung lautet sprachlich „Frieden“. Frieden in der Welt.
             
Neben dieser dichtungstheoretischen Beschäftigung mit Hölderlins Poetologie gab zudem eine zutiefst inhaltliche Verwunderung meinerseits bezüglich einer Gedichtzeile Hölderlins den entscheidenden Ausschlag, meine Vorstellungen vom Frieden als einen angestrebten idealen Zustand (in der Zukunft (!), denn real herrscht Krieg und Klage!) einerseits und dem letztlich einzig möglichen, aber realen Weg dorthin andererseits, lyrischen Ausdruck zu verleihen. Mit dieser „Verfahrensweise des poetischen Geistes“ nach Hölderlin verbindet sich das „an sich“ Erste, nämlich die Bedingung der Möglichkeit von Empfindung, mit dem „für uns“ Letzten, nämlich der als Ziel angestrebte reale Frieden, in unserer revolutionierten Welt, indem die dazu nötigen Handlungen im Gedicht zugleich mit transparent werden.
Das für mich Schockierende allerdings – und somit hier der reale Vordergrund der auch heute aktuellen „Kriegszeit“ - bildet eine berühmte Verszeile aus Hölderlins Gedicht „Der Tod fürs Vaterland“. Denn schon in den 80er Jahren empfand ich diese Aussage als überaus empörend, weil mir vor meinem geistigen Auge natürlich die Gräulen des Zweiten Weltkriegs standen, von den ich nicht abstrahieren konnte. Hölderlin dichtete 1797, wie folgt:

„Und die Siegesboten kommen herab: Die Schlacht
         Ist unser! Lebe droben, o Vaterland,
                Und zähle nicht die Toten! Dir ist,
                       liebes! Nicht einer zu viel gefallen.“

Freilich setzt Hölderlin in diesem im Jahr 1797 von ihm zuletzt überarbeiteten Gedicht, dessen Anfänge ein Jahr zurück liegen, den aus heutiger Sicht ‚naiven‘ Umstand voraus, eine „Schlacht“ könne ‚nationalistisch‘ gewonnen werden und deshalb gälte für die ‚siegende Kriegs-Partei‘, trotz aller Toten und allem Leid, es sei „nicht einer“  - und also keiner (der Siegenden) - zu viel gefallen. Der Krieg habe sich also, letztendlich, gelohnt und aus Sicht der siegenden Partei ausgezahlt - ohne dass ‚Schuld und Sinn‘ des Krieges je eigens thematisiert worden wären.

Als ‚Deutscher‘ nach dem Zweiten Weltkrieg geborener Weltbürger schien mir hier aber ein unüberwindlicher, historischer bedingter Widerspruch meinem naiv-reflektiertem Empfinden ins Gesicht zu schlagen! Wie könnte ich auch nur denken (wollen), dass im ‚Zweiten Weltkrieg‘ dem „Vaterland“ nicht einer der unzähligen Toten „zu viel gefallen“ wäre? - Diese Rede könnte, wenn überhaupt, nur aus einer Perspektive des Siegers heraus gesprochen sein, der die gegnerischen Toten als „Kollateralschäden“ ausklammert – allein schon deshalb, weil sie nicht zu seinem „Vaterland“ gehören. Dieser Sichtweise entbehrt es freilich nicht eines gewissen Zynismus, der hier, wie überall, menschenverachtend ist! – Vor diesem Hintergrund KANN von einem „Frieden“ hier, allein schon aus einer sprachlogisch Perspektive her gesehen, keine Rede sein. – Wo liegt also das Problem?

Es liegt heute wie damals in einem undifferenzierten Sprachduktus, der eine brutale Denkweise voraussetzt, die nicht zu unterscheiden gelernt hat zwischen den lyrisch wechselnden Tönen menschlicher Sprache und Ausdrucksweise.

Denn eines ist klar: Wer von „Frieden“ redet, KANN sprachlogisch nicht an einem Gegensatz festhalten, der zwischen „Freund“ und „Feind“ kontradiktorisch, d. h. einander ausschließend, unterscheidet oder zwischen – ehemals (!) – verfeindeten Völkern, er muss, wenn „Frieden“ praktisch realisiert werden können soll, sich „harmonischentgegengesetzt“, wie Hölderlin hier einen Gedanken des griechischen Philosophen Heraklit paraphrasiert, positionieren. Das heißt aber: Er muss akzeptieren, dass der gegenwärtige Zustand eines zukünftig realisierten Friedens nur dadurch hat möglich werden können, dass der „Krieg“ als eine entgegengesetzte Bezeichnung des „Friedens“, grundsätzlich überwunden werden konnte. Nur von diesem ‚höheren‘ Standpunkt aus betrachtet, können die Menschen zurückblicken, um sich an die Gräulen zu erinnern, die sie als getrennte Völker haben erdulden müssen, selbst dann, wenn sprachlich zwischen Aggressor und Opfer hat unterschieden werden können müssen.  Das „Vaterland“ von dem jetzt aber die Rede ist, bedeutet nicht mehr nur verschiede „Nationen“, die sich ‘bekriegt‘ haben, sondern es steht für eine neue „Völkergemeinschaft“, die aus Sicht der heutigen, gegenwärtigen Streitigkeiten freilich nur idealistisch verstanden werden kann, weil sie ‚derzeit‘ eben nicht real ist, aber vom Zielpunkt des zukünftigen Frieden aus betrachtet, sozusagen rückblickend, als überwunden wird gelten können, weil keine Gegensätze mehr bestehen, die einen Krieg grundsätzlich rechtfertigten. - Vor diesem Hintergrund macht die Rede von einem wirklichen „Frieden“ überhaupt erst Sinn.
Freilich scheint dem modernen und verkopften Denken der Weg dahin nur als rein utopisch. Denn die offenbare Bedingung der Möglichkeit von Frieden ist hier - wie überall - lediglich „ein erster Schritt“, der jedoch nur durch praktisches Handeln konkret getan werden KANN. Allerdings liegt an dem praktischen Vollzug dieses KÖNNENS in Form eines „ersten Schritts“ der ganze Mut einer Bevölkerung. Erfolgt dieser „erste Schnitt“ nämlich nie, so liegt niemandem nichts an einer Redeweise von ‚Frieden‘ und revolutionierten (umgekehrten) Zuständen in der Welt. Das zeigt sich eben genau hier!  
Vor diesem komplexen Hintergrund ist auch der lyrische Wechsel der Töne in der Verfahrensweise des poetischen Geistes nach Hölderlin zu verstehen.
Die freilich ‚naiv‘ wirkenden Bilder ‚häuslicher Idyllen‘ und ‚natürlicher Unberührtheit‘ in den nachfolgenden Gedichten mögen in der heutigen Zeit für aufgeklärte Ohren emanzipierter Zeitgeister*innen erstaunen und für ‚antiquiert‘ gelten. Aber sie drücken nach wie vor das nur „Getrennte“ im menschlichen Leben lyrisch passend aus. So, wenn der „Mann“ morgens zur Arbeit geht und seine „Frau“ tagsüber wartet, bis beide nur „Sonntags“ vereint-befreit leben können, ohne dass kapitalistische Arbeitsformen (trennend) zwischen sie treten. Ebenfalls mutet völlig ‚naiv‘ das sprachliche Bild von „Bienen“ an, die zudem „Samen“ sammeln, satt Nektar. Aber auch diese sprachliche Verfremdung muss als bloßer Durchgangspunkt oder Übergang, eben als Metapher, im Sinne des Fortschreitens gemäß der poetischen Verfahrensweise nach Hölderlin angesehen werden, an deren Ende die zwar idealistische, aber durchaus ‚reale Empfindung‘ eines seelisch wie physisch erhofften Zustandes tritt, der zwar als „harmonischentgegengesetzt“, aber sprachlich durchaus korrekt als ‚Frieden‘ richtig zu bezeichnen ist. Dass dieser „Frieden“ aber keineswegs statisch aufgefasst werden darf, zeigt das Bild des „ersten Schnittes“ auf das diese Dichtung zuläuft und ohne den alles nichts wäre. Friedvolle Vereinigungen zwischen den Völkern sind daher nicht nur nicht möglich, sondern jederzeit auch realisierbar, wenn der ‚erste Schritt‘ dahin konkret erfolgt.

Das vierte und fünfte Gedicht, am Ende dieser Reihe, drückt jeweils die „Erinnerung“ an (rückblickend) überwundene Zustände aus, die sprachlich repräsentiert werden können müssen, damit das gegenwärtige Empfinden“ menschlich – im Gegensatz zu zynisch - genannt werden KANN.
 
Trier, den 14.04.2023
Jakob Walravens Op gen Beek


„Die Dichtung allein wird wieder LehrerIn der Menschheit sein.“
(Friedrich Hölderlin)

1.    Das menschliche Maß

Wer legte den Abstand in unsere Herzen
und wer das trennende Maß zwischenmenschlich?
Ach, wer zerriss die liebenden Herzen als Erster,
dass blind wir, wie Eulen am Tag, nicht finden
mehr zueinander und sehnsüchtig erwarten,
ein jeder für sich, auf einem Ast sitzend,
die herrlich erlösende Hoffnung – die Nacht?
Doch Schworen wir einst uns nicht ewige Treue,
wie wenn sich ein Mann verabschiedet morgens -
und geht, von seiner wartenden Frau, zur Arbeit,
täglich, so mein ich, es wäre Sonntag,
und füreinander den ganzen Tag hätten wir Zeit
und nicht einmal die blendende Sonne
würde uns trennen, und wärmte uns, so wie wir.
Ja, wir liebten einander und meinten, noch nie
hätten, so wir, sich Menschen geliebt.

Ungewiss auch ziehen nachmittags Vögel,
denn wer weiß, wenn für sie die Dämmerung naht
und sie nicht mehr sehen einander - als Leere?
Wir Menschen aber schalten Lampen vorschnell
in unseren Wohnungen an und meinen, wir
sähen uns besser, vielleicht aber auch, weil
wir es nicht mehr ertragen, alleine zu sein.
Und so suchen auch wir immer Zerstreuung
und vergessen dabei den Andren zu finden,
ja, wir verlieren uns selbst hier in der Welt.
Und, von lärmender Musik lustlos, apathisch,
laufen wir teilnahmslos durch den Park und hör‘n
mit Kopfhörern nur noch uns selbst und hören
die klagende Bitte nicht mehr, das Weinen
des anderen Menschen, allein um Verständnis,
allein, um wie Vögel zusammen zu ziehen.

Zu keiner Stunde aber sind wir verloren,
wie tosendes Wasser eines der Fälle
erwartet auch uns einmal ein ruhender Fluss
und die schäumende Gischt langsam beruhigt sich
und zueinander findet das Wasser im See.
Denn wieder harmonisch bildet das Bild sich
unschuldig der Landschaft. Und nicht mehr alleine -
nie mehr in einsamer Nacht gehen Menschen,
denn vertrauend, vertrauend sieht auch ein Blinder -
wissen wir um die fürsorgliche Führung
und kennen so einander das menschliche Maß:
Unendlich entfernt bedarf es nur eines
liebenden Schrittes, so dass wir uns wieder-
vereinigen endlich. Nur so führt der Weg
zusammen der Menschen. Und innig vereint wieder
beginnen zu schlagen unsere Herzen.


2.    Idylle

Schon neigt die Weide ihr grünendes Haar
in den fröhlichen Wind. Mit Flöten
erwacht die Natur, auch mit Gesängen
am Himmel hängen die Schwalben. Es blaut
herab die Wolke gerötet und weit
ergießt sich lebendiges Leben.

Es blüht. Rings aber sterben die Blumen,
die Wälder, sie brennen vom Gifte
und Felder werden zerstört und bebaut.
Maßlos türmt babelhaft sich der Unrat.
Auf Flüssen schiffen Müllberge dahin.
So dämmert der Tag in die Nacht.

So ist es schon spät. – Und es umnachtet
mehr noch den Menschen das sanfte Licht. -
Sie aber wägen daheim den Gewinn.
Zu dieser Stunde denken glücklich sie sich.
Doch tiefer bricht und mächtiger dann
die Nacht über die Irrenden ein.


3.    Allein in Olympia

Viele sind es,
die starben durch Schwerter!
des gerechten Krieges?
Unschuldige auch. Doch alle
glaubten fortwährend
zu siegen, zu leben
nur für die Freiheit.
Wenige aber sind Schuld,
doch tragen sie alle
Verantwortung – unermesslich,
wie auch wir.

Dennoch stehen,
und bewaffneter denn je,
die Völker, rings
sich misstrauend,
gestählt gegenüber.
Zu schnell auch vergaßen
die Herrscher das Leid
des hungernden Menschen
und klagen wie nötig
die Rüstung doch sei,
allein für den Frieden – der Welt!

Denn lang schon,
seit der Mensch in den Händen,
das erste Mal schlug,
die Keule, vernichtend
über den Nächsten,
ward die gefährliche Macht
uns gegeben, zu richten
das unschuldige Leben und auch
zu zerstören die Erde -
jetzt schon tausende Mal.

Wann endlich blüht
die Vernunft siegend,
wie die Blume blüht
in giftiger Umwelt,
wann endlich die schönste
Blüte der Einsicht,
friedlich rechtschaffende
Bienen begeisternd, zu tragen
den Samen, von Blüte zu Blüte,
den Frieden
von Mensch zu Mensch?

O, ihr Völker
gedenkt all eurer Helden,
die ihres Herzens Blut
opferten für’s Vaterland und sterbend
noch glaubten:
„Die Schlacht ist unser,
lebe droben, o Vaterland,
und zähle nicht die Toten. Dir ist
Liebes! nicht einer zuviel gefallen!“
O, ihr Völker, achtet den Glauben
und gehet den seligen Weg.

Nicht mehr zählt dann
das Eigne allein.
Gemeinsam zu helfen
versuchen die Völker,
wohlzuverstehen
den Anderen auch
und Rücksicht zu nehmen,
zu achten das Fremde
und liebend zu dulden
den anderen Glauben, in Demut
auch gastfreundlich zu sein.

Vereint ist
die Menschheit und friedlich
leben vielstimmige Meinungen fort,
zu dienen dem Frieden.
Und wer von euch ist
ohne Sünde, der werfe, wie Bomben,
den ersten Stein. -
Doch kämpfen die Menschen
von nun an um Lorbeer,
um Siege nur noch
allein in Olympia.



4.    Brennholz

Schürt die Glut nur recht im Herde,
schürt den Geist in der Vernunft.
Das alte Holz verzehret sich
dann denkender wie Menschen.

Und wärmender erwacht der Tag,
der neue und in Schönheit
leuchtet heller dann die Wahrheit,
die wieder sich in Jungend nährt.



5.    Das alte Haus
(Venloerstraße)

Alt steht das Haus und verfallen -
kaum mehr ist sichtbar früherer Glanz.
Bedrohlich schon neigen die Wände
sich, wie der Dachstuhl, nach innen.
So steht es schon Jahr‘ lang verlassen
von Menschen und nur noch der Wind
geht durch zerbrochene Scheiben.
Vergilbte Gardinen verdunkeln
den muffigen Raum. Von Gerümpel
voll steht verstaubt eine Ecke.

Doch gehen die Menschen geschäftig
tagein an dem Hause vorbei
und keiner beachtet das Alte,
in dem, zuweilen sehr einsam,
allein eine Erinnerung wohnt.
Und so verdunkelt der Mond auch
am Abend den Eingang. Unheimlich
stöhnt das Gebälk durch die Nacht,
und selbst die erleuchtete Gasse
abwendet sich dunkel und still.


(Aktuelle Gedichte aus den 80er von
Jakob Walravens Op gen Beek)

Es ist "Zeit, daß man weiß" und "Zeit,
daß es Zeit wird" (Paul Celan).

(Trier, den 14.04.2023)

An dieser Stelle zur Erinnerung zwei Kommentare aus dem Jahr 2016.

Der erste Kommentar:

"Der Herr geht ins Gericht mit den Ältesten und Fürsten des Volkes" (Jes 3,14)
"Aber ich gehe ins Gericht mit dir, weil du sagst, ich habe mich nicht versündigt" (Jer 2,35)
           "Jegliches Anzweifeln der Moral unserer Armee ist empörend und inakzeptabel", sagte der israelische Ministerpräsident Netanjahu im Jahr 2016, nachdem ein israelitischer Soldat einen zuvor wehrlos angeschossenen palästinensischen Attentäter mit einem Kopfschuss kaltblütig eliminiert hatte. –

Netanjahu, so Clemens Wortmann (AFP), beuge sich in diesem Urteil dem rechtsradikalen Druck seiner eigenen Minister, obwohl er selbst zuvor unmissverständlich eindeutig zu der in einem Handyvideo dargestellten „offensichtlichen Hinrichtung“ eines Wehrlosen „von einem klaren Verstoß gegen die Einsatzregeln gesprochen hatte“ (28.03.16, T-online, ebd.). -
 
Ich bin Gott, sagt Netanjahu sozusagen, denn ich bin erhaben über alle Rechte, die Menschen haben. Er hätte aber auch sagen können:
„Darum lernt, was es heißt: Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer“ (Mt 9,13). –
Dies ist eine jüdische Religions- und Handlungsregel, die der Jude Jesus von Nazareth sehr wohl noch kannte.
Dagegen ergab eine „Umfrage des Privatsenders Kanal Zwei“ […] unter jüdischen Israelis, dass 57 Prozent aller Befragten die [bisher eingeleiteten, J.V.] Ermittlungen gegen den Todesschützen ablehnten“ (T-online., ebd.). –
Unvorstellbar das alles, denn Rache tötet! Immer und überall.
 
Ich glaube mich dagegen erinnern zu können, dass Jahwe vor allem Gerechtigkeit will. Das gilt, wiederum soweit ich mich erinnern kann, für jeden Menschen, der vor dem Angesicht Gottes steht. –

Es macht aber offensichtlich einen großen Unterschied, ob jemand vor dem Angesicht Netanjahus steht, oder ob er vor dem Angesicht des „Einzigen“ (Dtn 6,4) steht. Das Morden muss ein Ende haben – egal, ob es durch Kopfschuss wie in Israel oder durch Ausgrenzungen wie in Europa oder durch Kriege und Terrorismus, wie anderswo auf der Welt, geschieht! –
Eythys = griech.: Sofort!  
(28.03.16)  

Damit dies alles - und noch viel mehr - nicht in Vergessenheit gerät, hat die UNO eininge neue Resolutionen erlassen und Kriegsverbrecher zur Verhaftung weltweit ausgewiesen. - Alles hat seine Zeit. (13.11.24)


Der zweite Kommentar:

Eine Wette, die es nicht zu gewinnen gilt …

Anfang des Monats trafen sich auf Einladung des US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama im Weißen Haus zig Atommächte, um die Gefahr der Verwendung so genannter „schmutziger Bomben“, bei denen neben herkömmlichen Sprengstoff auch radioaktives Material untergemischt wird, das sich bei einer Explosion flächendeckend verteilt und großflächig die gesamte Gegend radioaktiv verseucht, durch mögliche Terroristen einzudämmen (vgl. Deutschlandfunk,  Beitrag 01.04.16). Man beschwor dort einvernehmlich die große Gefahr, der es unverzüglich und konsequenter als bisher zu begegnen gilt. - Soweit das ewige, uneinsichtige Mantra der Hauptproduzenten von waffenfähigem Atomrestmüll. Die Produzenten warnen vor sich selbst, indem sie ihre Verantwortung auf Terrorosten abwälzen, die wohlmöglich nicht zu kontrollieren seien.  
Auf der anderen Seite aber haben die US-Amerikaner in keinster Weise Skrupel in einem Atemzug die zwanzig noch verbliebenen Atomsprengköpf aus dem kalten Krieg auf dem Fliegerhorst in Büchel zu modernisieren, damit diese besser einsetzbar werden. Gute Bomben, schlechte Bomben. Und allen diesen Friedensnobelpreisaspiranten und Sicherheitspolitikern fällt das Hirn sichtbarlich in zwei Hälften, ohne dass sie dies auch nur selbst bemerken.

Ja, wir werden zunehmend von verrückten Stellvertretern regiert! Doch welche demokratische Macht kontrolliert eigentlich die vermeintliche Vernunft der Großkopferten?
 
Die allgemeine Vernunft muss die spezielle Vernunft kontrollieren, wusste schon Kant: „Das Wahre fängt vor dem Irrigen an“ zitiert er seinen verehrten Lambert (Neus Organon, §191).
Mit anderen Worten: Es muss so etwas wie einen logischen Vorsprung der Wahrheit vor dem Irrtum geben. Eine Position, die auch schon Sokrates kannte, als er sein überliefertes Diktum formulierte: „Es ist besser, Unrecht zu erleiden als Unrecht zu tun.“
Diesen Standpunkt kann aber nur einnehmen, wer selbst in der Sache „unparteilich“ urteil, eben aus „allgemeiner Perspektive“ und nicht aus seinem speziellen Standpunkt heraus. „Es ist ohne Zweifel die gar zu große Hitze und Partheylichkeit die Ursach, warum man gegen alles, was in einem Lehrgebäude (politisch, J.V.) wahr ist, ganz blind ist, und nur auf das Falsche Achtung giebt, welches in demselben angetroffen wird“ (Meier, Vernunftlehre, § 128, zitiert nach: Norbert Hinske, Kant als Herausforderung für die Gegenwart, 1980).

Vor diesem philosophischen Hintergrund ist es freilich wahr, dass von Terroristen mögliche, große Gefahren ausgehen, wie „man“ in Washington allgemein festgestellt hat. Aber, dass dieser eigene Standpunkt nicht widerspruchslos zu verallgemeinern ist, wurde von den etablierten Atommächten nicht mehr reflektiert. Denn nicht nur von den so genannten Terroristen geht im Speziellen eine mögliche Gefahr aus, sondern schon von den sich selbst über jeden Zweifel erhaben stehenden Hochsicherheitsländern geht die atomare Gefahr aus, weil sie die Produzenten des waffenfähigen Atommaterials sowie der „schmutzigen Restmüllatome“ sind. Und dies gilt nicht nur eingeschränkt, und also speziell, sondern es gilt „allgemein“. Die Bedingung der Möglichkeit von „schmutzigen Bomben“ (im Speziellen) ist die Produktion der „einsatzverbesserten“ Atombomben (im Allgemeinen), wie sie z.B. derzeit auch in Büchel von den USA stationiert werden. Die über alles erhabenen Atommächte vertreten also ebenso nur einen „speziellen“, parteilichen Standpunkt, dem die allgemeine Vernunft entgegengesetzt werden muss.  –

Die Bundesregierung schweigt dazu überaus peinlich! Und ich möchte leider (!) wetten, dass selbst in dem soeben (22.04.16) vorgestellten Koalitionsvertrag der Ampelregierung um Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz kein Wort (!) zur Atombombenproblematik in Büchel geschrieben steht!

Um abschließend noch einmal Kants Meinung zu zitieren: „Der ist wahnwitzig, der mit Wahnwitzigen vernünftelt“ (XXIV 397), meint er in einer seiner Nachlassreflexionen. – Daher stellt sich die Frage: Was tun?, umso dringlicher!

PS.
Von der Auflösung dieses Problems durch Günther Anders, möchte ich an dieser Stelle schweigen (vgl. Die Antiquiertheit des Menschen, 2 Bde).
(23.04.16)

Und wer jetzt im November 2024 meint, er müsse vorschnell schlussfolgern, es gelte also beispielsweise die Atomanlagen des Gegners als Erster zu zerstören, bevor dieser das Gleiche möglicherweise erwägt, der hat das ganze Probelm augenscheinlich nicht verstanden.  
Die Menschenrechte sowohl als auch das Völkerrecht können nicht per se antisemitistisch sein!   
(Neu eingestellt am 13.11.24)

 

Eine gute Idee – Die Linke.

Ein kritischer Kommentar zu der Broschüre:  
Bedingungsloses Grundeinkommen: keine gute Idee.  
Hrsg: BAG Betrieb und Gewerkschaft, BAG Hartz IV und Sozialistische Linke, Berlin
11.01.21

Von Dr. Johannes Verbeek
 
Diese Arbeit gibt ausschließliche meine Sichtweise auf die Broschüre wieder. Ich spreche nicht für andere oder im Namen einer besonderen linken Arbeitsgruppe, wenngleich ich deren linksaktives Mitglied und CO-Sprecher der LAG-BGE in und bei der Linken in RLP bin.
 
Darstellung und Kritik an den Inhalten der Borschüre im Einzelnen:  
Ich folge der Gliederung der Broschüre. Alle Zitate beziehen sich auf die oben genannte Ausgabe unter Angabe der Seitenzahl (ebd., S. …). Belege auf der gleichen Seite werden im Folgenden nur noch mit (S. …) angezeigt.

Der Text meiner ausführlichen Kritik umfasst 151 Seiten. Er glieder sich in drei Teile. Teil III. kommentiert die Broschüre textnah, politisch und sotial-philosophisch. Ich argumentiere für das BGR.
Diese Arbeit wurde am 21.02.21 erstmals parteiintern auf Telegam LAG-BGE in RLP veröffentlicht. 

Text Bedingungsloses Grundeinkommen in und bei der Linken in RLP

Vorträge zum BGE:
Als Co-Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) "Bedingungsloses Grundeinkommen"  (BGE) in und bei der Partei Die Linke in RLP sowie als Mitglied im Sprecher/innen/rat der Bundesarbeitsgemeinschaft zum Grundeinkommen (BAG-BGE) stehe ich gerne nach Absprache zu Vorträgen zum BGE und zum Finanzierungsmodell der BAG-BGE Berlin zur Verfügung.
Die Vortrage können sowohl im Rahmen der "Jenny-Marx-Gesellschaft" als auch über die LAG-BGE in und bei der Linken in RLP organisiert und veranstaltet werden.
Kontakt: siehe Impressum.

(Trier, den 19.06.23)

Trier, den 20.04.2023
Pressemitteilung

 
Jenny-Marx-Gesellschaft, Trier
Arbeitsgemeinschaft Frieden, Trier

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges gewinnt das Buch von Klaus Schabronat: „Kriegstrieber – Kriegsgewinnler“ aus dem Jahr 2022 eine ungeahnte Aktualität.  
 
Erster Weltkrieg und kapitalistischer Profit  
Die Rede von Karl Liebknecht im Reichstag am 11. Mai 1914, dient als durchgängige Folie, um die Verstrickungen der damaligen Großkonzerne aus Industrie Rüstung einerseits und den wichtigsten politischen Akteuren anderseits darzustellen. Aufgedeckt werden im Vorfeld des Ersten Weltkrieges die Wirtschaftsinteressen des Rüstungskapitals im Zusammenhang mit lobbyistischen Tätigkeiten führender Politiker und Beamten, die von der Politik in die Privatwirtschaft wechseln und umgekehrt, während die bürgerliche Presse Kampagnen gegen die Sozialdemokratie im sog. „Krupp-Prozess“ fährt.  
Mit geradezu kriminalistischem Spürsinn unterzieht der Verfasser Klaus Schabronat die Frage nach den Ursachen des Ersten Weltkrieges einer sehr genauen Analyse. Er stellt die Frage, wem nutzte dieser Krieg, wer hatte besonderes Interesse ihn zu führen, und wer hat vor allem in ganz besonderem Umfang daran profitiert?  
Die in diesem Buch dargestellten wirtschafts-politischen Mechanismen funktionieren heute noch genauso wie beim Anzetteln des Ersten Weltkrieges und dienen bei den Kriegen der Gegenwart denselben Profitinteressen.
Buchlesung mit dem Autor Klaus Schabronat:  
Mo., den 08.05.2023, in den Räumen der AGF/Weltladen in der Pfützenstraße 1, 54290 Trier. Beginn 19.00 Uhr.
Veranstaltet und organisiert wird diese Lesung von der Jenny-Marx-Gesellschaft, Trier und der Arbeitsgemeinschaft Frieden. Unterstützt wird sie zudem von der GEW.
Alle Interessierten Bürger/innen sind dazu eingeladen.
 
Zum Autor:
Klaus Schabronat, Lehrer für Geschichte und Deutsch (Bertha von Sutter-Gymnasium Andernach), Personalrat im örtlichen und im Bezirksrat, in der GRW auf mehreren Ebenen engagiert. Veröffentlichungen zur Religionspolitik im Nationalsozialismus und zur Revolution 1918/19 im Mittelrheingebiet.
Mit freundlichen Grüßen
Katharina Dietze (AGF) und Dr. Johannes Verbeek (Jenny-Marx-Gesellschaft)
      
Kurze Inhaltsangabe zum Buch:  
„Kriegstreiber – Kriegsgewinnler“ von Klaus Schabronat
Mehr als hundert Jahre sind seit dem Ende des ersten Weltkrieges vergangen. Man sollte meinen, nach so langer Zeit sind alle Fragen geklärt und alle Aspekte von allen wesentlichen Seiten aus beleuchtet. Dies sollte besonders für die Masterfrage gelten, die am intensivsten beleuchtete Frage nach der Kriegsschuld.  
Hier sind von Anbeginn an mehrere Antworten im Angebot:
 
Die „klassische“ Antwort:  
Der Krieg endet 1918 mit der Niederlage des Deutschen Reiches. Deutschland hat den Krieg angefangen und letztlich verloren, die Schuldfrage ist regelgemäß geklärt: schuld ist immer der Verlierer, also Deutschland mit Verbündeten. So steht es im Friedensvertrag.
Auf der Seite der Verlierer sieht man das naturgemäß anders und versucht die (Mit-)Schuld der Kriegsgegner historisch zu beweisen.
 
Die letztendlich gültige Antwort:  
Man einigt sich im Für und Wider der unterschiedlichen Varianten der klassischen Antwort auf einen Mix von Faktoren, die man je nach politischem Gusto unterschiedlich gewichten kann: die Konkurrenz zwischen den Großmächten im Drang nach Kolonien, ihr Nationalismus und
nationales Prestige, die Hochrüstung, die öffentliche Meinung, das Versagen der verantwortlichen Politiker (z.B. des Kaisers) und dergleichen mehr.
 
Obwohl diese Masterfrage also einvernehmlich geklärt ist, beschäftigen sich viele aktuelle Veröffentlichungen zum Jubiläum mit diesem Thema. Sie dienen angesichts der vorherrschenden Einigkeit in den Bewertungsfragen offenbar nicht der Klärung und Diskussion des Strittigen, sondern der Festschreibung und Affirmation der vereinbarten gesellschaftlichen Konvention bei der Bewertung dieses Ereignisses.
 
Diese Publikation dient ausdrücklich nicht dazu – das ist weder das Anliegen des Autors Klaus Schabronat noch das des Verlages der Jenny Marx Gesellschaft – der Fülle an inhaltsgleichen und nur in Varianten voneinander abweichenden Darstellungen über den ersten Weltkrieg eine weitere hinzuzufügen. Sie versteht sich ausdrücklich als eine bewusst davon abweichende Gegendarstellung zum vereinbarten, „letztendlich gültigen“ Geschichtsbild.
 
Mit geradezu kriminalistischem Spürsinn unterzieht der Verfasser die Frage nach den
Ursachen dieses Krieges einer sehr genauen Analyse. Er stellt die Frage, wem nutzte dieser Krieg, wer hatte besonderes Interesse ihn zu führen, wer hat vor allem in ganz besonderem Umfang daran profitiert?  
Also die alte Frage: Qui bono?
Dazu nutzt der Autor auch Arbeiten, die inzwischen weitgehend aus dem Blick geraten, wenn nicht untergegangen sind. Werke von DDR-Historikern, die teilweise mit anderen Methoden und Fragestellungen den ersten Weltkrieg aufgearbeitet hatten, aber im Zuge der „Abwicklung“ der DDR verschwanden. Akribisch trägt Klaus Schabronat in seinem Werk deren Ergebnisse und Deutungen zusammen. Er greift dabei auf Arbeiten von Gutsche, Klein nebst Autorenkollektiv zurück. Er lässt Lenin zu Wort kommen und zitiert Engels, der einen Weltkrieg lange vorher vorausgesagt hatte.
 
Durchaus abweichend von der herrschenden Methodologie, die den schriftlichen Nachweis für den Bankraub fordert und sich ohne diesen unfähig zeigt, eine hinreichende Beschreibung der Realität zu liefern, führt er Evidenz- und Indizienbeweise für seine Darstellung an. Kritisch setzt er sich mit der Tatsache auseinander, dass weder die Ergebnisse der DDRForschung in die neueren Arbeiten einfließen, noch deren Methoden oder Fragestellungen berücksichtigt werden.
 
Interessant in diesem Zusammenhang auch seine Sicht auf die Verschleierungsmethoden, derer sich bedient wird, um von den Wirtschaftsinteressen der beteiligten Akteure und ihrer Einflussnahme abzulenken und bestimmte Fragestellungen zu marginalisieren bzw. zu unterbinden.
 
Besonderes Augenmerk richtet er auf die Rede Karl Liebknechts vom 11. Mai 1914 im
Reichstag, die wir als eigene Broschüre anbieten. Diese beleuchtet die bedeutenden Verquickungen zwischen einzelnen Großkonzernen der Rüstungsindustrie einerseits und wichtigen Akteuren des Staates andererseits näher.  
Auch die internationale Verquickung des Rüstungskapitals wird von Liebknecht aufgezeigt, was diese Rede zu einem wichtigen Zeugnis dessen macht, was man bereits als politisch informierter Zeitgenosse wissen konnte, wenn man es wissen gewollt hätte. Dies steht in einem bemerkenswerten Kontrast zu dem, was man heute bereits nicht mehr weiß bzw. nicht mehr wissen will.
 
Wie kann man bei einer glaubwürdigen Ursachenforschung die Wirtschafts- und Profitinteressen der führenden Politik- und Wirtschaftsakteure unberücksichtigt lassen, übersehen oder als marginal abtun?  
Wie kann man die dazu vorhandenen und passenden Dokumente nicht berücksichtigen? Handelt es sich etwa um interessengeleitete Geschichtsklitterung / -verkennung?  
Wir leben in Zeiten, in denen die Erfahrungen der schrecklichen Weltkriege des letzten Jahrhunderts wieder verblasst sind. Kriege sind wieder an der Tagesordnung und Deutschland als Kriegstreiber der letzten Weltkriege gibt seine Zurückhaltung mehr und mehr auf und drängt vermehrt auf die Kriegsschauplätze unserer Tage. In diesem Zusammenhang ist es dringend notwendig, die Lehren aus der Vergangenheit unbeeinflusst von aktuellen Interessen an bestimmten Antworten zu ziehen. Gerade die Wiederkehr kriegsauslösender Faktoren und Mechanismen zwingt dazu, diese Parallelitäten genauer unter die Lupe zu nehmen, um so tatsächlich aus der Geschichte lernen zu können.
Detailliert und spannend geht der Autor diesen Aspekten auf dem Grund, gut verständlich auch ohne das Erfordernis einer historischen Ausbildung. Klaus Schabronat liefert die Betrachtung der Schuldfrage aus einer ganz anderen Perspektive und mit einem klaren Fingerzeig auf heutige Entwicklungen und dahinterstehenden Interessenlagen.
 
Wir wünschen dem Werk die Beachtung, die seine Erkenntnisse in dieser Zeit verdienen!
 
Die Herausgeberin: Jenny-Marx-Gesellschaft
 
www.kriegsgewinnler.de
 


Jecke Schlüsse - oder von FDP-Politikern, die nichts dazu lernen

Wiederholt ist die FDP bei einer Landtagswahl an der 5% Hürde gescheitert und schon schreit die zweite Reihe ihrer Politiker/innen nach politischen Konsequenzen, die jetzt quer durch die bundesweiten Räume zu ziehen seien. Erstaunlich dabei ist allerdings, dass die Schlüsse, die die FDP selber aus den erzielten Fakten zieht, durchweg falsch sind.
 
So argumentiert sogar der Vorsitzende der FDP, Lindner, es läge nicht an den Forderungen und Ansprüchen der FDP, dass sie unter die 5% Marke gefallen sei, sondern es läge insgesamt an der gesamten Ampel-Koalition, dass die Ansprüche der FDP nicht zur Geltung haben kommen können. Die Wähler/innen haben also nicht das Wahlprogramm und die konkreten politischen Vorhaben der FDP abgestraft, sondern die Ampel-Koalition habe nicht verdeutlicht wie gut und wie nötig die FDP-Linie in der Bundesregierung und insbesondere für die Bürger/innen sei.

Diese Verdrehung der Tatsachen ist erbärmlich. Sie schließt die Augen vor den Fakten. Wenn die Bürger/innen die FDP-Politik abstrafen, dann liegt es eigentlich nahe, dass die FDP sich korrigiert und eine andere, sozialere Politikgestaltung anbietet, statt überall zu tönen, jetzt erst recht müsse das FDP-Profil mehr denn je geschärft werden. – Wie schräg ist das aber gedacht?

Wer mehr vom Falschen empfiehlt, der macht wohl kaum etwas besser!

Der Realitätsverlust der FDP ist dermaßen groß, dass man fast urteilen muss, wie man diesen Politiker/innen überhaupt noch vertrauen können soll, wenn sie schon die eigene Situation dermaßen falsch beurteilen. Wie sieht es dann erst mit den entscheidenden politischen Fragen aus? Die Wähler/innen habe ganz offensichtlich darauf eine sehr entschiedene Antwort: Die FDP lassen wir nicht weiter politisieren. Und auf Grund des Mehrheitsmeinungsbildes ist sie wiederholt aus einem weiteren Landtag geflogen.

Die Ampelkoalition täte gut daran, der FDP einmal mehr die Grenzen ihrer Politikgestaltung aufzuzeigen. Es kann nicht sein, dass sie diktiert, was politisch realisiert werden soll, wenn sie demokratisch abgewählt wurde. Der Schluss muss lauten: Weniger FDP in der Ampel-Koalition, statt – wie von der FDP absurder Weise gefordert – mehr und profiliertere FDP für die Bürger/innen.

Sollte die FDP hier nicht zur sozialen Einsicht kommen, dann sollte sie eben die Koalition verlassen. Neuwahlen würden Ihr das entsprechende Ergebnis schon erbarmungslos präsentieren:
Ohne FDP ginge es der BRD (nicht nur zur Zeit) besser! -

Und entgegengesetzte Schlüsse, spiegeln sich eben in den Wahlen (derzeit) nicht wider. De facto ist das aber ein großes Statement zu mehr Sozialpolitik und weniger Neo-Liberalismus. Wer einen Berg erklimmen will, kann nicht auf die Bremse drücken!

Dass Die Linke aus dem derzeitgen Stand der geamtgesellschaftlichen Lage ebenfalls nicht profitieren kann, liegt allerdings ebenso an falschen Schlüssen, die hier teilweise gezogen werden. Wer einen Berg erklimmen will, muss mehr als ein (politisches) Ziel vor Augen haben.    
Johannes Verbeek, Trier, den 11.10.22
      


Roger Lewentz: Rücktritt überfällig!

Vor zwei Tagen wurde der rheinlandpfälzische Innenminister Roger Lewentz im SWR3-Fernsehen (SWR-Aktuell, 19.30 Uhr) mit den bisher verschwiegenen Bildern der Hupschrauberaufnahmen konfrontiert und nach seiner Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung gefragt. Das war die peinlichste Situation, die ich seit langem live im Fernsehen mit ansehen musste. Statt auf die Frage des Moderators zu antworten, ob er angesichts der nun bekanntgewordenen neunen Fakten über den Abend der Flutkatastrophe zurücktreten wolle, wich Lewentz mehrere Male – ohne Rot zu werden (!) – aus und drehte die Frage von vergangener Schuld in die Zukunft. Roger Lewentz wollte live eigentlich nur sein Statement abgeben, er wolle dazu beitragen, bessere Katstrophenstrukturen in RLP aufzubauen. Kein Blick zurück. Nur eine Abweisung der Schuld auf untergeordnete Verwaltungsstrukturen, die nicht nur nicht versagt, sondern lediglich nicht gut organisiert waren. Wie peinlich muss man angesichts einer solchen Aussage drauf sein?

Es gab keine zusammengebrochenen Häuser zu sehen und nur ein Auto, das im Wasser trieb; aber Wassermassen, die bis an die Dachunterkante so mancher Häuser reichten sowie Menschen, die mit Taschenlampen permanent Signale gaben, u.s.w. – aber nichts, so der Verantwortliche Innenminister, ließ darauf schließen, dass die Lage so katastrophal sein könnte, wie „es“ am Morgen danach zu sehen war. – Da war es aber schon zu spät!

Und das alles, obwohl auch Kurznachrichten des Ministers aus besagter Nacht an die Ministerpräsidentin Malu Deryer überliefert sind, die eine ganz andere Sprache sprechen und die auch Ihn erahnen gelassen haben werden, was er als Innenminister an diesem Abend versäumt gehabt habe, Kraft seines Amtes in die Wege zu leiten!? -

Das Bild, das Roger Lewentz vor zwei Tagen im SWR-Fernsehen abgegeben hat, erinnert nicht an einen tatkräftigen Innenminister, der ‚sein Bestes‘ gegeben hat, sondern eher an die drei berühmten „Affen, die nicht sehen, nicht hören und nicht sprechen wollen“, weil sie ihre eigenen Hände vor Augen, Mund und Ohren halten, um nur nicht mit der Realität in Konflikt zu geraten. – So erbärmlich!

Wenn man sich in dieser hochpeinlichen Situation noch vergegenwärtigt, dass Frau Anne Spiegel als Ministerin zurücktreten musste, weil sie öffentlich geunkt hatte, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass der Innenminister Roger Lewentz, die ganze Verantwortung für die Flutkatastrophe so drehen könne, dass sie alleine als Schuldige dastehen würde, dann weiß man spätestens jetzt sehr wohl, was ein Charakter der peinliche Innenminister sein muss. Der Volksmund würde sagen: Da geht jemand über Leichen!

Mir stellt sich die Frage: Wie „kann“ er nur auf die absurde Idee kommen, ausgerechnet ER wäre jetzt noch dazu berufen, den Katastrophenschutz in RLP in Zukunft „besser“ zu organisieren? Er wolle in die Zukunft schauen, aber nicht zurück. - Meine Güte!

Der Rücktritt des Ministers ist überfällig – allein schon aus Respekt vor den zahlreichen Toten und Opfern.

Johannes Verbeek, Trier, den 07.10.22

   


Leserbrief zum Interview mit Bischof Dr. Stefan Ackermann im TV vom 30.08.2022, S. 3: Themen des Tages: „Das war ganz klar kriminell“
von Dr. Johannes Verbeek

Die Aussage, das Teilergebnis des Berichts der sog. ‚Unabhängigen Aufklärungskommission‘ (UAK) des Bistums Trier habe den Erwartungen von Bischof Ackermann entsprochen, hat mich nicht verwundert. Eben sowenig hat mich seine Haltung überrascht, als Bischof von Trier ‚derzeit‘ keine persönliche Verantwortung durch einen ‚Rücktritt‘ übernehmen zu wollen:
„Ich kann in dem Bericht auch nicht erkennen, dass es Hinweise gibt, die irgendwie unausgesprochen naheliegen, dass ich als Bischof meiner Verantwortung nicht gerecht geworden bin und deshalb zurücktreten sollte“ (ebd.), sagt Bischof Dr. Achermann explizit.

Dieser Aussagesatz erstaunt jetzt dennoch! Denn auf die Frage, ob er nicht schon früher daran gedacht habe, zurückzutreten, antwortet der Bischof:
„Ja, ich habe mehrfach über die Frage nachgedacht. […]“ (ebd.).
Dann schließt er noch den folgenden Satz an, der mich nun aber völlig verstört:
„Und ich werde mich dem [nämlich: einen Rücktritt anzubieten, J.V.] womöglich [sic!] wieder zu stellen haben […]“ (ebd.).
Der Grund, den er nun unmittelbar dennoch für seinen ‚möglichen‘ Rücktritt anführt, ist allerdings in mehrfacher Hinsicht bedenkenswert. Denn der Bischof führt nun die folgende Bedingung an, nämlich:
 „[…], wenn die UAK die Amtszeit Ackermann untersucht. Es kann sein, dass diese Frage dann nochmals virulent wird“ (ebd.).

An dieser Stelle des Interviews lässt mich der Bischof sprachlos und etwas verstört mit dem folgenden Problem zurück:
Wie soll ich dieses letzte „kann“ in seiner Aussage sprachlogisch denn verstehen? „Kann“ es sein, dass der Bischof erst dann zurücktreten will, wenn er nicht anders mehr „kann“ als zurücktreten zu müssen? Wie „kann“ es sein, dass er seine ‚freie‘ Entscheidung davon abhängig machen will, dass ihm „Dritte“, wie z.B. die ‚unabhängige Aufklärungskommission‘ (UAK) des Bistums, zuvor (!) ausdrücklich nachweisen sollen, dass er persönliche Verfehlungen begangen habe? Sollten ihm diese ‚möglichen‘ Verfehlungen aber nicht längst selbst bekannt sein? Es „kann“ doch nicht sein, dass der Bischof sich mit seinem „Gewissen“ erst wieder auseinandersetzen möchte, wenn von außen kommende Fakten ihn letztlich erst zum eigenen Handeln zwingen? Wer, wenn nicht er selbst, sollte am Besten wissen, ob die „Frage nach seinem Rücktritt“ nicht schon jetzt (!) berechtigt ist – und nicht erst, wenn die Kommission sich mit dem Fall Ackermann und seiner persönlichen Verantwortung „nochmals“ (ebd.) beschäftigt haben wird?

Das dürfte doch klar sein: Es ist keineswegs die primäre Aufgabe einer Kommission - und noch weniger die Aufgabe von Opferorganisationen wie MissBiT - „Amtsträger“ der katholischen Kirche aufzufordern, ihrer Verantwortung persönlich (!) nachzukommen! Sollte es nämlich faktische „Hinweise geben“, die in einem Bericht aufgeführt werden, dann wäre es um die Reputation und die persönliche Integrität der Amtsträger, wie auch des Bischofs von Trier, längst geschehen! Der Satz des Bischofs in Bezug auf seine 12 jährige Amtszeit als Missbrauchsbeauftragter der Katholischen Kirche und in Bezug auf den Zwischenbericht:
„[…] da haben wir aber dazugelernt, gehen heute proaktiver [sic!] vor“ (ebd.),
wäre peinlich genug, denn die faktische Kluft zwischen der Übernahme von „Verantwortung“ „kann“ zeitlich nicht durch ein „vorher“ und „nachher“ im ethischen Sinne geschlossen werden.

Die Unmöglichkeit dieses Sachverhalts zeigt offensichtlich auch die von ihm gebrauchte Formulierung,
„dass man [sic] im Bistum Trier wider besseres Wissen [sic]“ (ebd.), gehandelt habe. -
Und dieses „Wissen“ wird heute von ihm selbst als „kriminell“ (ebd.) beurteilt – allerdings in Bezug auf „andere“ Übeltäter.

Das von ihm angemahnte und sogar im Komparativ (!) geforderte „proaktiver[e] Vorgehen“ ist allerdings nur dann auch „heute“ ethisch wirksam, wenn es verbal und aktiv, und das heißt auch, ‚selbstreflexiv‘ gebraucht wird - vor allem in Bezug auf Selbst-Aussagen der ersten Person des Singulars. - Genau das unterscheidet nichtssagende Aussagen eines allgemeinen „man“ von konkreten Aussagen eines persönlichen „Ich“ als ein reales Gegenüber.

Doch genau dieser Unterschied, der auch für „Dritte“ über die Reflexion des Sprachgebrauchs unmittelbar zu erkennen ist, wird von Bischof Ackermann nach Maßgabe der bisher meist üblichen, kirchlichen Aussagen verschleiert und vertuscht und klein geredet. Das untergräbt seine Glaubwürdigkeit. An dieser Stelle stellt sich daher die Frage nach seiner persönlichen Integrität. Diese Frage ist bedingungslos.

Die sprachlichen Verschleierungsmuster aber, über eigene Verantwortlichkeiten nur distanziert zu sprechen, lassen sich übrigens genauso in Statements und Rechtfertigungen von Politikern bis hin zu Schulleitern, etc. nachweisen. Sie alle glauben insgeheim, ihre Gewissensentscheidungen seien „solipsistisch“ motiviert und könnten von „Dritten“ nicht beurteilt werden. Das ist jedoch ein Irrtum, der sich immer wieder durch sprachliche Konstruktionen hindurch sichtbar macht oder sichtbar machen lässt. Ein Defizit innerer „persönlicher“ Integrität „zeigt“ sich äußerlich mit Blick auf den Sprachgebrauch.

Dies zu erkennen, ist ethisch Gesehen darum ziemlich erschütternd. Der erste, dem dies aufgefallen ist, ist der platonische Sokrates. In seiner Parabel des „Rings des Gyges“ lässt Platon den Sokrates im „Staat“ darüber nachdenken, was wäre, wenn er eine Übeltäterei, wie z.B. einen Mord, verübte, den jedoch niemand gesehen haben könne, so dass er durch äußere Fakten nicht überführt werden könne!? Sokrates antwortet sinngemäß, dass es ihm unerträglich wäre mit diesem Wissen, gemordet zu haben, weiterzuleben. Denn obwohl niemand sonst etwas wüsste, müsste er, Sokrates, dennoch „mit sich selbst“ als einem ‚Mörder‘ weiterleben, was ihm ‚unerträglich‘ würde. Die Geburt des Gewissens macht sich an dieser Stelle deutlich. Damit aber auch das Argument, dass es einem integren Menschen keineswegs darauf ankommen „kann“, im Nachhinein nachgewiesen bekommen zu haben, dass er die Frage nach seiner Verantwortlichkeit bisher stets verdrängt habe. Solange nämlich, bis ihm endlich eine Kommission durch die Preisgabe scheinbar neuer (!) Fakten von außen dazu nötigt, sich seiner eigenen Verantwortung „womöglich (!) wieder zu stellen“ (ebd.). Und dies alles nur, weil er sie zwischenzeitlich vergessen und innerlich gut verdrängt habe - ganz so, als ob er es (zuvor) nicht schon selber habe wissen „können“!?  - An dieser Stelle offenbart sich ein sprachlogischer Widerspruch, um mit Ludwig Wittgenstein zu sprechen (vgl. L.W.: Über Gewißheit, 1951).

Es tut mir leid! Leider muss ich an dieser Stelle meinen ehemaligen Kommilitonen Stephan Ackermann öffentlich – und also von außen (!) - dazu auffordern, endlich sein „Hut“ als Bischof von Trier zu nehmen – ganz unabhängig davon, ob der Papst in Rom das akzeptiert oder nicht.   

Denn des Bischofs Argument:
„Ich kann in dem Bericht auch nicht erkennen, dass es Hinweise gibt, die irgendwie unausgesprochen naheliegen, dass ich als Bischof meiner Verantwortung nicht gerecht geworden bin und deshalb zurücktreten sollte“ (ebd.) -,
verfängt sich in Widersprüche genau da, wo er die Frage nach persönlichen Konsequenzen nach seinen eigenen Aussagen, spätestens
womöglich [sic!] wieder [sic] zu stellen habe[], wenn [sic] die UAK die Amtszeit Ackermann untersucht [sic].
Es kann sein [sic], dass diese Frage dann [sic] nochmals [sic] virulent wird [sic]“ (ebd.).
-

Doch genau das KANN sprachlogisch nicht der Fall sein! Die Fakten des Berichts „können“ kein Kriterium sein, für die eigene Entscheidung des Bischofs, die er selbst zu treffen hat! Diese ‚äußeren‘ Fakten des UAK-Berichts können seinem Wissen nichts hinzufügen. Sie bieten keine neuen Gründe für seine eigene Entscheidung! Seine Formulierung:
„Es kann sein, dass […] dann wieder […] virulent wird […], wenn […]“ (ebd.),
eröffnet für ihn selbst KEINE neue Möglichkeit einer Entscheidung! „Dritten“ mögen diese Fakten Gründe liefern, nachzuvollziehen, warum der Bischof „zurückgetreten“ IST. Er selbst ist auf die Auflistung dieser Fakten als Gründe für sein eigenes „proaktives“ (ebd.) Handeln aber nicht angewiesen.      

Die Frage nach einem Rücktritt als Bischof stellt sich daher aus ethischer Sicht situativ, also: jetzt. Das heißt mit anderen Worten: „eythys“ (griech. = sofort), wie das Lieblingswort Jesu lautet - oder nie, weil die beständige ‚Umkehr‘ – um an dieser Stelle den passenden christlichen Ausdruck zu gebrauchen - zeitlich verpasst wurde! Einen irgendwie später „virulent“ (ebd.) gewordenen Zeitpunkt „kann“ es nicht geben, ohne dass die Integrität der Person/Seele schon zerstört worden wäre. Das „nochmal“ (ebd.), von dem der Bischof spricht, erweist sich insofern als illusionär und rein zweckoptimistisch. An dieser Stelle zeigt sich die tiefe Internalisierung von Bischof Ackermanns christlichem Glauben. Allerdings nur vor dem Hintergrund christlicher „Vergebungsdoktrinen“, die als religiöse Zusage zwar „jetzt schon“ bestehen mögen, wie die Verkündigung der Katholischen Lehre behauptet, jedoch „derzeit“ noch keine konkrete Realität erhalten haben und somit „noch“ ausstehen (!) – ebenso wie die Übernahme seiner persönlichen Verantwortung ‚für sich mit sich selbst‘, vollzogen durch ‚die Person/Seele‘ Stephan Ackermann in Bezug auf den Bischof Ackermann qua ‚Amtsträger der Katholischen Kirche‘ noch aussteht. Sollte „diese Frage dann nochmals virulent werden“ (ebd.), ist es für die ‚Seele‘ zu spät. Denn: Es ist jetzt schon zu spät.

„[…] wer gerade auf dem Dach ist, soll nicht mehr ins Haus gehen, um seine Sachen mitzunehmen; wer auf dem Feld ist, soll nicht zurückkehren, um seinen Mantel zu holen. […] Denn es wird eine große Not kommen.“ (Mt 25,17f)
Und siehe: Sie ist jetzt [eythys] schon da!  


Der Springbrunnen am 07.07.2022

(Für Heraklit und Nikolaus von Cues)

Wenn alles ist
im Übergang und Wandel,
dann pass auf,
pass auf, nicht zu verhungern,
im Zwischenbereich,
der ist - und nicht, zugleich.

Im Ohngefähren,
da, ist kein Halten,
'alles fließt',
und selbst das Ufer
bricht hinweg,
das bewußtlose, ... Un!

Der Sand rinnt,
beständig, aber, obgleich
fallend, steht
'der fliegende Pfeil'
in deinem Bewußtsein, alles still.

Definitiv.
Und absoluter Überfluß,
wie eine Balkenwaage,
ausgeglichen, steht
und fließt das Wasser,
satt von Schale zu Schale, ... Über!

(14.07.22)

TR, 11.04.22
Rücktritt von Ministerin Spiegel geboten!
Es ist an der Zeit, dass Familienministerin Spiegel von ihrem politischen Amt zurücktritt.
Ihre Entschuldigung kann durchaus angenommen werden, dass entbindet sie jedoch nicht von der Verantwortung für das Gemeinwesen. Insofern können das Privat- und Familienleben von Frau Spiegel, das sie nach eigenen Worten überforderte (ebd., T-online, 10.04.22) nicht aufgewogen werden gegenüber der politischen Verantwortungen für die Bürger/innen in RLP. Das eine entlastet das andere nicht. Insofern muss sie ihren Ministerposten, als "Dienerin des Volkes" räumen. - Es gibt wahrscheinlich noch einiges andere für sie zum Tun. -
Es kann wirklich nicht angehen, dass die komplette Schuld- bzw. Verantwortungslast im Ahrtal auf die Schultern eines "ehenamtlich" tätigen Katastrophenkordinators abgewälzt wird, während sämtliche übergeordnete Politiker/innen und Minister/innen sich in der besagten Katastrophennacht schlafen legten! - So nicht!

Die Dummen an die Macht! – Nein! … Sie sind schon an der Macht.

„Tempolimit: Kommunen und Land lehnen Grünen-Forderung ab. Rheinland-pfälzische Verkehrsministerin warnt vor ‚ideologischer Debatte‘. ADAC plädiert für ‚freie Mobilität‘. Trier musste 30er Zone rückgängig machen“, mit diesen Worten betitelte Bernd Wientjes vom Trierischen Volksfreund in der Ausgabe vom 05.04.22 seinen Bericht.
Besonders aufschlussreich sind folgende Aussagen und Zusammenhänge:
Bernd Wientjes beginnt seinen Artikel mit einer Forderung der Grünen, auf den Autobahnen Tempo 100 einzuführen, um „Energie zu sparen“ (ebd., S.1). Immerhin berge die Umsetzung dieses Tempolimits „ohne großen Verwaltungsaufwand“ ein „Einsparpotenzial“ von „600 Millionen Liter fossilem Treibstoff“ (ebd.). Vor dem Hintergrund höchster und steigender Spritpreise wäre dies wohl schon – könnte man meinen - eine wirklich hohe Hausnummer.
Allerdings führt Wientjes diesen Gedanken überhaupt nicht weiter aus! Stattdessen wechselt er das Thema unvermittelt und berichtet nun über „Vorstöße für ein generelles Tempo 30 in Ortschaften“ (ebd.). Zwar ist auch dieses Thema interessant, es liegt aber auf einer anderen Argumentationsebene. Denn der Schluss, weil bisher bei der Einführung von Tempo 30 in Ortschaften alle Anträge „bislang an gesetzlichen Vorgaben gescheitert sind“ (ebd.), übertragen auf die „zeitlich befristete“ (ebd.) Einführung von Tempo 100 auf Autobahnen, ist irreführend und falsch, denn er lautet nicht: Der Antrag der Grünen wird scheitern, weil es hierfür keine Begründungen gäbe, „etwa wegen Verkehrssicherheit, Lärmschutz oder Luftreinhaltung“ (ebd.). - Nein! Hier, bei einer zeitlich begrenzten Begrenzung (!) einer Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen, lautet die Begründung schlichtweg: Einsparungen sind möglich und nötig, weil sie sich unter Umständen auch preissenkend auf die Konzernkartelle an den Zapfsäulen auswirken – ganz abgesehen von den rein ökologischen Vorteilen der Abgasvermeidung und des geringeren Spritverbrauchs.
Dies ist eine schlichte Einsicht, die allerdings für so manche Zeitgenossen/innen – vor allem auch in politischer Verantwortung – ungelegen daherkommt, so dass man/frau sich schon manchmal schlauer vorkommt, wenn man/frau sich geflissentlich dumm stellt.
An dieser Stelle ist eine weitere Bemerkung nötig: Denn keineswegs „beschimpfe“ ich hier irgendjemanden, vielmehr erlaube ich mir ein Urteil – und dieses Urteil lautet: Es gibt dumme Zeitgenossen, die einfachste Zusammenhänge nicht einsehen können (!) und sie daher leugnen (müssen)!
Allerdings kann dieser „Zwang“ natürlich auch ideologisch motiviert sein, was aber nichts an der vermeintlichen Dummheit ändern würde.

Wenn also die rheinland-pfälzische Verkehrsministerin Daniela Schmitt (FDP) der grünen Landesvorsitzenden Natalie Cramme-Hill aus Trier vorwirft, sie würde angesichts der neuerlichen Gräueltaten „mutmaßlicher Kriegsverbrechen“ (ebd.) in der Ukraine lediglich „eine partei-ideologisch geprägte Debatte“ (ebd.) führen, z.B. über „alte Forderungen wie das Tempolimit“ (ebd.), ohne jedoch einen einzigen Grund zu nennen, weswegen ein Tempolimit auf 100 km/h auf Autobahnen in der jetzigen Situation unpassend wäre, dann liegt der Schluss nahe, dass Frau Schmitt an dieser Stelle aus FDP-nahen Überlegungen viel ideologischer denkt als ihre Kollegin von den Grünen. Die Grüne Frau benennt ihre Gründe unmissverständlich, während die FDP-Ministerin sich einer rationalen Debatte verweigert, indem sie das Thema von möglichen ‚Geschwindigkeitsbegrenzungen‘ auf „Kriegsverbrechen“ (ebd.) verlagert, die „wir uns alle kaum vorstellen konnten“ (ebd.). Das eine mit dem anderen abzutun, ist an dieser Stelle tatsächlich „unpassend“ (ebd.), nicht aber das Begehren der Grünen angesichts des Krieges in der Ukraine für unbürokratische Einsparungen von Energien wie Kraftstoffen zu sorgen.

Dem Leser geht dieser Zusammenhang allerdings ab, den Herr Wientjes vom TV lässt sich weiterhin über Tempo-30-Regelungen in Trier aus, indem er ein Beispiel aus Ruwer thematisiert und zwischen die beiden Aussagen der Politikerinnen einschiebt.

Doch auch dieses Thema wird nur zur Hälfte korrekt beschrieben. Denn die Ausweisung einer „Tempo-30-Zone“ war in Ruwer zurecht in Frage gestellt worden! Denn eine Kommune - wie auch die Stadt Trier - darf nicht willkürlich in Ruwer eine „Temop-30-Zone“ auf einer als „Landstraße“ ausgewiesenen Ortsdurchfahrt einrichten, gleichzeitig aber anderen Orts, wie Jahrzehnte lang in der Avelsbacher Straße in Kürenz, den Anwohnern einen begrenzten Tempo-30-Abschnitt verweigern mit dem Grund, es handele sich hier um eine übergeordnete Straße, auf der – auch in Ortschaften – nur eine Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo 50 erlaubt wäre. Und wiederum sehen wir an dieser  Stelle die völlig fehlgeleitete Argumentation – wie zuvor schon oben: Das eine mit dem anderen abzutun, ist an dieser Stelle tatsächlich „unpassend“ (ebd.).

Dagegen wird die entsprechende Lösung von Herrn Wientjes nicht ausgeführt. Denn das Umweltbundesamt sieht in einer verkehrspolitischen Broschüre aus dem Jahre 2016 gleichwohl andere Möglichkeiten zur Temporeduzierung sowohl in Städten als auch auf sog. übergeordneten Straßen durchaus vor! Ein Beispiel bildet die Einführung eines Tempo-30-Teilabschnitts in der Avelsbacher Straße. Die Durchfahrt in dieser Straße wurde aus „Lärmschutzgründen“ komplett auf Tempo-30 reduziert, nachdem die Anwohner/innen dies nachdrücklich und explizit gefordert hatten. Wohlgemerkt: Es wurde dabei keine „Tempo-30-Zone“ eingerichtet! Der Verkehr wurden nichts desto trotz dennoch zum Wohle der Anwohner/innen entschleunigt.

Diesen Umstand ignoriert der Geschäftsführer des rheinland-pfälzischen Gemeinde- und Städtetages, Herr Karl-Heinz Frieden, völlig. Bernd Wientjes berichtet, dass Herr Frieden „gegen ein flächendeckendes Tempolimit in Innenstädten ist“ (ebd.). Wiederum thematisiert der TV-Reporter damit die Tempo-30-Diskussion anstelle einer Diskussion über die Einführung von Tempo-100 auf Autobahnen, die er weiter oben begonnen, aber dann abrupt unterbrochen hatte. Erstaunlich ist aber auch an dieser Stelle der von Herrn Frieden vorgebrachte Grund gegen eine flächendeckende Tempo-30-Regeleung in den Innenstädten von RLP. Und wir ahnen hier erneut die Argumentationsrichtung: Denn tatsächlich beruft sich auch Herr Frieden – wie oben schon die Verkehrsministerin - auf den Ukraine-Krieg (sic!) und nicht auf sachgerechte verkehrspolitische Gründe, die an dieser Stelle angemessen wären. Herr Frieden meint: „Dieses [nämlich die Einführung einer flächendeckenden Tempo-30-Regelung in Innenstädten, J.V.] würde leider nicht die Energiekrise lösen, noch den brutalen Angriffskrieg Putins beenden“ (ebd.). – Das ist doch sehr erstaunlich! – Denn wer hat dies denn behauptet? Niemand! – Es geht hier nämlich nicht um eine „Lösung der Energiekrise“, sondern um den bescheidenen Beitrag zur Reduzierung des Energieverbrauches, der doch wohl sehr viel angemessener ist als so mancher Expertenbeitrag im Fernsehn, man/frau solle gefälligst die Heizung abstellen und sich tunlichst wärmer anziehen. –

Was soll das Geschwätz also? Weder die Verkehrsministerin noch der Vertreter des Gemeinde- und Städtetages wollen etwas zur schnellen Energieeinsparung betragen! Und Herr Wientjes? Er verspürt nicht einmal das kleinste Verlagen kritisch nachzufragen!

Dagegen führt er noch einen „Skeptiker“ gegenüber einem Tempolimit an. Es ist der Vorstand beim ADAC Mittelrhein, Herr Peter König, der für den Bereich Verkehr und Technik zuständig ist. Es folgt ein längeres Zitat: „Generell muss es das Ziel sein, Verkehrsteilnehmern eine möglichst sichere, effiziente und auch frei Mobilität zu ermöglichen. Gerade im Hinblick auf die rasche Verbreitung der Elektromobilität müssen daher Tempolimits aus Lärmschutz- oder Spritspar-Gründen schon bald neu überdacht werden“ (ebd.). – Ja, Hallo! - Der Herr hat wohl den Schuss noch nicht gehört!

Ging es zunächst um den sinnvollen Antrag der Grünen nach einer Tempobeschränkung auf Autobahnen, so geht es dem ADAC nur noch um die vermeintlichen „Verkehrsteilnehmer“ (ebd.). Dieser Zuschnitt bildet jedoch eine nicht unerhebliche Verarmung des Gesamtzusammenhangs. Und wiederum liegt dem ein logischer Fehlschluss zugrunde. Denn der Schluss von einer „raschen Verbreitung der Elektromobilität“ (ebd.) hin zu der Forderung „daher Tempolimits aus Lärmschutz- oder Spritspar-Gründen schon bald neu zu überdenken“ (ebd.), ist falsch. Denn ganz offensichtlich kennt und benennt Herr König nur potenzielle „Verkehrsteilnehmer“ (ebd.). Diese seien zu „schützen“. Ansonsten müsse es eine „effiziente und freie Mobilität“ (ebd.) geben – wobei hier zunehmend an kein Tempolimit gedacht wird: also im Gegenteil: wo es geht, geht es „unendlich“ schnell! Scheinbar glaubt Herr König, Elektrofahrzeuge erzeugten keinen ‚Krach‘ mehr, weswegen die Temporeduzierungen aus Lärmschutzgründen zukünftig („schon bald“) wegfallen könnten. Es käme daher nur darauf an, „den Verkehrsteilnehmern Sicherheit zu bieten“, meint Herr König ernsthaft. –

Was er an dieser Stelle jedoch völlig vergisst und aus den Augen verloren hat, ist der Umstand, dass es zu einer vernünftigen Verkehrspolitik nicht einzig auf die „Verkehrsteilnehmer/innen“ ankommt, sonders dass es darüber hinaus auch sog. „Anwohner/innen“ gibt, die an vielbefahrenen Straßen - vor allem auch innerstädtischen (sic!) - ein gleichberechtigtes Anrecht auf „Sicherheit“ und „Schutz“ und eben auf „Lebensqualität“ haben. Wer die „Verkehrsteilnehmer“ (ebd.) jedoch nur auf Elektrofahrzeuge oder herkömmliche spritschluckende Autos reduziert, dem entgeht aber das Wesentliche: Hier die konkreten Menschen vor Ort!

Nun ja: Die Alternative besteht entweder aus mangelnder Einsichtsfähigkeit in die konkreten Umstände oder aus schlichter Dummheit. Kant meinte als profilierter Aufklärer, es könne auch noch eine gewisse „‘Faulheit‘ des Denkens“ eine entscheidende Rolle spielen. Gewisse Menschen blieben allerdings bemitleidenswert. In einer Demokratie wäre es daher vernünftig, diese nicht zu politischen Entscheidungsträger/innen zu machen, selbst dann nicht, wenn sie politische legitimiert wären.  
Dieser Artikel bedarf daher einer Ergänzung.

PS.
Wie sähe denn ein unideologischer und daher ein vernünftiger Übertrag des von der rheinland-pfälzischen Verkehrsministerin angedachten Gedankens in Bezug auf die mutmaßlichen Menschrechtsverletzungen in Ukraine aus?

Nun, so wie in der Argumentation des ADAC die ‚Anwohner/innen‘ einer Straße schlichtweg nicht als Verkehrsteilnehmer/innen in den Blick geraten sind, wodurch in der Folge völlig falsche Schlüsse gezogen wurden so blendet die Verkehrsministerin schlichtweg die ‚Bürger/innen‘ in Bezug auf den Krieg in der Ukraine aus. Hier wie da kommen sie nicht vor: weder die Anwohner/innen noch die Bürger/innen. Das hat aber Konsequenzen. Denn in Bezug auf die Würde des Menschen und die damit verbundenen Menschenrechte gibt es keinen Unterschied zwischen einer Belästigung durch Lärm und Straßenverkehr auf der einen Seite und dem untätigen Zusehen in Bezug auf Kriegsgräuel auf der anderen Seite. Die Achtung der Menschenwürde und Menschenrechte ist unteilbar – hier wie da. Lediglich, wer eine Seite ausblendet und beteiligte Bürger/innen in seiner Argumentation nicht vorkommen lässt, zeigt, dass er die Gesamtsituation noch nicht verstanden hat.

So unerträglich es für Anwohner/innen einer Straße ist, dem Verkehrsaufkommen und dem Lärm ungeschützt ausgesetzt zu sein, weil die Politik es durch selbst erlassene Gesetzte verunmöglicht gescheite Lösungen zu finden (siehe oben), so unerträglich ist es für Bürger/innen den Menschrechtsverletzungen durch Kriegsführung tatenlos zuschauen müssen zu sollen. -

Wenn es eine vielbeschworene ‚atomare Abschreckung‘ auf Seiten der Nato gibt (siehe: Büchel), dann besteht eigentlich kein Grund, sich nicht verschärft auf Seiten der Ukraine für die Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit und Frieden einzusetzen! Aber klar ist auch die Einsicht in das unbestreitbare Faktum: Es gibt Schweine. Und auch Menschen. Im Alltag fällt es uns nicht schwer beides zu unterscheiden. –

Sollte das Postulat einer gegenseitigen, atomaren Abschreckung jedoch nur hohle, militärische Atemluft sein, dann gilt es unverzüglich diese Abschreckungspotenziale abzurüsten, weil sie längst verbrauchte Luft darstellen. Sie sind unwirksam und Schweine teuer!

Ich meine also: Auch hier wäre die Ministerin – aber nicht nur sie – gefordert, ihr Denken zu entideologisieren. Darüber ließe sich aber nicht nur schreiben, sondern auch handeln im Sinne von tätig werden. Dass die politischen Parteien hier kolossal versagen, indem sie sich auf bloßes administrieren zurückziehen, wodurch sie ihren Horizont unnötigerweise verengen (siehe oben), ist leider ebenso „real“ wie der Krieg – und zwar nicht nur in der Ukraine. - Mut ist eine der Tugenden, die zweifellos Denkvermögen voraussetzen, um handelnd tätig werden zu können. Mut scheint daher keine FDP-Tugend zu sein und auch keine journalistische Tugend in Trier.     
(Trier, den 05.04.22)
               
                          

Das bisherige Unwort des Jahres 2022 ist eindeutig:
"Bundeswehrsondervermögen"!
Dieser Ausdruck aus dem Mund von Bundesfinanzminister Lindner (FDP) suggeriert das gegnaue Gegenteil dessen, was es auszudrücken vorgibt. Nämlich: Schulden statt Vermögen. -
Es basiert auf aktuellem "Neusprech" - im Sinne der Dystopie "1984" - und ist daher moralisch verwerflich!
Um so erstaunlicher ist es, das die gesamte Presse der BRD diesen "Neusprech" aufnimmt und sich (bisher) an keiner Stelle distanziert hat, zumal es sich hier um eine bloße Rechtfertigung eines 'Militarismus alter Zeiten' handelt, den wir in der BRD eigentlich angesichts eines neuen Angriffskrieges auf europäischen Boden überwunden zu haben vermeinten. Dieser politische "Neusprech" entstammt selbst noch der Rethorik des 'kalten Krieges'. Weder rein physisch noch sprachlich-verbal wollen wir in diese Zeiten zurückkehren - und schon gar nicht "mit 100 Milliarden Euro mehr" neue Schulden! -
Ich erwarte die größte Anzahl an Teilnehmer/innen an den kommenden "Ostermärschen" seit den NATO-Doppelbeschlüssen in den 80'zigern! Zum Beispiel auch in Büchel RLP.
AUF! Proteste weltweit gegen den Krieg in der Ukraine - und anderswo!

TR, 23.03.31



Trier, den 24.02.2022
Zum Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine
Sowohl Putin als auch die beiden Separatistenanführer gehören als Kriegsverbrecher sofort angeklagt vor dem Europäischen Gerichtshof in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit!
Die UN sollten umgehend einen intenationalen Haftbefeht ausstellen, damit klar ist, was mit Politiker/innen passiert, die das Völkerrecht so offensichtlich brechen!
Dr. Johannes Verbeek



Kommentar zu dem Artikel der AfD „Bischof Stein: faires Verfahren“ in der Rathauszeitung Trier (RaZ) vom 15.02.22

In der öffentlichen Sitzung des Rates der Stadt Trier am 02.02.2022 konnten Stadtratsmitglieder aller Fraktionen fünf verschiedene Fragen an eine Expertengruppe zum Stand der Dinge bezüglich der Vertuschungsvorwürfe gegen Bischof Stein während seiner Amtszeit in Sachen Missbrauch durch Priester der Katholischen Kirche stellen. Die Sitzung wurde ab 17.00 Uhr im Offenen Kanal OK54 live übertragen.

Bei den drei geladenen Experten handelte es sich um PD Dr. Thomas Schnitzler, der einige zentrale Ergebnisse seiner Aktenstudien aus dem Bistumsarchiv zur Dokumentation sexueller Missbräuche im Bistum vorstellte.
Sodann um den Kriminologen Prof. Christian Pfeiffer, der diese Ergebnisse bewertete und mit Konsequenzen vergleichbarer Fälle aus anderen Bistümern verglich.
Prof. Gerhard Robbers war der dritte Experte. Er steht einer ehrenamtlichen Untersuchungskommission im Auftrag der katholischen Kirche zu sexuellen Missbräuchen im Bistum Trier vor, die (allerdings) erst nach eigenen Angaben gegen Ende des Jahres in der Lage sein wird, insgesamt eine abschließende Bewertung geben zu können.
 
Der konkrete Anlass zu dieser Expertenbefragung ergab sich aus dem Umstand einer „möglichen Aberkennung der dem Bischof verliehenen Ehrenbürgerwürde“ (RaZ, 02.02.22, S.2, ebd.) sowie einer möglichen „Umbenennung des nach ihm benannten Platzes“ (ebd.) am Dom durch Anträge verschiedener Faktionen im Stadtrat.

Für die AfD nahm ihr Fraktionsvorsitzender Michael Frisch (MdL) teil, der als ehemaliger Religionslehrer in Trier, eine besondere Sensibilität an den Tag legen hätte können.

Tatsächlich schoss die AfD mit ihren Fragen tendenziell gegen die Ausführungen von Prof. Pfeiffer, der seinerseits eine klare Position für die „Aberkennung“ sowohl der Ehrenbürgerschaft als auch für die „Umbenennung“ des Bischof-Stein-Platzes einnahm. Der Kriminologe Prof. Pfeiffer berief sich für seine Einschätzung und Bewertung der Faktenlage explizit auf eine Studie, die der Historiker Dr. Schnitzler im Auftrag der Opfergruppe MissBit erstellt hatte, in der 42 Fälle sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier während der Amtszeit von Bischof Stein dokumentiert und – wenn möglich – ausführlich beschrieben werden.

Drei besonders einschlägige Missbrauchsfälle stellte Dr. Schnitzler den Stadträten in Trier in einem Auszug seiner Studie schriftlich zur Verfügung, auf die er sich in seinem Vortag explizit bezog. Prof. Pfeiffer bezog sich mehrfach auf diese Fälle mit dem Ergebnis, dass jeder dieser Fälle eine schwere Verletzung der Aufsichtspflicht des Bischof Stein impliziere, die alleine schon ausreiche, ihm die „Ehrenbürgerwürde“ abzuerkennen und eine „Umbenennung“ des Platzes vorzunehmen.

Der Vorsitzende des kirchlichen Untersuchungsausschusses, Prof. Robbers, wand dagegen ein, der Stadtrat möge doch seine Entscheidung bis zum Jahresende aufschieben, weil die Untersuchung seiner Darstellung nach sehr komplex sei und nicht nur auf Bischof Stein bezogen werden könne. Der Untersuchungsausschuss sei noch nicht in der Lage, ein abschließendes Urteil über die Verantwortung von Bischof Stein zu fällen, insbesondere deshalb, weil man eventuell noch entlastende Dokumente auswerten müsse oder im Nachlass von Bischof Stein u.U. zu entdecken hofft. Auf die Frage, weshalb der Untersuchungsausschuss denn nicht die anstehende Bewertung von Bischof Stein ausgeklammert und vorgezogen habe, gab Prof. Robbers nur ausweichende Auskünfte, die allesamt darauf hinausliefen, dass man eben ‚noch nicht soweit sei‘, eine abschließende Bewertung über die Verantwortlichkeiten von Bischof Stein abgeben zu können. Dieser Umstand wurde von einigen Fraktionen, darunter die Grünen und die SPD, ausdrücklich bemängelt!

Aus der Sichtweise von Dr. Schnitzler sei die Verantwortlichkeit von Bischof Stein jedoch mehr als nachgewiesen. Das belegten die 42 aufgelisteten Missbrauchsfälle seiner Studie sowie seine Ausführungen zu Vertuschungen und nicht gezogene Konsequenzen durch den verantwortlichen Bischof Stein. Er hätte konsequenter disziplinarisch – auch nach Kirchenrecht - verfahren können, was er aber nicht tat - und genau darin bestehe seine persönliche Schuld als Bischof. Die Opfervereinigung Missbit verlange eine sofortige Feststellung der persönlichen Schuld von Bischof Stein und eine konsequent zügige Aberkennung aller Ehrenrechte des Bischofs sowie eine Anerkennung der Schuld durch die katholische Kirche mit entsprechenden finanziellen Entschädigungen der Opfer.       

In dem Artikel der AfD vom 15.02.22 in der Rathauszeitung (RaZ) zur Befragung der Experten schreibt der Fraktionsvorsitzende der AfD Michael Frisch, der im Rat auch die fünf Fragen an die Experten formulierte, wie folgt:
Für die AfD sei es wichtig, die anstehenden Entscheidungen „auf einer umfassenden, verlässlichen und wissenschaftlich fundierten Untersuchung aller relevanten Aspekte zu treffen. Das gebieten der Respekt vor den betroffenen Menschen und die Prinzipien unseres Rechtsstaates“ (RaZ, oben, ebd.).
 

Liest man diese einleitenden Einlassungen der AfD-Fraktion, so könnte man – recht oberflächlich verstanden – meinen, freilich: so soll es sein!

Doch leider lassen diese recht prinzipiellen Sätze völlig offen, WER den angemahnten ethischen Respekt und die juristische Rechtsstaatlichkeit genießen können solle. Die von der AfD intendierte Antwort lautet freilich: Alle (involvierten) Personen. Und darin hat sie in dieser Allgemeinheit ihrer Aussage sicherlich Recht. Nur - und leider (!) – differenziert der Fraktionsvorsitzende der AfD, Michael Frisch, an dieser Stelle in keinster Weise (!), weshalb seine Aussage, bezogen auf den konkreten Fall einer Beurteilung der Verantwortlichkeit von Bischof Stein, völlig unzureichend ist!

Konkret genommen macht es aber tatsächlich einen gewaltigen Unterschied, auf welche Art und Weise einem möglichen Mittäter und Vertuscher von sexuellen Missbrauchsfällen im Bistum Trier, der obendrein auch noch der oberste Verantwortliche nicht nur vor dem Recht im Bistum (- sondern auch vor dem „Herrn“) ist, sondern auch gegenüber den durch Bistumsakten (!) nachgewiesenen „Tätern“ der Missbräuche, ein „Respekt“ (ebd.) gezollt wird, den Michael Frisch hier anmahnt, im Gegensatz zu den benannten Opfern der Missbrauchsfälle, die bisher nur völlig unzureichend gewürdigt und anerkannt wurden. Denn in Bezug auf letztere Personengruppe wird man festhalten müssen, dass sie bisher nur recht unzureichend - und nur gegen den Widerstand seitens des Bistums (!), bis hin zu den Ausführungen von Prof. Robbers vor Ort (!) –, eine entsprechende Würdigung als „Missbrauchsopfer“ erfahren haben.
Der von der AfD angemahnte „Respekt“ vor den Opfern geböte eine sofortige und umfassende Anerkennung der „Schuld“ verantwortlicher Würdenträger, während des Zeitraums ihrer persönlichen Amtszeiten. Hier geht es jedoch vor allem nur um die Beurteilung möglicher Versäumnisse durch Bischof Stein.
 
Wenn die AfD nun weiter festhält:
„Es darf weder eine vorschnelle Verurteilung noch eine Relativierung nachgewiesener Taten geben“ (ebd.),

dann formuliert sie wiederum nur unspezifisch und viel zu allgemein eine banale Binsenweisheit. Denn wiederum lautet die vernünftige Reaktion der verständigen Leserin auf diese Position: freilich!

Aber auch in dieser Aussage der AfD fehlt die Konkretion auf den besonderen Fall: Denn was soll der letzte Teilsatz dieser AfD-Weisheit bedeuten, wenn sie selbst eine Position gegenüber den von Dr. Thomas Schnitzler offen gelegten Fakten (nach Aktenlage des Bistums) einnimmt, die nicht in der Lage ist, deutlich auszusprechen, dass alle bekannten „Fakten“ gegen eine mögliche Entlastung der Verantwortlichkeiten von Bischof Stein sprechen?

Es ist doch völlig klar, dass hier eben KEINE „vorschnelle Verurteilung“ (ebd.) der „Täter“ und schuldbehafeten Verantwortlichkeit des Bischofs vorliegen. Diese „Verantwortlichkeiten“ nicht klar auszusprechen oder gar zu leugnen, darin liegt genau die rhetorisch geschickt eingefädelte Relativierung der Meinungbildung durch die AfD, die sie dadurch zum Ausdruck bringt, dass sie vor einer „Relativierung nachgewiesener Taten“ (ebd.) zwar warnt, aber mit dieser Aussage zugleich auch unterstellt, die Studie von Dr. Schnitzler sei eben KEINE „verlässlich und wissenschaftlich fundierte Untersuchung aller relevanten Aspekte“ (ebd.), die bedacht werden sollten, um zu einem verantwortbaren Urteil zu kommen.

Die nachgereichte Rechtfertigung für diese falsche Behauptung liefert die AFD in der Behauptung gleich mit, wonach „der historische Kontext zudem zu berücksichtigen ist“ (ebd.). Weder die Studie von Dr. Schnitzler noch ihre Beurteilung durch Prof. Peiffer berücksichtige aber diesen „historischen Kontext“, so die Intension der AfD-Argumentation.

Diese Aussage der AfD ist daher sehr beachtlich. Zum einen, weil sie den „historischen Kontext“ nur auf eine sehr eigenwillige Interpretation der gesellschaftlichen Zustände in den 1970’ziger Jahren des vorigen Jahrhunderts bezieht – wie wir noch sehen werden -, und zum anderen dadurch, dass sie mit dieser Behauptung zugleich auch das juristische Faktum unter den Tisch fallen lässt, dass „sexueller Missbrauch“ Schutzbefohlener Minderjähriger immer schon ein justiziabler „Tatbestand“ war. ‚Missbrauch‘ ist in den Augen der Gesellschaft nicht erst in jüngster Zeit moralisch verwerflich geworden.

Ein Blick in das Grundgesetz hätte die AfD hier vor dieser recht entlarvenden Argumentation bewahren können.
Denn es ist dem Staatsrechtler Gustav Radbruch zu verdanken, dass eine begriffliche Unterscheidung das Rechtsbewusstsein der Bundesrepublik Deutschland prägen konnte, nach der es juristisch streng zu unterscheiden gilt, ob eine positiv gesetzt Rechtsnorm lediglich als „falsches Recht“ (aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen in der Bewertung von positiv geltenden Gesetzen) zu werten sei, und darum in einem rechtsstaatlichen Gesetzgebungsverfahren neu zu bestimmen sei, um sie so den veränderten gesellschaftlichen Bewertungen anzupassen – oder, ob gewisse Rechtsnormen „immer schon Unrecht“ waren und damit niemals „falsches Recht“ (das positiv veränderbar wäre) gewesen sein können, weil sie „immer - und nur - Unrecht waren“.
Gustav Radbruch macht diesen Unterschied an Beispielen der nationalsozialistischen Gesetzgebung wie z.B. an den „Rassenhygienegesetzen“ deutlich, die immer „Unrecht“ waren und damit nie als „falsches Recht“, das revidierbar wäre, bezeichnet werden konnten. Mit anderen Worten: Unrecht bleibt Unrecht! Und das gilt es vernünftiger Weise einzusehen.
  
Diesen Umstand ignoriert die Argumentation der AfD, die hier von ihrem Fraktionsvorsitzenden Michael Frisch vorgetragen wird, völlig.

Aber damit nicht genug: Das Eigenwillige - und damit auch völlig verquere der von der AfD vorgebrachten Argumentation - zeigt sich in dem besonderen Umstand, den die AfD als „historischen Kontext“ (ebd.) bezeichnet. Diese sei „zudem (…) zu berücksichtigen“ (ebd.), will „man“ heute korrekt urteilen in der Bewertung der Missbrauchsvorfälle im Bistum Trier und der damit verbundenen Verantwortlichkeiten von Bischof Stein.

Die jetzt folgende Argumentation der AfD ist aber dermaßen schräg und ethisch-moralisch unverfroren, dass es mir schwerfällt, an dieser Stelle nicht schon polemisch zu werden. Die AfD argumentiert wie folgt (- völlig abstrus):
„In den 1970er Jahren gab es eine breite gesellschaftliche Debatte über die Legalisierung der Pädophilie. Insbesondere die Grünen (sic!) setzten sich damals, bis in ihre Programmatik hinein, dafür ein. Dieser Zeitgeist hat sicherlich (sic!) auch das damalige Verhalten der Kirche beeinflusst (sic!). Leider blieb die Stellungnahme von Professor Christian Pfeiffer hinter unseren (sic!) Erwartungen zurück“. (Ebd.)

Ich empfehle der verständigen Leserin dieses Zitat noch einmal bewusst zu lesen und sich seine Aussagesätze betont zu vergegenwärtigen! Denn hier wird mit anderen Worten nichts anderes behauptet, als dass sich die ‚katholische Kirche‘ in den 1970’ziger Jahren ZU STARK (!) habe beeinflussen lassen von dem – bis heute - verderblichen ‚Zeitgeist‘ der von der Partei die Grünen ausging! – Diese Aussage muss man sich einmal vorstellen!?
Nicht aber so, dass die katholische Kirche bis heute so ziemlich resistent gegen äußerst nötige (und auch synodal ausgebremste!) Veränderungen in ihrer ethisch-moralischen Positionierung wäre und ist, sondern genau umgekehrt: sie, die katholische Kirche, habe sich den verderblichen Säkularisierungen ausgerechnet der „Grünen“ nur allzu willig hingegeben, so dass sie, die heilige und unwandelbare ‚katholische Kirche‘, in ihrer Urteilsfähigkeit vom grünen „Zeitgeist“ völlig korrumpiert und unterminiert worden sei! Genau das sei daher ein Umstand, aus dem unmittelbar folge, dass die Kirche auch ihre Sexualmoral preisgegeben habe. „Insbesondere“ (ebd.) in ihrer Haltung gegenüber der „Pädophilie“ (sic!) habe die katholische Kirche nachgegeben und sich durch den ‚grünen Zeitgeist‘ überrumpeln und liberalisieren lassen! – Meine Güte!!!

Völlig verfehlter kann ‚man‘ das Verhältnis von „Zeitgeist“ und „katholischer Kirche“ wohl kaum darstellen!

Zwar ist es durchaus richtig, dass nicht unmaßgebliche Teile der Grünen, wie z.B. die Strömung der sog. „Stadtindianer“, einer Entkriminalisierung vor allem kindlicher Sexualität so sehr das Wort geredet haben, dass sich so prominente grüne Personen wie Daniel Cohn-Bendit und Jürgen Trittin dafür offiziell Entschuldigen mussten, um selbst wieder gesellschafts- und medienfähig werden zu können. -

Aber daraus den umgekehrten Schluss zu ziehen, die ‚katholische Kirche“ habe sich diesem Zeitgeist zu sehr angepasst, so dass die mögliche (und tatsächliche!) Schuld von Bischof Stein relativiert werden müsse, weil er selbst unter diesem negativen, grünen Einfluss stehend (sic!), seiner Aufsichtspflicht (gegenüber sich dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs ausgesetzten Priestern in seinem Bistum) nicht genügend oder gar nicht nachgekommen sei, ist völlig schräg und historisch unzutreffend, weil diese Argumentation die tatsächliche Faktenlage willkürlich verkehrt - und dadurch unzulässigerweise auch relativiert. Sie relativiert nämlich genau in dem Sinne, den Michael Frisch weiter oben auch differenziert wissen wollte, indem er zwischen einer „vorschnellen Verurteilung“ und einer „Relativierung nachgewiesener Taten“ (ebd.) unterschied, jedoch selber nicht in der Lage ist, seiner eigenen Unterscheidung argumentativ Folge zu leisten.
Die Verdrehung historischer Kausalitäten durch die Argumentation der AfD hat zwangsläufig eine Relativierung möglicher historischer Verantwortlichkeiten des Bischofs zur Folge. Hier wird im günstigsten Fall verharmlost, im schlimmsten aber wird die Verantwortlichkeit des Bischofs nicht nur nicht anerkannt, sondern dadurch sogar entschuldigt, dass den „Grünen“ besondere Verderblichkeiten zugesprochen werden, was insgesamt mehr als absurd ist.     

Den Gipfel dieser historischen Unzumutbarkeiten erreicht die Argumentation von Michael Frisch schließlich in der Behauptung:
„Leider blieb die Stellungnahme von Professor Christian Pfeiffer hinter unseren (sic!) Erwartungen zurück“ (ebd.).

An dieser Stelle könnte ‚man‘ freilich spekulieren, welche eigenen „Erwartungen“ die AfD denn an einen „Experten“ hätte herantragen können, von dem sie sich doch in der Bildung ihres eigenen Urteils durchaus hätte belehren lassen können sollen müssen? –

Tatsächlich aber wird an dieser Stelle des Artikels explizit der Kriminologe Prof. Pfeiffer eines Besseren belehrt, denn er habe nicht nur den „Zeitgeist der 70er Jahre“ in Bezug auf die Verantwortungsfähigkeit von Bischof Stein nicht berücksichtigt, sondern er habe nicht einmal ‚eigene‘ Studien zu diesem Fall angestellt. Deshalb, so die AfD, sei die Expertise von Prof. Pfeiffer nicht nur unzureichend, sondern ebenso „unverlässlich“ und „wissenschaftlich“ keineswegs „fundiert“ (ebd.). Der Grund für diese Einschätzung unerfüllter „Erwartungen“ der AfD sei, dass Prof. Pfeiffer (bezüglich Beurteilung der möglichen Verantwortung von Bischof Stein) keine eigenständige Studie unternommen habe, sondern sich in seinem Urteil lediglich auf vorliegende Studie von Dr. Thomas Schnitzler aus Trier berufe. Daher, so dieser merkwürdige Schluss der AfD weiter, werde der Professor,  „wissenschaftlichen Standards nicht gerecht“ (ebd.).

Leider muss auch an dieser Stelle angemerkt werden, dass der obige AfD-Schluss selber völlig fehl und gedanklich falsch geleitet ist. Denn es wird an dieser Stelle stillschweigend unterstellt, die Studie, die Dr. Schnitzler erstellt hat, indem er sich auf die Aktenbestände des Bistumsarchivs bezieht, nicht zuletzt darum, um die tatsächlichen „Fakten“ allererst zu erheben und benennen zu können, - diese Studie sei methodisch unwissenschaftlich und „unzuverlässig“ (sic!), nur weil Prof. Pfeiffer sich bei seiner Beurteilung der „Fakten“ sich nicht auf sich selbst bezieht, sondern eben auf diese wissenschaftliche „Studie“ und damit auf Dritte! –

Doch eine solche Argumentation, wie sie der AfD-Fraktionsvorsitzende an dieser Stelle ausführt, ist - mit Verlaub - völliger Quatsch! – Und dies nicht nur, weil die AfD das behauptet und ideologisch verdreht, sondern allein aus rein wissenschaftspraktischen Erwägungen! Denn nichts spricht gegen eine Expertise und gegen eine Bewertung, die Prof. Pfeiffer aus kriminologischer Sichtweise über den Faktenbestand der Trierer Missbrauchsfälle durch „Priestermänner“ während der Zeit der personellen und ethisch-moralischen Verantwortlichkeiten von Bischof Stein fällt.

Wie absurd wäre denn dasjenige Argument, welches behauptete, die AfD wäre nicht in der Lage, die Trierer Missbrauchsfälle und deren Verantwortlichkeiten zu beurteilen, weil kein einziges ihrer Fraktionsmitglieder im Stadtrat eine eigene Studie erstellt habe? Und genau aus diesem (völlig absurden) Grund, müsse ‚man‘ ihr daher insgesamt eine fundierte Urteilsbildung gänzlich absprechen!?

Dass der AfD letztendlich aber eine vorurteilsfreie Bewertung der durch Dr. Schnitzler wissenschaftlich erhobenen und durch Prof. Pfeiffer bewerteten „Faktenlage“ tatsächlich völlig abgeht, liegt nicht an dem oben beschrieben völlig abwegigen Umstand fehlender „Eigenständigkeit“ der AfD, sondern an der mangelnden „Einsichtslosigkeit“ gegenüber offenbarer Tatsachen. Diese Haltung drückt eine Ignoranz aus, die nicht zuletzt aufgrund eigener Verblendung bezüglich selbstgemachter Verdrehungen von Zusammenhängen zustande kommt.

Urteile, die aufgrund letztgenannter Positionen und Haltungen erfolgen, nennt man im ordinären Sprachgebrauch schlicht „ideologisch“!

Gleiches gilt leider auch für die wortreiche Position von Prof. Robbers, der sich und seiner durch die katholische Kirche eingesetzten „ehramtlichen“ Untersuchungskommission keinen guten Dienst erwiesen hat, dadurch dass er so gut wie nichts hat beitragen können, zu einer unabhängigen Bewertung der Verantwortlichkeiten von Bischof Stein, nur weil die Kommission „noch nicht soweit sei“. –

Hier ist natürlich die Frage erlaubt, die von Seiten der Linken und der übrigen Fraktionen durchaus auch gestellt wurde, auf was Prof. Robbens denn noch warten müsse, bzw. welche „relevanten Aspekte“ (ebd.) er denn noch durch „seine Studie“ an den Tag fördern wolle, um die Frage der Verantwortlichkeit des Bischofs in eine entlastende Richtung zu lenken, die weiter oben durch die AfD selbst als verwerflich bezeichnet wurde, weil sie „eine[r] Relativierung nachgewiesener Taten“ (ebd.) das Wort rede. –

Vor diesem Hintergrund ist es freilich nicht erstaunlich, dass sich Prof. Robbens in seinen Wortbeiträgen in keiner Weise auf eine Bewertung der Verantwortlichkeiten von Bischof Stein eingelassen hat, sondern immer - und immer wieder - auf Zeit spielte, mit der endlos wiederholten Bitte, erst Ende des Jahres im Stadtrat zu entscheiden. Was er jedoch im positiven wie negativen Sinne Entscheidendes zu einer möglichen Urteilsfindung beitragen könne, ließ Prof. Robbens offen. Der Tendenz seiner Ausführungen folgend, müsste dies ‚etwas‘ sein, dass entsprechend dem „Zeitgeist“ in den 1970er Bischof Stein von seiner Verantwortlichkeit entlasten können würde. Mit einem solchen Schluss würde Prof. Robbens jedoch nicht seinem Grundsatz nachkommen, der auch von der AfD geteilt wird, wonach es keine „Relativierung nachgewiesener Taten geben (dürfe)“ (ebd.). – Soweit!

Auf Nachfrage musste Prof. Robbens dann auch zugeben, dass er einen persönlichen Kontakt und einen Austausch mit Dr. Thomas Schnitzler, dem Autor der Trierer Studie zu den Missbrauchsfällen im Bistum, noch nicht gesucht habe! - Die Frage, ob er dies denn nachholen wolle, ließ er gestelzt und gedrückt Wortreich offen. – Ein Umstand, der in dieser Situation dem aufmerksam Interessierten viel zum stillschweigenden Ausdruck brachte - und bringt.

Wenn es sich allerdings genau so verhält, dann spricht wirklich nichts gegen eine schnelle und baldige Entscheidung des Trierer Stadtrates bezüglich der vorliegenden Anträge, Bischof Stein sowohl die „Ehrenbürgerschaft“ abzuerkennen als auch eine „Umbenennung“ des derzeit nach ihm benannten Platzes vorzunehmen. Die offengelegte und vorgetragene Faktenlage legt tatsächlich keine Alternative nahe.
 
Der Stadtrat täte daher gut daran, sich auf keine weiteren „Spielchen“ mit den Befindlichkeiten der Opfer und ihrer Selbsthilfeorganisation Missbit einzulassen. Vertuschung, Aufschub und weiterhin Wegsehen, ohne Konsequenzen zu ziehen, sind keine Option. Denn es handelt sich bei den gesamten Missbrauchsfällen nicht um ein „falsches Recht“, das durch den Zeitgeist korrigiert werden könne. Sondern immer und zu jeder Zeit der Gesetzgebung in der BRD, bedeutet sexueller Missbrauch ‚Unrecht‘, das, wenn nicht nach Anwendung des Kirchenrechts, so dennoch nach Anwendung allgemein gültiger Gesetze, juristisch bezüglich verantwortlicher Personen geahndet werden muss. Aus diesem Umstand folgt, dass mutmaßliche „Täter“ benannt und die ihnen verliehenen Ehrenwürdigungen u.U. auch wieder aberkannt werden müssen. Das thematisiert die AfD nicht.

(Dr. Johannes Verbeek, Trier, den 22.02.2022)
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Kommentar zu einem TV-Interview mit dem Präsidenten Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) Rainer Dulger vom 07.02.2022 in der Online-Ausgabe des Trierischen Volksfreundes 

Der Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger kritisiert in dem Gespräch die von der Bundesregierung geplante Einführung eines sog. „Bürgergeldes“. Er sieht darin einen „falschen Schritt, mehr Menschen in eine Beschäftigung zu bringen“ (vgl. TV, 07.02.22, ebd.) Dagegen fordert er als Arbeitgeberpräsident „eine große Sozialreform für alle vier gesetzlichen Versicherungen“ (ebd.). 

Allein schon diese beiden Aussagen verdeutlichen die ganze Problematik aus Linker Perspektive betrachtet. Deshalb gilt es hier sehr genau zu differenzieren.   

Während der Arbeitgeberpräsident im weiteren Verlauf des Gespräches sehr schnell deutlich macht, dass er die Einführung eines sog. „Bürgergeld“ nur für einen (grünen) „Etikettenschwindel“ (ebd.) der Bundesregierung hält, die die Hartz IV – Gesetze abschaffen möchte, aber nicht gewillt ist, die aus Arbeitgebersicht richtigen „Anreize“ (ebd.) für die Wirtschaft zu schaffen. Darunter versteht er ganz im Sinne des Neoliberalismus bloße Vorteile für die Arbeitgeber im Sinne von „niedrige[n] Steuern und Sozialabgaben“ (ebd.) sowie die Beibehaltung aller sozialer Druckmittel der Hartz-IV- Gesetzgebung. Es sei nämlich eine „Erkenntnis“ (ebd.) der Hartz-IV-Reformen unter dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhart Schröder (SPD) im Verbund mit den Grünen gewesen, die nunmehr verloren zu gehen scheint, „dass Sozialleistungen von denen erarbeitet werden müssen, die ihr Einkommen selbst verdienen“ (ebd.). Aber diese Erkenntnis scheine mit der jetzigen Bundesregieren unter einem Kanzler Scholz (SPD) wiederum im Verbund mit den Grünen und der hinzugekommen FDP verloren zu gehen.
Im O-Ton des Arbeitgeberpräsidenten heißt das: 
„Die Koalition kann ja Hartz IV umbenennen – aber die Substanz dieser mutigen [Hartz-IV-] Reformen darf nicht verloren gehen. Etwas, was Bürgergeld heißt, aber wie ein bedingungsloses Grundeinkommen wirkt, ist sicherlich das Gegenteil [zu den bisher wirksamen Hartz IV-Reformen]“ (ebd.).

Diese Aussage bringt die reaktionäre wirtschaftspolitische Position des Arbeitgeberpräsidenten Rainer Dulger auf den kritischen Punkt. Klar ist nämlich, dass das (grüne) „Bürgergeld“ eine Mogelpackung des linksaktiven ‚bedingungslosen Grundeinkommens‘ (BGE) ist. Allerdings aus genau den entgegensetzen Gründen, die der Arbeitgeberpräsident hier anführt. Ebenso klar ist zudem aus linksaktiver Perspektive die Notwendigkeit einer Generalreform der vier grundlegenden „gesetzlichen Versicherungen“ (ebd.), ohne die „der Sozialstaat nicht mehr lange fortbestehen (könne)“ (ebd.), wie Herr Dulger oben richtig anmahnte – allerdings wiederum unter einem falschen Vorzeichen neoliberaler bloßer FDP-Politik. Das Verschweigt der Arbeitgeberpräsident allerdings Tunlichst! 

Es sind daher keineswegs die Einsichten, dass „der Sozialstaat nicht mehr lange Fortbestehen (könne)“ (ebd.), die den Arbeitgeberpräsidenten von einer linksaktiven Wirtschaftspolitik trennt, sondern es ist der von ihm verschwiegene neoliberale Standpunkt einer überholten FDP-Politik, die unter dem ehemaligen SPD-Kanzler Gerhart Schröder im Verbund mit den Grünen praktiziert wurde und selbst heute nicht nach Meinung des Arbeitgeberpräsidenten revidiert werden soll. Das sind die reaktionären Elemente seiner Position. Denn unter diesem reaktionären Vorzeichen erscheinen die Forderungen nach einem „Bürgergeld“ (ebd.) als ein „falscher Schritt“, der einen bloßen „Etikettenschwindel“ vertuscht. Und genau in dieser Hinsicht hat der Arbeitgeberpräsident auch Recht! Das (grüne) „Bürgergeld“ wird nämlich in keinster Weise den sozial-politisch notwendigen Reformen des Sozialstaates gerecht, die heutzutage anstehen. Denn dazu braucht es eines neuen, linksaktiven Konzeptes, dass allenfalls im „bedingungslosen Grundeinkommen“ (BEG) nach dem Modell der Partei Die Linke realisiert werden kann. Hier liegen die entsprechenden Rechnungen vor, die in zwei Broschüren der Linken aktualisiert und publiziert wurden.

(Vgl. DIE LINKE: Unser Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens. Finanzierbar, emanzipatorisch, gemeinwohlfördernd, 5. Aufl., Berlin 2017; Sowie DIE LINKE: Unser Grundeinkommen. Das emanzipatorische Grundeinkommen der BAG Grundeinkommen in und bei der Partei DIE LINKE, Berlin, 2021.)   

Die große Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung steht hinter dem Konzept des BGE, wie aktuelle Umfragen immer wieder zeigen (Netzwerk Grundeinkommen, Dez. 2021, Umfrage ZeitOnline). Dagegen sind reaktionäre Kräfte immer wieder bemüht, die revolutionären Veränderungen, die eine Eiführung des BGE mit sich bringen würden, zu relativieren und als unnütz („Etikettenschwindel“) zu diffamieren. Das Gegenteil ist allerdings der Fall! Im BGE-Konzept der LINKEN (siehe oben) werden die sozialpolitisch flankierenden Maßnahmen bei der Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens, das an alle Bürger/innen ausgezahlt werden wird, aufgelistet und finanziell ausbuchstabiert.

An dieser Stelle seien lediglich die verschiedenen Positionen angeführt, die im Sinne einer „großen Sozialreform“ (Rainer Dulger) bearbeitet werden müssen: 
1)  Einführung einer neuen Steuerprogression, die vor allem Erwerbstätige mit einem Bruttoeinkommen von bis zu 6500 Euro monatlich entlastet – vor allem aber die unteren Einkommensschichten
2)  Einführung einer neuen Grundrente (plus bestehenden Zusatzversicherungen) von insgesamt ca. 65 % des bisherigen Netto-Einkommens
3)  Einführung einer neuen solidarischen Bürgerversicherung, die die bisherigen Gesundheits- und Pflegeversicherungen ablöst
4)  Einführung einer neuen Erwerbslosenversicherung von 60 Prozent des letzten Nettogehalts, die von allen Erwerbstätigen (Arbeitnehmer/innen, Arbeitgeber/innen und Beamt/inn/en) finanziert wird
5)  Einführung einer gesetzlichen Unfallversicherung, die – wie bisher – durch Arbeitgeber/innen/beiträge finanziert wird
6)  Einführung eines gebührenfreien ÖPNV sowie einen gebührenfreien Zugang zu allen Informationen und einem wissensbasiertem Internet 
(vgl. oben: DIE LINKE, 2021, ebd.)

Ein solches durchfinanziertes bedingungsloses Grundeinkommen würde in der BRD pro Jahr insgesamt (nicht zusätzlich!) 1 087 Milliarden Euro brutto kosten. Damit würden etwa 70.8 Millionen Menschen ab dem 18. Lebensjahr und ca. 12 Millionen Kinder unter sechzehn Jahren ein bedingungsloses Grundeinkommen in Höhe von (derzeit) ca. 1200 Euro bei Erwachsenen und ca. 600 Euro bei Kindern und Jugendlichen bis 16 Jahren erhalten (vgl. oben: DIE LINKE, 2021, ebd. Die berechneten Zahlen beziehen sich auf Angaben des Statistischen Bundesamtes von 2017). 

Der reaktionäre Mythos, ein BGE wäre nicht finanzierbar, so auch Olaf Scholz, etc., ist mehr als widerlegt (vgl. Roland Blaschke: Grundeinkommen ist finanzierbar, IN: Netzwerk Grundeinkommen, Sep. 2021, - gegen eine Expertise des Finanzministeriums unter Führung des Ministers Olaf Scholz!)!  Der Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger fordert dagegen von der Bundesregierung das „aufgestockte Kurzarbeitergeld“ als „beste Krisenhilfe in den vergangenen Monaten“ (oben: TV, 07.02.22, ebd.). Obwohl die deutsche Wirtschaft seiner Meinung nach „sehr robust“ (ebd.) sei, habe das „Kurzarbeitergeld (…) viele Arbeitsplätze gesichert“ (ebd.). Trotzdem fordert der Arbeitgeberpräsident zusätzliche „branchenspezifische Hilfsprogramme, die aus Steuermittel bezahlt werden, anstatt weiter die Betragszahler zu belasten“ (ebd.). Unter den „Beitragszahlen“ (ebd.) scheint der Arbeitgeberpräsident lediglich ‚Selbständige‘ zu verstehen, wie Arbeitgeber/innen aus der Gastronomie und Hotellerie, dem Handel, Schausteller und Messebauer. Er verliert in dem Interview kein Wort darüber, dass DIE LINKE BAG Grundeinkommen einen eigenen Vorschlag zu einem „zeitlich befristeten bedingungslosen (Not-)Grundeinkommen“ (BAG-Grundeinkommen, ebd.) gemacht hat, das vor allem auch „Selbständigen“ zu Gute gekommen wäre. Die antagonistischen Grenzen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmer/innen verschwimmen bei diesem linksaktiven Konzept zu einem emanzipatorischen Gesellschaftsentwurf, der nicht nur in Coronakrisenzeiten wirksam werden würde, sondern hilft, soziale Grenzen zu überwinden. Auch bei diesem NotGrundeinkommen liegt ein seriöses, komplett durchgerechnetes Finanzierungskonzept der BAGGrundeinkommen vor, das der Arbeitgeberpräsident wohl aus ideologisch neoliberalem Dünkel nicht zur Kenntnis hat nehmen wollen können.   

An dieser Stelle fällt der engagierten Leserin des Interviews mit dem Arbeitgeberpräsidenten im TV zugleich ein unthematisierter Widerspruch in den Argumentationen von Herrn Rainer Dulger auf. Dieser Widerspruch betrifft gerade diejenigen wirtschafts- und Sozialgebiete, die seiner Meinung nach „steuerfinanziert“ werden sollen oder nicht. Während er, wie wir soeben sahen, durchaus zusätzliche „branchenspezifische Hilfsprogramme“ (ebd.) für Selbständige und Arbeitgeber fordert, die „aus Steuermitteln bezahlt werden“, fordert er ein paar Gedanken weiter, dass aufgrund des demographischen Wandels das Steuersystem insgesamt so, wie es heute gestrickt ist, nicht mehr funktionieren“ (ebd.).
Und: mit dieser letzten Aussage hat er wiederum durchaus Recht – allerdings nur im entgegengesetzten Sinne seiner eigenen Argumentation! Denn es gibt keinen wirtschaftspolitischen Grund auf der einen Seite „steuerfinanzierte“ Hilfeleistungen für Arbeitgeber zu fordern, wenn auf der anderen Seite „das Sozialsystem insgesamt so, wie es heute gestrickt ist, nicht mehr funktionieren kann“ (ebd.), wie seine eigenen Worte lauten! 

Vor diesem Hintergrund ist sodann seine Aussage zu bewerten, nach der „Reformen die Voraussetzung für den Fortbestand eines stabilen Sozialsystems sind“ (ebd.). –

Doch auch diese Aussage ist in dem weiter oben von ihm eröffneten neoliberalen Horizont zu sehen, nach dem „die Substanz dieser mutigen Reformen [gemeint sind hier die Hartz-IV-Reformen unter Gerhard Schröder (SPD), J.V.] nicht verloren gehen darf“ (ebd.).
Aber genau diese Forderung ist aus linksaktivem Gesichtspunkt überhaupt keine ‚Reform‘, sondern die Forderung nach einem reaktionären Sozialstillstand unter einer verbalen wirtschaftspolitischen Lüge, die unzulässiger Weise ‚Reform‘ mit ‚Rückschritt‘ gleichsetzt. – Insofern hat aber der Arbeitgeberpräsident durchaus Recht, wenn er zu der Erkenntnis gelangt, dass das „Sozialsystem insgesamt so, wie es heute gestrickt ist, nicht mehr funktionieren kann“ (ebd.). Leider bleibt er in diesem Interview schuldig, plausible Vorschläge dafür zu machen, wie seiner Meinung nach der von ihm durch „Reformen“ stabilisierte „Fortbestand“ des „Sozialsystems“ auszusehen habe!? –
Auch hier schleicht sich ein unausgesprochener Widerspruch zwischen seine Aussagen ein, nach denen „Reformen“ einerseits die „Voraussetzung für den Fortbestand eines stabilen Sozialsystems sind“ (ebd.), andererseits aber wiederum nach seiner eigenen Aussage zugleich „das Sozialsystem insgesamt so, wie es heute gestrickt ist, nicht mehr funktionieren kann“ (ebd.). –
Dialektisches Denken ist freilich nicht jedermanns Sache – aber schon gar nicht die des deutschen Arbeitgeberpräsidenten! Karl Marx wäre wohl betrübt. Aber nicht nur Karl Marx wäre an dieser Stelle der Argumentationen von Herrn Dulger betrübt, sondern auch alle erwerbstätig Beschäftigten! Denn zwei weitere Punkte outen den Arbeitgeberpräsidenten als reaktionär. Das zeigen seine Antworten auf die Fragen nach der geplanten „Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro“ durch die neue Bundesregierung wie auch die nach seiner Meinung zum „Renteneintrittsalter“ (ebd.). 
Besonders aufschlussreich ist hier die Aussage des Arbeitgeberpräsidenten, die Aufstockung des Mindestlohns auf eine Höhe von 12 Euro sei gar nicht das eigentliche wirtschafts-politische Problem, sondern vielmehr sei der gesetzgeberische Umstand „verfassungsrechtlich höchst bedenklich“ (ebd.), nach dem nicht „die Sozialpartner“ über eine Erhöhung des Mindestlohns autonom entscheiden, sondern alleine „der Staat über die Anhebung [des Mindestlohns, J.V.] entscheidet“ (ebd.). Denn, so der Arbeitgeberpräsident:
„Schließlich sind Tarifautonomie und Vertrauensschutz auch durch das Grundgesetz garantiert“ (ebd.).

Auf eine Klage gegen die Bundesregierung wolle der Arbeitgeberpräsident sich aber ausdrücklich in dem Interview noch nicht festlegen! – Das hat natürlich seine Gründe. Denn nicht nur unternehmerische Profite machen ein Gemeinwesen wirtschaftspolitisch stark, sondern auch und zudem ein auskömmliches Leben lohnerwerbsabhängigen der Bevölkerung, für das der Staat durch seine Sozialgesetzbebung ebenso zu sorgen hat! Man wird es kaum glauben, aber auch Arbeitnehmer/innen sind wahlberechtigt. 
Also gilt: Zum einen hätten die Arbeitgeber durchaus schon längst die ‚regulären Löhne‘ anheben können, wenn sie einen Mindestlohn verhindern hätten wollen, und zum anderen hätten die Arbeitgeber die Millionen Beschäftigten aus der Niedriglohn- und Mini-Job-Sparte in reguläre Arbeitsverhältnisse überführen können, die für einen erwerbtätig Beschäftigten „auskömmlich“ zur Teilhabe am gesellschaftlichen (Durchschnitts-)Leben zureichend sind. –

Das alles ist bisher jedoch nicht geschehen! Stattdessen wiederholen sich die zähen und quälenden Tarifverhandlungen jährlich, ohne dass z.B. der Großkonzern ‚Amazon‘ Löhne für seine Arbeiter/innen nach den Tarifen für die im „Einzelhandel“ Beschäftigten zu zahlen bereit ist, etc. etc. pp.   
„Fachkräftezuwanderung“ heißt dagegen das Zauberwort des Arbeitgeberpräsidenten und eine aus demographischen Gründen Abschaffung der „jährliche Rentenanpassung“ (ebd.) an das erwirtschaftete Bruttosozialprodukt. Dagegen soll es zukünftig nach dem Willen des Arbeitgeberpräsidenten nur eine jährliche Anpassung der Rentenhöhe an „die Entwicklung der Zahl der Beitragszahler und der Rentner“ (ebd.) geben.
Den Gipfel seiner unverfrorenen Wünsche erreicht Herr Dulger aber mit dem folgenden Vorschlag, dass pünktlich und „rechtzeitig vor dem Auslaufen der aktuellen Altersgrenzen-Anhebung auf 67 über eine weitere Anpassung des gesetzlichen Rentenalters entschieden werden (sollte)“ (ebd.). –
Um es hier in einem Satz kurz auf den Punkt zu bringen: Der Arbeitgeberpräsident fordert die Einführung und Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalter auf „70 Jahre“ (ebd.) bei gleichzeitiger Inkaufnahme weiterer Rentenkürzungen (- je nach Proportion in Bezug auf die Beitragszahler, von denen er jetzt schon - aufgrund des demographischen Wandels - weiß, dass sie zunehmend abnehmen werden!) – So die unhinterfragte Logik des Arbeitgeberpräsidenten.       

Vor diesem Hintergrund erscheint es folgerichtig, wenn der Arbeitgeberpräsident zudem von der neuen Ampelregierung fordert, „dass sich die Wirtschaft wieder erholen kann“ (ebd.) sowie dass „zusätzliche Belastungen durch höhere Sozialbeiträge unbedingt vermieden werden müssen“ (ebd.). –
Ich kann mich nicht erinnern, jemals etwas anderes von Arbeitgeberpräsidenten gehört zu haben. Insofern sehe ich hier keinen Fortschritt und schon gar keinen reformatorischen, den Herr Dulger oben aber selbstredend einfordert hatte. Infolgedessen beläuft sich das Fazit des Arbeitgeberpräsidenten an dieser Stelle auch nur auf die unerträglich allgemeine und nichtssagende Aussage:
„(…) unsere Sozialsysteme sind nur verlässlich, wenn sie auch nachhaltig finanzierbar bleiben“ (ebd.). –
Jawohl! Aber leider differenziert der Arbeitgeberpräsident an diese Stelle nicht für WEN die angeforderte „Verlässlichkeit“ der Sozialsysteme denn profitabel sei und WEM der Status quo am meisten zur Last falle, d.h. WEN er z.Z. am meisten belaste. Antworten gibt hier das linksaktive Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens, das der Arbeitgeberpräsident – soweit er es überhaupt kennt- mit allen reaktionären Mitteln verhindern möchte.
In seiner Rolle als Lobbyist für die Arbeitgeberverbände ist dieser Haltung zwar verständlich, zumal wenn man weiß, dass schon Karl Marx von „Kapitalisten“ nicht ad personam, sondern nur unter Verwendung einer „Maske“ (so wie im Theater einer eine Rolle spielt) gesprochen hat, dennoch ist diese Haltung nicht klug. Das liegt an dem Umstand, dass die beiden antagonistischen Richtungen des Denkens und Handels, die oben beschrieben wurden, nicht gleichwertig, sondern asymmetrisch zueinanderstehen. Die Positionen, die der Arbeitgeberpräsident oben vertritt, sind im wahrsten Sinne des Wortes reaktionär. Sie sind allesamt Teile der gegenwärtigen wirtschafts- und sozialpolitischen Problemlage, (zurück zu Hartz-VI, etc).
Mit anderen Worten: Sie sind nicht zukunftsfähig! 

Dagegen weist das Konzept des ‚Bedingungslosen Grundeinkommens‘ bei und in der Partei DIE LNKE  nicht nur in eine entgegengesetzt Richtung der Politikgestaltung, sondern es hat das Potential, einer völlig neuen Gesellschaftsgestaltung. Und insofern ist es in der Tat revolutionär! Der entscheidende Fortschritt sei an dieser Stelle kurz benannt: Das Konzept eines ‚bedingungslosen Grundeinkommens‘ entkoppelt den weitgehend demographisch bedingten – und damit zunehmend problematischer werdenden - Kausalzusammenhang zwischen einem ‚beitragsfinanzierten Sozialversicherungssystem‘ zugunsten eines ‚steuerfinanzierten Gesamtsystems‘. Dieser Umstand entkoppelt das oben angesprochene Problem der „Entwicklung der Beitragszahler“ (Rainer Dulger) nicht nur in Bezug auf die „Renten“ (ebd.), die der Arbeitgeberpräsident oben ansprach, sondern darüber hinaus auch in Bezug auf alle anderen Sozialversicherungssysteme. Zwar sieht das Linke Konzept des ‚bedingungslosen Grundeinkommens‘ explizit noch keine „Maschinenlaufsteuer“ vor, wie sie Richard David Precht in seinem Buch „Jäger, Hirten, Kritiker“ aus dem Jahr 2018 vorgeschlagen hatte (Precht, ebd., S.101ff), aber die Einführung einer solchen Steuer macht die angedachte Entkoppelung personenbezogener Steuern hin zu gesamt-wirtschaftlichen Ertragsabschöpfungen durch „Maschinen“ (und nicht durch in Erwerbsarbeit befindliche Menschen) augenfällig! –

Von so einem gearteten „Umbau“ der Sozialsysteme träumt der Arbeitgeberpräsident wohl nicht einmal, wenn er sich mit einem „Bayern im Himmel“ zum Oktoberfest verabredet. Dort säße er neben „Schausteller[n), Messebauer[n], Handel, Gastronomie und Hotellerie“ (ebd.), auch neben Arbeiter/innen, Rentnern, Flüchtlingen und Asylbewerber/innen, die sich mit ihm freuten, weil sie sich „Zuckererbsen“ (Heinrich Heine: Deutschland ein Wintermärchen, 1844, Caput I) teilten. Der realpolitische Klagegesang, nach dem es einzusehen gälte, dass „Lieb‘ und Treu und Glauben verschwunden aus dieser Welt und wie so teuer der Kaffee und wie so rar das Geld“ (Heinrich Heine) sei, weil sich die aktuellen Hartz-IV- Sanktionen existenzgefährdend auswirkten, wäre ein für alle Mal überwunden (vgl. dazu: Johannes Verbeek: Streitschrift für ein BGE gegen die Broschüre-Linken, 2021, online.).
Diese kleine Utopie eines besseren Lebens räumt freilich auch mit dem rein populistischen Mythos aus, den der Arbeitgeberpräsident freilich [leider!] auch bemüht, wenn er vermeint, ausdrücklich betonen zu müssen:
„Wir [Arbeitgeber und Staat, J.V.] sollten daher die Anreize [zur bloßen Erwerbsarbeit, J.V.] so setzen, dass es attraktiv ist, in eine Beschäftigung zu gehen. Dazu zählen nicht nur niedrige Steuern und Sozialabgaben [besonders für Arbeitgeber, J.V.], sondern auch die Erkenntnis, dass Sozialleistungen von denen erarbeitet werden müssen, die ihr Einkommen selbst verdienen“ (ebd.).

Jeder einzelne Satz dieses Statements wurde weiter oben schon widerlegt und in die vorherrschende neoliberale Wirtschaftsideologie des Arbeitgeberpräsidenten (als „Träger einer Theater-Maske“ im Sinne von Marx) eingeordnet. 
Weitere Worte helfen hier nicht mehr. Es kommt auf die Einsicht an, revolutionär zu handeln:  Für ein bedingungsloses Grundeinkommen ggf. nach dem Modellkonzept der BAG DIE LINKE.

Dr. Johannes Verbeek, Trier, den 08.02.22)


An dieser Stelle geht es jetzt bei Gelegenheit mit dem politischen Tagesgeschehen per Kommentar weiter.
Wie gewohnt abfolgend.
(02.10.21)



Kommentar zur Lage der Linken in TR und RLP
Von Dr. Johannes Verbeek, Trier, den 29.09.21 (Leicht überarbeitet zum Weltfrauentag 2023)

In einem ersten Hintergrundbericht im „Trierischen Volksfreund“ (TV) vom 28.09.21 auf Seite 11 wird über den Mandatsverlust von Katrin Werner (Die Linke) wie folgt berichtet:

Die Trierer Linke Katrin Werner wird nicht mehr im neuen Bundestag vertreten sein.
Ihr Statement dazu lautet:
„Ich bin natürlich enttäuscht, aber unser schlechtes Abschneiden kommt ja nicht aus heiterem Himmel. Da haben die Prognosen leider nicht getrogen“, sagt die 48-Jährige, die 2009 erstmals ins Parlament einzog …“. (TV, ebd., S. 11)
Der TV benennet folgende Fakten: Sie schnitt bezüglich des Kampfes um das Direktmandat mit einem „Anteil von 3,5 Prozent deutlich unter den eigenen Erwartungen ab“ (TV, ebd.). - Nun gelte es, ihr Büro in Berlin zu räumen.

Dazu Katrin Werner im O-Ton: „Danach will ich mir etwas Ruhe gönnen und Zeit mit meiner 14-jährigen Tochter verbringen“ (TV, ebd.).  Diese Aussagen von Katrin Werner kommentiert der TV wie folgt:
„Die Polit-Karriere will sie [K. Werner] nicht an den Nagel hängen, sondern den Linken, für die sie hohe Funktionärsposten bekleidet, [Zitat Werner:] „weiterhin zur Verfügung stehen“.“ (TV,ebd.).

Im Leser/innen-Forum des TV auf  Seite 10 gaben 13 befragte Personen ihre Einschätzungen zum Ausgang der Bundestagswahl ab:
Leider bedauerte niemand das Ausscheiden von Katrin Werner (Die Linke).
Die Partei Die Linke wird hier nicht einmal erwähnt! Es stellt sich daher die Frage. was von den Selbsteinschätzungen der Katrin Werner (Die Linke) in dem oben referierten TV-Bericht tatsächlich zu halten ist?

Die Enttäuschung über den katastrophalen Wahlausgang der Linken liegt nicht allein bei Katrin Werner! Hat sich der Stimmanteil der Linken doch gegenüber der letzten Bundestagswahl mehr als halbiert. Das ist ein politisches Desaster!
Es ist allerdings sehr interessant, dass Katrin Werner unmittelbar nach dem Ausdruck ihrer persönlichen Enttäuschung, mit einem „aber“ sprachlich einen Gegensatz einleitet, der darauf hinausläuft, dass „unser schlechtes Abschneiden“ (TV, ebd.) eben „nicht aus heiterem Himmel“ (ebd.) komme. -ES war also durchaus vorhersehbar!
Mit diesem eingefügten "aber" lenkt sie jedoch schon im ersten Satz ihres Statements von sich als „hohe Funktionsträgerin“ (ebd.) und von ihrer Verantwortung, wie es weiter unten in dem Hintergrundbericht explizit heißt, ab. Ihr Versuch, persönlich von sich als eine Spitzenkandidatin wegzusehen, um den Blick gen Himmel zu richten, und um erst danach auf die „Wahlprognosen“ sprechen zu kommen, ist als ein politischer Rohrkrepierer zu bewerten. Fakt ist: Sehr wohl haben „die Prognosen leider nicht getrogen“ (ebd.)! –

Und genau das war zuvor schon absehbar, zieht sich der schleichende Stimmenverlust der Linken bei Landtags- und Bundestagswahlen doch schon seit dem Jahr 2009 zäh und beständig hin. Die von einigen kritischen Stimmen innerhalb und außerhalb der Linken schon seit Langem geforderten personellen Konsequenzen auf höchster Verantwortungsebene, wurden vom Landesverband und den Linken Wahl-Delegierten im Vorfeld der Bundestagswahl nicht gezogen! Das hat der Linken in RLP keineswegs gut getan, evt. sogar geschadet.

Insofern hat Katrin Werner aber leider zu tiefst Recht, wenn sie feststellt, dass das „schlechte Abschneiden ja nicht aus heiterem Himmeln kommt“ (TV, ebd.), sondern umgekehrt durchaus im Abwärtstrend der Partei gelegen ist – was sie allerdings in ihrem Statement dem TV gegenüber explizit nicht thematisiert. Nur entlastet sie der „heitere Himmel“, den sie oben anführt, persönlich (!) keineswegs von der politischen Verantwortung für dieses erzielte Wahldebakel!   

Wenn die erzielten „3.5 Prozent“ der Wählergunst „deutlich unter den eigenen Erwartungen“ (TV, ebd.) liegen, weil sich der Stimmanteil geradezu halbiert hat, dann wäre es anständig und angebracht, direkt nach der Wahl zurückgetreten zu sein. Das geschah bisher aber nicht! Darin unterscheidet sich Frau Werner nicht von Arnim Laschet (CDU), der ebenso an Ämtern und hohen Funktionärsposten "verantwortungslos" als Verlierer der Wahl klebt.

Dass die nähere Zukunft für Katrin Werner im Ausräumen ihres Berliner Büros liegt, ist sicher emotional aufregend. Bedenkt man aber, dass der Lebensmittelpunkt von Frau Werner schon seit Jahren keineswegs mehr in Trier liegt, sondern in der Nähe von Berlin, dann erstaunt es einen doch, dass Frau Werner sich zunächst „etwas Ruhe gönnen“ (TV, ebd.) möchte.
Dieses Bedürfnis nach Ruhe ist wohl einem überangestrengten Wahlkampf in ihrem Trierer Wahlbezirk geschuldet und nicht dem konfortablen Umstand, schlichtweg ein genügend „hohes Übergangsgeld“ vom Bund zu erhalten, dass durchaus keine Eile gebietet - im Gegensatz zum Normalbürger, der plötzlich arbeitslos wird und kaum mehr etwas hat.
(Letzten Satz habe ich zum Weltfrauentag 2023 gelöscht.)

So scheint Frau Werner nur wenig vorbereitet in eine TV-Wahlkampfrunde gegangen zu sein, die – peinlicher Weise - vom offenen Kanal OK.54 in der letzten Woche vor der Wahl als Dauerschleife gesendet wurde. Auf die schlichte Frage des Moderators, die Linke befürworte doch den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs - und vor diesem Hintergrund wolle er wissen, welche regionalen Bahnstrecken den primär von den Linken reaktiviert werden sollten, - antwortete Frau Werner nur im Allgemeinen, dass die Bahnfahrten billiger werden sollten, aber mit keinem Wort auf die konkrete Frage, „welche Strecken zuerst reaktiviert werden sollen“ (OK.54). Ich bin mir nicht sicher, ob Frau Werner überhaupt weiß, um welche regionale Strecken es sich dabei überhaupt handeln könnte!? –
(Ein Satz wurde von mir zum Weltfrauentag 2023 gelöscht)

Diesmal hat aber die Mehrheit der Wähler/innen nicht nur mitbekommen, wie mangelhaft es um das Sachwissen von Frau Werner bestellt war, sondern die Wähler/innen haben auch entsprechende Konsequenzen daraus gezogen. – Das tut einem im linksaktiven Herzen überaus Weh!     

(Den ursprünglich folgenden Satz habe ich zum Weltfrauentag 2023 gelöscht.)

Zuletzt erfährt man in dem Hintergrundbericht auch, dass Frau Werner ihre „Polit-Karriere … nicht an den Nagel hängen will“ (TV, ebd.)! - Das erstaunt nicht! Dennoch wird es den TV-Reporter erstaunt haben, denn er kann es sich nicht verkneifen, in einem Nebensatz explizit zu betonen, dass Frau Werner doch immerhin „auf Landes- und Kreisebene hohe (sic!) Funktionärsposten bekleidet“ (TV, ebd.) habe, die sie jetzt aufgeben müsse. (Zwei Sätze habe ich zum Weltfrauentag 2023 an dieser Stelle gelöscht.)

Dass aber Frau Werner persönliche politische Verantwortung für das Wahldesaster der Linken in RLP übernimmt, diese Aussage fehlt hier völlig! –

Aber: Es kann der politischen Karriere nicht schaden, wenn 'man' sich jovial der weiteren Verwendung für die Partei Die Linke zur Verfügung“ stellt (TV, ebd.)! –
Die Konsequenzen müssen aber in RLP gezogen werden.
 
(Zum Weltfrauentag 2023 wurde der ursprüngliche Satz geschlöscht.) 

 Es scheint der Genossin, Frau Katrin Werner, genau das gefehlt zu haben, was ihre politische Konkurrentin von der SPD um das Direktmandat im Trier Wahlbezirk, Verena Hubertz (SPD, MdB), so erfrischend auszeichnet: Sachverstand und persönliche Glaubwürdigkeit!

Wenn die kritische Leserin jedoch aus meinem Lob für die SPD den Schluss ziehen sollte, ich hätte die SPD auch deshalb gewählt, unterliegt sie einem klassischen Fehlschluss!!!
Diese Schlüsse sind jedoch in der Politik gang und gäbe! Ein aktuelles Beispiel:

Gregor Gys schließt munter aus der Tatsache, dass es lediglich nur drei Direktmandate für die Linke gegeben hat, die zudem aus dem "Osten" kommen, dass die Linke eine stärkere "Ostausrichtung" zur Identitätssicherung benötige. - Das ist falsch! Denn es geht nicht an, dass hier in einer Ost/West-Spaltung Gegensätze aufgebaut werden, die längst überwunden sind. Wenn der Osten Deutschland mehr Gerechtigkeit braucht (Wirtschaft, Rente, Löhne), dann ist das eine Frage der "Gerechtigkeit" und nicht die eines Ost-West-Antagonismus, der mit dem Schwerpunkt des Ostens gelöst werden wird! Die Linke ist entweder eine gesamt Bundespolitische Pratei - oder ist keine mehr und damit weg vom Fenster des politischen Interesses! 

Der Partei Die Linke wünsche ich dagegen den politischen Verstand und die Kraft aus dem Wahldesaster 2021 endlich personelle und zum Teil – aber wesentlich weniger - auch inhaltliche Konsequenzen zu ziehen, die mit den Spitzenkandidaten/innen verbunden sind.
Kritische Stimmen, die die Partei jetzt von innen heraus Erneuern wollen und auch Erneuern müssen, gibt es seit langem genug! -  
Die seit geraumer Zeit vorliegenden Positionspapiere müssen nun ausgearbeitet und schnellst möglich umgesetzt werden.
Selten gab es eine Zeit, in der eine starke Linke mehr gebraucht wird als heute!

Ich werde mich weiterhin in der LAG-BGE in RLP engagieren und dafür einsetzten, dass das Bedingungslose Grundeinkommen in der offizielle Wahlprogramm der Linken aufgenommen wird, so dass eine neue, linke Politikausrichtung alle politisch relevanten Teilbereiche auf die Realisierung des BGE als eine notwendige Gerechtigkeitsoption ausrichtet. - Das ist eine Erneuerung linksaktiver Politik. Zudem braucht es dringend eine sich gegenseitig stärkende "Neue Internationale"!

(02.10.21)


Ein Erfolg für die gesamte Nachbarschaft, 05.02.21

Der Landesbetrieb Mobilität spricht sich mit seinem Schreiben vom 03.02.2021 für die Einführung von Tempo-30 in der Avelsbacher Straße aus.

Vorausgegangen war ein fast einjähriger Brief- und E.mail-Verkehr mit verschiedenen Behörden der Stadt Trier sowie dem Baudezernenten Herrn Ludwig, gefolgt von einer Eingabe beim Ministerium für Wirtschaft Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau in Mainz, die dort zunächst intern mehrfach weiter- und fehlgeleitet wurde, bis sie über die ADD-Trier letztlich an die zuständige Stelle für Verkehrsfragen, nämlich den Landesbetrieb Mobilität mit Außenstelle in Trier gelangte.

Bis zu diesem Zeitpunkt waren immer wieder sehr deutliche Stellungnahmen und Wiederlegungen fadenscheiniger Argumentationen, die sich über fast zwanzig Jahre hinweg auf Seiten den Stadtverwaltung in Trier aufgetürmt und nicht verändert hatten, nötig, um den vernünftigen Argumenten der Nachbarschaftsvereinigung in der Avelsbacher Straße gehör zu verschaffen.

Denn schon vor gut zwanzig Jahren forderte die damalige „Bürgerinitiative ‚Lebenswertes Kürenz‘" (BI) im Zusammenhang des Aus- und Rückbaus der Avelsbacher Straße als Direktweg zur Landesgartenschau 2004 eine Tempo-30-Beschränkung auf der gesamten Teilstrecke von ca. 800 m.  Konkret: Beginnend bei der Unterführung an der Kreuzung am Wasserweg bis hin zur Domänenstraße/Ecke Grüneberg. Der Grund war schon damals der gleiche wie heute: Nämlich die besonderen städtebaulichen Rahmenbedingungen in der Avelsbacher Straße mit ihrem sog. „Tunneleffekt“, der aufgrund der sehr engen und hohen städtischen Bebauung entlang der gesamten Straße auftritt. Ein Umstand, der beispielsweise oberhalb im „Avelsbachertal“ NICHT auftritt, weil die Öffnung zum Tal sowohl die Schadstoffausstöße als auch die Lärmbelästigungen der zahlreichen Autos und LKW aus den Höhenstadtteilen und aus dem Umland vermindert und verdünnt. – Das ist in der Avelsbacher Straße nicht der Fall, weswegen das OVG-Koblenz schon im Jahr 2004 feststellte, dass die Verkehrssituation in der Avelsbacher Straße insgesamt „gesundheitsgefährdend“ (Urteil OVG,2004) sei. Die Stadt wurde aufgefordert, durch den Einbau passiven Schallschutzes, sprich Schallschutzfenster, dafür Sorge zu tragen, dass die Lebensbedingungen in den Wohnzimmern der Anlieger/innen „zunächst“ (OVG-Koblenz, 2004) wieder erträglicher werden sollten. Das betraf den Ausbau von damals zunächst nur drei weiteren Neubaugebieten auf dem Petrisberg. Mittlerweile haben sich die Neubaugebiete verdreifacht – und es kommen immer noch neue Gebiete hinzu!
Die Forderung der BI an die Stadt, zuerst für den Ausbau der Straßen (in Olewig und im Avelertal) zu Sorgen, bevor danach auf dem Petrisberg, etc. gebaut werden können, wurde vom OVG abgelehnt, weil die Stadt glaubhaft machte, dass bei ‚Gelegenheit‘ für eine neue Verkehrsanbindung an die Höhenstadtteile gesorgt werden würde. – Eine Zusage, die bis heute nicht realisiert und nur unzureichend geplant wurde (vgl. Mobilitätskonzept 2025).

Neueste Pressemitteilungen der Stadt über den TV rechnen nicht vor 2035 mit dem Baubeginn einer Grüneberg-Tangente. Beginnend aus Richtung Metternichstraße und nicht umgekehrt von der Ecke Grüneberg/Domänenstraße, was eine Entlastung der Avelsbacher Straße nochmals um Jahre verzögert!

Hinzu kommen noch konkret geplante Mehrbelastungen des Verkehrsaufkommens in der Avelsbacher Straße von Seiten der Stadt Trier durch den Ausbau des ehemaligen Walzwerkes in Altkürenz, das Burgunderviertel auf dem Petrisberg sowie die Erschließung des Grünebergs für die Mitarbeiter/innen und den Fuhrbetrieb der ART.

Vor diesem Hintergrund - mit Aussicht auf keine Besserung - hatte ich mich entschlossen, aufgrund eines Leserbriefes meiner Frau an den TV und die entsprechenden Rechtfertigungen der Verkehrsbehörden der Stadt Trier, „man“ habe doch schon soviel für die Anwohner/innen in der Avelsbacher Straße getan, so dass von Seiten der Stadt Trier „kein weiterer verkehrslenkender Handlungsdarf mehr bestünde“ (E-Mail), was zudem auch neueste Verkehrsgutachten bestätigten, einen eigenen Antrag auf die Einführung von Tempo-30 in der Avelsbacher Straße zu formulieren.

Zunächst kontaktierte ich den Baudezernenten am 16.06.20 über sein Kontaktformular. Allerdings erhielt ich weder eine Eingangsbestätigung noch eine Antwort auf meine 16 Verkehrsfragen, die allesamt in den Antrag auf Tempo-30 kulminierten. Daraufhin entschloss ich mich am 22.06.20 das Schreiben öffentlich zu machen, indem ich es an alle Fraktionen im Stadtrat sowie an die Rathauszeitung und den TV verschickte. Allerdings erhielt ich auch hier keinerlei Empfangsbestätigung geschweige denn irgendeine Reaktion. Es wurde nichts berichtet, politisch nichts in die Wege geleitet. Am 17.08.20 Kontaktierte ich sodann das Verkehrsministerium in Mainz, um mich einerseits zu beschweren und anderseits erneut dort meinen Antrag auf die Einführung von Tempo-30 in der Avelsbacher Straße zu stellen. Am 26.08.20 erhielt ich kurzfristig die Antworten auf meine Verkehrsfragen vom Trierer Baudezernenten, allerdings wiederholt mit dem Hinweis, die Stadt könne aufgrund einer Landesgesetzgebung die Geschwindigkeit auf Landstraßen nicht unter 50 km/h reduzieren. Wir könnten ja gegen die Stadt klagen! In Mainz dagegen wollte man mein Schreiben an entsprechende Fachstellen weiterleiten.  

Zwischenzeitlich erhielt ich Ende Januar 2021 von der BI-Walzwerk das neueste Verkehrsgutachten des Verkehrsplanungsbüro R+T, welches die Stadt schon zu Zeiten der Dezernentin Frau Kaes-Torchiani beraten hatte, mit dem Titel: „Aktualisierung der Verkehrsprognose Stadtteil Kürenz“ vom 04.01.2021. Dort wurde zusammenfassend festgestellt:

„Die Neuberechnungen der Verkehrsprognose mit aktualisierten Datengrundlagen bestätigt somit die Ergebnisse der bisherigen Verkehrsuntersuchungen, sie zeigt aber auch, dass die Berechnungen für die Bebauungspläne in Kürenz tendenziell auf der sicheren Seite lagen und somit der gemeinsamen Betrachtung aller Baugebiete mit den aktuellen Nutzungsdaten kein zusätzlicher Handlungsbedarf auftritt.“ (Ebd., S. 22)

Der letzte Satz erstaunt doch sehr! Gegen eine bloße „Berechnung“ der Verkehrssituationen in der Avelsbacher Straße hatte schon die BI massive Einwände erhoben, weil nicht klar ist – und auch bis heute nie klar von Seiten der Stadt kommuniziert wurde (!) – ob die städtebaulichen Besonderheiten, die die Avelsbacher Straße auszeichnen - (vgl. Tunneleffekt) sowie die zusätzlichen Belastungen durch die über zwanzigjährige Bebauungsphase der Höhenstadtteile  - in den Verkehrsprognosen mit eingerechnet oder gar herausgerechnet (!) wurden – im Rechenvergleich zu anderen „Landstraßen“? 
Die Anwohner/innen haben dagegen in allen ihren Anschreiben an die Stadt immer wieder konkrete „Schadstoffmessungen“ und Verkehrszählungen vor Ort in der Avelsbacher Straße gefordert, die jedes Mal – zuletzt im Antwortschreieben des Baudezernenten, Herrn Ludwig -, als unnötig abgetan wurden. 

Dabei erleben wir die Unzumutbarkeiten des Straßenlärms, der andauernden Erschütterungen durch LKW und Stadtbusse vor allem in den Morgen- und Abendstunden tagtäglich, vereinzelt sogar bis in die Nacht hin, ohne dass jemals ein/e verantwortliche/r Politiker/in aus Verwaltung oder von den vertretenen Fraktionen im Stadtrat vorbeikommen wäre, um mit eigenen Augen zu sehen oder mit eigenen Ohren zu hören, was hier in der Straße los ist.

Gegen diese gesamten Widerstände auf Seiten der Verwaltung und Passivitäten bei den verantwortlichen Parteien im Stadtrat, haben wir fortwährend Stellungnahmen, Briefe und E-mails an politisch Verantwortliche gerichtet ohne uns entmutigen zu lassen, und erneut unsere Forderungen und Erwartungen für ein Lebenswertes Leben in der Avelsbacher Straße formuliert. Dazu gehörte auch die naheliegende Forderung, den „gesundheitsgefährdenden“ (OVG-Koblenz, 2004) Straßenlärm durch die Einführung von Tempo-30 in der Avelsbacher Straße erträglicher zu machen.

Nicht zuletzt hatte im letzten Jahr auch die CDU-Fraktion im Schweicher Stadtrat einen Antrag gestellt, die komplette Durchgangsstraße in Schweich, die wie auch die Avelsbacher Straße in Trier eine „Landstraße“ ist, für die nicht die Stadtverwaltungen, sondern das Land RLP verkehrslenkende Verantwortungen übernimmt, mittels einer durchgängigen Tempo-30-Regelung zu beruhigen. Das einleuchtende Argument lautete auch in Schweich:
Die verfassungsgemäß garantierte „Gesundheit“ von Bürger/innen – hier: der Anwohner/innen in den Straßen - müsse Vorrang vor einem gewünschten zügigen Verkehrsfluss als Interesse der Autofahrer/innen haben. Mit anderen Worten: Gesundheit geht vor Schnelligkeit! Lärmschutz vor Geschwindigkeit!

Entsprechende Umsetzungen von ganzen „Tempo-30-Zonen“ zeigen verschiedene Großstädte wie z.B. auch Mainz, die zum Teil auch Landes- sowie Bundesstraßen betreffen.

Allerdings beharrte der Trierer Baudezernent, Herr Ludwig, noch in seinem letzten Brief an mich sowohl auch in einer Stellungnahme an die ADD, die ich erwirkt hatte, darauf, dass der Stadt Trier „die Hände gebunden seien“, was die Einführung von Tempo-30 in der Avelsbacher Straße beträfe, denn die Stadt habe keinen Einfluss auf die Landesverkehrsgesetzordnung, die eine Geschwindigkeitsreduzierung auf „Landstraßen“ unter die Geschwindigkeitsuntergrenze von 50 Km/h verbiete! – Das gelte sowohl für die Stadt Schweich als auch für die Stadt Trier. Weder die Stadt, noch er als Baudezernent noch die Stadträte im Rat der Stadt Trier können daran etwas ändern – so der Baudezernent.

Vor die folgende Situation gestellt, dass nämlich sowohl die Verwaltung der Stadt keinen Handlungsbedarf als auch die einzelnen politischen Vertreter/innen keine Möglichkeit zur Veränderung der Verkehrssituation in der Avelsbacher Straße sehen und sahen, entschloss ich mich, den Verein „Deutsche Umwelthilfe e.V.“ zu kontaktieren, um mich dort zu beraten und ggf. Hilfe zu erhalten. Die Sekretärin des Vereins antwortete umgehend, konnte aber keine Hilfe zusagen, weil der Verein derzeit in vielen Bundesländern und Städten dafür Sorge trägt, dass „Dieselfahrverbote“ per Gericht überall dort veranlasst werden, wo die Verkehrssituationen „gesundheitsgefährdend“ (OVG-Koblenz, 2004) sind und die entsprechenden Grenzwerte in den Straßen überschritten werden.

Der Baudezernent in Trier, Herr Ludwig, bestritt in seinen Schreiben und Stellungnahmen, die über die ADD an mich weitergeleitete wurden, bis zuletzt, dass in der Avelsbacher Straße diese „Grenzwerte“ überschritten seien. Er bezog sich dabei freilich nicht auf konkrete Messungen vor Ort, die von uns jeweils gefordert, aber jedes Mal von Seiten der Stadt abgelehnt wurden, sondern auf oben genannte Rechengutachten und Verkehrsprognosen der Firma R+T. Deren Aussagekraft ziehen wir allerdings nicht ohne Gründe, weil z.B. ohne konkrete Messungen vor Ort, in Zweifel.

Vor diesem Hintergrund erreichte meine Eingabe im November 2020 endlich die sachlich und fachlich zuständige Stelle im Landesbetrieb Mobilität mit Außenstelle in Trier, die umgehend den Empfang bzw. Weiterreichung meines Schreibens bestätigte und eine Prüfung unseres Begehrens zusagte, in der Avelsbacher Straße als weitere verkehrslenkende und verkehrsberuhigende Maßnahme eine Tempo-30-Regelung einzuführen.

Erwartet haben wir zusammen mit der Nachbarschaft in der Avelsbacher Straße eine gradlinige Ablehnung unseres Anliegens, nicht zuletzt aufgrund der jeweils abschlägigen Antworten auf allen Seiten der Stadt, nicht sie, sondern das Land RLP sei für die bisher unterlassene Geschwindigkeitsreduzierung verantwortlich.

Mit einem Vorabschreiben vom 03.02.2021 per E-Mail erreichte mich nun die fachliche Stellungnahme des Landesbetriebs Mobilität RLP mit Außenstelle in Trier.

Darin teile der zuständige Projektleiter, Herr Bösen, mir offiziell mit, dass der Landesbetrieb Mobilität RLP „zukünftig“ zu folgt verfahren wolle:

„Zur Verbesserung der bereits vorhandenen Möglichkeiten zur Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen auf 30 km/h aus Lärmschutzgründen in den rheinland-pfälzischen Ortsdurchfahrten hat die Landesregierung entschieden, dass zukünftig, in Fortschreibung der Handreichung in der Fassung vom 03.02.2016, die nachfolgend aufgeführten Richtwerte der Lärmsanierung (Stand 31.07.2020) zu Grunde gelegt werden können.“ (Schreiben vom 03.02,21, S. 2/5).

Es folgt eine Tabelle, die neben der „Gebietsnutzung“ die neuen Richtwerte „dB(A) Tag“ und „dB(A) Nacht“ auflisten.

Bedeutsam für die Avelsbacher Straße, die bisher unter der Kategorie „in Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten“ geführt wurde, sind nun die folgenden Richtwerte:
„69 dB(A) Tag“ sowie „59 dB(A) Nacht“.    

Der Landesbetrieb Mobilität KANN einer Geschwindigkeitsreduzierung nun schon zustimmen, „wenn Auslösewerte der Lärmbelästigung erreicht werden, eine Überschreitung dieser Auslösewerte ist nicht mehr erforderlich.“ (Schreiben, vom 03.02.21, ebd.)

Das ist ein erhebliches Zugeständnis an die Umwelt- und Gesundheitsverträglichkeit von Lärmbelästigungen in Straßen, die ihre verkehrstechnische Leistungsfähigkeit erreicht haben!

Dass zu diesen Straßen u.a. auch die Avelsbacher Straße gehört, wird wohl keiner in der Stadt bestreiten wollen.

Insofern erfreut uns Anwohner natürlich der entscheidende Schlusssatz:

„Die Straßenverkehrsbehörde der Stadt Trier hat mit Mail vom 01.02.2012 die Zustimmung auf Anordnung von Tempo 30 gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3 StVO für die L 144 – Avelsbacher Straße, beantragt.“ (Schreiben, 03.02.21, S. 2/5)

Damit das Verfahren ordnungsgemäß abgeschlossen werden kann, wurde die Stadt „angewiesen“ zunächst die „Verkehrsbehörde der Stadtverwaltung“ und die „Polizei“ in dieser Sache anzuhören, um dann nach Vorlage „der aktuellen RLS-90 Berechnung auf Basis von DTV-Istwerten und dem Entwurf einer verkehrsbehördlichen Anordnung mit einer konkreten Festlegung der Streckenbereiche mit Zeichen 274-30 durch die Stadtverwaltung Trier“ (ebd. S. 3/5) darzulegen, „welche verkehrstechnischen Maßnahmen im Rahmen der ordnungsgemäßen Abwägung und darzulegenden Begründung beabsichtigt werde.“ (Schreiben, 03.02.21, S.3/5)  

Mit anderen Worten: Es liegt jetzt einzig am Willen der Stadt Trier, die angebotenen Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung in der Avelsbacher Straße durchzuführen! – Ausreden, wie bisher, man könne nichts tun, weil einem die Hände gebunden wären, ziehen nicht mehr als Ausrede zu einem zwanzigjährigen Nichthandeln! Zumindest schließt der Landesbetrieb Mobilität RLP mit Außenstelle Trier zuversichtlich, wenn er schreibt:

„Im Rahmen dieses Verwaltungsverfahrens auf Anordnung von Tempo 30 für die L 144 – Avelsbacher Straße -, stellen wir in Aussicht, sofern die erforderlichen Richtwerte durch eine aktuelle RLS-90 Berechnung bestätigt werden, zuzustimmen. -
Wir hoffen im Rahmen unserer Prüfung zu einem positiven Ergebnis im Sinne Ihrer Eingabe gekommen zu sein. -
Mit freundlichen Grüßen (…)“
(Schreiben, 03.02.21, S. 3/5)

Das kann ‚man‘ wohl sagen!!! - Ein großer Erfolg für uns alle in der Avelsbacher Straße und ein Meilenstein für das Land RLP!

Am nächsten Tag habe ich mich freundlich bei dem zuständigen Projektleiter für diesen Perspektivenwechsel in der Beurteilung von Geschwindigkeitsreduzierungen aus Gründen des Lärmschutzes bedankt, in der Hoffnung, dass wir als Anwohner/innen in der Avelsbacher Straße schon bald wieder zu erträglichen Lärmbelästigen zurückkehren werden, wohlwissend dass dies auch für die Stadt eine gute Lösung darstellt.

Wir warten zunächst weiterhin, wie die Stadt vorgehen und bezüglich der Formalia verfahren wird.

PS.
Der Ortsvorsteher von Kürenz wurde informiert. Er teilte Glückwünsche mit. -

Den Vertreter der CDU im Schweicher Stadtrat habe ich per Mail informiert. Der teilte die Freude mit uns und bestätigte, den Antrag in Schweich für die dortige Durchgangsstraße erneut einbringen zu wollen. Wir hoffen, dass wir sehr bald auch von dort die Korken knallen hören. (Lärmschutz tut gut!)
(05.02.21)

An die LAG-BGE Die Linke. RLP  

Hallo, et al.
In den letzten Tagen habe ich mir einige Gedanken darüber gemacht, was ich an der populären Aktion „Mein Grundeinkommen“ eigentlich etwas „schräg“ finde.

Mit einem Wort:
Es ist die nicht klar gezogene Grenze zwischen dem, was ich an Informationen zum BGE einerseits erhalte und meinen abgegriffenen Daten andererseits, die der Verein für eine wissenschaftliche Begleitstudie verwendet.

Diese Grenze (Information – Erhebung) ist nicht klar definiert. Vielmehr geht sie fließend über in den mir vom Verein zur Verfügung gestellten Materialen und Fragestellungen.

Dazu gehört auch der von Uli freundlicher Weise uns weitergeleitete Auszug aus dem Info-Brief. (siehe oben)

Der Verein „Mein Grundeinkommen“ will meine (sic!) Motivationen abgreifen, weswegen ich politisch (!) nicht nur für ein „bedingungsloses Grundeinkommen“ bin, sondern er will auch wissen, ob meine eigene Motivation eine „soziale“ ist oder eine „marktwirtschaftlich“ orientierte oder eventuell sogar nur eine „egoistische“?!

Um diese Motivation herauszufinden, werde ich als Bewerber und Teilnehmer der Lotterie, die darüber entscheidet, wer das BGE tatsächlich bekommt, gefragt, was ich mit meinem Grundeinkommen in Höhe von 1200€, das ich drei Jahre lang erhalten werde, anfangen möchte? Zudem werde ich gefragt, ob ich eventuell auch bereit bin auf einen Teilbetrag des BGE zu verzichten, damit auch meine Freunde/innen zusätzlich zu mir mit einem für alle etwas geringeren (z.B. 1000€ statt 1200€) Einkommen ausgestattet werden. Voraussetzung ist jedoch, dass ich bei der Lotterie gezogen werde.

Doch genau hier liegt der Knackpunkt meiner Kritik:
Denn nicht „ich“ muss nachweisen, dass ich „sozial“ eingestellt bin, indem ich meine Vorhaben offenlege, sondern der „Staat“, die „Gemeinschaft, deren Teil ich unter anderen bin“, muss darlegen, weshalb er oder die Gemeinschaft gegen ein BGE votieren. Die Ablehnung (sic!) von „Sozialhilfe“ im weitesten Sinne muss ethisch und politisch jeweils gegründet werden! Die Gegner/innen des BGE sind in der Pflicht, Gründe zu nennen, weswegen sie gegen eine Verbessrung der allgemeinen Lebensbedingungen von Millionen von Menschen (landesweit, EU-weit, weltweit) sind.

In der Fragestellung des Vereins „Mein Grundeinkommen“ wird die Beweislast aber umgekehrt: Nicht „ich“ muss beweisen, dass ich „bedürftig“ oder ethisch „würdig“ bin, sondern die Gegner des BGE müssen darlegen, weshalb sie dieses sozialpolitische Instrument ablehnen und bewusst nicht anwenden wollen. Auffallend hierbei ist vor allem, dass ja keine wirklichen Alternativen zum BGE vorgeschlagen werden, sondern alles beim Alten bleiben können solle: Eben Verelendung breiter Bevölkerungsschichten – gemessen am gleichzeitig angehäuften Vermögen einiger weniger (landesweit, EU-weit, weltweit).  Die mit unter de facto gegebene individuelle „Bedürftigkeit“ vieler Menschen liegt ja vor aller Augen offen zu Tage, wenn „man“ nur mal die täglichen Nachrichtigen sieht und bewertet.

Auch unter der Annahme, dass ich selbst als Person J.V. keine größeren Vorteile vom Erhalt eines monatlichen BGE hätte, weil es mit meinen sonstigen „Verdiensten“ verrechnet werden würde (Vgl. das Linke Konzept), kann nicht geschlossen werden, dass es an meinen persönlichen Motiven läge, ungeeignet (oder geeignet!) für das BGE zu sein.

Mit anderen Worten:
Indem der Verein „mein Grundeinkommen“ vorgibt, eine wissenschaftliche Studie über die Motivationen der Befürworter eines „Grundeinkommens“ zu erheben, stellt er zugleich stillschweigend die „Bedingungslosigkeit“ des Einkommens in Frage.

Mit der Information darüber, was jemand mit dem Erhalt seines BGE anfangen will, kann „man“ – und darf „man“ (!) – keine etwaigen Gründe „für oder gegen“ das Grundeinkommen ableiten wollen.

Die Argumente „für oder gegen“ ein BGE müssen also auf einer anderen Ebene verhandelt werden, die nicht persönliche Motive mit einbezieht! Den ein solches auf die Person bezogenes Urteil würde die politische so wichtige soziale „Bedingungslosigkeit“ untergraben.

Wenn also das BGE „bedingungslos“ sein soll (- und alles andere ginge ja tatsächlich nicht), dann dürfen keine persönlichen Motive diskutiert werden, sondern es müssen gesellschaftspolitische Gründe benannt werden. Zum Beispiel: Gründe ausgleichender Gerechtigkeit; Wahrung der Menschenrechte; Umverteilungen, wegen maßlosen Reichtums weniger; Absicherungen im Berufsleben (siehe: Corona); Freiheit gegenüber profitorientierten Marktzwängen, etc. pp.

Denn nur, wenn das „Grundeinkommen“ wirklich „bedingungslos“ (!) ist, bin „Ich“ nicht verpflichtet darüber Auskunft zu geben! Die Verwendung des Grundeinkommens wäre meine persönliche Privatangelegenheit. Es unterläge zwar nach wie vor gesamtmarktwirtschaften Zwängen (z.B. wegen der Höhe), aber es unterläge nicht individuellen Rechtfertigungen gegenüber Dritten meinerseits, aus denen dann Gründe „für oder gegen“ das Einkommen gezogen werden könnten.

Der häufig angeführte Hauptgrund der Gegner des BGE lautet leicht zusammengefasst:
Es gibt für Ein BGE kein – oder nur zu wenig – Geld! – Das alles sei marktwirtschaftlich unrealistisch!
  
Dieses „Scheinargument“ wird wohlwissend angeführt auch von denjenigen, die nicht leugnen, dass die Profitraten der schon jetzt Reichen weiter ins Unermessliche ansteigen – gemessen am jeweilen Durchschnittsverdienst landesweit, EU-weit, weltweit. -  Jedoch wird auch von den gleichen Gegnern des BGE bewusst darüber keine Diskussion geführt, wo denn sinnvoller Weise eine mögliche Grenze in Bezug auf (persönliches) Vermögen und auf Verdienstprofite gezogen werden sollte! – Hier immer in Relation zur bestehenden Armut. (Vgl. dazu die allgemeine Definition der UN zur „absoluten“ und „relativen“ Armut!).   

In der Tat:
Es muss sich auf (fast) allen Politikbereichen etwas – und das ist nicht wenig! - „sofort“ ändern, damit die „Bedingungslosigkeit“ des Grundeinkommens als eine sinnvolle Bedingung einsichtig wird und nicht nur etwaige, persönliche Befindlichkeiten und Motivationen, über die man sich zwar „unterhalten“ kann, die aber nichts zur grundsätzlichen Entscheidung FÜR DAS BGE beitragen.

Es bedarf eines abgestimmten Politikprogramms (landesweit, EU-weit und weltweit)!

Es bedarf einer neuen „Internationale“!  

(07.01.21)

Kritik ist noch geschmeichelt!

Die Telekom ist - mit Verlaub gesagt - ein "Scheißladen"!

Es ist so gut wie überhaupt nicht möglich, eine kompetente Information zu einem bestehenden Problem zu bekommen.

Entweder man wir von einem "Automaten" abgspeist, oder man endet im Nirvana von vorgefertigten Zahlentasten, die jedoch alle nicht das anstehende Problem bezeichnen.

Einen wirklichen "Menschen" findet man nur in Callcentren, die irgendwo sitzen, etwas versuchen und am Ende zu einer weiteren Stelle weiterleiten. - Das alles dauert -ohne nennenswerte Ergebnisse.

De facto:
1. Unser Internet ist nachweislich zu langsam! Eine onlinemessung zeigte am 28.12.2020 Werte von 30.6 von 50 und 24.6 von 50 Mb/s. Unser Vertrag legt aber 50 Mb/s fest, die heir eindeutug nicht erreicht werden. Und das direkt neben dem Router gemessen.

Die Telekommessung sagt abernach wie vor, es lägen keine Probleme vor. - Weiter kommt man dan nicht! - Das Probelm bleibt weitehin bestehen.2. Meine "Homepage" besteht seit 12 Jahren (!). Die Telekom hat jedoch - ohnr mich jemals schriftlich zu informieren (!), die Vertragsbedingungen zunehmend verändert, so dass fast alle Funktionen, die ich ursprünglich mitgeliefert bekam, mittlerweile außer Betrieb gesetzt sind. Ich kann z.B: keine eigene Datein als Link hochladen! Ich kann keine Bilder hochladen. Ich kann nichts verlinken. Alle diese Funktionen funktionieren nicht (mehr), obwohl ich keine Preisreduzierung angeboten bekommen habe, aufgrund des Ausfalls dieser Möglichkeiten.

Dagegen wird mir in Telefongesprächen z.B. mit dem "Technischen Dienst" - wenn ich schon mal durchgestellt bin! - lediglich gesagt, man "pflege dieses 'alte Progamm' nicht mehr." - Fertig aus!

Meine kompletten Texte lassen sich auch nicht in ein neues Format übertragen! Jeden einzelnen Text (von über 12 JAHREN Publikationstätigkeit) müsste ich separat übertragen, oder ganz löschen, wenn ich denn eine neue Homepahe installieren wollte! -
So ein Blödsinn! - mit Verlaub gesagt! "Die" wissen wohl gar nicht bei der Telekom, welche Arbeit in einer 12'jährigen Homepage steckt!?

Gelöst ist dieses Probelm bis heute nicht - trotz meines beständigen Ärgers! Und trotz des zunehmend langsam werdenden Internets. In einingen Räumen habe ich kompett keinen Empfang mehr, was vor einem hlaben Jahr noch ganz anders war!

-Was soll man da noch sagen? -

Der Telekom-Laden ist weit entfernt davon "kundenfreundlich" zu sein! Vielmehr tuen alle dort das Eine:
Sich möglichst alle Probleme von Hals zu halten! Denn dann gibt es offiziell auch keine Probleme. Und "man" kann sich dem widmen, wofür die Kontakt-Hotlines eigentlich und primär angelegt sind: nämlich den "depperten" Verkauf von Telekom-produkten weiteren Vorschub zu leisten. -

Danach kommt die Sintflut! Aber keine gescheite Beratung, Hilfestellung oder Problemlösung! -

Wie auch, wenn die Telekomeigenen Kommunikationsplattformen alles daran setzen, den Kundenkontakt zu verkomplizieren und/oder ganz zu verunmöglichen. -
Das war's in diesem "Saustall"!!!

(06.01.21)

*** 2021 ***
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Zeit zum vorweihnachtlichen Nachdenken:

Ein Artikel von Rüdiger Raus zur Bedeutung des Sozialismus

(Der Beitrag gibt allein die Meinung des Autors wieder und nicht (ausschließlich) die des Herausgebers)

China und der Sozialismus  

China bezeichnet sich selbst als sozialistisch, andererseits aber lässt die Volksrepublik das Privateigentum an Produktionsmitteln zu. Das passt für viele nicht zusammen.   Linke Schwäche   Unser heutiges Bild vom Sozialismus ist geprägt durch die ehemalige UdSSR und die anderen Staaten, die sich als real-sozialistisch bezeichneten. Sie wurden als arm und rückständig dargestellt, wie es den westlichen Betrachtern auch heute noch im Falle Nord-Koreas und Kubas vermittelt wird. Dabei darf nicht vergessen werden, wer dieses Bild gezeichnet hatte.

Es sind die westlichen Medien, weitgehend private Unternehmen. Diese haben kein Interesse daran, sozialistische Entwicklungen durch objektive Berichterstattung zu unterstützen. Denn damit schaufelten sie ihr eigenes Grab. Dieses Interesse der Herrschenden hierzulande darf bei der Diskussion über den Sozialismus nicht vergessen werden. Das soll aber nicht bedeuten, dass sie durchweg unrecht hatten, nur muss man sich auch der Interessen der Berichterstatter bewusst sein. Aber es ist an der Zeit, dass sich stattdessen die Linke einen Standpunkt nicht nur zum Sozialismus in China erarbeitet sondern generell zu der Frage: Was ist Sozialismus und wie sieht er nach dem Untergang der UdSSR aus? Denn eines wird immer deutlicher: Solange die Linke nicht zurückfindet zum Sozialismus als gemeinsamem Ziel, das alle verbindet und auf die Zukunft ausrichtet, werden Zerfall und Zerstrittenheit unter einander weitergehen.

Nur ein gemeinsames Ziel führt zu gemeinsamem Kampf. Um das gemeinsame Ziel zu erreichen, braucht man jedoch die entsprechenden Mittel der Orientierung, einen Kompass. Das ist die materialistische Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse. Ohne eine Weltsicht, die auch der Welt entspricht, führen alle Wege über kurz oder lang in die Irre. Das bedeutet schonungslose Überprüfung all der Gewissheiten über den Sozialismus, die bisher als unumstößlich gegolten hatten. Denn offensichtlich haben in der Wirklichkeit Veränderungen stattgefunden, die in manchen sozialistischen Betonköpfen noch nicht angekommen sind. Die Welt verändert sich, auch wenn sich in den Köpfen nichts bewegt.  

Rückständiger Sozialismus  
Was Sozialismus ist, ist heute schwerer zu sagen denn je. Bis zum Untergang der Sowjetunion und der Öffnung Chinas für westliches Kapital schien diese Frage weitgehend klar und unstrittig zu sein: Vergesellschaftung der Produktionsmittel und Diktatur des Proletariats. Punkt. Das waren die Kriterien, die die Klassiker des Sozialismus herausgearbeitet hatten.
Aber bereits für die Urenkel war strittig, ob die UdSSR oder China  als richtiger Sozialismus bezeichnet werden konnte, soweit das überhaupt bestimmt werden konnte. Weitere Verunsicherung brachte die Propaganda der Gegner des Sozialismus. Sie verwiesen immer wieder auf dessen Rückständigkeit gegenüber den führenden kapitalistischen Staaten. Dabei wurde aber nicht erwähnt, dass die meisten anderen kapitalistischen Staaten gegenüber den führenden ebenso im Rückstand waren, größtenteils sogar noch wesentlich mehr als die sozialistischen Staaten.

Diese Rückständigkeit war aber geerbt worden von der vorangegangenen bürgerlichen Gesellschaft. Sie war letztlich kein Makel des Sozialismus sondern des Kapitalismus selbst gewesen. Denn weder im alten Russland noch im vorrevolutionären China, nicht in Kuba und auch nicht in Vietnam hatte das Bürgertum seine historische Aufgabe erfüllt: Die Entwicklung der eigenen Gesellschaftsordnung mit moderner Industrie und Bankenwesen.
Das wäre Aufgabe des Bürgertums gewesen, aber dazu waren die bürgerlichen Kräfte zu schwach. Hierin liegt ihr historisches Versagen, das dann später gerade von jenen dem Sozialismus angelastet wurde, die selbst nicht in der Lage gewesen waren, diese Entwicklungsstufe  zu erklimmen.

Stattdessen mussten diese gesellschaftlichen Aufgaben dann notgedrungen und unter erheblichen Opfern die kommunistischen Parteien übernehmen. Aber es blieb ihnen gar nichts anderes übrig, als unter den vorgefundenen Bedingungen - der übernommenen Rückständigkeit, den Verwüstungen der Kriege und den Wunden der Bürgerkriege - erst einmal für die Lebensgrundlagen der Menschen zu sorgen, für bescheidenen Wohlstand und den Anschluss an die Moderne.
Das jedoch war nicht die historische Aufgabe der kommunistischen Parteien. Diese bestand gerade nicht in der Vollendung der bürgerlichen Gesellschaft sondern in ihrer Überwindung. Ihre politische Bestimmung war es, die Völker aus dem Kapitalismus in den Sozialismus zu führen. Ihnen oblag der Aufbau der sozialistischen Gesellschaft mit der Unterstützung eines gesellschaftlich und fachlich breit entwickelten Proletariats, das aufgrund des eigenen Wissens und der eigenen Erfahrung aus dem kapitalistischen Produktionsprozess in der Lage gewesen wäre, die Produktion zu übernehmen und weiter zu entwickeln.
Auf ein solches Proletariat aber konnten die kommunistischen Parteien weder in Russland, noch in China, auch nicht in Kuba oder Vietnam zurückgreifen. Man musste den Sozialismus aufbauen mit den Kräften, die man vorfand. Denn es gab dazu keine Alternative, wollte man nicht die alten Verhältnisse wieder aufleben lassen, denen man doch gerade durch die Revolutionen und Befreiungskriege zu entkommen versucht hatte.

Mangelnde Kapitalbasis  
Waren diese Gesellschaften schon vor den Revolutionen nur schwach entwickelt gewesen, so hatte sich diese Lage vorerst durch die inneren Auseinandersetzungen wie Bürger- oder Befreiungskriege nicht verbessert. Die Wirtschaft war schwach, der Lebensstandard niedrig, das Leben entbehrungsreich.
Hinzu kamen nun noch die Versuche der führenden kapitalistischen Staaten, die Entwicklung zurück zu drängen. Die Sowjetunion wurde umzingelt mit Militärbündnissen und -stützpunkten. Ähnliches gilt für China. Kubas Entwicklung wird seit Jahrzehnten durch Blockaden und Sanktionen, Invasions- und Umsturzversuchen behindert. Vietnam wurde durch einen dreißig Jahre dauernden Krieg versucht, „in die Steinzeit zurück zu bomben“.

All das beeinträchtigte die Entwicklung der sozialistischen Staaten. Und dennoch kamen sie  allmählich und stetig voran dank der Opferbereitschaft der Bevölkerung in ihrem Kampf für eine bessere Zukunft. Ihre Entwicklung wurde aber nicht nur behindert durch die Drohungen der imperialistischen Staaten, zusätzlich erschwerte der Mangel an Kapital ihr Vorankommen. Alle sozialistischen Staaten hatten von Beginn an diesen entscheidenden Nachteil aufgrund der geringen Kapitalbasis, die sie mit der Übernahme der Macht von Adel und Bürgertum übernommen hatten. Kapital war knapp, und der Zugang zu den internationalen Kapitalmärkten war ihnen versperrt. Das sah in den entwickelten kapitalistischen Staaten ganz anders aus. Hier jagte überschüssiges Kapital rund um den Globus auf der Suche nach Anlage und Rendite. Aber um die sozialistischen Staaten machte westliches Kapital verständlicher Weise einen großen Bogen.

So kam nicht zusammen, was zusammen gepasst hätte, bis Mitte der 1970er Jahre  China sich für westliche Investitionen öffnete. Der chinesischen Regierung unter Führung der kommunistischen Partei ging es darum, die eigene Wirtschaft zu entwickeln, um die rasant wachsende Bevölkerung zu ernähren. Denn Sozialismus ist nicht nur eine Idee, er ist auch eine Hoffnung auf ein besseres Leben. Aber diese Hoffnung muss sich bestätigen, sonst verliert der Sozialismus wie jede andere gesellschaftliche Ordnung den Rückhalt in der Bevölkerung und damit seine Existenzberechtigung. Armut ist nicht erstrebenswert, wie einige Idealisten im Westen glauben, die keine Armut kennen, und sie bringt die Menschheit auch nicht voran. Armut ist für nichts gut.  

Überbewertes Kapital
Wie wichtig gerade die Kapitalbasis als Voraussetzung für gesellschaftliche Entwicklung ist, zeigt in eindrucksvoller Weise gerade die Volksrepublik China. Nirgendwo hat der Zustrom von Kapital solch gewaltige Erfolge hervorgebracht wie in einer Gesellschaft, die sich als sozialistisch versteht und von einer kommunistischen Partei geführt wird. Ähnliches gilt übrigens auch für Vietnam.

Mittlerweile steht dieses China an der Schwelle der weltweiten Technologieführerschaft. Es ist nicht mehr nur die Werkbank der Welt, die von westlichem Kapital abhängig ist. Die Volksrepublik ist selbst einer der größten Kapitalgeber und fördert mit Projekten wie die Seidenstraße die weltweite Entwicklung von Infrastruktur. Da die Entwicklung mittlerweile anders verläuft, als der Westen erhofft hatte, versucht man nicht nur Chinas wirtschaftlichen Aufstieg zu bremsen. Es geht zunehmend um politische Fragen. Wurde bisher von der westlichen Propaganda der Eindruck vermittelt, dass Sozialismus Armut bedeutet, so ist dieses Bild durch die Wirklichkeit widerlegt. Stattdessen versuchen westliche „Experten“ die Ergebnisse des chinesischen Aufschwungs umzudeuten in den Erfolg des Kapitalismus, der in China in Form von Markt und Privatinitiative Einzug gehalten hat.

Dem westlichen Medienkonsumenten soll der Eindruck vermittelt werden, dass nicht das politische Wirken der chinesischen Kommunisten und die Leistungskraft der Bevölkerung die Ursache des Reichtums sind, sondern dass „mehr Privateigentum und mehr Markt zu mehr Wohlstand für die Menschen führen werden“(1).

In typisch oberflächlicher Betrachtungsweise vieler westlicher „Experten“ singt der Autor Rainer Zitelmann das Hohelied von Kapitalismus und Privatinitiative. Dass beide eine hohe Wirkung auf die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft haben zu bestreiten, wäre realitätsfern. Aber ebenso realitätsfern ist die fehlende Wahrnehmung vieler westlicher „Experten“, dass all das nicht ohne Arbeitskraft, also ohne Arbeiter geht. Jedenfalls kommen diese in den westlichen Erklärungsversuchen nicht vor.
Aber Kapital ohne Arbeitskraft schafft keinen Mehrwert, denn es schafft weder Umsatz noch Gewinn. Kapital entfaltet seine Wirkkräfte erst, wenn es mit Arbeitskraft in Berührung kommt. Da macht auch die Privatinitiative keinen Unterschied. Auch sie ist nichts anderes als Arbeitskraft, nur dass private Unternehmer sich das Ergebnis ihrer Unternehmen privat aneignen. Das ist nicht verwerflich, aber trotzdem ist es so.

So hat auch Axel Springer, Vorzeigeunternehmer der Wirtschaftswunderjahre, nicht selbst die Druckmaschinen bedient, um seine Zeitungen zu drucken. Er hat auch nicht die Werbekunden akquiriert, die seine Blätter finanzierten. Die Zeitungen wurden nicht von ihm ausgeliefert, sondern von Hunderten von Fahrern. Vermutlich hat er nicht einmal die betriebswirtschaftlichen und redaktionellen Entscheidungen alleine getroffen. Auch dort wie in allen Bereichen seines Unternehmens wirkten bezahlte Menschen, also Nicht-Eigentümer daran mit, das Unternehmen am Laufen zu halten.

Und als Springer starb, brach da das Unternehmen zusammen? Nein, es wird weiterhin von denen am Laufen gehalten, die es seit Jahr und Tag am Laufen hielten, die Nicht-Eigentümer, die Arbeiter. Das zeigt aber, dass der private Unternehmer für das Funktionieren eines Unternehmens nicht von Bedeutung ist. Er ist nur der Kapitalgeber, der Besitzer. Aber ohne ihn funktioniert das Unternehmen trotzdem weiter, denn es ist die gesellschaftlich organisierte Arbeit aller im Betrieb Beschäftigen, die das Ergebnis bringt.  

Kapital ist nicht Kapitalismus  
Kapital ist zum Aufbau einer modernen Industrie unabdingbar, nicht aber der Kapitalismus. Das muss unterschieden werden. Auch China produzierte vor dem Kapitalstrom aus dem kapitalistischen Ausland und entwickelte seine Industrie und Gesellschaft. Die UdSSR hatte ihre Produktion immerhin ganz ohne westliches Kapital aufgebaut und das sogar trotz der Verwüstungen des 2. Weltkriegs und der kostentreibenden militärischen Bedrohung durch NATO und andere antikommunistische Bündnisse.
Fremdes Kapital, Kapital generell, beschleunigt die Entwicklung, die sonst aus eigener Kraft länger gedauert hätte aufgrund der übernommenen wirtschaftlichen Rückständigkeit. Aber Kapital, auch westliches Kapital, kann Arbeitskraft und menschliche Schöpferkraft nicht ersetzen. Ohne menschliche Schaffenskraft und Genialität nützt alles Kapital der Welt nichts. Das scheinen westliche Wirtschaftswissenschaftler nicht zu verstehen, aber ihr Unwissen ändert nichts an den Tatsachen.
Kapital ist wichtig für die Aufbau und Ausweitung von Produktion. Aber deswegen sind Vorhandensein und Investition von Kapital nicht gleich zu setzen mit dem Kapitalismus selbst. Ersteres ist ein Produktionsfaktor, Kapitalismus ist ein Wirtschafts- beziehungsweise Gesellschaftssystem. Es sieht nur so aus, als hätte mit dem Zustrom von Kapital auch der Kapitalismus selbst Einzug in China gehalten. Aber dieser Schein trügt. Es ist nur Schein, nicht das Wesen der Entwicklung.

Im Falle Chinas, aber auch zunehmend in Vietnam fließt privates Kapital in den Aufbau privater Unternehmen innerhalb einer Gesellschaft, die sich als sozialistisch versteht. Das ist für viele Linke unverständlich und ein Widerspruch zur reinen Lehre. Für viele ist das gleichbedeutend mit Verrat am Sozialismus, und dementsprechend reagieren sie auch auf die Entwicklung in China. Viele bezeichnen China deshalb als Staatskapitalismus. Auch sie sehen nur den Schein, nicht das Wesentliche. Denn Kapital ist nicht gleich Kapitalismus.

Der Unterschied  
Mit der Öffnung Chinas für westliches Kapital bestand natürlich die Gefahr, dass mit dem Kapital  auch das Wirtschaftssystem Kapitalismus Einfluss auf Gesellschaft und Staat ausüben könnte. Das ist nicht von der Hand zu weisen und geschichtliche Erfahrungen scheinen diesen Schluss zu bestätigen.
Auch in China selbst war diese Gefahr zu Beginn der 2000er Jahre vorhanden, als die Behörden massiv gegen korrupten Unternehmer und Funktionäre vorgingen, weil aus der Verknüpfung dieser beiden Kräfte eine ernst zu nehmende Gefahr entstanden war. Aber auch das muss gesehen werden: Der sozialistische Staat zerschlug diese Korruption zwischen Wirtschaft und Teilen der Bürokratie. Wie die Geschichte des Imperialismus zeigt, begnügt sich der Kapitalismus nicht damit, Märkte zu erschließen. Marktöffnung und Markteintritt sind immer nur der erste Schritt. Wenn die auf diesem Anfangsniveau erzielten und erzielbaren Gewinne an ihre Grenzen stoßen, wachsen Drang und Forderung nach größeren Anteilen am geöffneten Markt.

Im Falle Chinas zeigt sich dieses Drängen derzeit in den Forderungen der kapitalistischen Staaten nach gleichberechtigtem Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen und der Öffnung weiterer chinesischer Märkte. Hier hat man besonders den Kapitalmarkt im Auge. Die chinesische Regierung gibt diesen Forderungen nach und nach statt.
Aber dieses Nachgeben erfolgt nicht aufgrund eigener Schwäche gegenüber imperialistischem Druck sondern nach reiflicher Überlegung und der Abwägung der Vor- und Nachteile. Es ist deutlich zu sehen, dass China die eigenen Interessen dabei nicht aus dem Auge verliert und diese höher gewichtet als die der westlichen Investoren. Denn letztlich schont es auch die staatlichen Finanzen, wenn Risiken von Privatkapital übernommen werden.
Diese Gelassenheit und Experimentierfreudigkeit hat zwei Gründe. China ist eine Welt- und Atommacht, die nicht durch militärischen Druck zur Abkehr von einer sozialistischen Entwicklung gezwungen werden kann. Zum anderen ist das Land anders als seinerzeit Chile und andere Opfer imperialistischer Putschpolitik innerlich so stabil und gefestigt, dass es keine gesellschaftlichen Kräfte gibt, die mit äußeren Feinden zusammenarbeiten und das Land von innen gefährden könnten. Auch die untergegangene Sowjetunion hatte militärisch nicht von ihrem Sozialismus abgebracht werden können. Aber anders als sie verfügt China über den großen Vorteil einer wesentlich höher entwickelten Wirtschaft und den damit verbundenen finanziellen Ressourcen.
Die Volksrepublik ist nicht abhängig vom Kapitalmarkt sondern weltweit einer der größten Investoren und sie war zudem nie gezwungen, hohe Verteidigungslasten zu schultern. Denn im Zentrum des Kampfes der politischen Systeme stand nicht China sondern die Sowjetunion.   

Vom "wahren" Sozialismus  
In der Öffentlichkeit galt die UdSSR als der sozialistische Staat schlechthin und dementsprechend war auch das Bewusstsein der meisten Menschen über den Sozialismus. Selbst viele von denen, die sich als Kommunisten bezeichnen, verstanden und verstehen noch heute die Form des sowjetischen Sozialismus als den einzig wahren.
In Wirklichkeit aber handelte es sich hierbei um eine frühe Form sozialistischer Gesellschafts- und Staatsbildung. So wie der heutige Kapitalismus nicht mehr mit seinen früheren Formen wie beispielsweise dem Manchester-Kapitalismus zu vergleichen ist, sich also weiter entwickelt hat, so unterliegt auch der Sozialismus einer Weiterentwicklung.

Im Gegensatz zum ersten Versuch sozialistischer Staatsbildung, der Pariser Kommune, die im Kugelhagel der Reaktion 1871 untergegangen war, war der Sozialismus der UdSSR schon ein gewaltiger Fortschritt. Wer sich aber nur an die Erscheinungsformen des sowjetischen Sozialismus klammert, nimmt das Wesentliche in der chinesischen Entwicklung nicht wahr.
Hatte der Kapitalismus erst seine volle Wirkung mit der Dampfmaschine entfalten können, die eine gewaltige Steigerung der menschlichen Produktivkraft ermöglichte, so befindet sich China an der Schwelle einer neuen Produktivitätsexplosion. Steigerten die Erfindungen des Kapitalismus die Wirkung der Muskelkraft durch Dampfmaschine, Verbrennungs- und Elektromotoren, so entwickelt sich in China die intellektuelle Wirkkraft menschlicher Genialität. Kein anderes Land der Welt und keine Epoche der Menschheitsgeschichte hat innerhalb so kurzer Zeit die intellektuelle Leistungskraft des Menschen in einem solchen Maße weiter entwickelt und in Lebensqualität umgesetzt wie die Volksrepublik. Das ist die Perspektive und das Wesen neuer Formen sozialistischer Gesellschaften: die Entwicklung der intellektuellen Fähigkeiten und der menschlichen Genialität.

Die Seidenstraße und andere Projekte zur weltweiten Entwicklung der Infrastruktur liefern dafür einen Ausblick, aber auch die Initiative Made in China 2025. In all diesen Projekten und Initiativen stellt sich die Stärke einer sozialistischen Gesellschaft dar, der planvolle und organisierte Aufbruch einer Gesellschaft zur Technologieführerschaft in verschiedenen Bereichen, besonders aber dem Fortschritt in der Informationstechnologie. Das ist das gesellschaftliche Ziel, zu dem Regierung und kommunistische Partei der Volksrepublik alle Kräfte des Landes aufgerufen und wofür alle gesellschaftlichen Ressourcen eingesetzt werden sollen. Alle Produktivkräfte des Landes sind gebündelt und ausgerichtet auf die Bewältigung dieser Ziele, sie ziehen mit weitgehend vereinten Kräften an einem Strang. Und wenn man die Fortschritte sieht bei der Verwirklichung der Seidenstraße und anderer chinesischer Projekte, besteht kaum ein Zweifel, dass das Land diese Aufgaben bewältigen wird. Zu vergleichbaren Leistungen aber ist der Kapitalismus aufgrund der unterschiedlichen Interessen seiner Akteure und der Zerrissenheit seiner Gesellschaften nicht in demselben Maße in der Lage.

Neue Machtverhältnisse  
Trotz der gewaltigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritte ist Entwicklung nicht unumkehrbar, wie man über lange Zeit in der Sowjetunion und den sozialistischen Staaten dachte. Das war trügerische Sicherheit, wie die Geschichte gezeigt hat. Der frühe Sozialismus sowjetischer Prägung ist selbst nach siebzigjähriger Existenz in sich zusammengebrochen und musste dem Kapitalismus weichen.

Dagegen ist kein politisches System gefeit, und die politischen Gegner des Sozialismus im Wertewesten werden keine Gelegenheit ungenutzt lassen, die Schwächen der Volksrepublik China für die eigenen Interessen zu nutzen. Aber es besteht auch immer die Gefahr, dass die großen Kapitalbesitzer im Lande selbst sich für ihre Interessen organisieren und eine neue Klasse entstehen könnte, wenn Gesellschaft und Partei in China nicht wachsam sind.
Der Sozialismus ist eine Übergangsgesellschaft vom Kapitalismus in den Kommunismus. Das heißt, dass beide Klassen noch weiter existieren nur mit unterschiedlicher Machtfülle. So wie der Adel auch in der bürgerlichen Gesellschaft weiter existiert hat, so gibt es auch weiterhin im Sozialismus noch Kapitalbesitzer.
In der Volksrepublik jedoch ist deren politische Macht gebrochen, wenn sie auch weiterhin für die Produktion von Bedeutung sind. Das ist entscheidend für den Charakter eines sozialistischen Staates. Er hat die Macht, das Kapital als Produktionsfaktor zuzulassen und zu nutzen, aber andererseits dessen Organisierung als Klasse zu verhindern. Augenfälliger Ausdruck dieser Machtlosigkeit der Kapitalbesitzer ist der durch die chinesischen Behörden kurzerhand abgesagte Börsengang des chinesischen Internetgiganten Ant-Financial des Alibaba-Gründers Jack Ma. Es hätte der größte Börsengang aller Zeiten werden sollen. Die chinesische Regierung hat ihm kurzerhand die Genehmigung dazu entzogen. Nun handelt es sich bei diesem Fall natürlich um ein starkes Beispiel für die Machtfülle des chinesischen Staates und die Ohnmacht eines chinesischen Kapitalbesitzers. Das allein aber macht nicht das Wesen eines sozialistischen Staates aus. Denn ähnliche Eingriffe des Staates in die Verfügungsrechte von Kapitalbesitzern kommen auch in kapitalistischen Staaten vor. So hat die EZB beispielsweise den Banken in der Corona-Krise nahe gelegt, keine Dividenden auszuschütten zur Stärkung der eigenen Kapitalbasis. Die Banken halten sich daran, um etwaige weitergehende Verordnungen zu vermeiden. Während der Finanzkrise 2008/9 wurden Banken verstaatlicht und zwangsfusioniert gegen den Willen der Eigentümer.
Das Beispiel Ant-Financial allein ist also kein Beweis für den sozialistischen Charakter des chinesischen Staates. Dieser kommt aber zum Ausdruck in einem Vorgang, der in der westlichen Öffentlichkeit nicht so bekannt geworden ist, vielleicht, weil die westlichen Medien diesem Ereignis nicht die Bedeutung beimessen, die ihm zu kommt.
Denn die chinesische Regierung hat die privaten Unternehmen des Landes gezwungen, „Parteizellen einzurichten“(2). Damit nehmen die „Parteizellen der KP Einfluss auf die Entscheidungen westlicher Konzerne“(3). Wenn auch die Arbeiter selbst die Betriebe noch nicht führen und besitzen, deren Produktion sie immerhin bereits durchführen, so üben sie dennoch bereits Kontrolle über und Einfluss auf innerbetriebliche Vorgänge aus. Diese Kontrolle und Einschränkung ihrer innerbetrieblichen Macht müssen die privaten Besitzer der Unternehmen hinnehmen, ob sie wollen oder nicht. „Offenbar bemüht sich die Kommunistische Partei (KP) gezielt, den Einfluss der Politik auf die Privatwirtschaft auszuweiten - auch auf westliche Firmen, die im Land aktiv sind. … Nach chinesischem Gesetz können Unternehmen verpflichtet werden, Parteizellen einzurichten. Deren Mitglieder werden üblicherweise von den Firmen selbst bezahlt, leiten ihre Berichte aber an die Führung der Partei weiter.“(4)

Das aber gibt es in keinem kapitalistischen Betrieb, in keinem kapitalistischen Land. An der Stellung der Arbeiter im Betrieb werden die neuen Machtverhältnisse deutlich und damit auch der Charakter von Gesellschaft und Staat. Und dieser Charakter ist sozialistisch.
 

(1) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.10.20: Der Visionär Milton Friedman und China
(2) Spiegel vom 16.11.2017: Wirtschaft besorgt über Einfluss von KP-Zellen in westlichen Betrieben
(3) ebenda
(4) ebenda  

(10.12.20)



Eine Meinung von Rüdiger Rauls zur Chinapolitik und zum Umgang mit der Coronakrise vom 20.09.2020.
Dieser Artikel steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den nächst folgenden vom 25.11.20 weiter unten:


(Der folgende Artikel gibt alleine die Meinnung des Autors wieder und nicht (ausschließlich) die des Herausgebers.)

Das politisierte Virus  
Das Covid19-Virus ist nicht nur eine Gefahr für Leib und Leben, es bedroht auch das Gefüge der globalen Beziehungen und stellt die Stabilität besonders der westlichen Gesellschaften in Frage.  

Verspekuliert  
Im Jahre 2015 hatte China die Initiative „Made in China 2025“ ausgerufen. Damit hatte das Land gewagt, seinen Anspruch auf die technologische Führerschaft in der Welt zu anzumelden. Dieser Plan sägte  am Thron des Wertewestens, der damals immer noch gefangen war in der Vorstellung, dass China die Werkbank der Welt sei und auf absehbare Zeit auch bleiben werde.
Wieder einmal ist der Wertewesten über die eigene Überheblichkeit gestolpert. China hatte nicht zerlegt werden können wie seinerzeit die UdSSR durch die Strategie des „Wandel durch Annäherung“, und das Projekt Seidenstraße, das der Wertewesten  anfangs noch belächelt hatte, wurde zu einem überwältigenden Erfolg. Nun steht er abseits und muss mitansehen, wie sich die Seidenstraße zu einem gewaltigen Konjunkturprogramm für Chinas Wirtschaft entwickelt. Durch seine wirtschaftliche und finanzielle Kraft wächst zudem Chinas politischer Einfluss in der Welt. Für den Wertewesten unverständlich und unvorstellbar, hatte sich das Land ausgerechnet unter der Führung einer Kommunistischen Partei so gewaltig entwickelt, dass man darin nicht nur eine wirtschaftliche sondern zunehmend auch eine politische Bedrohung sah. So erklärte die EU im März 2019 China nicht nur zum wirtschaftlichen sondern auch zum strategischen Rivalen und Systemgegner.
Da man aber auf China als Abnehmer europäischer, hier besonders deutscher Waren angewiesen war, beließen es die Europäer bei einer politischen Auseinandersetzung unterhalb der Schwelle massiver Konfrontation. Zudem ist man in Brüssel angesichts des chinesischen Wirtschaftsengagement in einigen EU-Ländern nicht immer einer Meinung im Umgang mit China. Dagegen versuchen die USA besonders unter Trump, Chinas wirtschaftlichen Aufstieg zu behindern, um die eigene Wirtschaft gegen die chinesische Konkurrenz zu schützen. Technologisch führende Unternehmen wie Huawei, ZTE und neuerdings auch Tiktok, Tencent und Alibaba werden behindert oder sollen gar ganz aus den westlichen Märkten gedrängt werden. Dabei argumentierten die USA in erster Linie politisch mit der Menschenrechtslage in Hongkong und der Uiguren oder aber schüren Ängste mit  unbewiesenen Spionagevorwürfen und verhängen Sanktionen.(1) 

Westliche Fehleinschätzung  
Bei all diesen Maßnahmen des Wertewestens geht es nicht nur um wirtschaftliche sondern auch um politische Destabilisierung. Dabei ist nicht klar, ob man tatsächlich selbst glaubt, was man der westlichen Bevölkerung als Chinabild verkauft, also der eigenen Täuschung aufsitzt. Oder betreibt man bewusste Manipulation, indem man ein Bild von der chinesischen Gesellschaft zeichnet, von dem man weiß, dass es falsch ist?(2)
Wirkt man darauf hin, durch einen Regime-Change andere politische Kräfte in China an die Macht bringen zu können, die den westlichen Interessen dienlicher sind, oder will man durch die politischen Kampagnen nur eine Schwächung des Landes und damit eine Verlangsamung der Entwicklung erreichen? Jedenfalls wird von westlicher Seite nichts unversucht gelassen, Chinas Aufstieg zu behindern.
Neben der Uigurenfrage und den Versuchen der Einflussnahme in Hongkong war die Corona-Epidemie ein weiterer Ansatzpunkt in der westlichen Strategie der Einmischung und Destabilisierung. Schon früh war deutlich geworden, dass die Seuche nicht nur ein medizinisches Problem war, sondern in ganz besonderem Maße auch zu einem politischen aufgebauscht wurde. Es sollte Auskunft geben über die Stärke der jeweiligen gesellschaftlichen Systeme.
So orakelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Chinas autoritäre Regierung kämpft nicht nur gegen das Virus. Das gesamte System steht in Frage“(3). Wenige Tage später fragt Reinhard Veser in seinem Kommentar: „Wird am Ende das Coronavirus zum Entzündungsherd für das politische System Chinas?(4). Wenn auch nicht ausgesprochen, so ist der Wunsch doch unüberhörbar, dass dies so eintreten möge.

Angesichts der ständigen Einmischungsversuche vonseiten des Westens, schien man in Peking keine Zweifel zu hegen, dass auch Corona zu politischen Zwecken benutzt werden würde. Dessen eingedenk erklärte die Kommunistische Partei Chinas, „das Virus sei ein Test für die Überlegenheit des chinesischen Systems“(5).
Das war am 1.2.2020, als die Epidemie noch nicht voller Stärke in Europa und den USA angekommen war. Man wiegte sich hierzulande noch in der Sicherheit, aufgrund des eigenen überlegenen Gesellschaftssystems keinerlei Gefahren ausgesetzt zu sein. So beruhigte Gesundheitsminister Jens Spahn noch am 27.1.2020 die Deutschen, „dass der Krankheitsverlauf beim Coronavirus milder sei als etwa bei einer Grippe … Und wir bekommen auch einen Masern-Ausbruch in Deutschland mit deutlich milderen Maßnahmen in den Griff, als wir sie derzeit in China sehen."(6)
Während also Spahn felsenfest überzeugt war von der westlichen Überlegenheit, war man in Peking bescheidener: Man sah die Herausforderung an als einen Test für die eigene Überlegenheit, deren Beweis erst noch erbracht werden musste. Und entsprechend dieser verschiedenen Einstellungen handelte man auch unterschiedlich. In Peking ließ man seinen Worten Taten folgen. China vollbrachte die „logistische Meisterleistung … innerhalb von wenigen Tagen nicht nur ein Krankenhaus mit 1500 Betten, sondern sogar ein zweites mit weiter 1000 Betten für die Vireninfizierten aus dem Boden zu stampfen“(7).
Gegenüber diesen geschaffenen Tatsachen als Nachweis von Handlungsfähigkeit entpuppten sich die vollmundigen Worte Spahns später als heiße Luft. Bei der Ankunft der Epidemie im Wertewesten offenbarte sich die vorgetragene Selbstsicherheit seiner Politiker, aber auch deren Ignoranz als unverzeihliche Überheblichkeit mit schwerwiegenden Folgen für die Bevölkerung. An dieser Handlungsfähigkeit Chinas musste sich fortan der Westen messen lassen. Wie sollte man sonst der eigenen Bevölkerung erklären, dass ein Gesellschaftssystem, das von den westlichen Meinungsmachern immer als menschenverachtend dargestellt wurde, mehr Anstrengungen für das Wohlergehen der eigenen Bürger unternahm und dabei erfolgreicher war als die hochgelobten freiheitlichen Demokratien? Das ist der Kern der Ungereimtheiten, die viele Bürger im Verhalten der eigenen Politiker nicht verstehen und deshalb als Ausdruck von Machtgier oder hinterhältigen Plänen der Eliten deuten.(8)  

Kleinlaut geworden  
Es dauerte nicht lange, bis dem Wertewesten die eigene Überheblichkeit auf die Füße fiel. Schon bald dämmerte auch hierzulande den Meinungsmachern, dass das Virus all das im eigenen Lande verursachen konnte, was man dem chinesischen System noch wenige Tage insgeheim gewünscht hatte: Zweifel und Unruhe in der eigenen Bevölkerung. Noch am 3.3.2020 hatte die FAZ vollmundig die Vorteile des sogenannten demokratischen Rechtsstaats gegenüber dem „autoritären“ chinesischen hervorgehoben: „Ein gut eingespieltes föderales System mit Entscheidungsträgern auf allen Ebenen ist im Endeffekt auch effektiver als zentrale Befehlsstrukturen“(9).
Doch bald wurden erhebliche Probleme in Deutschland, aber besonders in den Ländern der Corona-Leugner USA, Brasilien und Großbritannien in der Bewältigung der Epidemie offensichtlich. Selbst Länder wie Italien und Spanien, die die Seuche von Anfang ernst nahmen und mit allen Mitteln zu bekämpfen suchten, mussten nun erkennen, dass sie einer Gefahr gegenüber standen, die mit den herkömmlichen Mitteln schlecht unter Kontrolle zu bringen war.
Es war halt doch mehr als Spahns kleingeredeter „Masern-Ausbruch“. Diese „für den Menschen ansteckende neuartige Viruserkrankung …  lässt sich bisher nicht vollständig in die Karten schauen.“(10) So musste denn auch eben jener Reinhold Veser, der am 8.2.2020 noch Corona als Entzündungsherd für das chinesische System gesehen hatte, erkennen: Die „Krise ist so tiefgreifend, dass sie zur Gefahr für die Legitimität eines jeden politischen und wirtschaftlichen Systems werden kann“(11).

Späte Würdigung  
Von da an gings bergab mit der westlichen Überheblichkeit. Erstens musste man feststellen, dass in der Folge China die Lage im eigenen Land wesentlich besser in den Griff bekam, als man im Wertewesten erwartet hatte und wahrhaben wollte. Darüber hinaus aber konnte das Land durch seine Hilfsmaßnahmen politisch sogar gegenüber dem Westen in die Offensive gehen. So musste der Prophet des chinesischen Untergangs, Reinhard Veser, in seinem Kommentar am 28.3.2020 feststellen, „dass es China und Russland gelungen ist, sich in Italien zu großen Helfern in der Not zu stilisieren“(12). Dabei sei es der EU nicht gelungen, „politisch und kommunikativ auf die großangelegte propagandistische Verwertung der alles andere als selbstlosen Hilfeaktionen Pekings und Moskaus“(13) zu reagieren.

Dass der Westen dazu nicht in der Lage war, lag nicht an technischem oder politischem Versagen. Vielmehr ist das dem Umstand geschuldet, dass die wirklichen Ereignisse keine propagandistische Darstellung westlicher Erfolge hergaben. China war der Gewinner in diesem Kampf der politischen Systeme, und da half in der Folge nur noch eins: Man schwieg im Westen tot, was man durch die Wirklichkeit nicht widerlegen konnte: Chinas Erfolge.(14)
Denn je weiter die Epidemie im Westen voranschritt, umso mehr fielen die Ergebnisse westlicher Seuchenbekämpfung hinter die chinesischen zurück. Oder aber man war gezwungen, dieselben Mittel und Methoden anzuwenden, die man wenige Wochen zuvor noch bei China als diktatorisch oder autoritär angeprangert hatte: Maskenpflicht, Quarantäne, Fieberkontrolle und Tracking-App.
„Aus ostasiatischer Perspektive aber hat Deutschland in der Pandemie versagt“(15). So lautete die vernichtende Abrechnung der FAZ nach einem halben Jahr Corona-Bekämpfung, wobei Deutschland im Verhältnis zu den Staaten der Corona-Leugner noch sehr gut dasteht. Mit dieser ostasiatischen Sicht ist aber nicht der chinesische Blickwinkel gemeint. Als Vorbild in der Pandemie-Bekämpfung wird Japan dem westlichen Medienkonsumenten vorgestellt. China wird gar nicht mehr erwähnt. Aber die Wirklichkeit lässt sich nicht verleugnen. In einem unscheinbaren Artikel der FAZ über eine Poolparty in Wuhan – und nicht nur dort - mit Tausenden von Badegästen gewährt man dem westlichen Medienkonsumenten dann doch noch einen Blick auf die Wirklichkeit: „Die Regierung hat von Anfang an auf eine Ausrottung des Virus gesetzt und nicht nur auf eine Abflachung der Infektionskurve wie zum Beispiel Deutschland. Dafür hat das Land drastische Maßnahmen ergriffen, die sich jetzt auszahlen“(16).

Das belegen auch die Wirtschaftszahlen. „Die Prognosen, dass die Epidemie die chinesische Wirtschaft in den Abgrund reißen werde, haben sich nicht bewahrheitet. … Chinas Wirtschaft legte im zweiten Quartal … im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,2 Prozent zu“(17). Es war damit das einzige Industrieland, das ein Wachstum verzeichnen konnte. Das ist eine späte Würdigung der chinesischen Verdienste durch Berichterstatter der FAZ, die ansonsten nicht bekannt ist für ihre Liebe zu China. Aber diese positive Darstellung fand sich nicht auf den vorderen Plätzen, wie sonst üblich für China-Berichte dieser Zeitung. Diese vorderen Plätze sind dort der Stimmungsmache gegen China vorbehalten.  

Gesellschaftliche Zerrissenheit  
Während also in China dank seiner Erfolge in der Seuchenbekämpfung wieder gefeiert werden kann, steigen die Infektionszahlen in den westlichen Staaten erneut an. Viele befürchten nun eine zweite Welle. Die Unruhe, die die westlichen Medien in China hatten herbeireden wollen, entstand nicht dort sondern in den eigenen Gesellschaften. Besonders in Deutschland haben die Maßnahmen der Regierung sehr unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen.
Während besonders in den Staaten, die von Corona-Leugnern regiert werden, die Untätigkeit der Regierenden angeprangert wird, werden hierzulande viele Einschränkungen des Alltagslebens als unangemessen kritisiert. Die westlichen Regierungen haben große Mühe, die eigenen Gesellschaften unter dem Druck der verschiedenen Gruppen und ihrer Forderungen zusammen zu halten.  Demgegenüber stand die chinesische Gesellschaft weitgehend geschlossen hinter den Maßnahmen ihrer Führung.
Die Politisierung durch das Virus fand nicht nur auf der zwischenstaatlichen Ebene statt. Diese Rivalität zwischen den Staaten wird nun zunehmend noch verstärkt durch das Wettrennen um die Markteinführung von Impfstoffen. Mit zunehmender Dauer der Pandemie breitet sich die Politisierung auch immer weiter innerhalb der Gesellschaften des Wertewestens aus. Zwar erhält die deutsche Regierung hohe Zustimmungswerte aus dem Großteil der Bevölkerung für ihr Krisenmanagement, obwohl es im Verhältnis zum chinesischen miserabel ist. Aber es wächst auch die Zahl derer, die durch diese Maßnahmen ihre Grundrechte, besonders das Recht der Meinungs- und Versammlungsfreiheit bedroht und Deutschland auf dem Weg in eine Diktatur sehen. Nichts verdeutlicht diese gesellschaftliche Zerrissenheit so sehr wie die sogenannte Grundrechts-Bewegung. In ihr offenbart ein Zersetzungsprozess, der sogar die verfassungsmäßigen Grundlagen der Gesellschaft angreift. Das Grundgesetz, auf das sich die Bewegung beruft und zu dessen Schutz sie sich aufgerufen fühlt, wird nur in den Bereichen respektiert, die ihrem besonderen Interessen dienlich sind, nämlich der Versammlungs- und Meinungsfreiheit.

Aber das Grundgesetz ist kein Menü, aus dem sich jeder herauspicken kann, was ihm gefällt, weil es seinen Sonderinteressen dienlich ist. Es bildet vielmehr den Kern des bürgerlichen Wertesystems, die DNA der bürgerlichen Gesellschaft. So hält es ausdrücklich in Art 2 Absatz 2 das Grundrecht  auf Leben und körperliche Unversehrtheit fest. Dieses hohe gesellschaftliche Gut der bürgerlichen Errungenschaften, die unter Jahrhunderte langen Kämpfen und hohen Opfern gegen feudalistische Herrschaft erkämpft worden waren, scheint der Grundrechte-Bewegung gleichgültig und bedeutungslos. Jedenfalls findet dieser Artikel in der Argumentation ihrer Anhänger keine Beachtung. Gerade jedoch die Erfüllung dieses Artikels ist eine wesentliche Aufgabe des Staates. Auf diesem Auftrag des Grundgesetzes gründen letztlich die staatlichen Maßnahmen der Virusbekämpfung.

Selbst die sogenannten Schurkenstaaten, denen vonseiten des Wertewestens immer wieder der Respekt vor den Werten der Menschheit und der Menschlichkeit abgesprochen wird, fühlen sich dem Schutz von Leib und Leben der eigenen Bürger vor den Gefahren von Viren und Epidemien ebenso verpflichtet wie die westlichen Staaten. Es ist nicht erkennbar und schon gar nicht belegbar, dass sich diese Staaten mit dem Wertwesten gerade in der Frage der Pandemie-Bekämpfung gegen die eigene Bevölkerung verbündet haben sollen, wo sie doch sonst in fast allen gesellschaftlichen Fragen mit dem Wertewesten überkreuz liegen.
Politisch offenbaren sich in der Existenz der Grundrechts-Bewegung Misstrauen und Ablehnung einer wachsenden Zahl von Bürgern gegenüber den Führungskräften der bürgerlichen Gesellschaft. Was also die Meinungsmacher hierzulande in der chinesischen Gesellschaft zu erkennen glaubten, beschreibt vielmehr die Situation im eigenen Land und vielleicht auch im Westen insgesamt.  

Wie weiter?  
Das Coronavirus politisiert nicht nur das Verhältnis zwischen den Staaten, es politisiert auch die Verhältnisse zwischen gesellschaftlichen Gruppen und Individuen. Diese Politisierung ist nicht Bestandteil des medizinischen Problems, d.h. einer Infektion, die sich zu einer Pandemie ausgeweitet hat. Aber es wird politisch genutzt für die jeweils eigenen Interessen. Spätestens, wenn Medikamente gegen das Virus zur Verfügung stehen, wird sich die Frage nach der weiteren Existenz der Grundrechte-Bewegung stellen. Was wird von ihr bleiben? Kann ein Ziel ausgegeben werden, das über den Protest gegen die aktuellen Einschränkungen hinausgeht und dessen Verwirklichung von einem großen Teil der Bevölkerung als gesellschaftlich sinnvoll und vor allem notwendig angesehen wird?
Ähnlich wie Fridays for Future(FfF) gründet sich diese Bewegung nicht auf politischem Bewusstsein sondern auf moralischer Empörung. Beider Stärke beruht nicht auf eigener Kraft sondern auf der Schwäche der Führungskräfte der bürgerlichen Gesellschaft. Diese sind Opfer der eigenen Orientierungslosigkeit und Argumentationsschwäche. Ihre Ideale sind hohl, ihre Argumente kraftlos geworden durch eine Werteorientierung, die sich nicht mehr auf Werte stützt, sondern diese nur noch im Munde führt(18).
Es bleibt zu hoffen, dass am Ende mehr bleibt als zerrüttete oder gar zerbrochene Freundschaften, die das politisierte Kohlendioxid und das ebenso politisierte Virus bisher schon hinterlassen haben. Beide werden nicht verschwinden aus der Welt. Vielleicht wird es Mittel gegen beide geben, die ihre Wirkung mildern. Aber verschwinden werden sie nicht.
Ob die Bewegungen, die die beiden zu ihrem Thema gemacht haben, länger überleben als ihre Auslöser, ist zu bezweifeln. FfF hat kaum noch gesellschaftliche Strahlkraft. Aber die Menschen, die sich wegen FfF und Corona zerstritten haben, werden es schwer haben, wieder zueinander zu finden. Vielleicht gehen sie sich über längere Zeit aus dem Weg wegen einer Auseinandersetzung, deren Anlass schon lange vorbei ist. War es das wert?
Die Zerstörung gesellschaftlicher Diskussionsgrundlagen und Meinungstoleranz kann nicht der Sinn politischer Auseinandersetzungen sein. Bei aller Unterschiedlichkeit der Ansichten ist gesellschaftlicher Fortschritt nur möglich, wenn diese Unterschiede auch gesehen werden als verschiedene Ansichten der Wirklichkeit statt als Schützengräben zwischen den Heerlagern verfeindeter Rechtgläubiger.
„Wo ist die Debatte? Wer baut noch Brücken?“(19) Diese Frage muss nicht nur an die Leitmedien gestellt werden, sondern auch an diejenigen, die diese in Bausch und Bogen ablehnen. Wer Debatte will, kann nicht vom eigenen Standpunkt aus als dem allein richtigen und einzig gültigen diskutieren. Erkenntnis muss das Ziel von Meinungsaustausch sein nicht Rechthaberei.    

(1) siehe dazu Rüdiger Rauls: Die-Sanktionierten-schlagen-zurueck
(2) siehe dazu Rüdiger Rauls: Chinesische Zustände
(3) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(4) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8.2.2020: Politisches Virus
(5) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(6) Spahn-sieht-Deutschland-gut-gewappnet
(7) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(8) siehe dazu Rüdiger Rauls: Vorteil China
(9) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3.3.2020: Das Virus im föderalen Rechtsstaat (10) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4.2.2020: Kampf gegen das Coronavirus (11) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.3.2020: Propaganda
(12) ebenda
(13) ebenda
(14) siehe dazu Rüdiger Rauls: keine Feigheit vor dem Virus
(15) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 18.8.2020: Japans Leben mit dem Virus
(16) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19.8.2020: Poolparty in Wuhan
(17) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.8.2020: Chinas starke Börse
(18)siehe dazu: Rüdiger Rauls: die Werteelite (19) offener-brief-an-die-leitmedien-von-paul-schreyer/    

(26.11.20)



Ein Artikel von Rüdiger Rauls vom 25.11.20:

Es geht in diesem Artikel um die weltweite Coronakrise und den Umgang der deutschen Linken mit derselben. Ein Umgang,  den R. Rauls hier argumentativ umsichtig kritisiert.

(Der Artikel gibt die Meinung des Autors wieder und nicht (ausschliesslich) die des Herausgebers.)

Corona und die Linke

Nach der Sommerpause trifft die zweite Welle der Pandemie die westlichen Gesellschaften weitgehend unvorbereitet. Im Streit der Zuständigkeiten und Interessen war wertvolle Zeit verplempert worden. Dennoch sind die Zustimmungswerte der Regierenden nicht gefährdet. Linke Kritik, wenn überhaupt vorhanden, bleibt weitgehend wirkungslos. Widersprüchliche Linke Nach der Flüchtlingskrise (1), dem Dieselskandal und der Klimabewegung Fridays for Future (FfF) ist die aktuelle Corona-Krise die letzte gesellschaftliche Auseinandersetzung, in der die Linke als Bewegung und auch als Partei kaum politischen Akzente setzen kann. Durch ihre unklare und nicht an den Interessen der kleinen Leute orientierte Haltung verliert sie zunehmend an gesellschaftlicher Bedeutung. Sie läuft Bewegungen hinterher, die nicht das natürliche Milieu derer sind, die Linke zu vertreten glaubt, vertreten sollte und traditionell vertreten hat: die proletarisch geprägten Gruppen der Bevölkerung.

Nicht nur dass sie zu diesen immer mehr den Kontakt verliert, die Linke  - was immer das auch sein mag - zerfällt auch in sich selbst. Aus der politischen Ursuppe, die sich als Linke bezeichnet, kristallisieren sich immer deutlicher zwei unterschiedliche Strömungen heraus: eine idealistisch-moralisierende und eine materialistisch-analytische. Der gesellschaftliche Bedeutungsverlust trifft besonders die letztere.

Wie die Parteien, die seit Jahrzehnten die deutschen Regierungen stellen, hat auch die Linke ihren Einfluss auf die Deutung gesellschaftlicher und politischer Vorgänge an Kräfte verloren, die durch Emotionalisierung weite gesellschaftliche Gruppen an sich binden können wie die Grünen und die AFD. Aber auch sogenannte Verschwörungstheoretiker gewinnen immer mehr an Einfluss. Was bei FfF sich schon angedeutet hatte, nimmt zu bei den Querdenkern: die Grenzen zwischen Rechts und Links verschwimmen. Weltanschauung wird bestimmt durch persönliche Befindlichkeit, nicht durch das Anschauen der Welt, das Wahrnehmen der Wirklichkeit.

Die politische Ratlosigkeit und Widersprüchlichkeit der Linken wird besonders deutlich an der Kritik gegenüber den deutschen Corona-Maßnahmen, denen alles Mögliche unterstellt wird, nur nicht das ernsthafte Interesse an der Gesundheit der Bevölkerung. So bezweifelt beispielsweise der sich links gebende Wirtschaftsjournalist Ernst Wolf, dass „den Politikern die Gesundheit von uns allen plötzlich so wichtig [ist], dass sie ihr alles andere unterordnen.“(2) Daraus spricht eine Menschenfeindlichkeit, die nicht als eigene wahrgenommen, sondern anderen angelastet wird.

Solche sich antikapitalistisch gebende Kritik ist besonders unter Linken weit verbreitet. Sie ignoriert aber weitgehend die Pandemie als eine weltweite Erscheinung, gegen die nicht nur die  deutsche Regierung vorgeht. Diese national beschränkte Sicht übersieht, dass weltweit die Regierungen bemüht sind, das Infektionsgeschehen einzudämmen. Sie ignoriert, dass die Zahlen dort dramatischer sind, wo Regierungen wie die amerikanische und brasilianische das Infektionsgeschehen verharmlosen wie sie selbst.  

Augen zu  
Viele sich als links verstehende Kritiker stellen sich zudem nicht dem Widerspruch, dass Regierungen wie die russische oder kubanische, denen die meisten Linken eher wohlwollend gegenüberstehen, ähnliche Maßnahmen ergreifen, für die sie die deutsche verurteilen. Noch größer aber wird der Widerspruch, wenn man das deutsche mit dem wesentlich schärferen Vorgehen der chinesischen Regierung vergleicht.
Diese Widersprüche wollen viele Linke nicht wahr haben oder versuchen, sich ihnen mit nichtssagenden Floskeln über sogenannten unterschiedliche Bedingungen zu entziehen. Diese aber müssen benannt und auch in ihrer Bedeutung für die unterschiedliche Beurteilung erklärt werden, sonst büßt man an Glaubwürdigkeit und Seriosität ein. Darüber hinaus schwächt man die eigene Argumentationskraft, indem diese Diskussion nicht angenommen wird. Solche Auseinandersetzungen müssen geführt werden, um voran zu kommen im Erkenntnisprozess. Eine Linke ohne Erkenntnis über die Triebkräfte gesellschaftlicher Entwicklungen ist nicht in der Lage, zu überzeugen und Einfluss zu nehmen auf das gesellschaftliche Denken.

Allein mit pauschaler Verurteilung irgendwelcher nicht näher definierten Eliten macht man vielleicht Punkte bei moralisch Empörten. Aber deren Zustimmung ist nicht solide, weil emotional getrieben, und von daher leicht manipulierbar. Empörung kann Bewusstsein nicht nachhaltig ersetzen.  

Erfolgreiches China  
Wenn auch westliche Meinungsmacher in der Regel kein gutes Haar an China lassen, liefern sie dennoch auch immer wieder Berichte, die dem Medienkonsumenten den Unterschied deutlich machen  in der Seuchenbekämpfung dort und im Westen. Während in der Welt außerhalb der Volksrepublik täglich neue Höchstwerte erreicht werden, verzeichnet China selbst seit Wochen schon keine oder nur eine geringe Zahl von Neuinfektionen. Dann aber wird konsequent gehandelt. Als Mitte Oktober in der Millionenstadt Quingdao Corona-Fälle bekannt wurden, hatte man „innerhalb von vier Tagen einen Massentest bei zehn Millionen Menschen durchgeführt. … Getestet wurden auch Menschen aus anderen Städten, die in den letzten Tagen aus Qingdao zurückgekehrt waren.“(3) Ähnlich schnell wurde auch in der Uigurenstadt Kashgar gehandelt, wo innerhalb weniger Tage über fünf Millionen Einwohner getestet wurden.

Die Chinesen handeln schnell und effektiv. „Um die Labore zu entlasten, wurden jeweils zehn Tests zu einem zusammengefasst. Jedem Wohnviertel wurde ein Stadion zugeteilt, in dem die Tests durchgeführt wurden. Das Personal … wurde von verschiedenen Behörden, Staatsunternehmen und unter Studenten rekrutiert. Und Nachbarschaftskomitees … informierten die mobilen Testteams, wo alte Leute wohnen, die nicht ins Stadion gehen konnten“(4). So konnten Infizierte schnell erkannt und behandelt, somit die weitere Ausbreitung der Epidemie wirksam bekämpft werden. Dagegen verzeichnen die USA „inzwischen mehr als 83.000 Neuinfektionen pro Tag … und etwa 225.000 Todesfälle in Verbindung mit dem Corona-Virus, mehr als jedes andere Land der Welt“ (5). Diese Zahlen haben sich seitdem innerhalb weniger Tage bereits verdoppelt. Obwohl die Infektionswerte in Deutschland gegenüber denen der USA und anderen westlichen Ländern noch gering erscheinen, wirkt die Bekämpfung hierzulande dennoch stümperhaft im Vergleich mit dem chinesischen Vorgehen und dessen Erfolgen.  

Täuschende Zahlen  
Aber die deutschen Werte verfälschen das Bild des Geschehens. Im Verhältnis zu anderen Staaten sind die Infiziertenzahlen niedrig, aber niedrig sind auch die Anzahl der Tests, wenn diese auch ausgedehnt wurden von 400.000 pro Woche vom März bis Juni 2020 auf 1,2 Millionen seit Ende August. Dadurch sind natürlich auch die Fallzahlen angestiegen, was als ein Fortschritt angesehen werden könnte im Aufspüren von Infizierten. Das ist aber so lange ohne Bedeutung, wie die Infektionsketten nicht zurückverfolgt werden können.

Da gerade hapert es im Verhältnis zu China. Die deutsche Corona-App, für die zig Millionen ausgegeben worden waren, erweist sich als weitgehend wirkungslos. Sie findet nicht ausreichende  Akzeptanz in der Bevölkerung, um wirksam zu sein. Zudem ist sie nur eingeschränkt einsetzbar und überlässt es allein den Infizierten, ob sie ihren Krankheitsstatus trotz gewährleisteter Anonymität überhaupt an die App weitergeben. Über die europäischen Grenzen hinweg hat sie so gut wie keinen Nutzen, sodass Infizierte unbemerkt zwischen den europäischen Ländern die Infektion verbreiten können. Da aber „jeder Neuinfizierte weitere Ansteckungen verursachen kann, steigen die Zahlen immer schneller, solange die Ausbreitung nicht effektiv durch umfangreiche Testung und Kontaktverfolgung eingedämmt werden“ kann (6). Offensichtlich ist man sich also des Zusammenhangs bewusst, der zwischen Testen und schneller Rückverfolgung der Kontakte einerseits und der Ausbreitung der Pandemie andererseits besteht.  

Massentest statt Lockdown  
Schon im Mai 2020 hatte Luxemburg seine Teststrategie geändert. „Mehr Tests sind eine Strategie, um das Virus auf andere Art zu kontrollieren“, stellte Luxemburgs Forschungsminister Claude Mersch fest, „so wolle man versuchen, die Infizierten im größeren Maßstab gezielt herauszufiltern und der gesunden Mehrheit … ihre Freiheit zurückzugeben.“(7). Denn „etwa die Hälfte der positiv  Getesteten zeigte zum Zeitpunkt des Abstrichs keine Symptome.(8) Statt aber aus den luxemburgischen und chinesischen Erfahrungen zu lernen, wurden die Testvorgänge nicht ausgeweitet, obwohl in den deutschen Laboren die Testkapazitäten vorhanden waren. Sie waren auch im Mai bereits in der Lage „jede Woche knapp 900.000 Tests auszuwerten“(9). Damals wie heute verfolgt Deutschland die Strategie, nicht wahllos zu testen. „Es müsse vielmehr darum gehen, die verfügbaren Tests sinnvoll einzusetzen“(10).  Da also liegt der Hund begraben. Man verfügt nicht über ausreichende Testkapazitäten: Entweder hat man sich nicht rechtzeitig um genügend Tests gekümmert oder aber am falschen Ort sparen wollen auf Kosten der Gesundheit der Bevölkerung.

Jetzt liegt das Kind im Brunnen, und die Kette der Infektions- und Kontaktverfolgung reißt gerade  bei den unerkannt Infizierten ab. Dennoch hält man fest an dem Vorgehen, dass nur „Personen mit Krankheitsanzeichen einen Test machen sollen. Ebenso jene, die direkten Kontakt zu einem Infizierten hatten“(11). Die symptomfrei Infizierten bleiben dabei unerkannt. Dieses Vorgehen jedoch befördert gerade die Pandemie, weil letztere damit unerkannt und unbewusst das Virus weiter verbreiten. Beschleunigt wird die Epidemie dadurch, dass es immer länger dauert, bis die Testergebnisse vorliegen. In der Zwischenzeit haben sich vielleicht Menschen mit später negativen Testergebnissen angesteckt, die aber dann in trügerischer Sicherheit die Infektion weitergeben. Andererseits haben aufgrund der Verzögerungen die unerkannt Positiven noch mehr Zeit, das Virus unwissentlich zu verbreiten.

Inzwischen haben nach China nun auch andere europäische Staaten erkannt, dass das Herumgewerkele die Infektionszahlen nicht senkt. Die Slowakei, Tschechien und neuerdings auch Österreicht setzen auf Massentest, weil eine Rückverfolgung des Infektionsgeschehens aussichtslos geworden ist, nicht zuletzt aus Mangel an Personal. Auch in den deutschen Gesundheitsämtern scheint man das Handtuch geworfen zu haben. Jedenfalls wird die Rückverfolgung kaum noch erwähnt. Stattdessen werden weitere Kontaktbeschränkungen verordnet, ohne aber eine Vorstellung über die Infektionswege und damit über den Sinn dieses Vorgehens zu haben. Denn in Frankreich mit seinen europaweit schärfsten Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen gehen die Infektionszahlen kaum zurück.  

Notbehelf als Strategie  
Der weiteren Ausdehnung der Tests stehen jedoch nicht strategische Überlegungen im Wege sondern schlichtweg ein Mangel an Personal, Material und Laboren. Diesen Mangel redet man als Strategie schön. Schuld an der unzureichenden Ausstattung ist danach nicht staatliches Versagen sondern „die massiv gestiegene Zahl von Kontaktuntersuchungen an symptomfreien Menschen“ (12). Offensichtlich hat man aus den Versäumnissen zu Beginn der Epidemie und aus den chinesischen Erfahrungen nichts gelernt.

War Bundesgesundheitsminister Jens Spahn noch Ende Januar fest von der Harmlosigkeit des Virus und der Überlegenheit des eigenen westlichen Systems gegenüber dem chinesischen überzeugt, so stellte man sehr bald die Mängel in der eigenen Strategie fest. Es fehlte an Masken zum Schutz der Bevölkerung und sonstigen medizinischen Hilfsmitteln.

Um dieses Versäumnis zu vertuschen, wurden lange Zeit von den Verantwortlichen Masken als nicht hilfreich, gar schädlich dargestellt. Heute jedoch werden diejenigen belangt, die keine Maske tragen. Angesichts solcher Widersprüche wundert es nicht, dass viele Menschen der Regierung und ihren Maßnahmen misstrauen. Hinzu kommt, dass die dünne Personaldecke in den Gesundheitsämtern wie in der öffentlichen Verwaltung insgesamt  eine Rückverfolgung der Kontakte nur noch zu etwa einem Drittel erfolgreich macht. Das Bundesgesundheitsministerium, verantwortlich für die Mängel, gibt sich selbst dabei unschuldig, denn „das Robert-Koch-Institut erfahre in weniger als 30% der Infektionen den Ursprung der Ansteckung“(13).

Es stellt sich zudem die Frage, ob die Intensivierung der Tests politisch überhaupt gewollt ist. Immer wieder kommt es zu Streitigkeiten zwischen Bund und Krankenkassen, wer die Kosten solcher Maßnahmen tragen soll. Zudem würde mit der Zunahme der Tests auch in Deutschland die Zahl der Infizierten noch stärker ansteigen. Vielleicht würde man dann hierzulande anhand dieser Zahlen bald nicht mehr so viel besser dastehen als die anderen europäischen Staaten, von denen man sich mit einer gewissen Selbstzufriedenheit immer noch abzuheben versucht. So richtig und wichtig die Reduzierung der Sozialkontakte angesichts der besonderen Umstände sein mag, so falsch ist es, im wesentlichen das Freizeitverhalten der Bürger dafür verantwortlich zu machen. Die meisten Verstöße gegen das Abstandsgebot entstehen nicht bei Feiern im privaten Bereich, schon gar nicht wenn diese Veranstaltungen im Freien stattfinden. Viel bedeutsamer für die Ausbreitung des Virus dürften die Lebensumstände und Wohnverhältnisse der meisten Menschen sein. Denn in geschlossenen Räumen feiert das Virus Urständ. Darüber aber werden kaum Erhebungen und Studien angestellt. Zahlen und Erkenntnisse bezüglich der Verantwortung der Wohnverhältnisse für die Ausbreitung von Corona sind ungenügend. Und schon gar scheinen die Regierungen dieses Thema öffentlich nicht diskutieren zu wollen.  

Infektionsrisiko Armut  
Aber immer wieder muss gerade über die Arbeitsverhältnisse besonders in der Fleischindustrie als Auslöser großen Infektionsgeschehens berichtet werden. So sind auch immer wieder die Unterkünfte von zusammengepferchten osteuropäischen Arbeitern in den deutschen Schlachtereien Ausgangspunkt von Virusausbrüchen. Das gleiche gilt für Flüchtlingsunterkünfte, wo viele Menschen auf engstem Raum über lange Zeit sich zusammen aufhalten müssen. Hier wirkt die Infektion eines einzelnen wie der Angriff einer Biowaffe.

Nicht viel besser aber sind auch die Wohnverhältnisse vieler Bürger in den Vorstädten der europäischen Metropolen und den Sozialbausiedlungen der industriellen Ballungsgebiete. Bekannt sind die Vorfälle in Göttingen und Berlin-Neukölln, wo ganze Wohnblocks abgeriegelt wurden wegen der hohen Infektionswerte. Bisher wurden solche Ereignisse in Deutschland nur vereinzelt öffentlich. Aber einen Ausblick auf eine mögliche weitere Entwicklung gerade unter Berücksichtigung der Wohnverhältnisse bietet ein Blick über die Grenzen nach Spanien und Portugal.

In Madrid wurden Ausgangsbeschränkungen über die Wohnviertel von fast einer Million Menschen verhängt. „Es trifft vor allem die ärmeren Viertel im Süden von Madrid, in denen überwiegend Arbeiter und Einwanderer wohnen. … Viele Familien leben in beengten und teils prekären Verhältnissen – ein … Grund für die höhere Anzahl von Infektionen“(14). Dagegen dürfen sich die Reichen in den wohlhabenden Vierteln Madrids weiterhin frei bewegen. Denn dort sind die Wohnverhältnisse besser und die Fallzahlen wesentlich niedriger. Aber Madrid ist kein Einzelfall; „in Arbeitervierteln um die portugiesische Hauptstadt Lissabon bekommt man eine ähnliche Lage schon seit Juni kaum in den Griff“(15).

Welchen Einfluss die Wohnverhältnisse indirekt auf das Infektionsgeschehen anderer gesellschaftlicher Gruppen und der Gesellschaft insgesamt hat, zeigt auch wieder das Beispiel Madrid. Viele aus den abgeriegelten Vorstädten benutzen die öffentlichen Verkehrsmittel auf ihrem Arbeitsweg ins Zentrum. „Dort verdienen sie als Krankenschwestern, Altenpfleger, Bauarbeiter ihr Geld“(16). Das Virus bleibt also nicht bei den Armen.

Das sind aber nicht die Lebensverhältnisse der meisten Querdenker und der Kids von Fridays for Future. Unter diesen Bedingungen lebt die gesellschaftliche Mehrheit, die sich in den öffentlichen Diskussionen nicht mehr bemerkbar macht. Nicht dass sie zu dumm dazu wären, aber die Themen, mit denen sich das intellektuelle Milieu des Mainstream wie auch des alternativen Mainstream beschäftigt, sind nicht ihre Themen.  

Falsche Kritik  
Das aber sind die Kritikpunkte, die eine klassenbewusste Linke aufgreifen müsste, wenn sie sich der sogenannten einfachen Bevölkerung verpflichtet fühlt und den Kontakt zu ihr halten bzw. wiederherstellen will. Statt jedoch diese Verhältnisse zu benennen und die Versäumnisse der deutschen Regierung offenzulegen, ergeht sich die Linke, besonders die idealistisch-moralisierende, in der Verurteilung gerade solcher Maßnahmen, die im  Sinne der Epidemie-Bekämpfung hilfreich sind: Abstandsgebot, Maskenpflicht und Reduzierung der sozialen Kontakte.

Wenn auch die Mehrheit der deutschen Gesellschaft nicht begeistert ist von solchen Maßnahmen, so sieht sie dennoch diese Einschränkungen als sinnvollen Beitrag zur Lösung des Problems an und trägt sie deshalb mit. Dieser Mehrheit ist das idealistisch-moralische Denken solcher Bewegungen wie der Querdenker fremd, die – wie schon der Name sagt – eher intellektuell geprägt sind. Diese Bewegungen scheinen auch nicht den Anspruch zu haben, Verbündete der sogenannten kleinen oder einfachen Leute zu sein. Sie verstehen sich vielmehr als eine alternative Gemeinschaft von Gebildeten und Eingeweihten, die die geheimen Vorgänge und Absichten der Mächtigen und Eliten hinter den Kulissen zu durchschauen glauben. Die Lebensverhältnisse der gesellschaftlichen Mehrheit scheint ihnen fremd zu sein. Für sie steht die Verteidigung der eigenen individuellen Freiheiten und Persönlichkeitsrechte im Vordergrund.

Das ist nicht zu verurteilen, steht es doch jeder gesellschaftlichen Gruppe zu, ihre eigenen Interessen zu verfolgen und sich für deren Durchsetzung stark zu machen. Gefährlich wird es, wenn man als Minderheit für die eigenen Interessen höhere Rechte beansprucht und beispielsweise das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit über das Recht auf Gesundheit, körperliche Unversehrtheit und Leben stellt. Diese Gefahr besteht sowohl bei FfF als auch bei den Querdenkern. Aber selbst wer die Pandemie und das Virus nicht wahrhaben will, ist vor beiden nicht sicher. Wie es der Erde egal war, ob die Menschen sie für eine Scheibe oder Kugel hielten, so  ist es auch dem Virus egal, ob die Menschen es für eine Realität halten oder nicht. Es befällt auch die Zweifler, denn die Realität setzt sich durch. 

(1)  siehe dazu Rüdiger Rauls: Rüdiger Rauls: Die-Sanktionierten-schlagen-zurueck (2) siehe dazu Rüdiger Rauls: Chinesische Zustände (3) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft (4) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8.2.2020: Politisches Virus (5) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft (6) Spahn-sieht-Deutschland-gut-gewappnet (7) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft (8) siehe dazu Rüdiger Rauls: Vorteil China (9) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3.3.2020: Das Virus im föderalen Rechtsstaat (10) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4.2.2020: Kampf gegen das Coronavirus (11) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.3.2020: Propaganda (12) ebenda (13) ebenda (14) siehe dazu Rüdiger Rauls: keine Feigheit vor dem Virus (15) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 18.8.2020: Japans Leben mit dem Virus (16) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19.8.2020: Poolparty in Wuhan (17) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.8.2020: Chinas starke Börse (18)siehe dazu: Rüdiger Rauls: die Werteelite (19) offener-brief-an-die-leitmedien-von-paul-schreyer/     Rüdiger Rauls Buchveröffentlichungen: Krieg um Syrien Buchbeschreibung Wie funktioniert Geld? Buchbeschreibung Kolonie Konzern Krieg - Stationen kapitalistischer Entwicklung Buchbeschreibung Zukunft Sozialismus oder die Grenzen des Kapitalismus Buchbeschreibung Die Entwicklung der frühen Gesellschaften-Die Geschichte Afghanistans Buchbeschreibung Was braucht mein Kind? Buchbeschreibung Späte Wahrheit (Prosa) Buchbeschreibung   Herausgeber von: Imre Szabo: Die Hintermänner ( ein politischer Krimi) Buchbeschreibung Imre Szabo: Die Unsichtbaren ( ein politischer Krimi) BuchbeschreibungRüdiger Rauls: Die-Sanktionierten-schlagen-zurueck (2) siehe dazu Rüdiger Rauls: Chinesische Zustände (3) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft (4) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8.2.2020: Politisches Virus (5) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft (6) Spahn-sieht-Deutschland-gut-gewappnet (7) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft (8) siehe dazu Rüdiger Rauls: Vorteil China (9) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3.3.2020: Das Virus im föderalen Rechtsstaat (10) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4.2.2020: Kampf gegen das Coronavirus (11) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.3.2020: Propaganda (12) ebenda (13) ebenda (14) siehe dazu Rüdiger Rauls: keine Feigheit vor dem Virus (15) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 18.8.2020: Japans Leben mit dem Virus (16) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19.8.2020: Poolparty in Wuhan (17) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.8.2020: Chinas starke Börse (18)siehe dazu: Rüdiger Rauls: die Werteelite (19) offener-brief-an-die-leitmedien-von-paul-schreyer/     Rüdiger Rauls Buchveröffentlichungen: Krieg um Syrien Buchbeschreibung Wie funktioniert Geld? Buchbeschreibung Kolonie Konzern Krieg - Stationen kapitalistischer Entwicklung Buchbeschreibung Zukunft Sozialismus oder die Grenzen des Kapitalismus Buchbeschreibung Die Entwicklung der frühen Gesellschaften-Die Geschichte Afghanistans Buchbeschreibung Was braucht mein Kind? Buchbeschreibung Späte Wahrheit (Prosa) Buchbeschreibung   Herausgeber von: Imre Szabo: Die Hintermänner ( ein politischer Krimi) Buchbeschreibung Imre Szabo: Die Unsichtbaren ( ein politischer Krimi) BuchbeschreibungMigration-und-internationalismus
(2) dringend-gebraucht-ein-weiterer-lockdown)
(3) Ärzteblatt vom 15.10.2020: Qingdao: Zehn Millionen Tests, bisher 13 Treffer
(4) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27.10.20: Im Zweifel lieber alle fünf Millionen Einwohner testen
(5) FAZ vom 26.10.2020: Höchststände bei Neuinfektionen
(6) FAZ vom 23.10.2020: Was die aktuellen Zahlen über das Infektionsgeschehen sagen
(7) FAZ vom 2.5.2020: Deutsche Labore könnten doppelt so viele Menschen testen (8) FAZ vom 2.5.2020: Deutsche Labore könnten doppelt so viele Menschen testen (9) FAZ vom 2.5.2020: Deutsche Labore könnten doppelt so viele Menschen testen (10) FAZ vom 2.5.2020: Deutsche Labore könnten doppelt so viele Menschen testen (11) FAZ vom 31.10.2020: Ausgelastet
(12) FAZ vom 31.10.2020: Ausgelastet
(13) FAZ vom 19.10.2020: Der unsichere Patient
(14) FAZ vom 21.9.2020: Lockdown für Arme
(15) FAZ vom 21.9.2020: Lockdown für Arme
(16) FAZ vom 21.9.2020: Lockdown für Arme                

(25.11.20)


Ein Artikel von Rüdigen Rauls vom 14.10.2020:

Der Revolverheld Donald T.-Rex-Trump:
Vor den heutigen, vorläufigen (!) Ergebnissen bei den us-amerikanischen Präsidentschaftswahlen, erscheint die Analye von R. Rauls in einem durchaus anderen Licht, wenn man bedenkt, dass Donald Trump die noch laufenden (!) Auszählungen in einigen Bundesstaaten per Gerichtsentscheid stoppen lassen will (sic!), um seinen eigenen, angeblichen Vorsprung über den Wahl-Tag zu retten.

Ein unsäglicher Tatbestand, der bisher nur aus den sog. "Schurkenstaaten" bekannt gewesen ist, die durchgängig von Diktatoren und Oligarchen (jenseits aller Demokratie) "regiert" werden. Das ist völlig inakzeptabel! -

(Derzeitiger Zwischenstand: 220 : 213 Wahlmänner für J. Biden).

Um so interessanter ist die Analyse von Rüdiger Rauls auch in Bezug auf die Rolle der massiven Vorhersagen von Demoskopen, die von allen öffentlichen, westlichen Medien Land auf, Land ab bis heute völlig unkritisch kolportiert wurden. Hier stellt sich der sog. "Wertewesten" selbst ein Beinchen!
 
Der nachfolgende Text gibt allein die Meinung des Autors wieder und nicht (ausschließlich) die des Herausgebers.


14.10.2020:
Wahlbetrug mit Ansage  

Am 6. Dezember dieses Jahre wird in Venezuela ein neues Parlament gewählt. Das Ergebnis dieser Wahl steht für den Wertewesten bereits fest.   Wunschdenken und Wirklichkeit   Der Versuch von Juan Guaidó, mit westlicher Unterstützung eine Farbenrevolution in Venezuela anzuzetteln, war 2019 gescheitert. Seinen großen Worten und Ankündigungen folgte eine Niederlage nach der anderen. Er scheiterte an  einem Denken, das von westlichen Idealen bestimmt war, und an der Unfähigkeit zu realistischer Einschätzung der gesellschaftlichen und politischen Kräfteverhältnisse in Venezuela selbst.

An der Unterstützung aus dem Wertewesten hatte es nicht gelegen, dass er nicht zum Erfolg kam. Dort hätte man gerne noch mehr für Guaidó getan, wäre er selbst in der Lage gewesen, in Venezuela die Bedingungen für einen Umsturz zu schaffen. Wie weltfremd sein Denken war, zeigte sich am deutlichsten an seinen Versuchen, das Militär zu einem Putsch gegen Maduro zu bewegen.(1) Guaidós Lageeinschätzungen waren schönfärberisch und theoriegetrieben, seine Planungen stümperhaft. Seine Anfangserfolge bei der Mobilisierung der Massen in Caracas erweckten ein trügerisches Bild von Stärke. Diesem Trugbild fielen er selbst, aber auch seine westlichen Unterstützer zum Opfer. Beide glaubten, dass es nach dem Muster der bisher stattgefundenen Farbenrevolutionen ausreichte, einige Zehntausend auf die Straßen zu bringen, um eine System zu stürzen.

Die Opferbereitschaft seiner weitgehend wohlhabenden Anhängerschaft war aber nicht so groß, dass sie den bewaffneten Volksaufstand zugunsten der eigenen Privilegien eintauschen wollten. Es zeigte sich wieder einmal, dass die luftigen Wunschvorstellungen und intellektuellen Allmachtsphantasien eines Uni-Absolventen etwas anderes sind als das Gewicht der Wirklichkeit. Das wurde an der Grenzbrücke zu Kolumbien überdeutlich, wohin Guaidó die Massen beordert hatte, die ihm noch in Caracas zugejubelt hatten. Sie sollten Hilfscontainer aus den USA ins Land bringen zur Unterstützung der Armen Venezuelas, ein Trojanisches Pferd des Wertewestens, der Venezuela durch seine Sanktionen erst in diese Lage gebracht hatte. Das sollte der Auftakt sein zum Sturz Maduros. Aber die Massen kamen nicht. Sie blieben lieber in Caracas, anstatt ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Als ihm die Mobilisierung der Bevölkerung nicht gelungen war, glaubte Guaidó allen Ernstes, dass das Militär ihm in seiner Verzweiflung nun aus der Patsche helfen würde. Wenn auch sicherlich Teile der Armee sich unter anderen Umständen zu einem Umsturz hätte bewegen lassen, so waren sie doch realistisch genug zu erkennen, dass Guaidó ein Blender war. Militärs können sich kein Wunschdenken erlauben. Sie beurteilen die Lage nach Kräfteverhältnissen und realen Gegebenheiten. Das Militär folgte seinen Aufrufen zum Umsturz nicht. 

Tretmine Guaidó  
Der Busfahrer Maduro, womit die Medien des Wertewestens die Kompetenz des venezolanischen Regierungschefs hatten in Frage stellen wollen, siegte über den Uni-Absolventen Guaidó. Dieser versank in der Folgezeit immer mehr in der Bedeutungslosigkeit. Besonders in Europa hatte man erkannt, dass man auf einen lahmen Gaul gesetzt hatte. Man hatte dann doch notgedrungen feststellen müssen, dass die wahre Macht in Venezuela bei Maduro lag. (2) Für die USA kam ein Zurückweichen vor Maduro nicht in Frage. So erklärte der US-Außenminister Mike Pompeo im Januar 2020 bei einem Treffen mit seinem britischen Amtskollegen Dominic Raab im kolumbischen Bogotá: „Die Vereinigten Staaten würden weiter daran arbeiten, Maduro aus dem Amt zu drängen“(3).
Für die USA hat Venezuela eine andere Bedeutung als für die Europäer. Es liegt vor der eigenen Haustür und in einer Weltregion, die man seit jeher als den eigenen Hinterhof ansah, in dem Washington die Ordnung bestimmt. Die USA hielten an Guaidó fest nicht zuletzt auch mangels Alternativen zu ihrem gehätschelten Musterschüler.
Aber Guaidó wird zunehmend zu einer Belastung. Im Mai 2020 wurde seine Verstrickung in einen stümperhaft geplanten Putschversuch offenbar, der von einigen Hundert gedungenen Söldnern durchgeführt werden sollte und von Washington unterstützt worden war. Wenn auch Washington die eigene Beteiligung bestritt ebenso wie Guaidó selbst,  so können „Spuren bis in das Appartment von Guaidós Berater in Florida zurückverfolgt werden“(4).
Die USA sahen sich gezwungen, öffentlich zu den Verschwörern und Guaidó auf Distanz zu gehen. Die Opposition in Venezuela „ihrerseits ist durch die Kommandoaktion in Erklärungsnot geraten“(5). Ihr Ansehen und das Guaidós dürfte sicherlich darunter gelitten haben, wenn diese sich  mit den ausländischen Kräften verbünden, die durch ihre Sanktionen und ihren Wirtschaftskrieg für das Leid in Venezuela wesentlich mit verantwortlich sind.
Aber auch die Spannungen innerhalb der Opposition sind dadurch gewachsen, was ihre Aussichten auf politische Erfolge weiter schmälert. Vielleicht ist darin der Grund zu sehen, weshalb Guaidó trotz all seiner Gesetzesverstöße, Hochverratsdelikte und Umsturzversuche noch immer auf freiem Fuß ist. „Das politische Risiko einer Festnahme Guaidós ist für Maduro dadurch geringer geworden“(6). Aber der einfache Busfahrer Maduro erweist sich als der klügere Stratege. Denn niemand schadet der Opposition im Lande gerade mehr als Guaidó selbst.   

Bedeutungsverlust  
In der Folge versuchten besonders die Europäer, Guaidó auf Distanz zu halten, um einen Dialog zwischen Maduro und der venezolanischen Opposition in Gang zu bringen. Anscheinend hat man erkannt, dass der frühere Held des Wertewestens ungeeignet ist, einen Wandel in Venezuela herbeizuführen. „Keines seiner Versprechen konnte Guaidó einlösen, alle Hoffnungen wurden enttäuscht. Guaidó hat nicht die Macht, um Venezuela zu verändern“(7).
Wie schnell sein Stern in Venezuela selbst verblasst war, zeigte die Auseinandersetzung um die Präsidentschaft in der Nationalversammlung im Januar 2020, die vom Wertewesten zu einem „weiteren Schlachtfeld des Machtkampfes zwischen dem Maduro-Regime und der Opposition“(8) erklärt worden war. „Die Hoffnung der Opposition, der Überfall auf die letzte demokratische Institution würde die Bevölkerung wieder mobilisieren, hatte sich nicht erfüllt. Einem Aufruf Guaidós folgten am Wochenende nur einige Hundert Venezolaner“(9).
Zu seinem persönlichen Bedeutungsverlust in Venezuela selbst kam im internationalen Rahmen seine Unfähigkeit hinzu, seine persönlichen Interessen den politischen unterzuordnen. So torpedierte er die europäischen Pläne, „den im vergangenen Jahr [2019] angestoßenen Dialog zwischen der Regierung und der Opposition fortzusetzen. [...] Guaidó will derzeit nichts davon wissen“(10).
Wie sehr der Messias des Wertewestens, der Venezuela die Freiheit hatte bringen wollen, den Blick für die Wirklichkeit verloren hat, zeigte die Auseinandersetzung um das in der  Bank of England gelagerte venezolanische Gold. Das Volk von Venezuela leidet neben den westlichen Sanktionen unter der Corona-Epidemie. „Medikamente sind meist nur noch auf dem überteuerten Schwarzmarkt zu kaufen(11).
„Um die Notmaßnahmen gegen die Epidemie zu finanzieren und Medizin und Lebensmittel einzukaufen“(12), wollte die Zentralbank von Venezuela eigenes Gold im Wert von 1 Milliarde Dollar verkaufen. Der britische High Court hat die Herausgabe des Goldes verweigert. Für ihn ist Guaidó der anerkannte Präsident Venezuelas, nicht Maduro.
Während das Volk in Venezuela dahingerafft wird, bezeichnete Guaidós Botschafterin in London es als „Sieg für das venezolanische Volk“(13), dass ihm die dringend benötigen finanziellen Mittel vorenthalten werden. „Mehr denn je ist Venezuela auf seine Goldreserven angewiesen“(14). Das weiß der Wertewesten und das weiß auch Guaidó, auf dessen Betreiben hin die Auszahlung verweigert wurde. Das also sind die Werte des Wertewesten, mit denen er überall auf der Welt hausieren geht. Dieses Urteil aus London „könnte ihm [Guaidó] neuen Sauerstoff verleihen, vermuten Beobachter, auch im Hinblick auf allfällige Verhandlungen zwischen der Opposition und Maduro [, denn] Guaidós Position [ist] gegenüber Maduro aber auch innerhalb der Opposition geschwächt“(15). Dass er um des eigenen politischen Vorteils und der Interessen der USA sowie des Wertewestens willen dem Volk von Venezuela  die nötige Hilfe verweigert, wird dort sicherlich nicht verborgen und nicht ohne Auswirkungen auf dessen Ansehen und Beliebtheit im Lande bleiben. Es stellt sich die Frage, wie er und die Opposition unter solchen Voraussetzungen die Wahl im Dezember gewinnen wollen. 

Scheinbare Geschlossenheit  
Trotz der gegenteiliger Anzeichen versuchen die Meinungsmacher im Westen den Eindruck zu erwecken, dass die Opposition geschlossen dasteht. Diese Geschlossenheit soll sich in einer Ablehnung der Wahlteilnahme ausdrücken. An ihnen „teilzunehmen käme einer Legitimierung des Regimes gleich, sind sich große Teile der Opposition einig“(16) und gleichzeitig behauptet man, dass Maduro „praktisch jeglichen Rückhalt in der Bevölkerung verloren hat“(17).
Das hatte man auch schon zu Beginn des Jahres 2019 den Medienkonsumenten im Westen weismachen wollen, als mit Guaidó der Bezwinger Maduros aus der Taufe und auf den Schild gehoben worden war. Zu gerne hatte man damals sich von den eigenen Wunschvorstellungen blenden lassen und die realen Verhältnisse nicht sehen wollen. Offensichtlich hat man in den Entscheidungstürmen des Wertewesens nichts dazu gelernt. Denn damals wie heute glaubt man, was man glauben will, und ignoriert, was in dieses Bild nicht hineinpasst.
Denn trotz aller Sanktionen, Putschversuche und versuchten Söldner-Invasionen hat sich das Volk nicht von Maduro ab- und Guaidó zugewendet, wie es eigentlich nach den gesellschaftswissenschaftlichen Theorien, den Wunschvorstellungen der Meinungsmacher und den Prophezeiungen der Politiker und sogenannter Experten im Westen sein müsste.(18)
Auch wenn der Wertewesten Venezuela sein Gold vorenthält, die Bevölkerung immer mehr verarmt, die Ölproduktion auf das Niveau der 1930er Jahre gesunken ist, was nach den Vorstellungen der Meinungsmacher doch zwangsläufig zum Ende des Regimes führen müsste, ist die Realität eine andere. Aber diese Realität verstehen die sogenannten Experten im Wertewesten nicht.
Diese Realität sind die Colectivos, vergleichbar den Nachbarschaftskommitées in China. Sie sind die Stütze und Beschützer der gesellschaftlichen Ordnung, nicht die Parlamente und die sonstigen Elfenbeintürme, in denen die westlichen Meinungsmacher glauben, dass Politik gemacht wird. Sie versorgen die Menschen an der Basis der Gesellschaft und sorgen für den Zusammenhalt, den die zerrissenen Gesellschaften des Wertewestens nur noch als Ausdruck eines autoritären Regimes verstehen können. Das dahinter ein politisches Bewusstsein steht, das ihrem eigenen Denken fremd ist, kommt ihnen nicht in den Sinn.
Versuchte die Frankfurter Allgemeine Zeitung noch im Juli die Opposition in Venezuela als geschlossen darzustellen, so zeigt sie im bereits September ein anderes Bild. „Die Opposition ist sich uneinig. Guaidó will die Wahl boykottieren. … Im Gegensatz dazu beabsichtigt Capriles, bessere Voraussetzungen für die Wahl auszuhandeln und anzutreten“(19). Er grenzt sich öffentlich von Guaidó ab: „Entweder sei man Regierung oder Opposition, beides geht nicht. … Capriles sagte, was viele in Venezuela schon länger denken.“(20).
Guaidó scheint seinen Glanz verloren zu haben – zumindest in Venezuela. „Lange war es Guaidó gelungen, den Eindruck der Einheit zu wahren und sich als Anführer darzustellen. Doch sein Charisma … ist in den vergangenen Monaten verblasst – und damit ist seine Autorität geschwunden“(21).  

Faire Wahlen unerwünscht  
Aber trotz alledem scheinen die USA noch immer hinter Guaidó zu stehen. Er ist der Mann für ihre Pläne, einen anderen haben sie nicht. Jedoch scheinen auch sie Zweifel an seinem Wahlerfolg zu haben, denn sie treffen dementsprechende Vorbereitungen für den Fall er Niederlage. Schon jetzt verbreiten die Meinungsmacher im Wertewesten Zweifel an der Legitimität der Wahlen, die noch gar nicht stattgefunden haben. Für sie ist jetzt schon klar: „Nichts deutet darauf hin, dass diese Wahl frei und fair verlaufen könnte – das Gegenteil ist wahrscheinlich“(22). Selbst „die sofortige Begnadigung von mehr als hundert angeklagten, verurteilten und inhaftierten Regimegegnern“(23) ändert an der Propaganda der westlichen Medien  nichts. War die Inhaftierung von Regimegegnern bisher ein Zeichen für die Brutalität des Regimes, so ist deren Freilassung nun ein Zeichen für dessen Heimtücke. Maduro will die Opposition spalten, so die neu verbreitete Sichtweise.
Aber selbst diese Freilassung, vorher noch von den westlichen Medien gefordert, „ist allerdings keine Garantie für eine faire Wahl. … [dazu] braucht es mehr beispielsweise eine großangelegte internationale Beobachtermission“(24). Allerdings hatte Anfang September der venezolanische Außenminister Jorge Arreaza dem EU-Außenbeauftragten Josep Borell sowie UN-Generalsekretär Antonio Guterres umfassende Garantien für die Wahl gegeben und sowohl die UN als auch die EU eingeladen, „Beobachter für die Wahl nach Venezuela zu entsenden“(25).
Obwohl also Venezuela gerade diesen Forderungen des Wertewestens gerecht werden wollte, um das Ergebnis der Wahlen überprüfbar zu machen, wies Borrell das Angebot Venezuelas zurück, das noch kurze Zeit vorher gefordert worden war. Nun auf einmal ist Borrell der Meinung, „die Bedingungen für die Entsendung einer Beobachtermission seien nicht vorhanden“(26). Was aber will man in Brüssel? Will man die Inthronisation des eigenen Favoriten Guaidó ohne vorherige Wahl?
Die Frage stellt sich, ob es den Gegnern Maduros überhaupt um die Wahlen und ihre korrekte Durchführung geht? Denn schließlich müsste man auch dann das Ergebnis anerkennen, selbst wenn es nicht den Vorstellungen des Wertewesens entspricht. Damit entfielen aber auch die Gründe für weitere Sanktionen, beziehungsweise es wäre erheblich schwerer, deren Fortsetzung zu erklären und das Elend zu rechtfertigen, das sie in der venezolanischen Bevölkerung verursachen.
Die Wahlen der vergangenen Jahre in den verschiedenen Staaten und Regionen der Welt haben es immer deutlicher werden lassen, dass Wahlen in den Augen des Wertewesten nur dann fair sind und anerkannt werden, wenn sie die Ergebnisse bringen, die seinen Interessen dienen. So wurden denn die Wahlen in Katalonien, Bolivien, Weißrussland, Hongkong und so manchen anderen nicht anerkannt, während die Wahlfälschungen in Afghanistan, Mali und anderen stillschweigend geduldet wurden.  

Wenig in der Hand  
Damit dürfte schon jetzt das Anzweifeln des Wahlergebnisses in Venezuela bereits beschlossene Sache sein. Ob die erhobenen Vorwürfe des Wahlbetrugs stimmen oder nicht, wird vermutlich in Venezuela ebenso wenig eine Rolle spielen wie jüngst in Weißrussland, obwohl die Wahlfälschung nie nachgewiesen worden war. Auch in Venezuela ist schon jetzt zu befürchten, dass die Wahrheit auf der Strecke bleiben wird, wenn sie den Herrschaften in Washington und Brüssel nicht in den Kram passt. Aber auch damit wird der Wertewesten vermutlich seinem Ziel nicht näher kommen, Maduro zu stürzen. Auch das ständige Drehen an der Sanktionsschraube hat weder Maduro in die Knie gehen noch das Volk gegen ihn aufbegehren lassen. Die Opposition im Land ist gerade durch das ungeschickte und vollmundige Auftreten des einstigen Superstars Guaidó stärker gespalten und dadurch immer mehr in die Defensive geraten. Zur Zeit bietet sich niemand an, der Maduro ernsthaft gefährden könnte. Für Washington werden die Möglichkeiten immer weniger, um ihr Ziel eines Regime-Wechsels in Venezuela zu erreichen. Zudem sind die USA durch die eigenen innergesellschaftlichen Konflikte und die Lähmung der Wirtschaft selbst erheblich geschwächt und in ihren Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt. Corona hat die Wirtschaft im Würgegriff und die Wahlen im eigenen Land verbreitern den Riss in der amerikanischen Gesellschaft.
Wenn auch US-Außenminister Mike Pompeo bei seiner Südamerikareise Ende September hauptsächlich Venezuelas Nachbarstaaten Kolumbien, Brasilien, Guyana und Surinam besuchte, um  dort Stimmung gegen Maduro zu machen, so dürfte unwahrscheinlich sein, dass diese Staaten sich zu einem Krieg für die Interessen der USA werden überreden lassen. Das hatte schon 2019 nicht geklappt. Im Moment sind diese durch Corona und den daraus folgenden wirtschaftlichen Niedergang mit ganz anderen Problemen beschäftigt.
Wie hilf- und machtlos die USA dieser Situation gegenüber zu stehen scheinen, wird deutlich an der Wahl der Mittel. Der geplante Söldner-Einsatz war eine gewaltige Katastrophe und hat zudem dem militärischen Ansehen der USA geschadet. Nun verlegt man sich auf die übliche Propaganda gegen das Maduro-Regime, indem man ihm die Missachtung der Menschenrechte vorwirft, was aber nichts Neues ist und keine großartige internationale Mobilisierung bewirken dürfte.  

Ausblick  
Was bleibt sind die modernen Formen der Destabilisierung durch die Instrumentalisierung der Generation facebook. Kampagnen, angestoßen politischen Kräften, deren Hintergrund und Finanzierung oftmals undurchsichtig sind, treiben immer häufiger meist junge, intellektuelle und überwiegend von Moral getriebene Menschen auf die Straßen für Ideale, die denen des Wertewestens zu entsprechen scheinen.
Dadurch lassen sie sich mit Kräften ein, die selbst diese Werte im eigenen Herrschaftsbereich nur solange befolgen, wie sie den eigenen Interessen nutzen. Dieses Konzept könnte auch im Falle von Venezuela zur Anwendung kommen. Die propagandistischen Grundlagen sind gelegt. Denn schon jetzt werden Zweifel gesät an der der Rechtmäßigkeit des Wahlergebnisses. Was fehlt ist nur noch die Umsetzung über die sogenannten sozialen Medien. Für solche Pläne gibt es zwar im Moment noch keine Hinweise. Der Fall von Weißrussland aber hat gezeigt, wie schnell ein solches Konzept umgesetzt werden kann, wenn die Vorbereitungen bereits getroffen sind und ein entsprechendes Potential von mobilisierbaren Menschen vorhanden ist. Aber das wird die weitere Entwicklung zeigen.
Venezuela leidet weiterhin unter den Sanktionen und dem Wirtschaftskrieg, den der Wertewesten gegen das Land führt, aber es scheint nicht daran zu zerbrechen. Das Elend der Bevölkerung spielt für die Idealisten im Westen keine Rolle, wenn es um Höheres geht. So war auch die frühere US-Außenministerin Madeleine Albright  der Meinung, dass der Tod von 500’000 irakischen Kindern durch die westlichen Sanktionen den Preis wert waren. Es waren ja nicht die eigenen Kinder.
Zunehmend aber kommen Venezuela andere Sanktionierte zu Hilfe sowie Russland und China(27). Sie alle haben wirtschaftliche Interessen. Das ist nicht zu verurteilen, denn die hat auch Venezuela selbst, ganz zu schweigen vom Wertewesten, auch wenn dieser sich so oft selbstlos gibt und immer nur den westlichen Idealen und Werten verpflichtet.
Aber die Notleidenden in Venezuela, Syrien und all den anderen Ländern der Welt, die unter westlichen Sanktionen leiden, wissen, was von diesen Idealen und Werten zu halten ist. Das ist der Grund, weshalb die USA und der Westen immer mehr an Einfluss verlieren, während der von Russland und China weltweit wächst.
Ohne zählbaren Erfolg, aber mit umso mehr zählbaren Schulden müssen die westlichen Staaten aus Afghanistan abziehen. Der Nahe Osten und das Zentrum Afrikas entgleiten immer mehr ihrer Kontrolle. Und im Zentrum Asiens haben sie ohnehin schon lange nichts mehr zu sagen. Dort zeigt das Wirken von China und Russland in der Entwicklung entlang der Seidenstraße unübersehbare Erfolge. 

(1) siehe dazu Rüdiger Rauls: Humanitärer Angriff auf Venezuela
(2) siehe dazu Rüdiger Rauls: Guaidó und die Verfassung
(3) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 22.2.2020: Guaidó setzt auf Davos
(4) FAZ vom 13.5.2020: Das Himmelfahrtskommando
(5) ebenda
(6) ebenda
(7) FAZ vom 14.1.2020: Mut gegen Macht
(8) ebenda
(9) ebenda
(10) ebenda
(11) FAZ vom 4.7.2020: Venezuelas letztes Hemd
(12) ebenda
(13) ebenda
(14) ebenda
(15) ebenda
(16) FAZ vom 16.7.2020: Der letzte Boykott
(17) ebenda
(18) siehe dazu Rüdiger Rauls: Entscheidend ist das Volk
(19) FAZ vom 3.9.2020: Maduro und die Bioterroristen
(20) FAZ vom 7.9.2020: Boykottieren oder mitmachen?
(21) ebenda
(22) ebenda
(23) FAZ vom 3.9.2020: Maduro und die Bioterroristen
(24) FAZ vom 7.9.2020: Boykottieren oder mitmachen?
(25) ebenda
(26) ebenda
(27) siehe dazu Rüdiger Rauls: Die Sanktionierten schlagen zurück    

(04.11.20)


  Tanka  

Klassisches japanisches Kurzgedicht; sehr populär bis heute. 

5 + 7 + 5 + 7 + 7 = klassisches Tanka-Silbenschema
Bestehend aus:
5 + 7 + 5 = Hoku (Vorderverse)
7 + 7       = Matsuku (Schlussverse)


      1.
Frühling

Vielleicht die Einsicht!
Und das Wetter ändert sich.
Besser wird es jetzt.
Getan ist, was jetzt nötig -
und Bedürfnisse gestillt.      


2.
Mit Schallschutz

Geräusche aber
keinen Lärm erzeugen wir,
der kommt durch Fenster
laut gekrochen in den Raum.
Zu viele Autos laufen.


3.
Politik

Mehr Dummheit und mehr
Unvernunft regieren jetzt
überall die Welt:
In Kommunalbehörden
und auf der großen Bühne.


4.
Zurück in die Fachausschüsse

Die Bosheit freut sich,
wenn sie destruktives tat,
im Vorfeld schon, wenn
sie Vorschläge blockiert,
die nicht von ihr herkamen.



5.
In der Politik

Was offensichtlich,
weiß der gesunde Verstand.
Er tut, was nötig,
auch gegen den Widerstand
offizieller Großschwätzer.



6.
Hart und Weich

Es sind die Feinde,
die vernichtet und bekämpft
werden, um jeden Preis
eigener Hartherzigkeit.
Butterweich sind Freunde nur.



 7.

Zu feucht die Lippen!
Schlabberküsse schmecken nicht!
Es fehlt die Zunge
und des Mundes sanfter Druck.
Schluck einmal. Es ist soweit!              



8.

Laut ist das Geschrei.
Überall wird protestiert.
Aber nichts passiert!
Keiner hilft dem Anderen.
Wir schauen zu und schweigen.



9.

Es ist die Hilfe,
die nicht ankommt in der Not.
Wir tuen alles,
aber Scheitern immer noch,
weil Mächtige korrupt sind.



10.

Wie sieht die Welt aus?
Soll heißen: Wie geht es dir?
Denn ich und die Welt
sind Eins, wie du auch mit Dir.
Upanishad: Mitgefühl.      



11.

Geheime Dienste
gehören zerschlagen. Jetzt.
Überall, weltweit.
Das fordert die Logik
von Achtung und Vertauen!      



12.

Was macht uns so wirr?
In dieser Welt ist Wissen
nur gefragt als Macht.
Die alle sind durch den Wind.
Und ich wusste nichts davon!



13.
Deutsche Waffenschmiede

Zu viele Waffen,
hergestellt und eingesetzt,
gibt es auf der Welt.
Verdient wird und getötet
hier und da und überall.     



14.
Avelsbacher Straße 31

Die Autos rauschen,
der Boden schäppert, sofort.
Und man fragt sich, wann
wird die Hütte einfallen?
Und wann hört das alles auf?



15.
Zukünftig, nachher

Es ist, wie es ist,
weil es so ist, wie es ist!
Ein Schicksal, also.
Warum sollte nichts ändern,
was war, wie es war, bis jetzt?    


****

(21.10.20)


 


Bedingungsloses Grundeinkommen

Die folgende Info erreichte mich heute aus dem Landesarbeitskreis Die Linke (LAG) zum Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE):

Susanne Wiest hat eine Bundestagspedition gestartet, die als sofortige Corona-Hilfsmaßnahme die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommen fordert. Mit 176.134 Unterzeichner*innen ist sie die bisher größte Bundestagspedition aller Zeiten.
Am montag, dem 26. Oktober von 12.00 bis 13.00 Uhr findet die Anhörung im Peditionsausschuss des Bundestages statt.

Hier der Link zum kopieren (und Einsetzen in die Suchmaschine):

https://te06d270a.emailsys1a.net/mailing/137/3298689/14765791/25671/ce58095515/index.html

Nix wie hin zum Unterstützen!(17.10.29)


****


Haiku
für das Verkehrsministerium (MWVLW) in Mainz, die ADD in Trier sowie die Stadtverwaltung (Bauamt) in Trier

Herbst (der Demokratie)

Die Nelbelkerzenden
der Verwaltungen zeugen
sich'ren Untergang!

(17.10.20)


****


Es wäre zudem eine revolutionäre Musik mit Ballettchoreographie zu kreieren zu dem Thema:
Ballett für einen Staubwedel mit Tänzer sowie einer Tänzerin mit Staubsauger!
Wohlan!

(17.10.20)



Dokumentation:
Aufgrund des Transparenzgesetzes des Landes RLP erlaube ich mir, an dieser Stelle meine Rückantwort an die ADD-Trier auf ein heutiges Schreiben hin zu veröffentlichen. Nicht zuletzt auch, weil die Art und Weise "Wie" mit den berechtigten Belangen von Bürger/innen in Landes- und Stadt-Behörden umgegangen wird, durchaus diskussionswürdig und ohne Zweifel verbesserungswürdig ist, wie dieser Fall erneut zeigt. Ganz zu schweigen von den kommunal-politischen Implikationen.
(Zu den zurückliegenden Schreiben in dieser Sache vgl. auch die Beitäge auf dieser Homepage weiter unten über einen Zeitraum von August bis jetzt.)  

Trier, den 15.10.20  

Sehr geehrter Herr Pause,  

vielen Dank für Ihre heutige E-Mail (15.10.20). Mit Interesse habe ich auf Ihre Antwort gewartet. - Leider bin ich über Ihre Antwort (mitsamt dem vorhergehenden Prozedere beim Ministerium in Main) äußerst unzufrieden! 

In der Tat lag der Schwerpunkt meiner Beschwerde in Mainz (mit meinen Brief vom 17.08.20, Kontaktformular) zunächst auf der Ignoranz des Baudezernenten in Trier, Herr A. Ludwig, auf meine Eingaben (Fragenkatalog vom 16.09.20) weder eine Antwort, noch eine Eingangsbestätigung gesendet zu haben, nachdem ich mein Anliegen auf seinem Kantaktformular geäußert hatte.  

In Ihrer E-Mail an mich, nehmen Sie, sehr geehrter Herr Pause, Bezug darauf. - Allerdings habe ich Ihnen unmittelbar per Mail geantwortet, dass Herr Ludwig mittlerweile mit seinem Schreiben vom 26.08.20 (teilweise) auf meine Anfrage geantwortet hatte, so dass dieser Teil (Beschwerde in Bezug auf das Transparenzgesetz des Landes RLP) nur noch formal bei der ADD anhängig war.  

Dagegen blieb Herr Ludwig - entgegen seinen eigenen Beteuerungen Ihnen gegenüber (siehe Mail 15.10.20) -, mir gegenüber schuldig (sic!), Gründe (sic!) für die von der Stadt Trier nicht durchzuführende Einführung von Tempo 30 in der Avelsbacher Straße anzugeben (sic!), weil er immer wieder auf die Zuständigkeit der Landesgesetzgebung und deren Verbot auf Landstraßen wie z.B. in der Avelsbacher Straße in Trier, Tempo 30 einzuführen.
Der Grund dafür sei: weil es angeblich laut Landesverkehrsministerium in Mainz (sic!) keine Geschwindigkeiten unterhalb von 50 Km/h auf Landstraßen geben dürfe. (Dies gelte ausdrücklich auch für die Avelbacher Straße, wie der Amtsleiter des Straßenverkehrsamtes in Trier, Herr Van Bellen, in Briefen (E-mails) gegenüber meiner Frau betont hatte.
(Der Schriftverkehr ist Ihnen bekannt, da er im Anhang Ihrer letzten Mail an mich von Ihnen selbst angeheftet wurde!)  

Den Umstand, dass die Stadt Trier in diesem Punkt Entscheidungsunfähig ist, weil nur das Land RLP Weisungsbefugt ist, habe ich des Öfteren in meinen Briefen und E-Mail explizit (sic.) angeführt.   So auch ausdrücklich (sic!) in meiner E-Mail an das Ministerium für Verkehr in Mainz (erfolgt per Kontaktformular vom 17.08.20 und 18.08.20 - erst nach zweimaligem Anlauf!). Dort habe ich drei Punkte aufgeführt, die ich vom Verkehrsministerium in Mainz geklärt wissen wollte! - Unter anderm den folgenden Punkt 2., den ich Ihnen hiermit gerne noch einmal vor Augen führen möchte:

"2. Teil meiner Anfrage ist zudem eine Mitteilung des Bauamtes in Trier, man könne in der Avelsbacher Straße keine Tempo 30 einführen, was wegen der Lärmbelästigung von den Anwohner/innen seit Jahren gefordert wird. Der Grund dafür lautet: Das Land RLP verbiete auf Landstraßen eine Temporeduzierung unter 50 km/h. - Demgegenüber berichtete der Trierische Volksfreund vor einigen Monaten (TV, 25.05.20), der Stadtrat in Schweich habe in Bezug auf eine Landstraße beschlossen, genau diese Temporeduzierung auf 30 km/h quer durch die ganze Stadt Schweich zu beschließen, weil laut Grundgesetz die Abwehr von "gesundheitsgefährdendem" Verkehrslärm einen verkehrspolitisch gewünschten zügigen "Verkehrsfluss" in der Landstraße vorzuziehen sei. - Diesen Widerspruch (Trier - Schweich) bitte ich Sie [d.h. an dieser Stelle: Das zuständige Verkehrsministerium in Mainz, J.V.], zu erklären." (Zitat: Kontaktformular Ministerium Mainz vom 18.08.20)

Zudem heißt es abschließend noch: "Ich bitte Sie [d.h. an dieser Stelle: Das Verkehrsministerium in Mainz (!), J.V.] daher, zu den drei Punkten Stellung zu beziehen und die Stadt Trier auf zu fordern, entsprechend Tätig zu werden" (Zitat: Kontaktformular, ebd.)  

Wie Sie, sehr geehrter Herr Pause, unschwer diesen Zitaten entnehmen können, fällt sowohl Ihre Stellungnahme (- die der ADD, nachdem das Ministerium in Mainz intern meine Schreiben mehrfach zwischen verschiedenen Fachbereichen verschoben hatte, bis zu Ihrem eigenen Schreibtisch in der ADD-Trier), als auch die vermeintlichen Bekundungen des Baudezernenten, Herrn Ludwig, in Trier, ziemlich "mager" aus.
Mit anderen Worten: Dieses Thema wird von Ihnen (in Ihren Antwortschreiben: Stadt Trier; Mainz und ADD) in keinster Weise behandelt oder ausgeführt! 

Besonders erstaunlich ist vor diesem Hintergrund, dass Sie selbst, sehr geehrter Herr Pause, sehr wohl durchblicken lassen, dass es noch andere Punkte zu behandeln gäbe, als Sie in Ihrem Schreiben zum Ausdruck bringen. - Wenn ich Sie zitieren darf:

"(...) zur Erläuterung der Behandlung Ihrer [also: meiner, J.V.] Eingabe (...) mag die Information für Sie [also: für mich, J.V.] hilfreich sein, dass der Schwerpunkt Ihrer [also: meiner, J.V.] Eingabe vom 17.08.20 [wobei Sie mein zweites Schreiben vom 18.0920 gänzlich in den Tisch fallen lassen (sic!)] an die Pressestelle in Mainz für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau (MWVLW) in einer Beschwerde über ein mangelndes Kommunikationsverhalten der Stadtverwaltung Trier liegt." (Ihre Mail vom 15.10.20 an mich) 

Insofern möchte ich folgende Punkte noch einmal klarstellen:
- Der von Ihnen behauptete "Schwerpunkt" meines Schreibens an das Ministerium liegt keineswegs mit "Schwerpunkt" auf einer mangelnden Bereitschaft der Stadt Trier das Transparenzgesetz des Landes RLP angewendet zu haben, sondern auf der Beantwortung meiner in meinem Schreiben an das Ministerium angeführten "drei Punkten" (siehe oben).
- Zudem schlösse eine "Schwerpunktsetzung" dennoch keineswegs noch andere Thematiken aus, die von mir erfragt wurden und deswegen nicht einfach unter den Tisch fällen können, indem sie überhaupt nicht behandelt (sic!) und somit - wiederum - auch nicht beantwortet werden (z.B. in Ihrem Brief/Mail vom 15.10.20).
- Eben so wenig wurden diese Fragen von der Stadtverwaltung in Trier beantwortet - entgegen der Behauptungen von Herrn Baudezernent Ludwig! (vgl. dazu Ihre eigenen Anlagen: 14.10.2020)!)
- In den entscheidenden Punkten (Verkehrsbelastung in der Avelsbacher Straße durch weitere Bebauungspläne sowie deren Lösung) weicht die Stadtverwaltung wiederholt darauf aus, entweder auf das Mobilitätskonzept 2025 zu verweisen - oder wie in diesem Fall: auf neue, just in Auftrag gegebene Verkehrsstudien, zu denen man sich jetzt natürlich noch nicht äußern könne!)
- Klar: Zwanzig Jahre nachdem die Bürgerinitiative "Lebenswertes Kürenz" gegen die Bebauungspläne der Stadt geglagt hatte und diese zeitweise für Ungültig erklärt wurden, weil die Umstände in der Avelsbacher Straße "gesundheitsgefährdend" (OVG, Koblenz, Urteil 2004), so das Oberverwaltungsgericht in Koblenz seien, ist dieses Problem immer noch nicht gelöst, obwohl zahlreiche neue Bebauungsvorhaben den Verkehr in der Avelsbacher Straße weiter (sic!) belastet habe und noch mehr belasten werden!.
- Der von der Stadt Trier als Lösung unserer oben angeführten Verkehrsprobleme explizit angeführte "Rechtsweg", den wir "gegen die Ablehnung [unseres Antrags auf die Einführung von Tempo 30 in der Avelsbacher Straße, J.V]" nach Ansicht der Stadt Trier beschreiten können, ist an Zynismus, d. h. offene Menschenverachtung (sic!), nicht mehr zu überbieten!  

Statt sich für die (in unserem Falle nun wirklich berechtigten!) Belange der Bürger/innen politisch einzusetzen, verweist die Verwaltung der Stadt Trier auf ein "teures" Normenkontrollverfahren, das wir bestreiten sollten, statt selber gegenüber der vorgegebenen Rechtslage der Landesregierung zum Wohle einer Lösung der Verkehrsproblematik vor Ort in Trier für die betroffenen Bürger/innen tätig zu werden. Das schließt auch die Notwenigkeit ein, die angebliche „Tempo-50-Regelung auf Landstraßen“ durch das Land RLP verkehrspolitisch INFRAGE zu stellen. Denn: zahlreiche Ausnahmen von dieser Regelung können wir Zuhauf anführen, ebenso wie den Umstand, dass die Stadt Schweich mit der CDU-Fraktion vor Ort immer noch am Ball des gleichen Problems bleibt.  

Vor diesem gesamten Hintergrund, bitte ich Sie daher, den "Marsch durch die Institutionen" (R. Dutschke) mit meinem Schreiben und Anliegen vom 17/18.08.20 erneut durch das Ministerium in Mainz bzw. durch die Verwaltung der Stadt Trier wieder aufzunehmen.  

Ich erwarte - nach wie vor - eine Antwort auf die angebliche Unmöglichkeit, in der Avelsbacher Straße in Trier auf ca. 800 Meter eine Reduzierung der Durchfahrtgeschwindigkeit auf Tempo 30 km/h einführen zu können. - Eine Maßnahme, die der "gesunde Menschenverstand" unschwer einzusehen in der Lage ist, eben weil sie so gut wie nichts kostet und zudem äußerst wirksam ist.   

Ich erwarte Ihre - nicht persönliche - aber als Vertreter der ADD angemahnte Antwort in zunehmender Eile! Wobei ich davon ausgehe, dass diesmal die richtigen Fachbereiche von Ihnen intern angeschrieben werden, und so ein erneuter Verschiebebahnhof nicht zuständiger Mitarbeiter/innen vermieden wird. -
Das wäre eine Regierung ihren Bürger/innen durchaus schuldig!  

Mit freundlichen Grüßen  

Dr.. Johannes Verbeek



Haiku

Haiku:
Klassische japanische Kurzgedichtform nach dem Schema: 5 + 7+ 5 Verssilben mit Inhalten vor allem zu den vier Jahreszeiten und Neujahr.
Stimmung, Gedanken und Ausdruck sollen hierbei übereinstimmen und eine Einheit bilden.
Jährlich werden in Japan über 1 Million Dreizeiler in Form eines Haiku veröffentlicht.

Zu den Kurzgedichten [weiter]


Haiku

  1.
Lärmpegel  

Wie Wellen rollen
Am Meer, heute, die Autos
Rauschen durch Straßen.    

2.
Herbst  

Falb hängen Blätter.
Am Galgen ein Toter
Schaukelt und fällt still.    

3.
Sommer  

Wir sehen uns an.
Augen funkeln wie Sterne.
Ein Sonnenaufgang.    

4.
Herbst  
Der Schatten fällt lang.
Die Blumen schmücken das Grab,
vor deinen Füßen.    

5.
„Alles ist entweder in etwas anderem, oder: es ist nicht.“ (Aristoteles)
Einmaligkeit  

Leer ist die Flasche,
von Luft umgeben, gefüllt.
Dies: In-Sein ist Sein.    

6.
Tonlos  

Im dunklen Walde -
Ist es dunkel und SO still.
Kein Ast bricht ins Licht.

7.
Null und Nichtig  

„n+1“: Die Zahl.
Damit fängt das Zählen an.
Zwei von Anbeginn.    

8.
Revolution 

Erkenne, was ist!
Marx: Lange Haare und ein Bart.
Das heißt: Ungleichheit!    

9.
Dreieinigkeit
 
Virtualität:
Umgeben von Zahlen: ist.
Eins und Null und Du.    

10.
Vierjahreszeiten
 
Die Lehne am Stuhl.
Aufrichtig gehen und sitzen.
Passgenau, die Welt.    

11.
Descartes  
Was du gesagt hast,
könnte sein: wahr und auch falsch.
Doch, nicht ohne mich!    

12.
Unsichtbar  
Der tote Vogel
Löst sich auf, wird weniger –
Nicht, seine Seele!      

13.
Wintersonnenwende  

Ich seh‘ ihr Lächeln
Im Auge des Lebens. Glanz.
Und im Spiegel - mich.    

14.
Widerspruchslos  

Alles, was es gibt,
am Anfang und am Ende,
bescheint auch Sonne.    

15.
Nicht-Sein  

Im Herzen des Seins
Staut sich und schlägt das Leben
Tot: der Widerspruch.    

16.
Ereignis  

Die Eisfläche bricht.
Der Fuß sackt kalt ins Wasser.
Nass ist er – sonst nichts!    

17.
Pandemie  

Donald Corona:
Freu(n)de! - Ich möchte küssen!
Jeden! – In den Tod!    

18.
Dynamisch  

Für die Ewigkeit:
Da sind Fakten, beständig -
Und gehen ständig!      

19.
Außer Schwarz  

Alle Farben: weis –
Oder? Alle Farben: grau!
Bunt leuchtet, was scheint.    

20.
Der Mundwinkel  

Verachtung zeigt sich:
Deine Lippe zuckte kurz
Nach oben. - Abwärts!    

21.
So unschön – wie ein Witz  

So weiße Zähne
Zeigen Fernsehstars SO gern.
Übermäßig. – Lach!    

22.
Leicht und Leer und Schwer  

Es trägt sein Päckchen
Mit sich, wer, wie Du und ich, -
Inhalte bergen.    

23.
Teleologie  

Das Boot auf dem Meer.
Geworfen; stürmisch - zu dir
Sinkt der Gedanke.    

24.
Statt Einigung  

Der Unsinn zeigt sich:
Bei Tarifverhandlungen -
wenn man sich streitet!      

25.
… Klimawandel  

Das Feuer lodert
Nahe am Eisgipfel. Der …
Kilimandscharo.    

26. Sehen und Hören  

Viel Reden ist nicht.
Die Welt sagt dir, was sie will.
DU musst sie fassen.    

27.
Heraklit  

Es geht die Treppe
Hoch und daselbst herunter.
Du sagst, wie sie geht!    

28.
Liebe und/oder  Ehe
 
Umschlungen: Beide.
Und am Finger einen Ring.
So leben sie frei.    

30.  

Es weht die Decke
An der Stange; über’s Ohr
Gezogen: lautlos.        


***

Haiku:
Klassische japanische Kurzgedichtform nach dem Schema: 5 + 7+ 5 Verssilben mit Inhalten vor allem zu den vier Jahreszeiten und Neujahr.

(14.10.20)

Kommentar zum TV-Artikel: Das sind die neuen Pläne für das alte Walzwerk, vom 08.10.20

„Eine Fachjury hat entschieden“ (TV, 08.10.20, ebd.), lautet der erste Satz der Unterüberschrift des Artikels. Und zwar „einstimmig“ (TV, ebd.), wie der Leser weiter erfährt. –
Nun, das ist alles schön und gut, soweit! Das wirklich Interessante, weil eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Erschließung des gesamten Walzwerkgeländes, findet sich in dem TV-Artikel von Christiane Wolff dann weiter unten mit dem Stichwort „Verkehr“.

Der Leser erfährt hier, dass die Verkehrsproblematik „das größte Problem bei den Planungen war“ (ebd.), denn es trete für die Betroffenen Anwohner/innen in jedem Fall eine „zusätzliche Belastung“ (ebd.) ein, was die Stadtplaner von Anfang an auch nicht zu leugnen gewagt haben. Um so interessanter ist es daher, zu sehen, ob die Planungen dieser nur allzu bekannten – und wirklich nicht neuen (sic!) - Problemlage in Altkürenz endlich gerecht wurden?

Liest man sodann aber die Zwischenüberschrift des Artikels mit der Aussage:
„Das Gutachten besagt, dass die Verkehrsanbindung möglich ist“ (eba.), und guckt, wer sowas denn behauptet, dann weiß man als Anwohner schon bescheid.

Lars Kollmann als Vorstand des Investors „Triwo“ hätte diese Aussage denn wohl auch getätigt, wenn das Gutachten des Verkehrsgutachterbüros R+V, das auch schon Untersuchungen im Auftrag der ehemaligen Baudezernentin Kaes-Torchiani (CDU) für die Stadt Trier durchgeführt hat, noch zweifelhafter als jetzt ausgefallen wäre. Denn:

Die Aussage, sowohl die Verkehrsplaner/innen der Stadt als auch die durch sie beauftragte Gutachterfirma haben ein primäres Interesse daran, die Pläne des Triwo-Investors zu ermöglichen - und nur ein sekundäres Interesse daran, mögliche Bedenken der schon jetzt zu genüge belasteten Anwohner/innen durch besagtes Gutachten zu verstärken, dürfte nachvollziehbar sein! - Wäre es andersrum, hätten die Verantwortlichen bei der Stadt schon längst die Reißleine ziehen müssen. Was aber nicht passiert ist! Das Einzelbedürfnis nach Profit zählt hier mehr als das allgemeine Bedürfnis der Anwohner/innen von der Stadt dauerhaft vor Lärm- und Abgasen geschützt zu werden!

Im Zweifelsfall – so meine eigenen Erfahrungen als Vertreter der Partei Die Linke in den Fachdezernatsausschüssen der Stadt (2009-2012/14) – ist man sich dort ziemlich einig, betroffene Anwohner/innen eher vor Gericht „klagen“  zu lassen, als im Vorfeld selber als Verwaltung aktiv zu werden und wohlmöglich dadurch potentielle Investoren abzuschrecken.

So musste schon die Bürgerinitiative „Lebenswertes Kürenz“ allererst durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz 2004 feststellen lassen, dass die Bebauungspläne der Stadt Trier bis dato unwirksam, weil unrechtens waren und erst durch den Einbau von passiv wirkenden Schallschutzfenstern, „ZUNÄCHST“ (sic!) (vgl. Urteil: OVG-Koblenz, 2004) geheilt werden können. - Von Freiwilligkeit und großzügigem Verdienst der Trierer Stadtplanung kann hier überhaupt keine Rede sein!

Vor diesem Hintergrund ist es daher auch aufschlussreich, wenn das beauftragte Verkehrsplanungsbüro R+V eine Skala von A bis F bemüht ( - in der Schule würde man von 1 (= sehr gut) bis 6 (= ungenügend) rechnen), um dann das niederschlagende Ergebnis zu bekunden:
„Die Qualität der Erschließung wurde dabei mit der Stufe D bewertet“ (ebd.), wie der TV berichtet. - Also: In der Schule mit einer glatten 4 (=D) bewertet!

Doch vor diesem traurigen Sachhintergrund jubelt der Triwo-Vorstand, Lars Kollmann:
„Das Gutachten besagt, dass die Verkehrsanbindung so möglich ist“ (ebd.)! – „Möglich“, na toll – aber wahrhaftig wohl nicht sehr sinnvoll, wie jedes Elternteil wird urteilen können! Um den Vergleich mit den Schulnoten verständnishalber weiter zu bemühen:
Eltern, die glaubten, ihr Kind sei mit „Vieren“ in den Hauptfächern wohlmöglich weiterhin studierfähig, werden unmissverständlich zum „Elterngespräch“ und zur weiteren „Laufbahnplanung“ in die Schule eingeladen, um „Auswege“ aus dieser „Fehlinterpretation“ zu überlegen. –

"Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat." (Rosa Luxemburg)

Dagegen feiern die Stadtplanungsverwaltung Stadt Trier dieses Verkehrsgutachten der Firma R+V zusammen mit dem Triwo-Vorstand – wie man hört - als Erfolg schwerwiegender Bemühungen, die man mit der vorliegenden Planung zufriedenstellend gelöst habe. - Aus und fertig! –
Ja aber: „zufriedenstellend“, für wen eigentlich?

Die Stadtplaner/innen waren ja vor einigen Monaten angetreten, zusammen mit der betroffenen Bevölkerung in Altkürenz, eine zufriedenstellende Lösung - vor allem in Bezug auf die betroffenen Anwohner/innen (!) - für die neue Verkehrsanbindung des Neubaugebietes zu finden. Davon ist jetzt keine Rede mehr, obwohl das vorgelegte Ergebnis nur kurz vor „mangelhaft“  auf D-Vier rangiert!!!

Der Volksfreund schreibt in diesem Zusammenhang sehr ausführlich:
„Die Bewertungsskala reicht von A („Der Verkehrsfluß ist frei“ bis F („Die Verkehrslage ist überlastet“). Stufe D ist im Handbuch für die Messung von Verkehrsanlagen so definiert: ‚Der Verkehrsablauf ist gekennzeichnet durch hohe Belastungen, die zu deutlichen Beeinträchtigungen in der Bewegungsfreiheit der Verkehrsteilnehmer führen‘“. (ebd.).

Sodann kommentiert die TV-Reporterin Christiane Wolff: „Nach freie Fahrt klingt das nicht“ (ebd.). - Aber, sagt Triwo-Vorstand Kollmann, “die Verkehrsanbindung ist SO möglich“ (ebd.)! –

Ganz nach dem Motto: Augen zu und durch! – Denn die Alternative wäre eine grüne Dorfwiese mitten in Altkürenz zum Suhlen der zunehmenden Stadtschweine, die sich hier ökologisch wohlfühlen könnten (vgl. den Artikel auf dieser Homepage weiter unten).

Wie schön klingt es da, wenn des Weiteren referiert wird, dass die Stadt Trier „die zu erwartenden Verkehrsströme sollen allerdings noch mal im Detail untersucht werden – auch im Zusammenhang mit der Entwicklung des Burgunderviertels in Neu-Kürenz und dem geplanten Edeka-Markt in der Schönbornstraße“ (ebd.)!?

Ja, das klingt nach bleibendem Engagement der Stadt Trier, wüsste man nicht als betroffener Anwohner, dass die Stadt (zusammen mit ihren diversen externen Verkehrsplanungsbüros) schon seit über dreißig Jahren (das ist mehr als eine ganzen Generation!) Entlastungen für die hier aber unerwähnten Straßen - wie in der Avelsbacher Straße und anderswo – sucht, wenn sie denn „sucht“!? - Eine Tätigkeit, die man sodann auch nur den wenigsten politisch verantwortlichen Stadträten in Trier wirklich zusprechen kann!

Tatsächlich aber hätte dieses Gutachten schon im Vorfeld der öffentlichen Planungen mit Bürger/innen in Kürenz von der planenden Stadtverwaltung erstellt sein müssen – und nicht erst im Nachhinein, wo man jetzt feststellt, das schöne Kind „Walzwerkverkehrsanbindung“ könne auch in den Brunnen fallen.

Tatsächlich habe ich erst mit dem Antwortschreiben des Verkehrsministeriums in Mainz auf meine Beschwerde hin, kein Antwortschreiben auf meine Anfagen vom 16.06.20 an den Trierer Baudezernenten Andreas Ludwig (- öffentlich verschickt an alle Fraktionen im Rat sowie dem TV) erhalten zu haben, erfahren, dass dieser immerhin nach eigenen Angaben vom 26.08. 20 eine weitere Studie zur Verkehrsproblematik in der Avelsbacher Straße in Auftrag gegeben hat! - Diese Eile ist jedoch zu verstehen vor dem Hintergrund, dass die betroffenen Anwohner/innen in der Avelsbacher Straße nicht einsehen, warum die seit mehr als zwanzig Jahren durch den kontinuierlichen Ausbau der Höhenstadtteile vom Petrisberg bis Filsch, etc. zunehmende Verkehrsbelastung nicht – wie mehrfach von den Anwohner/innen vorgeschlagen wurde (!) – durch eine Reduzierung auf Tempo 30 in der Avelsbacher Straße (ca. 800 m) zur Zufriedenheit Aller vorgenommen werden kann? –

Die Verantwortlichen der Stadt Trier verweisen hier immerzu auf die weisungsbedingte Zuständigkeit des Landes RLP durch das Verkehrsministerium in Mainz bzw. die ADD-Trier hin, in Bezug auf Tempobeschränkungen bei Landstraßen tätig zu werden. Eine Tempobeschränkung wie sie nicht nur in der Avelsbacher Straße in Trier, sondern auch in der Hauptdurchgangsstraße in Schweich gefordert wird, weil in beiden Straßen (hier durch das Urteil des OVG-Koblenz 2004 und dort durch Gutachten 2020 „gesundheitsgefährdende“ (TV, 25.05.20) Lärmbelästigungen festgestellt wurden, so dass die Forderung der Anwohner/innen nach Tempo 30 durchaus plausibel ist.

Die ganze Angelegenheit für die Avelsbacher Straße in Trier liegt derzeit (nach Korrospondenzen mit Mainz und Trier) bei einem Sachbearbeiter der ADD in Trier, der am 16.09.20 schreib, binnen „einer Vorlagefrist von 3 Wochen“, „den Sachverhalt“ aufklären zu wollen! –
Freilich: Kommt Zeit, kommt Rat! – Aber keine Antwort für anstehende Verkehrsprobleme!

Wir warten also weiterhin – was die Verantwortlichen in Stadt und Land nicht hindert ungebetene Fakten zu schaffen – wie die Walzwerkplanungen zeigen!

Nur am Rade sei hier erwähnt, dass das weitere in Auftrag gegebene Verkehrsströmegutachten der Stadt Trier – wie oben erwähnt - sehr unterschiedliche Situationen beurteilen müssen.

Einmal die neue, zusätzliche  Belastungssituation für die Schönbornstraße und ein anderes Mal die alte, wiederholt zusätzliche Belastungssituation für die Avelsbacher Straße!

Das perverse an der letzteren Situation ist aber, dass schon zu Beginn der Bürgerbeteiligung zur Erschließung des Baugebietes im Walzwerk, die zuständigen Moderatorinnen der Stadt, ausdrücklich (sic!) die Belastungen für die Avelsbacher Straße „ausklammern“ (sic!) wollten und ausgeklammert haben (sic!). Diese Belastungen und Lösungen seien erst zu einem späteren Zeitpunkt relevant, nämlich bei der Erschließung des neuen Bauhofes der Stadt am Grüneberg (vorgesehener Baubeginn bis 2030 (sic!) im mittelfristigen Mobilitätskonzept). –

So geht das schon seit Jahren und Jahrzehnten! –

Ehrlich gesagt: Es fällt mir persönlich zunehmend schwer, all diese Planungsansätze der politisch Verantwortlichen in der Stadt Trier wirklich noch ernst zu nehmen!

Also werde ich eine E-Mail an die ADD schreiben und nachfragen, was mit der Tempo-30-Regelung des Landes RLP in Bezug auf die Avelsbacher Straße los ist? –

Der von den Anwohner/innen der Avelsbacher Straße des Weiteren in Erwägung gezogene Antrag auf eine mobile Verkehrsschadstoffe-Belastungs-Messung vor Ort, um gegebenenfalls ein generelles „Dieselfahrverbot“ für den Teilabschnitt in der Avelsbacher Straße gerichtlich durchzusetzen, steht weiterhin im Raum (Vgl. oben Brief an den Baudezernenten in Trier) – ohne dass sich die wohlinformierten Fraktionen, noch die Stadt oder das zuständige Ministerium in Mainz dazu geäußert hätten, obwohl wir Anwohner/innen eine für alle friedliche Tempo 30 Reduzierung für diesen 800 Meter langen Streckenabschnitt präferieren.

Der Aufmerksame Beobachter wird an dieser Stelle erkennen, dass das oben angeführte Kriterium des zügigen „Verkehrsflusses“ im Gutachten für das Walzwerk mit einer guten Bewertung ( A = 1) keineswegs zureichend ist. Langsamer fließt der Verkehr eben auch „gut“ – nur wesentlich leiser, worauf es den Anwohner/innen in der Avelsbacher Straße seit nunmehr zwanzig Jahren aber ankommt! - Leider nicht in Zusammenarbeit mit den politisch Verantwortlichen. -

Aber: „Das Gutachten besagt, dass die Verkehrsanbindung SO möglich ist“ (TV, ebd.)

So sieht die Welt aus!  - Man muss sich überhaupt nicht wundern!

(12.10.20)  


Für Paul
                 (und alle anderen)

Nur Bestes wollte, wer sich mühte,
jedoch auch negativ gesehen.
Es kommt daher auf das Gefühlte
an. - Und nicht im Leid zu vergehen!.

Angekommen ist, wer nicht vergeht,
bevor er andere anerkennt
und würdigt wie sich selbst; wer besteht
auf das, was er zuvor benannt!

Das Beste aber bleibt verschlossen,
selbst schrittweise angenähert,
für den, der glaubt, es zu besitzen;
nicht aber für den es sich bewährt!

Denn einmal bewährt, nützt es immer
anderen auch zum Beleben.
Wer es je erfahren, stribt nimmer!
Es sei -, was wir Dir gegeben.

(02./03.10.20)


So schön ist Trier – wenn man ‚nicht bis drei zählen‘ kann!

Teil 1
Man möchte fast meinen, Verona Kerl, eine TV-Reporterin, hätte eine poetische Ader an den Tag gelegt, wenn sie ihren Artikel, „Mega-Stau wegen Vollsperrung in Trier-Olewig“ (TV, 24.09.20), mit den Worten beginnt:
„Die Fahrt mit dem Auto nach Olewig, Tarforst, Filsch oder Umlandgemeinden wie Pluwig ist zur Zeit ein Geduldsspiel: Gas, Bremse, Kupplung. Gas, Bremse … Im Schneckentempo kriecht der Verkehr durch Domänenstraße und Avelertal. Gas, Bremse Kupplung. Anfahren am Berg. Dann wieder Stillstand. Es ist 16.30 Uhr. Berufsverkehr“ (TV, ebd.).

Die Alltagsromantik in der Avelsbacher Straße sieht jedoch etwas aus: Besagter „Berufsverkehr“ beginnt hier schon um 5.00 Uhr morgens in der Frühe und endet erst gegen 23.00 Uhr in der Nacht, wenn die letzten Kneipengänger/innen nach ihrem Kulturgenuss in Trier ihre Wohnsilos in den Höherstadtteilen oder in den „Umlandgemeinden“ mit dem Auto noch sehr schnell aufsuchen wollen! – Zunehmend seit nunmehr zwanzig Jahren!

Noch fantastischer mutet der Schlusssatz ihres Artikels an, wenn Frau Kerl - so ziemlich undifferenziert - schreibt:
„Für die geplagten Verkehrsteilnehmer [sic!] und Anwohner [sic!] der Umleitungsstraßen heißt das: weiter Zähne zusammenbeißen [sic!] und Geduld [sic!] üben“ (TV, ebd.).

Immerhin: Es gilt nur „die Zähne zusammenzubeißen“. Das hörte sich vor zwanzig Jahren schon mal dramatischer an, als der erst kürzlich verstorbene TV-Redakteur, Jörg Pistorius, meinte kommentieren zu müssen, die gebeutelten Anwohner/innen in der Avelsbacher Straße müssten sich bis auf weiteres daran gewöhnen, „den Feinstaub“ der Petrisberger Neubaubewohner/innen „zu fressen!“ (TV, 2004), weil Hubschrauberlandeplätze auf dem Petrisberg nicht vorgesehen seien! – Nun also: „Zähne zusammenbeißen“! Ja, das ist doch viel gesünder!

Nachdem sich die Stadt mittels der Medien doch sehr bemüht hat, „Aufklärung“ und „Verständnis“ für die umfahrenden Autofahrer und Berufspendler/innen der Höhenstadtteile anzubieten, wundert man sich als „Anwohner“ der Avelsbacher Straße doch sehr, dass die mit der „Umfahrung“ zusätzlichen Verkehrs über ganze zwei Wochen hinweg „Feinstaub fressenden“ Anwohner/innen mit keinem Wort erwähnt werden, so als sei das alles so sehr „selbstverständlich“, dass es dazu keines anerkennenden Wortes bedarf. Wissen wir doch, dass die Stadtverwaltung – abgesegnet durch mehrheitlichen Beschluss des Stadtrates – der Meinung ist, dass die „Wohngebiete in den Höhenstadteilen“ den Vorzug der „Verkehrsberuhigung“ verdienten, so dass die Anwohner/innen in der Avelsbacher Straße in Kauf zu nehmen hätten, den zusätzlichen Verkehr täglich in einer als „Durchfahrtsstraße“ titulierten Landstraße freundlich- frohleckend begrüßen dürfen zu sollen. – Tatsächlich wurde der „Ausbau“ der Avelsbacher Straße in den Jahren 2001 bis 2004 vor Beginn der Landesgartenschau aber als „Rückbau“ [!] zu einer „Anliegerstraße“ den Anwohner/innen „verkauft“, wofür sie zudem auch kräftig zur Kasse gezogen wurden wegen der Eigenbeteiligungen am Straßenrückbau mit Parkbuchten! Von einer „Vollsperrung“ der Avelsbacherstraße (mit Durchfahrt nur für Anlieger) war damals unter dem Baudezernenten Dietze (SPD) die vollmundige (Lügen-)Rede.

Es macht daher einen riesen Unterschied, ob man als "Anwohner/in" durch Lärm und Abgase "geplagt" von der derzeitigen Verkehrssituation in Kürenz ist oder ob man als "Verkehrsteilnehmer/in" "geplagt" ist, weil man im 'Stau steht. - Die überwiegende Mehrheit der Abwohner/innen in der Avelsbacher Straße bevorzugt eine "Lärmreduzierung" durch die Einführungen von Tempo 30 in der Avelsbacher Straße. Eine Maßnahme, die die Stadt Trier derzeit unter Berufung auf eine Landesgesetzgebung nicht umsetzen will, obwohl es jetzt zahlreiche Ausnahmen von der Regel, dass auf Landstraßen nicht unter Tempo 50 gefahren werden soll, wegen des gewollten "Verkehrsflusses", dessen Lautstärke allerdings, die von den Anwohner7innen gewünschte gesundheitsgefährdende Abgas- und Lärmreduzierung plausibel macht. Die ADD ist derzeit mit einer Stellungsnahme beschäftigt, von der man nur hoffen kann, dass hier mit gesundem Sachverstand geurteilt werden wird. Denn eine billigere Maßnahme zur Lärmreduzierung gibt es für die Avelsbacher Straße nicht! - Warum sollten die Menschen, die oberhalb auf dem Petrisberg wohnen, nicht Rücksicht nehmen wollen, wenn sie dadurch die Unerträglichkeiten in Avelsbacher Straße strak reduzieren können? - Es gibt hierfür keine gescheiten Gründe! Denn 800 Meter mitten in der Stadt auf Tempo 30 zu reduzieren, würde den gewünschten Verkehrsfluss in der Avelsbacher Straße ja nicht zum Erliegen bringen! - Das muss man aber zum Wohle anderer wollen (können dürfen)!

In der Nachbargemeinde Schweich stehen die Anwohner/innen vor dem gleichen Dilemma (vgl. TV 25.05.20). Der Trierer Bauderzent A. Ludwig meinte dazu kürzlich in einem Schreiben, dass die Tempo 30 Maßnahme in Schweich auch nicht umgesetzt werden könne. Ob die Stadt Trier sich allerdings überhaupt für diese Temporeduzierung aktiv bei der ADD einsetzt, geht aus dem Brief nicht hervor. - Zu Erwarten ist es jedenfalls nicht, denn die Idee zur Lösung der Lärmproblematik ist schon über zwanzig Jahre alt, in denen sich diesbezüglich nichts getan hat! (Da mögen die Orts- und Stadträte sagen, was sie wollen. Nennenswerte Unterstürtung gab es bis nicht! -

Insofern ein Stau lärmreduziend wirkt, gilt: Der Stau kann also weitergehen!


Teil 2.
Wenn wir daher jetzt im Volksfreund lesen müssen, dass ein neues „Mega-Amt“ in den nächsten Tagen auf den Grüneberg umzieht (vgl. den Artikel: „Umzug auf den Grüneberg: Neues Mega-Amt nimmt Arbeit auf“, von Christa Wolff, TV, 25.09.20), dann fragt man sich – wiederum (!) - als betroffener Anwohner schon, was von den Mengenangaben „zusätzlichen“ [sic!] Verkehrs, der, wie so oft, nur in kleinen Nebensätzen benannt wird, zu halten ist?

Die Rede ist hier zunächst von nur „90 Mitarbeiter/innen“ des Innendienstes, die aus der Innenstadt auf das Gelände beim Grüneberg/Riverisstraße umziehen werden – und zwar mit ihren jeweiligen Autos zur An-und Abfahrt zum neuen Arbeitsplatz, was wir an dieser Stelle schon mal ergänzen wollen!   

Damit aber nicht genug:
Wenige Sätze weiter steht folgende Passage:
„Bis die LKW, Müll- und Kehrwagen, Maschinen und Geräte für die Pflege von Grünanlagen und das sonstige Materiallager am Grüneberg stationiert sind, wird allerdings noch einmal rund ein Dreivierteljahr ins Land ziehen“ (TV, ebd.).

Diese Aussage beruhigt doch ungemein! Immerhin nur „rund ein Dreivierteljahr“ (TV, ebd.) bis die Verkehrsbelastung zwar ungefragt, aber wiederum auf explizitem Verwaltungs- und Stadtradtsbeschluss [sic!] erneut in der Avelsbacher Straße zunehmen wird. Hierbei ist noch nicht einmal berücksichtigt, dass auch die Zufahrt zur Erschließung des neuen Wohngebietes auf dem Gelände des ehemaligen Walzwerkes in Kürenz über die Avelsbacher Straße/Ecke Nellstraße stattfinden soll. (Der TV-Reporter Herr R. Neubert sprach unlängst in einem seiner Artikel von einer zusätzlichen Verkehrsbelastung von „2500 zusätzlichen Autos“. Eine Zahl, die er mir auf Nachfrage aber nicht betätigen wollte. Eine diesbezügliche €-Mail blieb unbeantwortet).
Das ist aber noch nicht alles:
„Die insgesamt rund 250 Mitarbeiter [sic!] der nun fusionierten Ämter sind alle begeistert vom Umzug“ (TV, ebd.) – und man fragt sich: Warum nicht?

Also insgesamt „250 Mitarbeiter/innen“ werden sich demnächst in ihre Autos setzen, um durch die Avelsbacher Straße (von oben oder von unten -ganz egal) für zusätzlichen Verkehr zu sorgen! Die sparsame Antwort der Amtsleiterin, Frau Schacht, spricht geradezu „Züge“: „Ja, das ist so“ (TV, ebd.). Sehr viel Besseres, weil Differenzierteres, ist allerdings vom zuständigen Straßenbauamt bzw. vom verantwortlichen Baudezernenten, Herrn Ludwig (CDU), auch nicht zu hören, wie ein umfangreicher Fragenkatalog, den ich Mitte des Jahres an alle Fraktionen und das zuständige Dezernat verschickt hatte, belegt (vgl. Homepag: „johannes-verbeek“, Button: „20 DAS ROTE TUCH 20“ unter entsprechendem Datum). –

Dass wir Anwohner/innen diese Verkehrssituation und politische Haltung mehr als nur „blamabel“ halten, bedarf keiner Ausführungen mehr!

Die entsprechende Frage lautet nämlich: Wie stellen sich die politisch Verantwortlichen in der Stadt und die Entscheider in den Fraktionen ebenso eine entsprechende Verkehrsanbindung nicht nur für die Mitarbeiter/innen, sondern für den noch umfänglicheren gesamten Fuhrpark dieses neuen „Mega-Amtes“ vor. – Schweigen! Und nur der Verweis auf das immer Kleingedruckte: Bis zum Jahr 2030 soll mit einer eigenen Zufahrt, die die Avelsbacher Straße dann auch Teilentlasten soll, damit der zusätzliche Verkehr dadurch kompensiert werden kann [sic!], begonnen werden, wie es das mittelfristige [sic!] Mobilitätskonzept vorsieht. – Allerdings fragt ‚man‘ sich: Wieso nur „mittelfristig“ und wieso erst nach einer vollständigen Generation (30 Jahre) Wartezeit? So, als ob es bis dahin keine einzige Verkehrszunahme gegeben hätte beim Ausbau der neuen mittlerweile rund 8 Höhenwohngebiete, und der behauptete „Ausbau“ der Avelsbacher Straße niemals eine zunächst geplante „Rückbauung zur Anwohnerstraße“ (Dietze: 2004) gewesen wäre? Entlastet durch die geplante und „belogene“ [sic!] „Umgehungsstraße“ Kürenz? –

Alles das zusammen wird verschwiegen und seit der Amtszeit der Baudezernentin Frau Kaes- Torchiani (CDU) immer wieder nicht thematisiert, obwohl die grüne Stadträtin, Frau Anja Reinerman-Matatko, wiederholt im Stadtrat verlautbarte, dass Stadträte die Aufgabe hätten, insgesamt „das Ganze“ der Stadt im Auge zu behalten. –  Eben: „das Ganze“! Dazu dürfte seit nunmehr als über zwanzig Jahren auch die Avelsbacher Straße gehören. – Sie tut es aber nicht! Denn es wird verkehrstechnisch immer nur „draufgesetzt“ und nie „entlastet“! -

(Man komme mir jetzt nur nicht mit dem „passiven Lärmschutz“, der in Form von Schallschutzfernstern in einigen Häusern auf Kosten der Stadt nachgerüstet wurde, nachdem die Stadt höchst richterlich aufgrund einer Normenkontrollklage der damaligen Bürgerinitiative „Lebenswertes Kürenz“ dazu „verdonnert“ werden musste und der Klage vom Oberverwaltungsgericht in Koblenz stattgegeben wurde. Von bürgerfreundlicher Freiwilligkeit der Stadt Trier - samt damaligem Stadtrat - kann hier also nicht die Rede sein! - Und das hat sich bis heute nicht verändert!)

Teil 3
Vor diesem Hintergrund belustigt es doch ungemein, wenn schließlich eine Überschrift im Volksfreund lautet:
„Trier auf dem Weg zur Fußgänger- und Fahrradstadt“ (TV, 30.09.20).

Eine neue Studie soll das belegen (vgl. ebd.). Nun das mag sein und freut mich sehr! - Allerdings sind die damit verbunden Effekte, die als „Beschluss für das Mobilitätskonzept (MoKo) 2025 gefasst“ (TV, ebd.) und schon mal als „ambitionierte Ziele gesteckt“ (TV, ebd.) und von der ehemaligen Baudezernentin Frau Kaes-Torchinani (CDU) vorab festgeschrieben wurden, mehr als bescheiden!

Ob diese Studie denn auch wird belegen können, dass – wie behauptet - „seit 2013 Entwicklungen bei der Wahl der Fortbewegungsmittel“ (TV, ebd.) stattgefunden haben, tatsächlich auch positive Auswirkungen auf den übermäßigen Verkehr in der Avelsbacher Straße haben werden, darf bei allem Wohlwollen ernsthaft bezweifelt werden!

Daher mutet es ziemlich lustig an, wenn in diesem Artikel der derzeitige Dezernent, Andreas Ludwig (CDU), als ein Mitbürger beschrieben wird, „der meist mit dem Fahrrad und zu Fuß in der Stadt unterwegs ist“ (TV, ebd.).  – Wohlauf!

Aber wer hätte den verantwortlichen Dezernenten schon mal „mit dem Fahrrad“ durch die Avelsbacher Straße radeln oder locker „zu Fuß“ durch den Ortsteil Altkürenz schlendern sehen? – wohlmöglich gar noch im Gefolge der grün-linken Radfahrer-Fraktionen im Stadtrat, die sich neuerlich für die Schließung der Römerbrücke für den Autoverkehr breit macht? – Eben?! – Niemand! – Und das sagt alles über die Bedeutung dieser Entwicklungen bei der Wahl der Fortbewegung!

Die Mitarbeiter/innen des neuen „Mega-Amtes“ samt ihrem emensen Fuhrparks ebenso, wie die Neubewohner/innen des Walzwerkgeländes in Altkürenz, genauso wie die Bewohner/innen des Trierer Umlandes, werden nicht mit dem Fahrrad oder zu Fuß die Avelsbacher Straße vom Verkehr entlasten, um zu ihren neuen Arbeitsplätzen zu gelangen.

Dieses Wissen mal vorausgesetzt, muten die folgenden Sätze für Anwohner/innen in der Avelsbacher Straße doch ziemlich zynisch an:
„Wir sind auf einem guten Weg, um die Ziele des Mobilitätskonzeptes [2025] zu erreichen“ (TV,eba.). –

Klar sind wir das, nur nicht in der Avelsbacher Straße, die aufgrund ihrer städtebaulichen Besonderheit, eine enge Straße mit sog. „Tunneleffekt“ ist, wodurch die Lärm- und Abgaswerte sich gegenüber vergleichbaren Straßen potenzieren. Ein  Umstand, den die „Stadtplanungs-Empiriker“ nicht wahrhaben wollen, weil sie keine „Messungen vor Ort“ , sondern lediglich standardisierte Vergleichsrechnungen vornehmen, die wesentlich günstigere Werte darstellen, um sie dann bei der Stadt abzuliefern. – Auch darüber wäre noch einiges zu sagen, wenn man nur bis drei zählen könnte!
(01.10.20)    

Generaldebatte: Zu Moiria auf Lesbos

Die Schweine darf man nicht mehr Schweine nennen.
Und Affen reden dummes Zeug.
In Parlamenten stehen Redner/innen
fein lackiert und glänzend, wippend

vor dem Pult. - Aber man weiß nicht,
was sie meinen, wenn sie reden,
scheinbar über andere Welten,
nur nicht über das, was offensichtlich ist.

Und so sitzen alle Esel still Zuhaus
im Sofa, essen Chips und wundern sich,
was man so alles sagen kann ...; Wenn ..., überhaupt ...
Wortschwälle, Wasserfälle - doch es tut sich nichts!



Bevor wir vergehen

Vor den Augen schwarze Tannen,
aber hell der Blick ins Licht.
Grau, verwüstet Lebensspannen,
die verenden aber nicht!

Suchen nach dem Sinn des Lebens?Mitten, innerhalb der Nacht?Überall und hier vergebens,
letztlich vor die Wand mit Macht!

Alte Bilder sind verblassen,
die Konturen sind nicht mehr.
Gegenseitig wird verlassen,
wen wir lieben - auch so sehr.

Voll Entsetzen, ohne Fassung,
werden wir Zugrunde gehen.
Aufgelöst mit guter Passung
sind wir Eins und bleiben stehn.

Alle Tage sind vergangen.
Wir sind lange schon Gestein.
Das Bild zu Sa'is ist verhangen.
Ohne Bewußtsein auch kein Sein.
(30.0920)

Europaweite Unterschriftenliste zum Bedingungslosen Grundeinkommen
jetzt international Unterstützen!!!

Infos unter Folgendem Link:

https://eci.ec.europa.eu/014/public/#/screen/home

Je mehr hier Unterschreiben, desto größer der Einfluss darauf, dass sich was tut!
(28.09.20)


Schäbige Spielchen beginnen durch die Arbeitgebervertreter/innen im Öffentlichen Dienst

Dazu eine Stellungnahme der AG Betrieb und Gewerkschaft vom 23.09.20:

Liebe Genossinnen und Genossen,

die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst sind im vollen Gange. Die Arbeitgeber mauern und fordern eine Nullrunde. Diese wird unter anderem auch damit begründet, dass Lohnerhöhungen den Spielraum für Investitionen in Bildung, Infrastruktur oder Klima kleiner machen würden.

Das ist natürlich ein durchsichtiges Manöver und der Versuch, die Beschäftigten, die noch vor wenigen Wochen als systemrelevant beklatscht wurden, gegen alle anderen auszuspielen. Wir rufen Euch daher auf, den Kolleginnen und Kollegen vor Ort in euren Kommunen den Rücken zu stärken und die Solidarität der Partei zum Ausdruck zu bringen. Im Anhang findet ihr dazu eine Resolution, die in dieser Woche bereits von der Bundestagsfraktion verabschiedet wurde und die ihr als Vorlage für eigene Resolutionen und Pressemitteilungen verwenden könnt.

Wir sollten deutlich machen, dass die Tarifrunde im ÖD keine normale betriebliche Auseinandersetzung ist, sondern dass es gewählte Politikerinnen und Politiker sind, die hier in ihrer Rolle als Arbeitgeber am Verhandlungstisch sitzen. Wer von den Beschäftigten Verzicht verlangt, der sollte erklären, warum eine Vermögensabgabe noch immer nicht eingeführt wurde.

Wir wünschen euch viel Erfolg in den Auseinandersetzungen vor Ort.
 
 Solidarische Grüße
 Euer Bundessprecher*innenrat
 Betrieb & Gewerkschaft
(24.09.20)

Ein ARTIKEL zum Nachdenken von Rüdiger Rauls:
(Altlinker und Weggefährte in der AG: Die-Linke-Stadtpolitik-Trier)

(Der Artikel gibt die Meinung des Autors wieder und nicht (ausschließlich) die des Herausgebers.)

Zum Thema Mali: Analyse der Berichterstattung

Zum Text [weiter]


(17.0929)



Die Linke hat sich festgelegtAuf ihrem heutigen Nominierungsparteiltag hat sich die Linke auf zwei Genossen/innen festgelegt, die im nächsten Jahr antreten wollen, um Bundestagsmandate zu erringen.

Es gilt Alexander Ulrich (MdB) und Katrin Werner (MdB) zu gratulieren!

Sie haben sich, wie in den letzten 10 Jahren, die ich überblicken kann, wiederholt (gegen mögliche Gegenkandiaten/innen) durchgesetzt. Andere linke Gesichter gab und gibt es nicht - Anscheinend!

Von daher gilt es an dieser Stelle - dialektisch wohlkorrekt (sic!) - auch den Gegensatz theoretisch zu würdigen:
Es tut mir für "Die Linke" als Partei unendlich leid, denn ich bedauere und trauere mit ihr, dass sie sich nicht entschieden genug für eine personelle Rundumerneuerung hat durchringen können. - Schade! Wirkich schade und zu dumm!

Denn wer glaubt noch wirklich daran, dass von diesen beiden - spießbürgerlich etablierten - Abgeordneten eine revolutionäre, politische Veränderung zum Wohle der Bürger/innen in der BRD wird ausgehen können?

Als ein Klotz am Beine zieht die Linke sich selbst mit diesen beiden in den bedeutungslosen Abgrund! Es sei denn, "man" ist ist - wie immer - mit einer einstelligen Prozentzahl, die bei Bundestagswahlen auch schon mal etwas höher ausfallen kann (!), zu frieden mit den Wählerstimmen!?

Ein "Aufbruch" ist das Ganze wirklich nicht!

Da kommt es Alexander Ulrich (MdB) doch sehr gelegen, dass er - wie er selber in den Nachrichten (13.09.20, SWR-RLP, 19.45) verlautbaren konnte, von vielen Gewerkschaftern geradezu gebeten wurde (sic!) in dieser harten Zeit erneut - und gegen seine eigenen Bedenekn - wiederholt und immer wieder neu zum Wohle der Genossen*innen und aller anderen (!) im Lande RLP (und immerhin auch für die BRD) das schwere Amt mit zu leichten Diäten anzutreten.

(Die Diäten der Bundestagsabgeordneten wollen wir hier als "bedinungsloses Grundeinkommen" (BGE) werten, für das Alexander Ulrich als Gewerkschafter allerdings keine gute Silbe übrig hat! - Die eigenen Argumentationen der Linkspartei blicken nicht einmal alle Mitglieder*innen und Mandatsträger/innen, von denen auch der anwesende Bundesfraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch (MdB) nur einer unter anderen ist. (vgl. weiter unten die Kommentare zum BGE auf dieser Homepage, sowie die Broschüre der Linken zum BGE mit grundständiger der Kostenkalkulation!)

Katrin Werner (MdB) darf sich immer wieder auf's Neue freuen, denn, wenn der Listenplatz-Erste männlichen Geschlechts ist, dann muss der zweite Listenplatz gendergerecht laut Satzungen mit einer Frau oder "divers" besetzt werden.

So lassen sich Posten gut besetzen! Leider lassen sich so aber kaum Wahlen gewinnen! -
Das "System Ulrich" bzw. das "Ulrich-Werner-Kartell" wird mehrheitlich fortgesetzt und führt die Linke doch zu nichts mehr!
(vgl. dazu die Anträge des Kreisverbandes Vulkaneifel auf dem LPT der Linken in Bad Dürkheim vom 30.11.2019!)

Schade so! - Wobei es doch gerade bei der kommenden Wahl darauf ankommen könnte, etwas "an Gewicht" zuzulegen, um so gegenüber den schwächelden Genossen*innen bei der Bundes-SPD auftrumpfen zu können und ihnen gegebenenfalls unter die Arme greifen zu können - wenn gewollt und wenn denn nötig!?

Große Aussichten sind das allerdings nicht. -

Wenn ich jetzt noch einmal von einem "Glückwunsch" spreche, dann wird das Wohl oder Übel kaum mehr als ironisch zu verstehen sein. - Leider! - Dialektisch, d.h. unabhänging von Personen, rein sachlich eben!

Wenn die Linke schlaff und matt ist und die SPD am Boden liegt, dann könnte es an der Zeit sein, über neue (linksaktive) Parteien nachzudenken zu müssen! 
(13.09.20)


     

Ein ARTIKEL zum Nachdenken von Rüdiger Rauls:
(Altlinker und Weggefährte in der AG: Die-Linke-Stadtpolitik-Trier)

(Der Artikel gibt die Meinung des Autors wieder und nicht (ausschließlich) die des Herausgebers.)

Das politisierte Virus  

Das Covid19-Virus ist nicht nur eine Gefahr für Leib und Leben, es bedroht auch das Gefüge der globalen Beziehungen und stellt die Stabilität besonders der westlichen Gesellschaften in Frage.  

Verspekuliert  
Im Jahre 2015 hatte China die Initiative „Made in China 2025“ ausgerufen. Damit hatte das Land gewagt, seinen Anspruch auf die technologische Führerschaft in der Welt zu anzumelden. Dieser Plan sägte  am Thron des Wertewestens, der damals immer noch gefangen war in der Vorstellung, dass China die Werkbank der Welt sei und auf absehbare Zeit auch bleiben werde.
Wieder einmal ist der Wertewesten über die eigene Überheblichkeit gestolpert. China hatte nicht zerlegt werden können wie seinerzeit die UdSSR durch die Strategie des „Wandel durch Annäherung“, und das Projekt Seidenstraße, das der Wertewesten  anfangs noch belächelt hatte, wurde zu einem überwältigenden Erfolg. Nun steht er abseits und muss mitansehen, wie sich die Seidenstraße zu einem gewaltigen Konjunkturprogramm für Chinas Wirtschaft entwickelt. Durch seine wirtschaftliche und finanzielle Kraft wächst zudem Chinas politischer Einfluss in der Welt. Für den Wertewesten unverständlich und unvorstellbar, hatte sich das Land ausgerechnet unter der Führung einer Kommunistischen Partei so gewaltig entwickelt, dass man darin nicht nur eine wirtschaftliche sondern zunehmend auch eine politische Bedrohung sah. So erklärte die EU im März 2019 China nicht nur zum wirtschaftlichen sondern auch zum strategischen Rivalen und Systemgegner.
Da man aber auf China als Abnehmer europäischer, hier besonders deutscher Waren angewiesen war, beließen es die Europäer bei einer politischen Auseinandersetzung unterhalb der Schwelle massiver Konfrontation. Zudem ist man in Brüssel angesichts des chinesischen Wirtschaftsengagement in einigen EU-Ländern nicht immer einer Meinung im Umgang mit China.
Dagegen versuchen die USA besonders unter Trump, Chinas wirtschaftlichen Aufstieg zu behindern, um die eigene Wirtschaft gegen die chinesische Konkurrenz zu schützen. Technologisch führende Unternehmen wie Huawei, ZTE und neuerdings auch Tiktok, Tencent und Alibaba werden behindert oder sollen gar ganz aus den westlichen Märkten gedrängt werden. Dabei argumentierten die USA in erster Linie politisch mit der Menschenrechtslage in Hongkong und der Uiguren oder aber schüren Ängste mit  unbewiesenen Spionagevorwürfen und verhängen Sanktionen.(1)

Westliche Fehleinschätzung  
Bei all diesen Maßnahmen des Wertewestens geht es nicht nur um wirtschaftliche sondern auch um politische Destabilisierung. Dabei ist nicht klar, ob man tatsächlich selbst glaubt, was man der westlichen Bevölkerung als Chinabild verkauft, also der eigenen Täuschung aufsitzt. Oder betreibt man bewusste Manipulation, indem man ein Bild von der chinesischen Gesellschaft zeichnet, von dem man weiß, dass es falsch ist?(2)
Wirkt man darauf hin, durch einen Regime-Change andere politische Kräfte in China an die Macht bringen zu können, die den westlichen Interessen dienlicher sind, oder will man durch die politischen Kampagnen nur eine Schwächung des Landes und damit eine Verlangsamung der Entwicklung erreichen? Jedenfalls wird von westlicher Seite nichts unversucht gelassen, Chinas Aufstieg zu behindern.
Neben der Uigurenfrage und den Versuchen der Einflussnahme in Hongkong war die Corona-Epidemie ein weiterer Ansatzpunkt in der westlichen Strategie der Einmischung und Destabilisierung. Schon früh war deutlich geworden, dass die Seuche nicht nur ein medizinisches Problem war, sondern in ganz besonderem Maße auch zu einem politischen aufgebauscht wurde. Es sollte Auskunft geben über die Stärke der jeweiligen gesellschaftlichen Systeme.
So orakelte die Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Chinas autoritäre Regierung kämpft nicht nur gegen das Virus. Das gesamte System steht in Frage“(3). Wenige Tage später fragt Reinhard Veser in seinem Kommentar: „Wird am Ende das Coronavirus zum Entzündungsherd für das politische System Chinas?(4). Wenn auch nicht ausgesprochen, so ist der Wunsch doch unüberhörbar, dass dies so eintreten möge. Angesichts der ständigen Einmischungsversuche vonseiten des Westens, schien man in Peking keine Zweifel zu hegen, dass auch Corona zu politischen Zwecken benutzt werden würde. Dessen eingedenk erklärte die Kommunistische Partei Chinas, „das Virus sei ein Test für die Überlegenheit des chinesischen Systems“(5).
Das war am 1.2.2020, als die Epidemie noch nicht voller Stärke in Europa und den USA angekommen war. Man wiegte sich hierzulande noch in der Sicherheit, aufgrund des eigenen überlegenen Gesellschaftssystems keinerlei Gefahren ausgesetzt zu sein. So beruhigte Gesundheitsminister Jens Spahn noch am 27.1.2020 die Deutschen, „dass der Krankheitsverlauf beim Coronavirus milder sei als etwa bei einer Grippe … Und wir bekommen auch einen Masern-Ausbruch in Deutschland mit deutlich milderen Maßnahmen in den Griff, als wir sie derzeit in China sehen."(6)
Während also Spahn felsenfest überzeugt war von der westlichen Überlegenheit, war man in Peking bescheidener: Man sah die Herausforderung an als einen Test für die eigene Überlegenheit, deren Beweis erst noch erbracht werden musste. Und entsprechend dieser verschiedenen Einstellungen handelte man auch unterschiedlich. In Peking ließ man seinen Worten Taten folgen. China vollbrachte die „logistische Meisterleistung … innerhalb von wenigen Tagen nicht nur ein Krankenhaus mit 1500 Betten, sondern sogar ein zweites mit weiter 1000 Betten für die Vireninfizierten aus dem Boden zu stampfen“(7).
Gegenüber diesen geschaffenen Tatsachen als Nachweis von Handlungsfähigkeit entpuppten sich die vollmundigen Worte Spahns später als heiße Luft. Bei der Ankunft der Epidemie im Wertewesten offenbarte sich die vorgetragene Selbstsicherheit seiner Politiker, aber auch deren Ignoranz als unverzeihliche Überheblichkeit mit schwerwiegenden Folgen für die Bevölkerung.
An dieser Handlungsfähigkeit Chinas musste sich fortan der Westen messen lassen. Wie sollte man sonst der eigenen Bevölkerung erklären, dass ein Gesellschaftssystem, das von den westlichen Meinungsmachern immer als menschenverachtend dargestellt wurde, mehr Anstrengungen für das Wohlergehen der eigenen Bürger unternahm und dabei erfolgreicher war als die hochgelobten freiheitlichen Demokratien? Das ist der Kern der Ungereimtheiten, die viele Bürger im Verhalten der eigenen Politiker nicht verstehen und deshalb als Ausdruck von Machtgier oder hinterhältigen Plänen der Eliten deuten.(8)  

Kleinlaut geworden  
Es dauerte nicht lange, bis dem Wertewesten die eigene Überheblichkeit auf die Füße fiel. Schon bald dämmerte auch hierzulande den Meinungsmachern, dass das Virus all das im eigenen Lande verursachen konnte, was man dem chinesischen System noch wenige Tage insgeheim gewünscht hatte: Zweifel und Unruhe in der eigenen Bevölkerung.
Noch am 3.3.2020 hatte die FAZ vollmundig die Vorteile des sogenannten demokratischen Rechtsstaats gegenüber dem „autoritären“ chinesischen hervorgehoben: „Ein gut eingespieltes föderales System mit Entscheidungsträgern auf allen Ebenen ist im Endeffekt auch effektiver als zentrale Befehlsstrukturen“(9). Doch bald wurden erhebliche Probleme in Deutschland, aber besonders in den Ländern der Corona-Leugner USA, Brasilien und Großbritannien in der Bewältigung der Epidemie offensichtlich. Selbst Länder wie Italien und Spanien, die die Seuche von Anfang ernst nahmen und mit allen Mitteln zu bekämpfen suchten, mussten nun erkennen, dass sie einer Gefahr gegenüber standen, die mit den herkömmlichen Mitteln schlecht unter Kontrolle zu bringen war.
Es war halt doch mehr als Spahns kleingeredeter „Masern-Ausbruch“. Diese „für den Menschen ansteckende neuartige Viruserkrankung …  lässt sich bisher nicht vollständig in die Karten schauen.“(10) So musste denn auch eben jener Reinhold Veser, der am 8.2.2020 noch Corona als Entzündungsherd für das chinesische System gesehen hatte, erkennen: Die „Krise ist so tiefgreifend, dass sie zur Gefahr für die Legitimität eines jeden politischen und wirtschaftlichen Systems werden kann“(11).

Späte Würdigung 
Von da an gings bergab mit der westlichen Überheblichkeit. Erstens musste man feststellen, dass in der Folge China die Lage im eigenen Land wesentlich besser in den Griff bekam, als man im Wertewesten erwartet hatte und wahrhaben wollte. Darüber hinaus aber konnte das Land durch seine Hilfsmaßnahmen politisch sogar gegenüber dem Westen in die Offensive gehen. So musste der Prophet des chinesischen Untergangs, Reinhard Veser, in seinem Kommentar am 28.3.2020 feststellen, „dass es China und Russland gelungen ist, sich in Italien zu großen Helfern in der Not zu stilisieren“(12). Dabei sei es der EU nicht gelungen, „politisch und kommunikativ auf die großangelegte propagandistische Verwertung der alles andere als selbstlosen Hilfeaktionen Pekings und Moskaus“(13) zu reagieren.
Dass der Westen dazu nicht in der Lage war, lag nicht an technischem oder politischem Versagen. Vielmehr ist das dem Umstand geschuldet, dass die wirklichen Ereignisse keine propagandistische Darstellung westlicher Erfolge hergaben. China war der Gewinner in diesem Kampf der politischen Systeme, und da half in der Folge nur noch eins: Man schwieg im Westen tot, was man durch die Wirklichkeit nicht widerlegen konnte: Chinas Erfolge.(14)
Denn je weiter die Epidemie im Westen voranschritt, umso mehr fielen die Ergebnisse westlicher Seuchenbekämpfung hinter die chinesischen zurück. Oder aber man war gezwungen, dieselben Mittel und Methoden anzuwenden, die man wenige Wochen zuvor noch bei China als diktatorisch oder autoritär angeprangert hatte: Maskenpflicht, Quarantäne, Fieberkontrolle und Tracking-App. „Aus ostasiatischer Perspektive aber hat Deutschland in der Pandemie versagt“(15). So lautete die vernichtende Abrechnung der FAZ nach einem halben Jahr Corona-Bekämpfung, wobei Deutschland im Verhältnis zu den Staaten der Corona-Leugner noch sehr gut dasteht. Mit dieser ostasiatischen Sicht ist aber nicht der chinesische Blickwinkel gemeint. Als Vorbild in der Pandemie-Bekämpfung wird Japan dem westlichen Medienkonsumenten vorgestellt. China wird gar nicht mehr erwähnt. Aber die Wirklichkeit lässt sich nicht verleugnen. In einem unscheinbaren Artikel der FAZ über eine Poolparty in Wuhan – und nicht nur dort - mit Tausenden von Badegästen gewährt man dem westlichen Medienkonsumenten dann doch noch einen Blick auf die Wirklichkeit: „Die Regierung hat von Anfang an auf eine Ausrottung des Virus gesetzt und nicht nur auf eine Abflachung der Infektionskurve wie zum Beispiel Deutschland. Dafür hat das Land drastische Maßnahmen ergriffen, die sich jetzt auszahlen“(16).
Das belegen auch die Wirtschaftszahlen. „Die Prognosen, dass die Epidemie die chinesische Wirtschaft in den Abgrund reißen werde, haben sich nicht bewahrheitet. … Chinas Wirtschaft legte im zweiten Quartal … im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,2 Prozent zu“(17). Es war damit das einzige Industrieland, das ein Wachstum verzeichnen konnte. Das ist eine späte Würdigung der chinesischen Verdienste durch Berichterstatter der FAZ, die ansonsten nicht bekannt ist für ihre Liebe zu China. Aber diese positive Darstellung fand sich nicht auf den vorderen Plätzen, wie sonst üblich für China-Berichte dieser Zeitung. Diese vorderen Plätze sind dort der Stimmungsmache gegen China vorbehalten.  

Gesellschaftliche Zerrissenheit  
Während also in China dank seiner Erfolge in der Seuchenbekämpfung wieder gefeiert werden kann, steigen die Infektionszahlen in den westlichen Staaten erneut an. Viele befürchten nun eine zweite Welle. Die Unruhe, die die westlichen Medien in China hatten herbeireden wollen, entstand nicht dort sondern in den eigenen Gesellschaften. Besonders in Deutschland haben die Maßnahmen der Regierung sehr unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen.
Während besonders in den Staaten, die von Corona-Leugnern regiert werden, die Untätigkeit der Regierenden angeprangert wird, werden hierzulande viele Einschränkungen des Alltagslebens als unangemessen kritisiert. Die westlichen Regierungen haben große Mühe, die eigenen Gesellschaften unter dem Druck der verschiedenen Gruppen und ihrer Forderungen zusammen zu halten.  Demgegenüber stand die chinesische Gesellschaft weitgehend geschlossen hinter den Maßnahmen ihrer Führung.
Die Politisierung durch das Virus fand nicht nur auf der zwischenstaatlichen Ebene statt. Diese Rivalität zwischen den Staaten wird nun zunehmend noch verstärkt durch das Wettrennen um die Markteinführung von Impfstoffen. Mit zunehmender Dauer der Pandemie breitet sich die Politisierung auch immer weiter innerhalb der Gesellschaften des Wertewestens aus. Zwar erhält die deutsche Regierung hohe Zustimmungswerte aus dem Großteil der Bevölkerung für ihr Krisenmanagement, obwohl es im Verhältnis zum chinesischen miserabel ist. Aber es wächst auch die Zahl derer, die durch diese Maßnahmen ihre Grundrechte, besonders das Recht der Meinungs- und Versammlungsfreiheit bedroht und Deutschland auf dem Weg in eine Diktatur sehen. Nichts verdeutlicht diese gesellschaftliche Zerrissenheit so sehr wie die sogenannte Grundrechts-Bewegung. In ihr offenbart ein Zersetzungsprozess, der sogar die verfassungsmäßigen Grundlagen der Gesellschaft angreift. Das Grundgesetz, auf das sich die Bewegung beruft und zu dessen Schutz sie sich aufgerufen fühlt, wird nur in den Bereichen respektiert, die ihrem besonderen Interessen dienlich sind, nämlich der Versammlungs- und Meinungsfreiheit.
Aber das Grundgesetz ist kein Menü, aus dem sich jeder herauspicken kann, was ihm gefällt, weil es seinen Sonderinteressen dienlich ist. Es bildet vielmehr den Kern des bürgerlichen Wertesystems, die DNA der bürgerlichen Gesellschaft. So hält es ausdrücklich in Art 2 Absatz 2 das Grundrecht  auf Leben und körperliche Unversehrtheit fest.
Dieses hohe gesellschaftliche Gut der bürgerlichen Errungenschaften, die unter Jahrhunderte langen Kämpfen und hohen Opfern gegen feudalistische Herrschaft erkämpft worden waren, scheint der Grundrechte-Bewegung gleichgültig und bedeutungslos. Jedenfalls findet dieser Artikel in der Argumentation ihrer Anhänger keine Beachtung. Gerade jedoch die Erfüllung dieses Artikels ist eine wesentliche Aufgabe des Staates. Auf diesem Auftrag des Grundgesetzes gründen letztlich die staatlichen Maßnahmen der Virusbekämpfung.
Selbst die sogenannten Schurkenstaaten, denen vonseiten des Wertewestens immer wieder der Respekt vor den Werten der Menschheit und der Menschlichkeit abgesprochen wird, fühlen sich dem Schutz von Leib und Leben der eigenen Bürger vor den Gefahren von Viren und Epidemien ebenso verpflichtet wie die westlichen Staaten. Es ist nicht erkennbar und schon gar nicht belegbar, dass sich diese Staaten mit dem Wertwesten gerade in der Frage der Pandemie-Bekämpfung gegen die eigene Bevölkerung verbündet haben sollen, wo sie doch sonst in fast allen gesellschaftlichen Fragen mit dem Wertewesten überkreuz liegen. Politisch offenbaren sich in der Existenz der Grundrechts-Bewegung Misstrauen und Ablehnung einer wachsenden Zahl von Bürgern gegenüber den Führungskräften der bürgerlichen Gesellschaft. Was also die Meinungsmacher hierzulande in der chinesischen Gesellschaft zu erkennen glaubten, beschreibt vielmehr die Situation im eigenen Land und vielleicht auch im Westen insgesamt. 

Wie weiter?  
Das Coronavirus politisiert nicht nur das Verhältnis zwischen den Staaten, es politisiert auch die Verhältnisse zwischen gesellschaftlichen Gruppen und Individuen. Diese Politisierung ist nicht Bestandteil des medizinischen Problems, d.h. einer Infektion, die sich zu einer Pandemie ausgeweitet hat. Aber es wird politisch genutzt für die jeweils eigenen Interessen.
Spätestens, wenn Medikamente gegen das Virus zur Verfügung stehen, wird sich die Frage nach der weiteren Existenz der Grundrechte-Bewegung stellen. Was wird von ihr bleiben? Kann ein Ziel ausgegeben werden, das über den Protest gegen die aktuellen Einschränkungen hinausgeht und dessen Verwirklichung von einem großen Teil der Bevölkerung als gesellschaftlich sinnvoll und vor allem notwendig angesehen wird?
Ähnlich wie Fridays for Future(FfF) gründet sich diese Bewegung nicht auf politischem Bewusstsein sondern auf moralischer Empörung. Beider Stärke beruht nicht auf eigener Kraft sondern auf der Schwäche der Führungskräfte der bürgerlichen Gesellschaft. Diese sind Opfer der eigenen Orientierungslosigkeit und Argumentationsschwäche. Ihre Ideale sind hohl, ihre Argumente kraftlos geworden durch eine Werteorientierung, die sich nicht mehr auf Werte stützt, sondern diese nur noch im Munde führt(18).
Es bleibt zu hoffen, dass am Ende mehr bleibt als zerrüttete oder gar zerbrochene Freundschaften, die das politisierte Kohlendioxid und das ebenso politisierte Virus bisher schon hinterlassen haben. Beide werden nicht verschwinden aus der Welt. Vielleicht wird es Mittel gegen beide geben, die ihre Wirkung mildern. Aber verschwinden werden sie nicht.
Ob die Bewegungen, die die beiden zu ihrem Thema gemacht haben, länger überleben als ihre Auslöser, ist zu bezweifeln. FfF hat kaum noch gesellschaftliche Strahlkraft. Aber die Menschen, die sich wegen FfF und Corona zerstritten haben, werden es schwer haben, wieder zueinander zu finden. Vielleicht gehen sie sich über längere Zeit aus dem Weg wegen einer Auseinandersetzung, deren Anlass schon lange vorbei ist. War es das wert?
Die Zerstörung gesellschaftlicher Diskussionsgrundlagen und Meinungstoleranz kann nicht der Sinn politischer Auseinandersetzungen sein. Bei aller Unterschiedlichkeit der Ansichten ist gesellschaftlicher Fortschritt nur möglich, wenn diese Unterschiede auch gesehen werden als verschiedene Ansichten der Wirklichkeit statt als Schützengräben zwischen den Heerlagern verfeindeter Rechtgläubiger.
„Wo ist die Debatte? Wer baut noch Brücken?“(19) Diese Frage muss nicht nur an die Leitmedien gestellt werden, sondern auch an diejenigen, die diese in Bausch und Bogen ablehnen. Wer Debatte will, kann nicht vom eigenen Standpunkt aus als dem allein richtigen und einzig gültigen diskutieren. Erkenntnis muss das Ziel von Meinungsaustausch sein nicht Rechthaberei.   

(1) siehe dazu Rüdiger Rauls: Die-Sanktionierten-schlagen-zurueck
(2) siehe dazu Rüdiger Rauls: Chinesische Zustände
(3) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(4) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 8.2.2020: Politisches Virus
(5) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(6) Spahn-sieht-Deutschland-gut-gewappnet
(7) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(8) siehe dazu Rüdiger Rauls: Vorteil China
(9) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 3.3.2020: Das Virus im föderalen Rechtsstaat (10) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4.2.2020: Kampf gegen das Coronavirus (11) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.3.2020: Propaganda
(12) ebenda
(13) ebenda
(14) siehe dazu Rüdiger Rauls: keine Feigheit vor dem Virus
(15) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 18.8.2020: Japans Leben mit dem Virus
(16) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 19.8.2020: Poolparty in Wuhan
(17) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.8.2020: Chinas starke Börse
(18)siehe dazu: Rüdiger Rauls: die Werteelite
(19) offener-brief-an-die-leitmedien-von-paul-schreyer/    

Rüdiger Rauls
(03.09.20)


Erneut eine kurze Verteidigung des BGE (nach Innen und Außen)

Hallo Charlie, et al

Wir kennen uns zwar noch nicht persönlich, aber was du bezüglich der SPD sagst, ist (leider) sehr wahr. Allerdings sehe ich auch eine gewisse Gefährdung bei den Linken. Insbesondere beim Bundesvorstand.

So hat sich Dietmar Bartsch am 30.08.20 auf t-online mit einer „Meinung“ zu Wort gemeldet. Einer Meinung, die ich zwei Tage zuvor bei U. Weidenfeld in einem ausführlichen Kommentar kritisiert hatte. Jedenfalls bedient sich D. Bartsch der gleichen unzureichenden Argumentation gegen das BGE wie es die SPD und auch Ralf Krämer von der sozialistischen Linken nicht besser tun.

Olaf Scholz behauptet, das BGE sei nicht bezahlbar, während D. Bartsch darüber hinaus sagt, „wir“, d.h. Die Linke will es zudem auch nicht an alle auszahlen. Vielmehr solle mit einer Steuerreform die „Rente“ Neu gestaltet werden. - Etwas, das sicherlich dringend Not tut! –

Aber dieses Faktum sagt noch rein gar nichts GEGEN das Bedingungslose Grundeinkommen! - Überall muss die Einführung des BGE durch weitreichende (Sozial-) Revolutionen flankiert werden. Ein Job, den die Linke ganz konkret zu leisten hat, der sich aber in den bisherigen Konzepten (nicht nur zum BGE) wenig populär darstellt. - Deshalb spricht hier auch rein gar nichts GEGEN ein BGE!, wie es Scholz, Krämer, Weidenfeld und Bartsch fälschlich behaupten. –

Es ist allerdings ziemlich erschreckend, wie wenig theoretisches Wissen einige Linke besitzen, weil sie Gegensätze eröffnen, die von der Konzeption des BGE in der LINKEN Gestaltung, gar nicht bestehen.

(vgl. das Modelkonzept der Linken mit zwei verschiedenen Konstenberechnungen: „Unser Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens. Finanzierbar. Emanzipatorisch. Gemeinwohlfördernd, aus dem Jahr 2013, Berlin.) –

ALSO: Was reitet die Genossen*innen permanent gegen ihr eigenes Konzept des BGE zu opponieren? Ich glaube, ein mögliches, politisches „Händchenhalten“ mit Olaf von der SPD. - Und DAS kann freilich runterziehen, wie du richtig bemerkt hast!

Was Dietmar Bartsch nicht begriffen hat, ist die notwendige Verquickung des BGE mit den allgemeinen Menschenrechten. „Bedingungslos“ heißt hier eben auch „bedingungslos“ an ALLE! Und eben nicht nur an (aus Linker Sicht) „Bedürftige“. Die soziale „Gerechtigkeit“ resultiert hier aus einer notwendigen Steuerprogression, die besonders Reiche zu entrichten haben, nicht aber durch einen „Ausschluss“ bestimmter Menschen! –

Ein THEMA im Übrigen, das die Linke keineswegs klar im Kopf hat. Denn insgesamt mangelt es an einer frischen „Internationalen“. Dann würden viele Promi-Linken in der BRD sich etwas vorsichtiger und solidarischer Ausdrücken (müssen) als sie es derzeit tatsächlich tun.

SG
Johannes
(30.08.20)




Den Bock zum Gärtner gemacht

Wer den Bock zum Gärtner macht, der muss dafür sorgen, dass der Gärtner nicht die Früchte stielt!

Soweit sind wir in der BRD schon gekommen, zumal, wenn man auf die gestrige Pseudoentscheidung der Bundeswahlkommission der GroKo blickt.

Zu entscheiden galt es, wie und in welcher Form die Sitze des zukünftigen Bundestages reduziert werden können.
Das Problem: die zahlreichen sog. Überhangmandate und deren Ausgleichsmandate, die jeden Bundestag bisher immer größer haben werden lassen.

Auf eine echte Reform konnten sich die Bundestagsabgeordneten der GroKo bisher nicht einigen, weil im Hintergrund immer das Kalkül der jeweilig anderen Fraktionen stand, bei der nächsten Wahl weniger Abgeordnete in den Bundestag einziehen lassen zu dürfen - weshalb keine neue Regelung bestand hatte, sondern immer an dem Widerspruch der einen oder anderen Fraktion scheiterte. Entstehende Mehrkosten für zukünftige Diäten und Auswandsentschädigungen der Voklsvertreter/innen scheinen hier keine Rolle zu Spielen. Wir leisten uns jede Demokratie!

Der gestern präsentierte Kompromiss ist aber ein Witz!

Man sollte alle daran beteiligten Politiker/innen politisch Abstrafen, um ein eindeutiges Exempel zu statuieren. Alle Wahlschlappen Wähler/innen sollten für alle schlappen Politiker/innen bei der kommenden Bundestagswahl 2021 „Wahlschlappen“ bereitstellen! –

Anders wird es wohl nicht gehen! –

Auch dies zöge eine Reduktion der anwesenden Politiker/innen nach sich - aber leider noch keine Reduktion der vorhandenen Sitze.

Dafür sollte eine außerparlamentarische Kommission (Ausgewählt per Zufallsgenerator) einberufen werden, die das alleinige Ziel hat, die bestehenden Wahlbezirke auf die Hälfte zu reduzieren, so dass am Ende dieses Prozesses nicht mehr als 300 gewählte Abgeordnete in den neu gewählten Bundestag einziehen würden. Der bereitgestellte Zeitraum für die Ergebnisse beträgt sieben Tag. - Fertig! (Und da bliebe noch viel Zeit, jeden Tag ein Tässchen Kaffee zu trinken!)

Alles andere ist bleibt und ist „Pillepalle“ – aber keinesfalls eine Nennens würdige, demokratische Entscheidung, bei der auch die Oppositionsparteien in den „Meinungsbildungsprozess“ einbezogen worden wären, was nicht nur ein guter Stil gewesen wäre, sondern wohl fundamental zu einem politischen Selbstverständnis dazugehören sollte, wollte man es „demokratisch“ und nicht „machtbesessen“ nennen.

Hier muss der Souverän der BRD hellwach auf seine politischen Rechte pochen, denn sonst könnte sich die Situation ergeben – wenn sie nicht schon vorhanden ist (!) -, dass, wer den Bock zum Gärtner macht, auch dafür Sorge tragen muss, dass der Gärtner nicht die Früchte stielt!

Vor eben dieser Situation scheinen wir spätestens seit gestern in der BRD zu stehen!

Protest und Handeln tut jetzt Not!

Ansonsten bleibt dieses unsägliche Vorgehen der GroKo, das, was Diemar Bartsch (Die Linke), unmittelbar nach Bekanntgabe dieses Pseudo-Kompromisses ausdrückte: Eine bloße „Verarsche“ (aller Wählerinnen und Wähler) – und zwar sehenden Auges! (27.08.20)

An dieser Stelle seien die beiden Texte zur Verteidigung des BGE in korrigierter PDF-Form hinterglegt. An sich bin ich ein glühender Verfechter der "proletarischen Orthographie"!

Vorbemerkung:
Nach Wittgenstein soll philosophisches Denken „den Knoten“ in unserem Verstand lösen. - Dazu sei es nötig, so komplizierte Denkbewegungen nachzuvollziehen, wie sie der „Knotern“ sprachlich zum Ausdruck bringt und vorgibt, nämlich verschlungen und verdreht.
Eine Kritik kann daher sprachlich nicht einfacher sein als ihre Vorlage. Das Resultat (der Kritik) ist es allerdings!

Für konservative Augen daher die entsprechenden Dateien:

1.
Olfa Scholz - gerade erst nominiert und schon politisch disqualifiziert!
Ein Beitrag zur Diskussion um das "Bedingungslose Grundeinkommen"

 Zum Text [
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2.
Gegenkommentar zum Artikel von Ursula Weidenfeld vom 25.08.20 auf t-online. Nachrichten:

 Zum Text [
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Trier, den 26.0820
Dr. Johannes Verbeek

(Mitglied in der LAG der Partei Die Linke zum BGE)
(26.08.20)


Leider sah ich mich genötigt, erneut Stellung für das BGE zu nehmen!

Gegenkommentar zum Artikel in T-online.Nachrichten

„Geld für alle. Warum das bedingungslose Grundeinkommen Humbug ist.“Meinung von Ursula Weidenfeld (T-online.de, 25.08.20)

Vorgestellt wird Ursula Weidenfeld als Wirtschaftsjournalistin, was erstaunt. Denn wer gleich mit dermaßen schnoddrigen Worthülsen daherkommt, um eine fortschrittliche Idee schnell kaputt zu reden, der kann ja eigentlich kein Berufsethos besitzen. „Geld fürs Nichtstun“ (t-online, 25.08.20), lautet denn auch so ein Schlagwort, das Frau Weidenfeld gebraucht. Daher muss man sich fragen, ob sie ihrer Arbeit als Wirtschafts-Journalistin überhaupt gerecht wird – oder ob sie „Geld fürs Nichtstun“ eben mal selbst kurz einstreicht?

Jede, die auch ‚nur nicht viel weiß‘, weiß in der Regel aber, dass das „Bedingungslose Grundeinkommen“ nicht den Sinn und Zweck hat, die gesamte arbeitsfähige Bevölkerung der BRD in den „Ruhestand“ zu schicken. Und wenn „man“ das weiß, weiß Frau eigentlich noch nicht sehr viel über das wohl revolutionärste Sozialkonzept der Gegenwart: Das Bedingungslose Grundeinkommen! Immerhin weiß Frau Weidenfeld auch etwas, das sie in ihrem ca. drei Din-A4-seitigen Kommentar allerdings sehr gut in einem sehr kurzen Satz versteckt:
„Es ist gut, dass es eine neue Studie zum bedingungslosen Grundeinkommen gibt [sic!], die hoffentlich ein paar zusätzliche Einsichten bringt [sic!]. Denn bevor man einem so gewaltigen Umbau des Sozialsystems das Wort redet, sollte man wissen, worauf man sich einlässt“ (T-online, ebd.), meint Frau Weidenfeld hier.

Immerhin, die Studie, auf die sich Frau Weidenfeld beruft, ist die zur Zeit anlaufende und häufig diskutierte Langzeitstudie eines privaten Vereins „Mein Grundeinkommen“, der in Kooperation mit dem „Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung“ dem zunächst schlichten Ziel nachgeht, zu erforschen, was die Auszahlung von 1200€ monatlich über drei Jahre mit den Empfänger/innen macht. (vgl. Mein-Grundeinkommen.de)
In nur ein paar Tagen haben sich mittlerweile „1,5 Millionen Bewerber“ (T-online, ebd.) gemeldet, wie auch Frau Weidenfeld neidlos zu berichten weiß.

Allerdings bekommt sie diesen großartigen Andrang wohl etwas in den falschen Hals, wenn sie nicht umhin kann über die Bewerber/innen zu spötteln:            

„Doch wer würde sich nicht bücken, wenn er die Chance auf einen Lottogewinn von 43.200 Euro hätte?“ (t-online, ebd.)

Der Vergleich zwischen einem „Lottogewinn“ und der möglichen „Auslosung“, an der Studie als Proband mit einem dreijährigen Grundeinkommen teilnehmen zu können, „hinkt“ natürlich. Ebenso wie die Metapher des „sich bückens“, wenn andere sich einen „Krummen Buckel“ ab malochen müssen für ihr täglich Brot. 

Ich vermute, das weiß auch Frau Weidenfeld! Dennoch gebraucht sie diese Vergleiche, um das Projekt insgesamt auch verbal zu diskreditieren. So wie alle Anbieter von Lotterien dazu verpflichtet sind, auf das gefährdende Suchtpotential nicht nur als Wirkung auf Minderjährige hinzuweisen, sondern alle Teilnehmer/innen vorab vor „Glücksspielen“ im Allgemeinen warnen müssen, so sieht Frau Weidenfeld im Bedingungslosen Grundeinkommen ein ungeahntes politisches Gefahrenpotential.

Worin soll aber die „Gefahr“ einer wissenschaftlichen Langzeitstudie liegen?

Nun, es könnte ja sein, dass am Ende der Studie Ergebnisse zu Tage kommen, die politisch oppertun sind. – Und tatsächlich hat Frau Weidenfeld diese Befürchtung nicht nur in ihrem Kopf, wenn sie am Ende ihres Kommentars zusammen mit dem Kanzerlkandidaten der SPD, Olaf Scholz, meint feststellen zu müssen,

„(…) wie die politische Debatte laufen wird, wenn die Forschungsergebnisse freundlich ausfallen sollten: Das bedingungslose Grundeinkommen wird in die Schublade gesteckt, die die SPD im Vorwahlkampf gerade verzweifelt zuschiebt (…)“ (t-online, ebd.).

SO wird es wohl kommen, ließe man die SPD politisch Schalten und Walten! – Doch statt sich über dieses abgekartete Spielchen der SPD zu empören, empört sich Frau Weidenfeld über diejenigen, die sich „bücken“ (t-online, ebd.), um ihr ansonsten gesellschaftlich verweigertes „Glück“ und „Wohl“ mit Händen zu greifen, da sie z.B. entweder tatsächlich zu den wirtschaftlich benachteiligten Menschen mit nur geringen Einkommen zählen, oder zu denjenigen, die z.B., unabhängig von ihrem individuellen Einkommen, tatsächlich etwas für gerechtere Lebensbedingungen auch und gerade für viele andere Menschen in der BRD, der EU und weltweit tun wollen. – Ein Verständnis, das Frau Weidenfeld erstaunlicherweise vollkommen zu fehlen scheint.

Denn Frau Weidenfeld hat größeres Mitleid für diejenigen Menschen, die sie geradezu auch bedauert, weil sie meint, es gäbe Menschen, die eine Summe von „43.200 €uro“ Glücksgewinn für „andere“ aufbringen müssten. Dies suggeriert Frau Weidenfeld zumindest, wenn sie unmittelbar an ihren oben zitierten Satz vom „Lottogewinn“, für den sich jeder „bücken würde“, anschließt, mit der Feststellung:

„Anders sieht es aus, wenn man die Summe für einen anderen aufbringen soll. Das ist das Kernproblem (…)“ (T-online, ebd.).

Recht hat Frau Weidenfeld, wenn sie die Finanzierung des Bedingungslosen Grundeinkommens im Blick hat. Zu dieser Frage gibt es lediglich eine einzige aussagekräftige Modellrechnung von der Partei Die Linke aus dem Jahr 2017. In der Broschüre: „Unser Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens. Finanzierbar. Emanzipatorisch. Gemeinwohlfördernd“, Berlin, 5. Aufl., wird die Idee eines Bedingungslosen Grundeinkommens in zwei Varianten seriös durchgerechnet! – Darauf bezieht sich Frau Weidenfeld aber nicht. Im Gegenteil:

Sie personalisiert und individualisiert das gesellschaftliche Gesamteinkommen in der BRD zu einem einseitigen „Verdienst“, so als ob bei dem Konzept des bedingungslosen Grundeinkommen, „irgendjemand“ einem anderen Menschen „eine Summe von 43.200 €uro“ monatlich bereitstellen müsse, um ihn zu alimentieren (siehe: Hartz IV)! – wobei sie zudem auch noch unterstellt, dass dies keiner (!) wirklich wolle. –

Diese falsche Sichtweise auf die Hilfsbereitschaft ist selbst aber nur ein Ausdruck des blanken Neoliberalismus, den Olaf Scholz (SPD) zwar verbal bekämpfen will, aber indem er selbst als Finanzminister der GroKo nichts Entscheidendes zur Verbesserung der Sozialversicherungssysteme beigetragen hat (vgl. die klägliche Grundrentenreform der SPD!), daher auch selbst am grundlegenden Kapitalismus scheitert, ebenso wie Frau Weidenfeld dem nur schmallippig etwas entgegenzusetzen hat. Denn in Wirklichkeit hält sie das gesamte Projekt eines Bedingungslosen Grundeinkommens für eine bloße „Phantasie“ (t-online, ebd.), die zudem auch noch problembeladen ist. – Nichts wäre aber falscher als das.

Freilich soll die weiter oben schon erwähnte Langzeitstudie etwas darüber erforschen „wie sich ein Grundeinkommen auf das heutige Verständnis von Erwerbsarbeit, Unternehmertum, Sozialstaat oder Ruhestand (aus)wirken würde“ (t-Online, ebd.), wie Frau Weidenfeld zwischenzeitlich richtig erfragt und feststellt.

„Am Ende wird man möglicherweise auch wissen, was Unternehmer, Erwerbstätige, Rentner, Familienmütter [sic!] mit dem Geld anfangen. Das wäre ein großer Fortschritt (…)“, weiß Frau Weidenfeld hier zu würdigen. Denn in Bezug auf andere Studien, wie in Finnland z.B., weiß man schon jetzt:

„Tatsächlich ging es den Leuten besser als denen, die das Grundeinkommen nicht erhielten“ (T-online, ebd.) –

Immerhin, möchte man meinen!  Doch, wer mittlerweile auch mitbekommen hat, wie Frau Weidenfeld politisch „tickt“, wird an dieser Stelle einen verbalen Gegensatz vermissen, den Frau Weidenfeld tatsächlich an andere Stelle auch einbringt. Das tut sie jedoch nicht aus lauter Interesse an dem Projekt, sondern lediglich nur, weil ihr die kapitalistische Wirtschaftswirklichkeit „Antagonismen“ vorschreibt, denen sie dann logischerweise entspricht! Und so setzt sie ihr anfängliches Lob wie folgt mit einem Tadel widersprüchlich fort:

„Doch für den Arbeitsmarkt brachte die Sache kaum etwas“ (t-online, ebd.).

Missverständlicher kann die Auffassung eines Bedingungslosen Grundeinkommens gar nicht dargestellt werden, geht es dabei doch nicht darum, den kapitalistisch geprägten „Arbeitsmarkt“ zu stärken und zu optimieren im Sinne einer arbeitgeberfreundlichen „Grundstütze“ zum monatlichen „Niedriglohn“, sondern vielmehr darum, allen Menschen wirtschaftliche Freiräume zu ermöglichen, die in unserer bisherigen Arbeitswelt de facto nur „Vermögende“, oder Arbeitnehmer/innen mit hohen Beamtenbezügen oder Managergehältern sowie einige, glückliche Selbständige, zur Verfügung haben.  – Verschiedene Intensionen unterscheiden zu können, zeugt in der Regel von Intelligenz.  

So Schlussfolgert Frau Weidenfeld auch in Bezug auf die vermeintlichen „Leistungsträger“ (ebd.) in der Gesellschaft, die sie automatischen mit den zuvor genannten monetären Hocheinkommensglückspilzen gleichsetzt:

„Leider aber finden die Leistungsträger und Nettozahler einer Gesellschaft hohe Steuersätze nicht gerade motivierend. Für sie wären die 1.200 €uro, die sie im Gegenzug ja auch vom Staat erhalten, ein Witz: Denn sie müssten sie mit deutlich mehr Steuern bezahlen. Wahrscheinlich hätten sie dazu wenig Lust“ (T-Online, ebd.), urteilt Frau Weidenfeld an dieser Stelle - über ihre eigenen Gedanken!

Und das erstaunt. Meint Frau Weidenfeld etwa, den so genannten und „vermeintlichen“ „Leistungsträger/innen“ in unserer Gesellschaft fällt es „schwer“ ihre Steuern entsprechend zu zahlen? Glaubt sie eventuell gar, alle „Leistungsträger/innen“ hätten ein Postfach in Panama? Weshalb kommt Frau Weidenfeld überhaupt auf den Gedanken, zu behaupten, den (besonders leistungsfähigen) Steuerzahlern fiele es insgesamt „SO“ schwer, ihre fälligen Steuern zu bezahlen, so dass sie unterstellen muss: „Wahrscheinlich hätten sie dazu keine Lust“ (t-online. Ebd.)!? – Wie bitte?

Aber damit nicht genug! Der Hammer in ihrer gesamten Gegenargumentation gegen das Bedingungslose Grundeinkommen kulminiert in dem unübertroffenen Gedankengang:

„Sie [die Leistungsträger/innen, J.V.] würden weniger arbeiten (…)“ (T-online, ebd.)! – Aber, Hallo!!!

Wer hätte das gedacht? „Leistungsträger/innen“, die weniger arbeiten wollen!? - Da stellt sich mir allerdings sofort die Frage, ob es diese „Leistungsträger/innen“ überhaupt je Wert waren „Leistungsträger/innen“ genannt zu werden, wenn sie lediglich eine schnöde von außen kommende Motivation haben, „Profite“ für sich zu machen – und ihnen daher jedwede intrinsische Motivation abgeht?

(Erinnert sei an dieser Stelle kurz daran, dass Karl Marx und Friedrich Engels etliche Jahre dafür verwandt haben, eine bloße Polemik gegen die egoistische These von Max Stirner „Der Einzige und sein Eigentum“ aus dem Jahre 1844 zu schreiben. Offensichtlich bereitete ihnen Stirners unverblümte Position einige theoretische Schwierigkeiten.)

War aber nicht genau diese bloß egoistische Argumentation „das“ blödeste Gegenargument gegen das Bedingungslose Grundeinkommen, indem die journalistisch Gebildeten Lesitungsträger/innen unserer kapitalistischen Wirtschaftsordnung schamlos behaupten, diejenigen, die ein Bedingungsloses Grundeinkommen bekommen würden (- und das sind letztlich ja alle!), wären „faule Nichtstuer“, die – wie Frau Weidenfeld sich ausdrückt -: „Geld fürs Nichtstun“ (t-online, ebd.) bekämen?

(Bekanntlich vermehrt sich das „Kapital“ völlig selbstlos und von selbst, wenn man es denn nur arbeiten lässt!)

Ja, diese Widersprüche in der Argumentation kann man kaum aushalten! Allerdings fallen sie auch nur dann auf, wenn man vor Augen hat, dass es die Antagonismen sind, die einer kapitalistischen Wirtschaftsweise permanent innewohnen – und erst dann zu Tage treten, wenn man ernsthaft zwischen sozialen Schichten unterscheidet, weil man nicht in der Lage ist, diese vorgegebenen gesellschaftlichen Spaltungen politisch zu überwinden.  – Hier, in dem Text von Frau Weidenfeld,  gelingt die Überwindung der kapitalistischen Gesellschaftsspaltung nicht einmal „gedanklich“, geschweige denn wird sie zu einer „sozialistischen Realität“ politisiert, die „demokratisch“ zu nennen sein wird.

Der übergroße “Witz“, den Frau Weidenfeld ihren Leser/innen daher verkaufen will, hört sich am Ende so an:

„Leider aber finden die Leistungsträger und Nettozahler einer Gesellschaft hohe Steuersätze nicht gerade motivierend [sic!]. Für sie wären die 1.200 €uro, die sie im Gegenzug ja auch vom Staat bekämen, ein Witz [sic!]. Denn sie müssten sie mit deutlich mehr Steuern bezahlen. Wahrscheinlich hätten sie dazu wenig Lust [sic!]. Sie würden weniger arbeiten [sic!], die Steuerbasis würde schrumpfen, das Grundeinkommen wäre nicht finanzierbar [sic!]“ (T-online, ebd.).

Als Wirtschaftsjournalistin „naiver“ zu denken, geht (wohl) nicht mehr! - Einen solchen Zirkelschluss muss man sich erstmal ausdenken können! - Und da frage ich mich, ob Frau Weildenfeld noch nie etwas von einer „Progressivsteuer“ gehört hat? Ob sie sich noch nie Gedanken darüber gemacht hat, dass die derzeitige „Steuerprogression“ in der BRD, für die mitunter die Mehrheit der GroKo von SPD und CDU Verantwortung tragen, nicht besonders wohlwollend gegenüber einer kleinen Anzahl von „Großvermögenden“ ausfällt, weil sie etwas zu gering ausfällt! - Obwohl man mit dieser Stellschraube durchaus auch eine wesentlich bessere Sozialpolitik zustande brächte, drehte man nur ein wenig zu Gunsten der übergroßen Mehrheit der kleinen „Lohnabhängigen“ (- ganz ohne Vermögen, wohlmöglich auch ohne Arbeit, oder mit nur prekärer Beschäftigung in einem Niedriglohnbereich!).

Oder: Man denke an die sog. „Helden“ der Corona-Pandemiebekämpfung, an das Pflegepersonal, die Erzieher und andere systemrelevanten Arbeitnehmer/innen, etc.! –
Wo, bitteschön, frage ich, bleibt hier das fehlende „Motivationsproblem“ (t-online, ebd.), von dem Frau Weidenfeld behauptet, die Leistungsträger/innen hätten es, wenn sie „höher“ besteuert würden? Wer aber fragt schon nach der häufig ungenügend oder ganz unbezahlten Mehrarbeit der systemrelevanten Arbeitnehmer/innen?

Bekommen sie eigentlich überhaupt eine „gerechte“ Entlohnung für ihre Arbeit?

Der Konzern „Die Lufthansa“ schließt – laut Management (!) - betriebsbedingte Kündigungen (!) nicht aus, und dass, obwohl er mit 9,5 Milliarden €uro Steuermittel durchaus üppig bedacht wurde. - Geld, das überhaupt noch nicht erwirtschaftet wurde, aber vom Steuerzahler – und also von uns allen (und nicht nur von den Superreichen!) – zurückgezahlt werden muss.

Da fragt es sich doch: An „wen“ wird hier eigentlich zurückgezahlt?

Wird hier an „Leute“ oder „Institutionen“ zurückgezahlt, die es überhaupt nicht benötigen, könnte   man zugespitzt fragen? Denn auch Frau Weidenfeld fragt ziemlich unbedarft:

„Wäre es richtig, einem Manager, einer Facharbeiterin, einem Chefarzt, einer Selbstständigen monatlich „Stütze“ zukommen zu lassen, die sie nicht brauchen – und bitte auch noch selbst finanzieren sollen?“ (t-online, ebd.) –

Hier wird die Finanzierung thematisiert und zugleich in Frage gestellt mit den Worten: „(…) bitte auch noch selbst finanzieren sollen?“ – Ja! Und ließe sich nicht mit der gleichen Frage die Finanzierung des Corona-Rettungspacketes, finanziert durch den Steuerzahler (!), ebenso in Frage stellen? Also: „(…) auch noch selbst finanzieren (…)?“ (t-online, ebd.) müssen?

Und wie sieht es hier eigentlich mit dem bloß hedonistischen Argument der „Lust“ (ebd.) aus, das Frau Weidenfeld anführt, um diejenigen zu entlasten, die per Steuerprogression aber besser dazuzahlen sollten, wenn ein Mindestmaß an Sozialstaatlichkeit auch in Zukunft gewahrt werden soll! Steuern zu zahlen ist nämlich keine Frage der „Lust“, sondern eine Frage in die Einsicht von sozial verantworteter Rechtsstaatlichkeit. – Max Stirner dächte hier allerdings völlig anders!

Und sicherlich gibt es auch nach der Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens leider noch Fälle, „die den Staat und die Sozialkassen heute mehr als 1.200 €uro im Monat kosten: Kinder, die schwer lernen und deshalb eine besondere pädagogische Betreuung benötigen. Jugendliche, die einen Heimplatz brauchen. Chronisch Kranke, die nur mit intensiver gesundheitlicher und sozialer Beratung am öffentlichen Leben teilnehmen können. Pflegebedürftige Senioren, deren Platz im Pflegeheim mehrere tausend Euro im Monat kosten kann“ (T-online, ebd.), wie Frau Weidenfeld ausführt.  

Ja, wenn es diese „Fälle“ schon heute gibt, was sagt das dann über unser Sozialsystem? – Hier schweigt Frau Weidenfeld sich aus!

Der Schluss, die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommens, würde die besonders Bedürftigen im Stich lassen, ist schlichtweg falsch und verdreht Ursache und Wirkung bewußt! Denn kein Mensch fordert die Abschaffung der Sozialstaatlichkeit unserer Gesellschaft! Es ist nämlich schlichtweg falsch, zu behaupten oder auch zu suggerieren, dass jedem Einzelnen bei Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens nur noch 1.200 €uro zur Verfügung stünden -mehr nicht. Und also ist der Schluss falsch, wenn Frau Weidenfeld in Bezug auf die oben angeführte Gruppe der besonders sozial Bedürftigen schließt:

„Diese Gruppen würden mit einem bedingungslosen Grundeinkommen viel schlechter gestellt als bisher.“ (T-online, ebd.)

Diffamierender kann man über eine fortschrittliche Idee nicht schreiben, zumal dann nicht, wenn man, wie Frau Weidenfeld, weiter oben auch gezeigt hat, dass das ‚bedingungslose Grundeinkommen‘ immerhin in 120 Fällen gemäß der Studie, nachweißt, „was (…) [Menschen, J.V.] (…) mit dem Geld anfangen. Das wäre ein großer Fortschritt (…)“ (t-online,ebd.), sind Frau Weidenfels‘ eigene Worte – einmal ernst genommen!

Freilich! Und sicher bleiben dann auch noch Fragen, die Frau Weidenfeld überhaupt nicht thematisiert. Dazu gehören auch völlig andere Formen der Besteuerung, die z.B. weg von einer individualisierten pro Kopfsteuer, je nach Höhe des personalisierten „Arbeitslohnes“ kommen - und, wie u.a. auch Richard David Precht in seinem Buch: Jäger, Hirten, Kritiker, (München, 2018, 3. Aufl.) zeigt, neue Steuern EU-weit, oder besser noch weltweit, eingeführt werden sollten.

Angedacht werden vor allem die folgenden drei Steuern, die, wenn sie eingeführt wären, durch kleine, zu entrichtende Promille-Beträge, aber aufgrund ihrer anfallenden Menge und Häufigkeit, Milliarden €uro in die Staatshaushalte fließen ließen. – Und das, ohne dass Die Linke beispielsweise ihre liebevolle „Milliardärs-Steuer“ ins politische Kalkül gestellt hätte. (Was natürlich nicht heißt, dass ein Verzicht auf diese Steuer sinnvoll wäre)!  

Man sollte also nicht nur wissen „worauf man sich einlässt“, wie Frau Weidenfeld meint, anmahnen zu müssen, sondern auch, „wohin“ man sich gesellschaftspolitisch eine Gestaltung der Zukunft vorstellt. - Wie soll eine humanere Gesellschaft, als es unsere heutige ist, zukünftig aussehen?

„Humbug“ wäre hier keine wirtschaftspolitische Kategorie. Dafür aber das „Bedingungslose Grundeinkommen“ ein erster Anfang. Diese Idee trägt nach wie vor – auch und gerade wegen dieser journalistischen Diffamierungen eines nicht nur linken Konzepts.  

Dr. Johannes Verbeek
(Mitglied in der LAG der Partei Die Linke in RLP zum BGE)
(25.08.20) 

                
               
   


Ein ARTIKEL zum Nachdenken von Rüdiger Rauls:
(Altlinker und Weggefährte in der AG: Die-Linke-Stadtpolitik-Trier)

(Der Artikel gibt die Meinung des Autors wieder und nicht (ausschließlich) die des Herausgebers.)

Die Sanktionierten schlagen zurück  

Seit Jahrzehnten werden Staaten, die sich nicht den Interessen der USA und des Wertewesten unterwerfen, mit Sanktionen drangsaliert. Deuten sich nun Entwicklungen an, die das Ende dieses Wirtschaftsterrors einleiten könnten? Haben die USA und der Wertewesten sich totsanktioniert?  

Verteilungskämpfe  

Noch sind die USA die stärkste Wirtschaftsmacht der Welt, aber die Chinesen sind ihnen dicht auf den Fersen. Im Gegensatz zu den Amerikanern haben diese einen Plan: Bis zum Jahre 2025 wollen sie in zehn Industriebereichen die Technologieführerschaft übernehmen. Dem haben die USA und der Westen insgesamt nichts entgegen zu setzen außer Behinderungen. Nicht dass es ihnen an wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Kompetenz fehlte. Aber im Gegensatz zu China fehlt es im Westen an gesellschaftlicher Geschlossenheit. Dass die verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen im Interesse der wirtschaftlichen Entwicklung an einem gemeinsamen Strang ziehen, kann man sich hierzulande offenbar schon gar nicht mehr vorstellen. Das kann nach westlicher Vorstellung nur Ausdruck eines autoritären Systems sein. Dagegen sind die westlichen Gesellschaften zerfressen vom Kampf der Interessen und der sozialen Gruppen um Vorteile im Verteilungskampf des gesellschaftlichen Reichtums. Diesem Gezerre innerhalb der Gesellschaften entsprechen auf der politischen Ebene die  Streitigkeiten der westlichen Staaten untereinander um die Aufteilung der Märkte. Trotz der vordergründigen Verbundenheit durch die sogenannten westlichen Werte sind sie sich untereinander spinnefeind. Diese Feindseligkeit und Konkurrenz offenbart sich am deutlichsten an der Wirtschaftspolitik der USA. Immer häufiger drangsaliert der große Bruder seine kleineren mit Zöllen, Sanktionen und wirtschaftlichen Drohungen, wenn sie nicht nach seiner  Pfeife tanzen. Neuestes und entlarvendes Beispiel amerikanischer Rücksichtslosigkeit ist die Drohung der USA gegenüber dem Hafen Sassnitz, ihn finanziell vernichten zu wollen, wenn er weiterhin den Bau der Nord-Stream-2-Pipeline unterstützt. Sind das die westlichen Werte, mit denen man sich von anderen Gesellschaften abzuheben vorgibt? Dagegen sind ja Raubrittertum und die Hackordnung des Hühnerhofes schon fast zivilisiert, zumindest aber besser kalkulierbar.  

Unter Druck  

Es stellt sich die Frage: Warum machen die Amerikaner das? Schließlich traten sie doch über Jahrzehnte für den Freihandel ein. Sie waren die Vertreter und Garanten der internationalen Handelsordnung, sie trieben die Globalisierung voran. Warum nun also dieser Wandel, die Rückkehr zu Protektionismus, wirtschaftlicher Abschottung und Handelsbeschränkungen durch Zölle und Sanktionen? Die USA sind ein Riese auf tönernen Füßen. Sie sind mittlerweile wirtschaftlich so sehr in Bedrängnis, dass sie sich immer weniger an geltendes Recht halten wollen und können. Die internationale Rechtsordnung wird nur dort akzeptiert, wo sie den Interessen der USA dient. Verstöße gegen Völkerrecht und geltende Verträge sind mittlerweile an der Tagesordnung. Das Trump'sche Motto: Make America great again, offenbart, wie sich die einstmals mächtigste Wirtschaftsmacht der Welt selbst sieht: nicht mehr groß. Die USA sind wirtschaftlich nur noch ein Schatten ehemaliger Größe. Handelsdefizite und Staatsverschuldung steigen unentwegt und keine der finanzpolitischen Maßnahmen, keine Steuersenkung, kein Konjunkturprogramm hat diesen Prozess aufhalten können. Im Gegenteil: Nachher waren die Schulden und Defizite größer als vorher. Strukturell sind die USA pleite. Kein Land hat eine höhere Schuldenlast. Die Lage ist bedrohlich und ernst. Die Rating-Agentur Fitch „erwartet im Jahr 2021 einen Anstieg der amerikanischen Staatsverschuldung bis auf 130 Prozent der Wirtschaftsleistung [und senkte] den Ausblick für die amerikanische Kreditwürdigkeit von „stabil“ auf „negativ“. Schon vor der Corona-Krise [hatte das Land] die höchste Staatsverschuldung eines „AAA“-Landes“.(1)  

Trügerische Stärke  

Angesichts der amerikanischen Vorherrschaft auf den Finanz- und Technologie-Märkten erscheint die Vorstellung von einer wirtschaftlichen Schwäche der USA unverständlich. Nur: diese Stärke ist trügerisch. Erstens machen auch auf diesen beiden Gebieten die Chinesen den Amerikanern zunehmend Konkurrenz. Und zweitens produzieren die Finanz- und Technologieunternehmen nichts. Beide leben von der Warenproduktion anderer Staaten, besonders Chinas. Die Technologie-Unternehmen verteilen oder vertreiben, was andere Nationen produzieren, oder sie sorgen für eine wirksamere Gestaltung von Produktionsabläufen durch die von ihnen entwickelte  Software. Amerikanische Banken finanzieren weltweit Produktion und Investitionen. Aber sie alle stellen nichts mehr her, das die Grundlagen der eigenen Gesellschaft in ausreichendem Maße sichern kann. Die USA sind die Geisel der weltweiten Arbeitsteilung geworden, die sie selbst vorangetrieben haben. Nun aber zerstören sie dieses sensible Geflecht, das jahrelang ihren Reichtum gewährleistet hatte und fallen dabei durch das Netz, das sie bisher getragen hat. Als Corona über die  USA herfiel, hatte das Land nicht genug Schutzmittel, Medikamente,  Krankenhausausstattung und medizinische Ausrüstung. Das wäre verkraftbar gewesen. Aber sie hatten wie die meisten Staaten des Westens auch nicht die Produktionsanlagen, um all das herzustellen, was gebraucht wurde. Hätte China nicht Tausende von Masken und Beatmungsgeräten verschenkt und noch mehr geliefert, wäre die Totenstatistik besonders in den USA vermutlich noch verheerender. Die Internationale Verwobenheit der Weltwirtschaft macht solche Staaten verwundbar, die von Warenlieferungen Dritter abhängig sind.  

Amerika produziert Sanktionen  

Ähnlich ist es in vielen anderen Bereichen der Waren- und Industrieproduktion. China produziert, was im Westen entwickelt wurde. Aber zunehmend entwickelt China selbst, was es produziert. Aus der Produktion der Waren entspringt der zunehmende Reichtum des Landes. In der Corona-Krise hat China seinen wirtschaftlichen Einfluss ausdehnen können, weil es beispielsweise die Medizinprodukte liefern konnte, die die Welt brauchte. Zudem waren seine Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung wirksamer als die westlichen, was ein schnelleres Hochfahren der Produktion ermöglichte. Die industrielle Basis der USA wie auch vieler anderer westlicher Staaten schrumpft beständig. Die meisten lebensnotwendigen Güter, bis auf Agrarprodukte, muss Amerika einführen. Daher auch die katastrophale Außenhandelsbilanz besonders gegenüber China. Die meisten Produkte, die in den USA selbst hergestellt werden, sind auf den Weltmärkten nicht mehr konkurrenzfähig, wenn überhaupt dann nur auf dem amerikanischen Heimatmarkt. Wer kauft noch amerikanische Autos, mal abgesehen von Tesla? Wer kauft amerikanischen Stahl, amerikanische Maschinen? Computer, Handys, Medikamente und sonstige hochwertigen Industrieprodukte werden weitestgehend in China produziert, weil die Herstellung dort nicht nur billiger sondern vor allem profitabler ist als in den USA. Denn nicht umsonst haben sich die Industrieunternehmen des Westen in China angesiedelt. Investitionen in den USA selbst werden immer häufiger von den Konkurrenten aus China und Europa vorgenommen, die den amerikanischen Markt für ihre Produkte erobern wollen. Auf diese nachlassende Konkurrenzfähigkeit seiner Unternehmen reagierten die USA, besonders unter Trump, mit wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen. Verträge wurden gekündigt und nur gegen bessere Bedingungen für die USA neue abgeschlossen. Zölle verteuerten die Einfuhr, womit die US-Produkte auf dem amerikanischen Heimatmarkt gegenüber ausländischen Anbietern wieder konkurrenzfähig werden sollten. Gleichzeitig sollten die Zolleinnahmen und die sinkenden Importe die Zahlungsbilanz gegenüber den Gläubigern in China und Europa verbessern. Mit all diesen Maßnahmen versuchte Trump, Amerika wieder groß zu machen. Aber gleichzeitig zerstörte er die globalen Geschäftsgrundlagen im Interesse der USA. Um die wirtschaftliche Lage seines Landes zu verbessern, macht er keinen Unterschied mehr zwischen Freund und Feind, wie gerade das Beispiel Nord-Stream-2 eindrücklich vor Augen führt. Wer sich dem Willen der USA nicht beugt, soll mit Sanktionen in die Knie gezwungen werden. Die Druckmittel dazu sind die immer noch einzigartige Stärke der US-Armee und der Zugang zum amerikanischen Markt. Wer die Sanktionen gegen Drittstaaten nicht einhält, muss damit rechnen, auf dem US-Markt keine Geschäfte mehr machen zu dürfen. Weil sich aber die Lage für die USA nicht verbessert, steigt die Zahl der Sanktionen und sanktionierten Staaten ständig an. In der Zeit von 1950 bis 1990 nahmen sie „stetig, aber vergleichsweise langsam zu … von 2004 an zeigt die Kurve steil nach oben“(2). „Vor allem die Vereinigten Staaten spielen eine unrühmliche Rolle“(3). Während deren wirtschaftliche Leistungskraft sank, stieg die von China an, was an den Defiziten der USA in Handels- und Zahlungsbilanz offensichtlich wird.

Sanktionen statt Krieg  

Sanktionen sind Ausdruck der Schwäche des Westens. Wenn er sich auch als Gemeinschaft darstellt, die ihr Handeln auf Werten gründet, so ist der Wertewesten doch die einzige politische Kraft weltweit, die Sanktionen gegen andere Völker verhängt, auch wenn das den Tod von Tausenden von Menschen bedeutet. Das macht kein anderes Land der Welt, nicht einmal die sogenannten Schurkenstaaten. Aber die Völker der Welt beugen sich immer weniger dem Diktat des Wertewestens. Und dieser ist auch nicht mehr in der Lage, nach Imperialisten-Manier die Unbotmäßigen durch Krieg zu zwingen, sich seinem Willen zu unterwerfen. Das haben Korea und Vietnam gezeigt. Wenn auch die FAZ schreibt: „Wirtschaftssanktionen sind billiger als Krieg“, so muss sie auch eingestehen, „dass sie nicht immer die erhoffte Wirkung [zeigen], wie in Nordkorea und Russland zu sehen ist“(4). Da aber mittlerweile viele Staaten über Atomwaffen verfügen und konventionelle Kriege zu teuer sind bzw. bei der eigenen Bevölkerung auf wenig Gegenliebe stoßen, kommen statt der Kriege nur noch Sanktionen als abgeschwächte Mittel der Gewalt für den Wertewesten in Betracht. Es sind also Kostenüberlegungen, die den Wertewesten von Kriegen abhalten, nicht moralische, wie man es eigentlich bei einer Wertegemeinschaft erwarten müsste. Nun sind aber auch die Sanktionen ein sehr zweischneidiges Schwert. Denn sie treffen nicht nur die Sanktionierten sondern auch die Unternehmen der Staaten, die Sanktionen verhängen. So drängen Italien und Frankreich im Interesse ihrer Wirtschaft immer stärker darauf, die Sanktionen gegen Russland aufzuheben. Auch die deutsche Industrie beklagt die Einschränkungen, die ihr die Russland-Sanktionen, aber auch die amerikanischen Strafmaßnahmen gegen den Iran auferlegen. Sanktionen gegen andere Staaten treffen nicht nur dort auf Protest sondern auch in der eigenen Wirtschaft. Das erschwert deren Umsetzung und mindert ihre Wirkung. Die riesigen Märkte aufstrebender Nationen bleiben den westlichen Unternehmen aufgrund  westlicher Selbstbeschränkung teilweise verschlossen. Nicht nur das. Diese Märkte mit dem gewaltigen Potential an Einwohnern und ungestillten Bedürfnissen geraten zunehmend unter den Einfluss chinesischer Unternehmen, die in die Lücke hineinstoßen, die die westlichen Sanktionen reißen.  

The Winner is: China  

Zunehmend muss man im Westen feststellen, dass die eigenen Sanktionen ein Konjunkturprogramm für die chinesische Wirtschaft sind. Und die Reaktionen des Westens darauf sind geprägt von Hilflosigkeit, die an Lächerlichkeit grenzt. So wirft ausgerechnet der Westen China vor, die unterstützten Staaten in eine Verschuldungsfalle zu treiben und damit in wirtschaftliche und politische Abhängigkeit. Als wäre die Verschuldung dieser Staaten erst seit dem Eintreten Chinas in den Welthandel entstanden. Wie groß die Verwirrung im Westen ist in allen Fragen, die China betreffen, zeigt sich darin, dass viele, die sich für aufgeklärt halten, die Sichtweisen der westlichen Meinungsmacher mehr oder weniger bewusst übernehmen(5). In dem Glauben, sich von China abgrenzen zu müssen,  merken sie nicht, dass sie im Interesse jener Imperialisten argumentieren, die sie sonst so lautstark verurteilen. Die höchsten Verschuldungswerte der Welt haben gerade die Industriestaaten und nicht jene, die durch chinesische Kredite versuchen, die eigene Wirtschaft und Infrastruktur zu entwickeln. Ist das auch Ergebnis chinesischer Kreditvergabe? Die meisten Staaten sind schon seit Jahrzehnten in einer Verschuldungsspirale gefangen, also lange bevor China begann, Kredite zu vergeben. So taumelt gerade Argentinien dem neunten Staatsbankrott entgegen, dem siebten seit 1950, bisher immer weiter am Leben gehalten durch westliche Kredite, nicht chinesische, wie so viele andere Staaten der Welt auch. Die Sorge des Wertewestens ist heuchlerisch. Denn sie gilt nicht der Überschuldung dieser Staaten sondern der Stabilität der eigenen Banken. Während deren Kreditvergabe dem Schuldenregime von IWF und Pariser Club unterliegen, sind die Kreditvereinbarungen zwischen China und seinen Kreditnehmern alleine Sache der beiden Vertragspartner, d.h nicht öffentlich. Weder IWF, Weltbank noch der Pariser Club können deshalb genau abschätzen, wie hoch diese Staaten insgesamt verschuldet sind und damit auch nicht deren Schuldentragfähigkeit. Würde eines dieser Länder seine Kredite nicht mehr bedienen können, kämen der Wertewesten bzw. IWF und Weltbank in die schwierige Lage,  diese Staaten stützen zu müssen, um nicht den Untergang eigener Banken zu  riskieren. Wenn sie aber die Schuldentragfähigkeit dieser Länder sichern mit neuen Krediten, sichern sie gleichzeitig zwangsläufig auch die Fähigkeit dieser Staaten, die chinesischen Kredite weiter zu bedienen. Das heißt, sie würden mit eigenen Geldern indirekt auch die chinesischen Kreditrisiken mindern, und das ist ganz und gar nicht im Interesse des Wertewestens. Die vorgetragene Menschenfreundlichkeit ist nur vordergründig, um die wirklichen Motive und Interessen hinter der Fassade von Fürsorge zu verstecken. Fürsorge spielte auch nie eine Rolle, wenn im Interesse der Schuldentragfähigkeit den Kreditnehmern harte soziale Einschnitte auferlegt wurden, damit die westlichen Banken wieder Geld fließen ließen.  

Vorteil China  

Unter den materiellen Bedingungen, die die Wirklichkeit schafft, gerät westlicher Idealismus immer mehr an seine Grenzen. Er offenbart sich immer deutlicher als das Hirngespinst, das er immer war, als Täuschung. Westliche Sanktionspolitik dient nicht den Idealen der Menschenrechte. Die Demokratie, die man den unterdrückten Völkern bringen will, ist nichts anderes als die Absicherung für die eigenen Investitionen. (6) Demokratische Systeme mit demokratischen Parteien sind die Voraussetzung für privatwirtschaftliche Investitionen, außer man hat einen Diktator, von dem man sagen kann: „Er ist zwar ein Schweinehund, aber er ist unser Schweinehund“(7). Denn nur demokratische Systeme bieten die Möglichkeit, über die verschiedenen Parteien, gesellschaftlichen Gruppen und Interessenverbände Einfluss nehmen zu können auf die Entscheidungen der Regierenden im Interesse von Investoren. Deshalb muss der Export von Kapital für Investitionen im Ausland abgesichert sein durch den Export von Demokratie. Großinvestitionen wie die seinerzeit geplante Pipeline aus den ehemaligen südlichen Sowjetrepubliken durch Afghanistan zum arabischen Meer können nach westlicher Sichtwiese nicht den Launen von Regierungen überlassen bleiben, auf deren Loyalität man sich nicht verlassen kann. Den Taliban, den damaligen Herrschern Afghanistans, traute man im Westen nicht zu, in ihrem Land getätigte Investitionen zu schützen und die Eigentumsverhältnisse zu respektieren. Politisch instabile Verhältnisse ermuntern keine privaten Investoren, große Kapitalmengen einzusetzen, wenn nicht sicher ist, dass auch deren Ertrag gewährleistet ist. Es muss also vor solchen Entscheidungen klar sein, dass es eine Ordnungskraft gibt, die politische Stabilität und investiertes Kapital sicherstellen kann. Das können am besten demokratische Systeme, denn anders als Diktaturen sind diese nicht so leicht zu stürzen. Eine Regierung kann wechseln, aber das System bleibt erhalten. Und das ist es, was für den Investor zählt. Der Sturz einer Diktatur bringt dagegen immer Unruhe und Unsicherheit. 

Unterschiedliche Interessen  

Da liegen  aber auch im Unterschied zum chinesischen System die Nachteile jener Gesellschaftssysteme, die sich alleine auf die Privatwirtschaft stützen. Private Geldgeber entscheiden nach ihren privaten Sonderinteressen. Die Rendite muss stimmen. Politische oder gesellschaftliche Interessen spielen für ihre Entscheidungen nur eine untergeordnete Rolle. China dagegen hat eine politische Agenda, deren gesellschaftliche Ziele für den Staat im Vordergrund stehen: Das Land will seine Wirtschaft entwickeln, um den allgemeinen Wohlstand seiner Bevölkerung zu heben. Die Armut soll restlos beseitigt werden. Zur Erlangung dieses Zieles braucht es die Rohstoffe der Dritten Welt. Diese wiederum braucht Kapital und Fachwissen, um die eigene Wirtschaft voranzubringen. Hier ergänzen sich beide in ihren Interessen und Möglichkeiten. China ist nicht abhängig von der Kreditvergabe und Investitionsbereitschaft privater Geldgeber. Seine gewaltigen Devisenreserven erlauben es ihm, Infrastrukturprojekte in der Dritten Welt durch seine Staatsbanken zu finanzieren, also unabhängig von den Interessen privater Geldgeber. Auch die Ausführung der Projekte liegt teilweise bei Staatsunternehmen. Für die Kreditnehmer hat diese Vereinbarung große Vorteile. Sie müssen nicht wie gegenüber den westlichen Banken mit Dollars oder sonstige Devisen bezahlen. Das fällt besonders Ländern wie Iran oder Venezuela schwer, die aufgrund von Sanktionen kein Öl exportieren dürfen und infolge dessen nur geringe Deviseneinnahmen haben. Diese Staaten bezahlen mit Rohstoffen, was sie vom Dollar und seinen Schwankungen unabhängig macht. Das nützt auch der chinesischen Wirtschaft, die auf diesem Wege den eigenen Rohstoffbedarf günstig deckt. Das ist aber nur möglich, weil der chinesische Staat über eine langfristige Strategie verfügt und über seine staatlichen Banken das Risiko trägt. Mit privaten Investoren aus dem Westen wäre das nicht möglich, denn sie wollen nicht mit Öl bezahlt werden sondern mit Dollars oder Euros. Und deshalb laufen auch die meisten Initiativen der westlichen Regierungen ins Leere, in Afrika und anderen Staaten der Dritten Welt wirtschaftlich und politisch Fuß zu fassen, um China Paroli bieten zu können. Den privaten Geldgebern ist das Risiko zu hoch. Eine private Bank will nicht die Risiken des Ölgeschäftes tragen, um ihre Zinsen realisieren zu können. Und ein westlicher Staat will nicht mit Ölgesellschaften in Konflikt geraten, wenn er sich durch die Annahme von Öllieferungen anstelle von Zinsen zum Konkurrenten der Ölgesellschaften aufwirft. All das lassen privatwirtschaftliche System nicht zu im Gegensatz zum sozialistischen  System chinesischer Prägung. Hier entscheiden Staat und Partei über die Politik, die nach ihrer Ansicht den Interessen der Gesamtbevölkerung dient, nicht einzelne Interessengruppen.  

Zeitenwende  

Das Vorgehen Chinas in der Dritten Welt hat Folgen für das westliche Sanktionsregime. Der Anteil der sanktionierten Staaten wächst. Damit aber wächst auch der Anteil der Staaten, die vom Westen immer weniger zu erwarten haben. Als der Wertwesten alleine die wirtschaftliche Agenda der Welt bestimmte, konnte er mit seinen Sanktionen seine Interessen gegenüber anderen leicht durchsetzen. „Nun aber dreht sich der Wind“(8). Denn heute stellt China technologisch und auch finanziell eine zumindest gleichwertige Alternative dar. So musste der Westen erschreckt feststellen, dass „Peking seine Verbindungen ausgerechnet im geächteten Iran weiter [ausbaut und] in Iran seinen Versprechen Milliarden von Dollar folgen lassen [will]. … Rund 400 Milliarden Dollar sollen über ein Vierteljahrhundert bereitstehen für den Ausbau“(9) iranischer Infrastruktur. „Offiziell bekommt das Wachstumsland China dafür Öl  aus Iran. … Zudem gewinnt China in Pakistan mit seinen gut 222 Millionen Menschen und in Iran mit mehr als 82 Millionen Menschen riesige Wachstumsmärkte für seine Waren“.(10) Was hat dagegen der Westen diesen Staaten zu bieten außer idealistischen Werten, die nicht satt machen und an die er sich selbst nicht hält? Wie das obige Zitat zeigt, ist Iran kein Einzelfall. Auch Pakistan wendet sich verstärkt den chinesischen Angeboten und Krediten zum Aufbau des Landes gegen Lieferung von Rohstoffen zu. Und die Amerikaner schäumen vor Wut, weil die Chinesen sich in Myanmar nicht an westliche Sanktionen halten und sich die Rohstoffe sichern gegen Hilfe beim Aufbau des Landes. „Dabei kommt ihnen der Boykott des Westens zugute, der das dortige Militärregime schwächen sollte, es aber in Wirklichkeit immer tiefer in Pekings Arme trieb“(11) Noch eine weitere Entwicklung scheint sich anzudeuten: „Iran hilft Venezuela mit Benzin. Venezuelas Regierung feiert die Ankunft der ersten beiden von insgesamt fünf Öltankern aus Iran.“(12). Deutet sich hier ein offenes Brechen von Sanktionen durch die Sanktionierten selbst an? Bisher hatte man immer versucht, die Sanktionen zu umgeben durch die Verschleierung von Lieferungen. Nun scheinen zumindest Venezuela und Iran auf solche Geheimnistuerei keinen Wert mehr zu legen. Das Erstaunliche daran ist jedoch, dass die USA nicht versucht hatten, diese Tanker vor ihrem Bestimmungsort abzufangen. Militärisch hätten dem weder Venezuela noch der Iran etwas entgegensetzen können. So hatten noch im Jahr zuvor die Amerikaner den iranischen Tanker Grace1 vor Gibraltar von den britischen Behörden festsetzen lassen wegen des Verstoßes gegen Sanktionen. Hat man in der Zwischenzeit in Washington kalte Füße bekommen? Vermutlich war es den USA eine Lehre, dass die Iraner im Gegenzug einen britischen Tanker in der Straße von Hormus festsetzten. Denn was die Amerikaner vor Venezuela können, könnten die Iraner auch vor ihrer eigenen Küste im Persischen Golf, nämlich Schiffe festsetzen. Das war die Botschaft der iranischen Maßnahme. Sie scheint gewirkt zu haben. Zudem haben die USA im Unterschied zum Iran viele Ziele im Nahen Osten, die von iranischen Raketen erreicht werden können. Militärstützpunkte sind nicht nur Bedrohungen sondern auch Ziele. Schließen sich nun die Sanktionierten zusammen, um sich gegenseitig zu unterstützen? Wie die FAZ schon weiter oben sich erschreckt die Augen rieb: Der Wind dreht sich. Ob sich ein neuer Kosmos herausbildet, ein Universum der Sanktionierten, muss weiter beobachtet werden. Aber die Grundlagen dazu sind  vorhanden. Die Zahl derer, die von den Sanktionen des Wertewestens betroffen sind, wird immer größer. Was hindert sie daran, sich mit Russland und China zu einer neuen Wirtschaftswelt zusammen zu schließen? Iran hat bereits den ersten Schritt in diese Richtung gemacht und „einen Antrag auf Mitgliedschaft in der von China und Russland dominierten „Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit“ gestellt“(13). Die Welt ist nicht mehr so, wie sei einmal war für den Wertewesten.

(1) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4.8.2020: Amerika droht schlechteres Rating (2) FAZ vom 6.8.2020: Jeder gegen jeden
(3) FAZ vom 6.8.2020: Sanktionsgeschwür
(4) ebenda
(5) https://kenfm.de/the-wolff-of-wall-street-neue-seidenstrasse/
(6) Rüdiger Rauls: westliche Interessenpolitik und Menschenrechte
(7) https://de.wikiquote.org/wiki/Diskussion:Dwight_D._Eisenhower
(8) FAZ vom 21.7.2020: Peking nutzt die Sanktionen gegen Iran
(9) ebenda
(10) ebenda
(11) FAZ vom 21.7.2020: Washington attackiert Chinas Burma-Politik
(12) FAZ 28.5.2020: Iran hilft Veneuela mit Benzin
(13) FAZ 21.7.2020: In Chinas Armen  

Rüdiger Rauls Buchveröffentlichungen:            
Krieg um Syrien Buchbeschreibung
Wie funktioniert Geld? Buchbeschreibung
Kolonie Konzern Krieg - Stationen kapitalistischer Entwicklung Buchbeschreibung Zukunft Sozialismus oder die Grenzen des Kapitalismus Buchbeschreibung Die Entwicklung der frühen Gesellschaften-Die Geschichte Afghanistans Buchbeschreibung
Was braucht mein Kind? Buchbeschreibung
Späte Wahrheit (Prosa) Buchbeschreibung

Herausgeber von: Imre Szabo:
Die Hintermänner ( ein politischer Krimi) Buchbeschreibung
Imre Szabo: Die Unsichtbaren ( ein politischer Krimi) Buchbeschreibung
(25.08.20)



Olaf Scholz – gerade erst nominiert und schon politisch disqualifiziert!
Ein Beitrag zur Diskussion um das „Bedingungslose Grundeinkommen“
 

Vor wenigen Tagen äußerte sich der soeben erst von seiner Partei nominierte Kanzleramtskandidat, Olaf Scholz (SPD), mit wenigen Sätzen zum „Grundeinkommen“. Es sei – so Scholz – nicht finanzierbar. Und er wolle auch keinen Hehl daraus machen, dass er noch nie ein Freund des ‚bedingungslosen Grundeinkommens‘ gewesen sei. 
'Die Welt'-online berichtete vom 21.08.20 wie folgt:

„Olaf Scholz sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Freitag, er habe die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens schon immer für falsch gehalten. Dadurch würden viele Errungenschaften des Sozialstaates wie die Renten- oder die Arbeitslosenversicherung gefährdet, warnte der Finanzminister.
„Das wäre Neoliberalismus“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat weiter. Auch sei ein solches Vorhaben, wenn „fair und richtig“ gerechnet werde, unbezahlbar. Scholz forderte stattdessen einen höheren Mindestlohn. Ohne eine entsprechende Vereinbarung würde er nach der Bundestagswahl 2021 keinen Koalitionsvertrag unterzeichnen, kündigte er an. Konkret nannte Scholz einen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde „dringend erforderlich“ (Die Welt, ebd.).

Mit diesen Aussagen hat sich der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz als möglicher Kanzler für eine angestrebte linksorientierte Gesamtkoalition aus Linken, SPD und Grünen völlig unmöglich gemacht. Ihm fehlt der unbeschränkte Blick aufs Große und Ganze. Ein SPD-Kanzlerkandidat, der sein eigenes, kleinkariertes Denken in konservativ begrenzten Politikentwürfen nicht überwinden kann, taugt für eine linksgewendete Zukunft in keinster Weise. Dass dies den SPD-Parteivorsitzenden, Norbert-Walter Borjans und Saskia Esken nicht auch bewusst gewesen sein können sollte, kann man als Altlinker kaum glauben. – Nun zeigen aber die Aussagen von Olaf Scholz selbst sehr klar schon jetzt die Grenzen einer zwar wünschenswerten, aber dennoch nur utopischen Gesamtkoalition Linksaktiver Politiker/innen – oder, was man unbedacht so „links“ zu nennen pflegt.

Bevor ich die argumentative Auseinandersetzung mit den unbedachten Behauptungen von Olaf Scholz suche, sei noch bemerkt, wie hilflos der Versuch von Scholz gewesen ist, einer breiten Debatte über den Sinn und Zweck des „bedingungslosen Grundeinkommens“ (BGE) mit diesen unqualifizierten Behauptungen das Wasser abzugraben, bevor sie in der Bevölkerung so richtig in Schwung geraten ist. Denn parallel zu den bloßen Behauptungen von Scholz wurde bundesweit berichtet, dass das erst zwei Tage zuvor gestartete Studienprojekt zum „bedingungslosen Grundeinkommen“ binnen zweier Tag eine Bewerberliste von über 1 Million Bürger/innen zu verzeichnen hat, was nicht nur zeigt, wie begehrt die Zahlung eines bedinungeslosen Grundeinkommen in der Bevölkerung ist, sondern auch die Tatsache zum Ausdruck bringt, dass über die Hälfte der bundesdeutschen Bevölkerung für die Einführung eines „bedingungslosen Grundeinkommens“ votierten würde, ließ man sie politisch nur machen!

Das war bei einer im Jahr 2018 in Auftrag gegebenen Umfrage des konservativen Blattes „Die Welt“ noch nicht der Fall. Die Welt titelte stolz: „Knappe Mehrheit gegen Bedingungsloses Grundeinkommen“ (Die Welt-online, ebd., 01.05.18).   53% - und hier vor allem Anhänger der CDU – lehnen ein BGE strikt ab, während 43% der Befragten grundsätzlich „für ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle“ (ebd.) wären. Lediglich 4% sagen, sie hätten sich noch keine Gedanken gemacht (vgl. ebd.), laut Umfrage im Jahr 2018. Immerhin zeigt diese Umfrage, wie viele andere auch, dass es zum Wesen demokratischer Willensbildungsprozesse gehört, die gesellschaftlichen Meinungsvielfalten auf zwei kontradiktorische Positionen zu verkürzen, wodurch sich jede Gesellschaft politisch notwendig aufgespalten wird. – Das war vor gut zwei Jahren.

Wie sieht es aber zur Zeit aus? Vertritt der SPD-Kanzlerkandidat, Olaf Scholz, die politische Meinung einer Mehrheit der Bürger/innen, oder nur seine eigene, beschränkte Überzeugung, von der er nicht absehen kann, ohne sich selbst aufzuheben und zu disqualifizieren? Denn das wäre die logische Folgerung demokratische Meinungsbildungen: Entweder Olaf Scholz disqualifiziert sich als Kanzler, weil er keine Mehrheitsmeinung mittragen kann (50% + 1%) - oder er disqualifiziert sich, weil er auf Seiten der 49% ‘prozentigen Minderheit steht – und ebenfalls nicht über seine eigene Meinung hinauskommen kann. Wie auch immer: Mit ihm wäre die Hälfte der Bevölkerung (zum Teil eben ‚unversöhnlich‘) aufgespalten.

Was tun?, frug einst schon Lenin! – Nun gibt es aber neuere Umfragen, die besser ins jeweilig politische Bild passen als die vorherigen! Also:    

„Der MDR hat am 4. August [2020, J.V.] eine Umfrage veröffentlicht, nach der eine knappe Mehrheit von 53 Prozent zu 43 Prozent ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) für sinnvoll hält. Im Durchschnitt werden gut 1.200 Euro im Monat als angemessen bewertet. Doch wenn man sie genauer betrachtet, zeigen die Ergebnisse der Umfrage tatsächlich, dass es keine politische Basis für ein BGE gibt.“ (Junge Welt- online; Hervorhebung von mir. J.V.)

Mit diesen Anfangssätzen seines Gastkommentar in der eher linken Tageszeitung  „junge Welt“ vom 22/23.08.2020 vollzieht der Verdi Gewerkschaftsfunktionär Ralf Krämer, der zudem „Bundessprecher der Sozialistische Linken“ ist, in nur zwei Sätzen einen „salto mortale“, der für viele Linke - besonders in Bezug auf die Wertschätzung des BEG - zunehmend bezeichnend zu sein scheint, was aus Sicht der Befürworter natürlich bedauerlich ist!

Allerdings kann man auch nachfragen: Was ist hier los?

Sowohl der kurzerhand nominierte SPD-Kanzlerkandidat, Olaf Schloz, als auch die eher seit längerem konservativ aufgestellte CDU sowie der vielleicht eher linksaktiv zugeordnete Verdi-Funktionär und Sprecher der Sozialistischen Linken, Ralf Krämer, alle schicken mit nur einem kurzen Sätzchen (sic!) die Idee des BGE in die Wüste und erteilen ihr eine kalte Abfuhr. („Wüste“ und „Kalt“ – der demokratisch unvermeidliche Antagonismus einer politischen Spaltung verschafft sich auch hier sprachlich ihren Ausdruck, wenn man so will!)

Nun: Etwas anderes ließe sich auch nicht erwarten, will man denn, wie es der Bundesvorstand der Linken mehrheitlich offensichtlich z. Z. will, eine linksaktive Mehrheit jenseits der konservativen Parteien CDU, FDP und AfD organisieren. – Leider spielt hier schon im Ansatz die SPD nur lippenverbal mit, wie man unschwer an der nicht ganz unerheblichen Meinung ihres Kanzlerkandidaten Olaf Scholz erkennen kann. Gleiches kann man aber auch innerhalb der Linken selbst erkennen, wenn man auf die Aussagen von Ralf Krämer (Die Linke) sieht.

Es gehört schon ein gutes Stück Schamlosigkeit dazu, eine Umfrage zum „Bedingungslosen Grundeinkommen“ in wenigen Sätzen umzudefinieren, wie in dem soeben zitierten Gastkommentar in der „jungen Welt“ von Ralf Krämer geschehen, indem man unversehens behauptet, die Mehrheit der Befragten habe sich gar nicht zu einer Einführung des „Bedingungslosen Grundeinkommen“ geäußert, sondern – weil es einem besser in den politischen Kram passt: Die ‚Mehrheit habe sich zu einer (bloßen) „Grundsicherung“ geäußert – habe es allerdings selbst so nicht ausgedrückt! - Mit den Worten von Ralf Krämer:

Die Mehrheit [der zum BGE befragten, J.V.] spricht sich also in Wirklichkeit gar nicht für ein BGE aus, sondern für eine verbesserte, »bedingungslose«, nicht von Vorleistungen abhängige Grundsicherung für Menschen ohne hinreichende andere Einkommen und ohne größere Vermögen. Das ist aber eine ganz andere Forderung als die der BGE-Community.“ (Junge Welt, ebd.; Hervorhebung von mir, J.V.) 

Mit einer solch groben und verzweifelten Dialektik kann man nun wirklich alles begründen – sogar, dass Olaf Scholz der Wunschkanzlerkandidat der Linken im Bundesvorstand sei, weil man ansonsten gegen ihn und die SPD in keine linksfähige Mehrheit kommen könne! – Schwachsinn!

Die heiße Luft, die hier vom Genossen Ralf Krämer im Auftrag der Gewerkschaft versprüht wird, kondensiert sehr schnell zu einem Nebel, wenn man bedenkt, dass die Prämissen, die der Genosse vorab kurzerhand einführt, um einen Gegensatz gegen die Position des BGE zu suggerieren, nämlich die Behauptung, dass
„81% Prozent [der Befragten, J.V.]  die Aussage (unterstützen), dass es eine Vermögensgrenze geben sollte“ (vgl. ebd.).

Tatsächlich bedeutet diese Position überhaupt keinen Gegensatz zu den Befürwortern des BGE! Denn, wie R. Krämer selbst feststellt:
„Das bedeutet, dass auch unter den vermeintlichen Befürwortern eines BGE eine deutliche Mehrheit für eine Vermögensgrenze ist.“ (vgl., eba.) –
Wie auch sonst? Natürlich ist es links-sozial verständlich und sinnvoll „Vermögensgrenzen“ politisch zu definieren, wenn man die bestehende Schere zwischen Arm und Reich bedenkt, die die SPD (mit ihrer GroKo aus CDU) nicht in Griff bekommt oder gar nicht in Griff bekommen will.

Der Gedankengang wird aber von Ralf Krämer wie folgt weitergetrieben:
„55 Prozent unterstützen die Aussage, dass das Grundeinkommen mit anderweitigen Einkünften (z. B. aus Arbeit) verrechnet werden sollte“ (ebd.). - 

Aber auch dieser Gedanke widerspricht dem Konzept des BGE in keinster Weise, obwohl – um das hier nicht zu vergessen, Ralf Krämer sich seit Anbeginn seines Gastkommentars, abmüht, eine Gegenposition zu dem Ergebnis der Meinungsumfrage zu konstruieren. – Wie aber soll das geschehen, wenn alle bisherigen Argumente, die Ralf Krämer an dieser Stelle anführt, in keinster Weise gegen das BGE sprechen, und ja auch – wie er selbst aufzeigt- von keinem der Befürworter des BGE in Frage gestellt werden!?

Das einzige, was bisher in Frage gestellt wurde, ist der Schluss, den Ralf Krämer ganz zu Beginn seines Kommentar in der Jungen Welt selbst zieht, nämlich, seine Behauptung, dass:

 „Doch wenn man sie [die Umfrage, J.V.] genauer betrachtet, zeigen die Ergebnisse der Umfrage tatsächlich, dass es keine politische Basis für ein BGE gibt“ (Junge Welt- online; Hervorhebung von mir. J.V.). -

Doch genau diese Behauptung, lässt sich nicht ohne Widerspruch aus dem bisher Ausgeführtem ziehen und ist daher als falsch zu beurteilen, weil auf einer plumpen dialektischen Verdrehung der erhobenen Tatsachen basierend! Würde man dieser reduktionistischen Argumentationslogik konsequent weiter folgen, dann könnte Ralf Krämer auch behaupten, dass, wenn nur eine Hand voll der Befragten zustimmten, der „sozialistischen Linken“ anzugehören, es „keine Basis“ für eine Linke Politik gebe. – Dieser Schluss wäre allerdings einer rein „kapitalistischen“ Logik geschuldet, die dazu neigt ihre eigene Position beharrlich zu untergraben. –

Wir werden später noch sehen, dass diese „kapitalistische Logik“ von Ralf Krämer auch in seinem Schlusssatz angewandt wird. Er durchblickt den Reduktionismus nicht und schließt am Ende seines Kommentars, dass es nur noch einen überstakten Kapitalismus geben könnte, so das man Angst haben könne, er würde linke Positionen total verunmöglichen und ins Leere laufen lassen, wie z. B. das BGE. – Nichts wäre fataler und falscher als die Folge dieses Schlusses.
  
Tatsächlich bezieht sich das Modellkonzept der Linken, wie es in der hervorragenden Broschüre: „Unser Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens. Finanzierbar, emanzipatorisch, gemeinwohlfördernd“ aus dem Jahr 2013 dargestellt wurde, auf völlig andere Prämissen. Hier, in dieser Broschüre (5.Aufl., 2017), wurden die anfallenden gesamtwirtschaftlichen Kosten zum ersten Mal nicht nur argumentativ, sondern auch volkswirtschaftlich (in zwei Varianten) überzeugend durchgerechnet. Es geht hier nicht allein um die bloße Einführung des BGE, sondern immer schon und von Anfang an auch um eine flankierende Veränderung diverser sozial-ökonomischer und  ökologischer Parameter, die, wenn sie so schamlos wie an dieser Stelle von Ralf Krämer, gegen die eigentlichen Intensionen der linken Modellkonzeption ausgespielt und in scheinbare Frontstellung gebracht werden, natürlicherweise zu Widersprüchen führen. Da ist es schon von entscheidendem Vorteil, wenn „man“ selber hellwach ist und revolutionärer als sich die führenden Bundeslinken überhaupt nur vorzustellen in der Lang sind!

Also, noch einmal:
Natürlich fordern auch linke Befürworter des BGE, dass das BGE mit anderen Einkünften verrechnet werden solle, so wie es in dem oben erwähnten linken Modelkonzept auch vorgesehen ist. Denn ebenfalls spricht die Einführung einer oberen Vermögensgrenze nicht gegen die Konzeption eines BGE, wie Ralf Krämer es aber weiter oben suggeriert.

Kommen wir nun zum zweiten Teil der Argumentation von Ralf Krämer, mit der er das BGE in seiner Basis erschüttern will.
Hierzu ist der folgende Abschnitt aus seinem Gastkommentar zu betrachten:

„Zweitens zeigt die Umfrage, dass 57 Prozent nicht bereit sind, im Gegenzug für ein BGE Einschränkungen in Kauf zu nehmen. Selbst von den 23 Prozent, die sich dazu bereit erklären, sind nur 52 Prozent bereit, dafür auf Sozialleistungen wie z. B. Hartz IV oder Kindergeld zu verzichten. Das sind nur zwölf Prozent aller Befragten. Und sogar nur 30 Prozent von ihnen, also nur sieben Prozent aller Befragten, sind bereit, dafür höhere Steuern/Abgaben in Kauf zu nehmen. Ein BGE wäre aber nur möglich, wenn dafür bisherige Sozialleistungen entfallen würden und wenn erhöhte Steuern oder Abgaben das Geld reinholen würden, das auf der anderen Seite als BGE ausgeschüttet werden soll.“ (Junge Welt, ebd.)

Behauptet wird hier: Die Einführung des BGE führe (uneingeschränkt für alle!) zu höheren Steuern. Und nun zeige sich, „dass 57 Prozent [der Befragten, J.V.] nicht bereit sind, im Gegenzug für ein BGE Einschränkungen in Kauf zu nehmen“ (ebd.). – Allerdings zeigt die Angabe dieser Zahlen überhaupt nicht, dass alle „57 Prozent“, die hier „keine Einschränkungen in Kauf nehmen wollen“, auch tatsächlich Einschränkungen in Kauf nehmen müssten, würde das vorliegende Modellkonzept der Linken auch umgesetzt!

Hätte Ralf Krämer auch nur ansatzweise Bezug auf dieses Modellkonzept genommen, dann hätte er Schwarz auf Weiß zur Kenntnis nehmen müssen, dass unter der Überschrift: „Wer profitiert vom BGE, wer bezahlt das BGE?“ (Broschüre, S. 47) aufgelistet ist, dass z.B. ein „Singel“ mit einem Bruttomonatseinkommen“ von „7000€“ allererst noch ein Saldo von „+1€“ aufzuweisen hätte.
Nach dieser Tabelle hätte ein „Single mit Kind“ erst bei einem Bruttomonatsgehalt von 10.000€ ein Saldo von „-481€“ zu verbuchen, d.h. hier käme „man“ also schlechter weg als vor der Einführung des BGE.
Der gleiche „Single“ diesmal aber mit „2 Kindern“ bei einem „Bruttomonatseinkommen“ von wiederum „10.000€“ käme nunmehr auf ein Saldo von „-138€“ mit der Einbußen zu verbuchen hätte.
Eine Familie (Hier: Paar mit zwei Kindern) hätte sogar noch in der obersten Kategorie der in der Modelllist aufgeführten Fälle bei einem Bruttomonatsverdienst von beispielsweise 10.000€ (+ 5000€) ein Saldo „+312“ zu verzeichnen! –

Der unvoreingenommene Leser kann sich also sehenden Auges davon überzeugen, dass kaum jemand „Einschränkungen in Kauf nehmen“ muss, der es nicht auch sozialpolitisch leisten können kann. Somit relativieren sich die oben von Ralf Krämer angeführten „7 Prozent der Befragten“ (ebd.), die allenfalls breit wären für das BGE „höhere Steuern zu zahlen“ (ebd.). – Das Klientel, das hier jammern würde, käme kaum aus der klassischen Arbeiterschicht, sondern eher aus einer zumindest hedonistisch eingestellten Bevölkerungsschicht, die soziale Gesichtspunkte zu vernachlässigen geneigt ist.    

Wir sehen also auch an dieser Stelle, dass die Argumentation von Ralf Krämer nicht konsistent ist. Allerdings wiegt sein Schluss, den er an dieser Stelle zieht gewichtig. Macht er doch folgende Behauptung:

„Ein BGE wäre aber nur möglich, wenn dafür bisherige Sozialleistungen entfallen würden und wenn erhöhte Steuern oder Abgaben das Geld reinholen würden, das auf der anderen Seite als BGE ausgeschüttet werden soll.“ (Junge Welt, ebd.)

Was ist von diesem Schluss zu halten? Wir müssen erneut differenziern:
Freilich sollen (auch) bei der Einführung eines BGE nach dem Modell der Linken sämtliche „Sozialleistungen“ in dem auszuzahlenden BGE aufgehen. Deshalb ist die Höhe des BGE keinesfalls egal und in gewisser Weise auch nicht verhandelbar (!), wenn ein bestimmter Betrag eben nicht – wie in neoliberalen Vorschlägen, die Olaf Scholz oben vor Augen hat (!) – unterschritten werden darf.

Deshalb spielt die Höhe und Bestimmung des monatlichen „Mindestlohn“ eine entscheidende Rolle auch bei dem linken Modell des BGE. Der Mindestlohn ist an die durchschnittliche Höhe des gesamten Volkseinkommens gebunden.

Erinnern wir uns kurz:
Ralf Krämer suggerierte auch in Bezug auf den „Mindestlohn“ einen prinzipiellen Gegensatz zum Konzept des BGE – was, wie wir sehen, wiederum falsch ist. Denn:

Tatsächlich ist aber der derzeitige Mindestlohn in der BRD eine politische Zumutung, denn nach einer Anfrage der der Linksfraktion im Bundestag, musste die derzeitige Bundesregierung mit CDU und SPD zugeben, dass erst ab einem Mindestlohnbetrag von über 12€ am Ende der Erwerbsarbeit Zuschüsse von Seiten des Staates entfielen, um einer möglichen Altersarmut zu entgehen und nicht wiederum auf „Stütze“ angewiesen zu sein. Dies zu Wissen ist wichtig, denn auch der oben schon erwähnte Kanzlerkandidat der SPD rechnet mit der Einführung eines Mindestlohns von 12€. Ein wirklich seltsamer Umstand, könnte er als SPD-Teil der GroKo doch schon jetzt dafür sorgen, dass es den Geringverdienern wesentlich besser ginge, als mit seiner bisherigen und eigenen SPD-Politik!

Aber auch das Linke durchgerechnete Modellprojekt des BGE ist und bleibt ein steuerbasiertes Konzept, dass im Wesentlichen auf einer „Progressionssteuer“ aufbaut. Allerdings garantiert diese Steuerprogression (im Gegensatz zu den derzeit üblichen Steuersätzen in der BRD), dass eben nicht alle „bisherige Sozialleistungen entfallen […] und […]erhöhte Steuern oder Abgaben das Geld reinholen würden, das auf der anderen Seite als BGE ausgeschüttet werden soll“ (Krämer, ebd.).

Ralf Krämer formuliert hier einen Konditionalsatz, der auf dem Schema „wenn … dann“ basiert. Leider stimmt bei seinem Schluss erneut der letzte Teilsatz nicht. Nämlich die Behauptung: „(…) das auf der anderen Seite als BGE ausgeschüttet werden soll“ (Ebd.).

Tatsächlich müssen die beim BGE entfallenden Sozialleistungen nicht alleine durch „erhöhte Steuern oder Abgaben (…) wieder reingeholt werden“, die von Arbeitnehmer/innen im Sinne klassischer Erwerbssteuern – wie im derzeit noch in der BRD üblichen kapitalistischen Steuersystem – von den Lohnerwerbstätigen bezahlt werden, wie Ralf Krämer es in seinen Ausführungen unterstellt, weil er erneut ein Gleichgewicht zwischen „entfallen und erhöhen“ suggeriert, indem personenbezogene Steuerleistungen gegeneinander verrechnet werden. (Vgl. oben die Scheindialektik von „heiß und kalt“, bzw. von „entfallen und ersetzen“ oder von „niedrig und hoch“, etc.).

Dass die Gewerkschaften nicht anders Denken können, haben sie mit der SPD und Olaf Scholz gemeinsam, dem die utopische Vorstellungskraft fehlt, eine gut funktionierende Gesellschaft auch als bloß kapitalistisch vorzustellen, nämlich als sozialistisch - oder mit Karl Marx als kommunistische.

Der entscheidende Fortschritt in einer zukünftigen Besteuerung, die nicht personenbezogen und daher frei von Erwerbtätigkeiten durchzuführen wäre, kann man ziemlich unspekulativ bei Richard David Precht in seinem Buch: Jäger, Hirten Kritiker (2018, 3. Aufl.) nachlesen. Das dort beschriebene Steuerkonzept ergänzt die linke Modellrechnung des BGE nahtlos.

Precht fordert die Einführung von drei neuen Steuern, deren Progressionen Summen erbringen, die unter einer kapitalistischen Pro-Kopf-Erwerbsarbeitssteuer unvorstellbar wären. Die neuen ‚Steuern sind:
1.       Eine „Maschinenlaufsteuer“, die den einzelnen, arbeitenden Lohnabhängigen von der bedingungslos kapitalistischen Erwerbstätigkeit entkoppelt und damit befreit. 2.       Eine „Transaktionssteuer“, die z.B. auf jede Börsentätigkeit einen kleinen Promillebetrag erhebt, deren Aufsummierung Milliarden-Beträge generiert, die Umverteilt werden können.
3.       Eine sog. „Datensteuer“, die jeden Benutzer von Daten und digitalen Informationen verpflichtet für die Nutzung zu zahlen und nicht seine Urheber unentgeldlich auszubeuten – wie bisher.

Allein die Einführung dieser drei Steuern (auf EU-Ebene oder weltweit) würden Finanzmittel bereitstellen, die ausreichten das BGE einzuführen sowie weitere Ungleichheiten zwischen Arm und Reich endgültig zu nivellieren! – Dies alles verschweigt Ralf Krämer – aus welchen Gründen auch immer. Jedenfalls nicht, um das BGE in der Version der Linken zu fördern.

Es liegt daher allein an der Linken aus den bestehenden Konzepten tatsächlich etwas Neues und Besseres für die meisten Menschen politisch zu gestalten, indem man, um bei diesem Beispiel zu bleiben, konsequent an der Einführung des BGE festhält, denn es ist nirgendwo auch nur Ansatzweise widerlegt – außer bei Mutlosen und Links-Schlappen.

Die abschließende Befürchtung von Ralf Krämer ist an Dramatik zwar kaum zu übertreffen, geht aber dennoch sowohl an möglichen Realitäten als auch an einer sozialistischen Utopie meilenweit vorbei:

„Politökonomisch und von den Kräfteverhältnissen im Kapitalismus her wäre im Gegenteil zu befürchten, dass das Kapital ein BGE für die Zerschlagung des bisherigen Sozialstaats, von Arbeitnehmerrechten und Tarifverträgen, sowie zur verschärften Lohndrückerei nützen könnte. Die Forderung nach einem BGE erweist sich damit als eine gefährliche Fehlorientierung, weil es in Wirklichkeit keine soziale Basis dafür gibt und es sich im Kapitalismus zu Lasten der Lohnabhängigen auswirken würde.“ (Junge Welt, ebd.)

Was sollen die „Konjunktive“ in diesem Satz? Wer hätte es denn in der Hand, wenn nicht eine linksorientierte Realpolitik. Olaf Scholz zumindest steht hier nicht für die möglicherweise auch fortschrittlichen Kräfte in der SPD, ebenso wenig wie weite Teile der Gewerkschaft und einige Innerlinke Strömungen.

Da, wo „kapitalistische Kräfte“ gesellschaftliche Situationen zur „verschärften Lohndrückerei nützen könnten“ (ebd.), ist die Linke zu schwach! Und zwar nicht aufgrund einer (fehlschlüssigen) „Fehlorientierung“ innerhalb der Linken, die das bedingungslose Grundeinkommen einfordern und auch umsetzen wollen, wie Ralf Krämer fälschlich meint, sondern weil „es […] sich im Kapitalismus zu Lasten der Lohnabhängigen auswirken würde“ (ebd.). –

Dieses letzte „es“ kann aber nicht das „bedingungslose Grundeinkommen“ in Form der Berechnungen des linken Bundesmodells meinen, sondern nur die grundfalsche Sichtweise des Kapitalismus selbst. Eine Sichtweise, die in sich widersprüchlich ist, und somit das offensichtlich „Gute“ als „Fehleinschätzung“ darstellen muss, gerade weil sie das ursprüngliche Votum der Befragten und also das "der sozialen Basis", wie wir oben gesehen haben, in nur zwei Sätzen uminterpretiert und in das genaue Gegenteil verkehrt. –

Also ein letztes Mal zur Erinnerung:

„Der MDR hat am 4. August [2020, J.V.] eine Umfrage veröffentlicht, nach der eine knappe Mehrheit von 53 Prozent zu 43 Prozent ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) für sinnvoll hält“ (ebd.), so der Einleitungssatz von Ralf Krämer in seinem Gastbeitrag in der ‚Junge Welt‘. – Eben das ist ein Faktum, das "es" zu bedenken gilt!

Um es an dieser Stelle (auch einmal) glasklar zu sagen:
Es kann nicht angehen, dass hierbei auf Bundesebene herumgeeiert wird, indem Drohungen ausgesprochen werden, z.B. Mitgliederentscheidungen über das BGE von Seiten des Bundesvorstandes zu unterlaufen, (obwohl das Unterschriften-Quorum der BAG mehr als erfüllt ist!), um auf Bundesebene für mögliche parteiübergreifende Koalitionen, (bei wohlmöglich) mehrheitlich gewonnener Bundestagswahl zusammen von Linken, SPD und Grünen im kommenden Jahr, bereit zu stehen. Nichts wäre fataler als diese Illusionen, denen auch Teile der Gewerkschaft derzeit hinterherhängen. Es hat schon zu lange gedauert bis immerhin Katja Kipping sich in letzter Zeit zunehmend auch für das BGE ausgesprochen hat. Nichts, aber auch rein gar nichts spricht derzeit gegen eine Einführung. Und dabei wurden die sog. „Corona-Umstände“ für Geringverdiener, Künstler und Freiberufler, etc.  noch gar nicht erwogen, so wenig wie die lang gehegte "Millionärssteuer" der Linken zur Finanzierung von ausstehenden, aber mehr denn je nottuenden (!) Umverteilungen von Oben nach Unten. Die Eiführungen des BGE wäre hier freilich nur ein erster Anfang! Es gibt dazu eine Mehrhheit in der Bevölkerung (siehe oben) Die Sozialversicherungssysteme müssen komplett und grundlegend verbessert werden. Alterntaiven dazu aufzuzeigen und Vorschläge dazu auszuarbeiten ist die Aufgabe der Linken, um nicht weiterhin bei nur 8-9% des Wählervotums zu verbleiben. Sollte das nicht gelingen, wird es statt Wählerstimmen nur Mitleid geben - wie jetzt schon für die SPD.   

Die Profilierung eines eigenen, linken Politikanspruch tut somit Not. Mit - oder besser auch ohne -  Olaf Scholz, sollte er von seinen Parteigenossen*innen nicht auf ein eindeutig linkes Gleis gesetzt werden können. Um die SPD muss sich an dieser Stelle allerdings keiner bemühen!  

Trier, den 23.08.20
Johannes Verbeek

(Mitglied in der LAG-BGE der Partei Die Linke;
hier: in persönlicher Streitkultur)    

Auch dieses Beispiel passt ins Gesamtbild: Eine Verlaufsbeschreibung eines Engagements   

Trier, den 17.08.20  

Sehr geehrter Herr Neubert,  
vor einigen Tagen las ich Ihren Artikel im Volksfreund vom 10.08.20 im Lokalteil zu Trier mit dem Titel: "Das ist ein komplett neues Projekt geworden".   Diese Worte von Pascale Schubbe erstaunen mich nicht. Nur, wer wohl politisch ziemlich naiv durch die Trierer Stadtpolitik läuft, wird darüber überrascht sein können, was Bürgerbeteiligungen, wenn sie von der Stadtverwaltung durchgeführt werden, leisten - und was eben nicht. Insofern habe ich mich sehr früh aus diesem Verfahren zur Walzwerkbebauung in Kürenz zurückgezogen, weil die damit zusammenhängen Verkehrsprobleme (Für den Stadtteil Kürzen sowie insbesondere für die Avelsbacher Straße) - laut Aussagen der Moderatorin für die Stadt Trier - zu einem anderen Zeitpunkt (!) verhandelt und - wenn überhaupt (!) - gelöst werden sollen.  

Dass diese Einstellung für die Anwohner/innen der Avelsbacher Straße unmöglich (!) ist, brauch ich Ihnen ja nicht erst erläutern, warten wir doch schon seit mehr als 20 Jahren (!) auf eine nachhaltige Entlastung und Lösung der Verkehrsprobleme, die sich von Jahr zu Jahr durch weitgehende Bebauungen verschärfen.  

Mein Brief in diesem Zusammenhang an den verantwortlichen Baudezernenten der Stadt Trier, Herr Ludwig, vom 16.06.2020, bleib bis heute übrigens unbeantwortet. Weder eine der im Verteiler auch angesprochenen Parteien oder Fraktionen im Stadtrat, noch der TV haben sich auf mein Anschreiben und in Bezug auf meinen „Anfragenkatalog“ gemeldet oder auch nur den Empfang des Briefes zurückgemeldet. - Dass ich dieses Verhalten politisch als völlig unmöglich beurteile, muss ich Ihnen gegenüber nicht eigens betonen - fehlt es hier doch an jeglicher Form von Höflichkeit.  

Aber nicht nur der politische Wille der Verantwortlichen in der Stadt fehlt, sondern, neben der mangelnden Höflichkeit, besteht auch eine völlige Missachtung der öffentlichen Pflicht, laut "Transparenzgesetz" des Landes RLP aus dem Jahr 2015 (TranspG), betroffenen Bürger/innen Auskunft über Entscheidungen in der Verwaltung sowie relevante Informationen aus dem Rat zu erteilen. Da ich bis heute keinerlei Rückmeldung von der Stadtverwaltung erhalten habe, habe ich soeben das Kontaktformular des Verkehrsministeriums in Mainz angeschrieben und die Situation, mit der Bitte um Sanktionierung gegenüber der Stadtverwaltung in Trier, geschildert. (siehe Briefe und Schreiben auf meiner homepage: johannes-verbeek.de; Button: "20 Das Rote Tuch 20"). Auf Antworten warte ich bisweilen!  

Allerdings habe ich auch eine Frage bezüglich Ihres oben angesprochenen Artikels:
Sie schreiben dort, dass mit einem zusätzlichen Verkehrsaufkommen von "2500 zusätzlichen Autofahrten" (vgl. TV, ebd.) zu rechnen sei, wobei - laut Ihrer Rechnung "1200 davon auf den südlichen Teil der Güterstraße (entfallen)" (TV, ebd.). Dass dies ein ungemein hohes, zusätzliches Verkehrsaufkommen ist, bedarf keiner Frage. - Allerdings verläuft der größere Anteil (= 1300 Fahrten) laut Ihrer Rechnung offensichtlich woanders! Und das ist das Interessante an Ihrer Information. Leider fehlt aber in Ihrem Artikel die doch wohl naheliegende Frage, wo dieser „größere“ Verkehrsanteil denn verlaufen soll!? Wo fahren diese Autos, durch welche Straßen wohlmöglich? (Natürlich habe ich darüber meine Hypothesen. Diese müssen freilich jedoch durch entsprechende Informationen durch Presse oder Verwaltung bestätigt werden.)  

Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diese, in Ihrem Artikel offene Frage, kurz beantworten könnten.  

Dass sich, wie Sie des Weiteren auch schreiben, die Verkehrsströme "in einigen Jahren (sic!)" (TV, ebd.) verändern werden und zu "anderen Verkehrsströmen führen werden“ (ebd.) als derzeit, hört sich für unbedarfte Leser/innen immer sehr gut an, sofern keine bewertende Stellungnahme mit diesen allzu allgemeinen Aussagen Ihrerseits verbunden ist. Diese Zurückhaltung einer eigenständigen und unzweideutigen Positionierung durch eine klare Aussprache Ihrer eigenen Meinung in Ihrem Kommentar ist bedauerlich, passt aber in das allgemeine, oben beschriebene Verhaltensmuster öffentlicher Ignoranz gegenüber bestimmten Themen von Seiten politisch verantwortlicher Menschen in Trier.

Die tatsächlichen Erfahrungen der betroffenen Anwohner/innen mit dieser seit über zwanzig Jahren verdrängten und nach wie vor ungelösten Verkehrssituation zeugen aber von weitgehenden "Empörungen" angesichts der Tatenlosigkeiten der politisch Verantwortlichen in Verwaltung und Rat der Stadt.   

Ich danke Ihnen und hoffe auf eine baldige Rückmeldung, wenn Sie weitere Informationen über den ausgeblendeten Verkehrsfluss von immerhin 1300 Autos haben.  

Mit freundlichen Grüßen  
Dr. Johannes Verbeek    

PS. Obwohl ich Anhänger einer proletarischen Orthographie bin, habe ich mich an dieser Stelle bemüht, lupenrein zu schreiben und den Text an wenigen Stellen überarbeitet.
(21.08.20).      


Kommentar zu einer grassierenden Unartigkeit in Trier  

Von gewissen Menschen erwartet man aufgrund ihrer potentiell professionellen Haltung auch die Wahrung eines moralischen Ethos‘, eben weil sie eine besondere Berufsausbildung absolviert haben. So liegt es nahe, eine Rückmeldung zu bekommen, wenn man eine Verwaltung angeschrieben hat, zumal, wenn diese mit einem eigenen Kontaktformular die Kommunikation mit den Bürgern geradezu sucht. Es ist jeden Tag höchst befremdlich ausgebildete Berufskraftfahrer zu sehen, die mit ihren LKW (wohlmöglich noch mit Anhänger) durch die engen Straßen brettern, dass die Häuser wackeln und man zur Seite springen muss, um dem Sog zu entkommen, den sie durch die Häuserfronten auf die Straße ziehen. Von einem ausgeprägten Berufsethos ist hier wie da keine Spur zu erkennen. Nun sollten auch Journalisten, zumal wenn sie bei der ehemals revolutionären Zeitung „Der Trierische Volksfreund“ schreiben, wissen, dass es eigenartig anmutet, wenn „man“ einen Artikel geschrieben hat, der nebenbei auch mit einem eigenen Kommentar und mit einer eigenen E-Mail-Adresse desselben Reporters versehen ist, wobei „man“ dann so tut, als sei „man“ auch an der Meinung eines Lesers interessiert, aber wenn der sich tatsächlich per E-Mail meldet und Fragen zum Bericht stellt, mit keinem Wort antwortet – nicht einmal nach sieben Tagen (!) und auch ohne sich für die Leser-Rückmeldung zu bedanken. –

Was soll man von so einer Art von Ignoranz halten, die sich stillschweigend und zunehmend in unserer Gesellschaft ausbreitet.

Fraktionen im Trierer Stadtrat, die eigentlich Bürgerinteressen vertreten sollen und immer wieder groß tönen, sie würden bei ihren politischen Entscheidungen im Rat den Blick für das große Ganze nicht verlieren, Antworten nicht einmal mehr auf Anschreiben von besorgten Bürger/innen, in denen auf (langjährige) Missstände vor Ort aufmerksam gemacht wird. – Was sollen wir von so einer (Nicht-)Haltung mangelnden öffentlichen Anstandes halten?  

Nun, vorausgesetzt wir wären selbst ethisch-moralisch nicht von Gestern, könnte man zusammen mit der Punk-Rock-Band „Die Ärzte“ ein kultiges Liedchen anstimmen, das dafür berühmt ist, gewisse,  „unsägliche Haltungen“ in der heutigen Gesellschaft als das zu bezeichnen, was sie auch ausdrücken, indem „man“ des Geistes Kind tatsächlich beim Namen nennt: “Arschloch!“ –

Immerhin kann der wissende Ethiker sich beim Gebrauch dieses „Ausdrucks“ auch auf den renomierten Ethiker Ted Honderich berufen, der in seinem Buch „Nach dem Terror“ aus dem Jahr 2003, diesen Begriff als einen „genuin ethischen Begriff“ beschrieben hat, indem er auf verschiedene Beispiele hinweist, wo er das moralische Urteil fällte, „wir haben sie [unschuldige Menschen, J.V.] sterben lassen, wie die Fliegen.“ (Ebd., S.136). Dieses Beispiel diente ihm (zuvor schon) zu der fragenden, aber ethischen Feststellung: „Wer hat sich durch sein bisheriges Leben als ‚Arschloch‘ (sic!) erwiesen?“ (ebd., S. 64). – Ja, das frage ich mich tagtäglich auch in Trier! – Und Honderich antwortet mir abermals: „Wir wissen [das] doch alle (oder etwa nicht?) …“ (Ebd., S.136)! – Ja, aber offensichtlich, einige auch nicht.   Und genau hierin liegt das Problem: Nichtwissen und überhebliche Ignoranz lassen vor allem verantwortliche Menschen in den Medien und in der Politik blind werden, vor allem dann, wenn sie nur Augen für ihr Klientel haben. – Jeder unliebsame Gedanke wird dann verdrängt und für „nicht wirklich“ erklärt, denn „man“ selbst ist ja nicht persönlich verantwortlich für Situationen, die „man“ selbst aber entweder durch eigene Entscheidungen im Stadtrat politisch mehrheitlich herbeigeführt oder sogar abgelehnt hat - wohlwissend, dass man keine eigene Mehrheit hatte und somit notwendig überstimmt werden würde. - Hat „man“ so sein Gesicht gewahrt?  

Aber, was soll’s. Wo keiner persönlich Hinblickt, ist auch politisch kein Missstand zu sehen! Und also gibt es keine wirklichen Probleme, außer für unverbesserliche Querulanten, die es gilt, öffentlich und auch politisch mundtot zu halten!  - Dagegen kann „man“ sich wieder mehrheitlich guten Gewissens überparteilich zusammentun, mit dem Vorteil, dass alles beim Alten bleiben kann und auch bleiben soll. Der ‚status quo‘ bleibt gewahrt.  

Ja, so sehen gerne auch Verschwörungstheorien aus! Wäre da nicht der Unterschied, dass „man“ – und das heißt hier, jede/r, der ein Wissen hat! – selbst urteilen können kann, indem er/sie die „ignoranten“ und „selbstgefälligen“ Menschen (- die nicht antworten, zu schnell fahren, Entscheidungen nicht umsetzen, Tätigkeiten verschieben, etc.) einfach beim NAMEN nennt - und sie auf ihr widersprüchliches Fehl-Verhalten, wenn nötig auch wiederholt und öffentlich, anspricht. Diesen Mur bringen wir seit Jahren auf, zur Not auch sehr persönlich.  

Kein Mensch ist unfehlbar. Aber die hier angesprochen, politisch Verantwortlichen neigen aus verzweifelten Selbsterhaltungstrieben an politischen Entscheidungsgewalten und Machtausübungen dazu festzuhalten und keine Einsicht in die selbstredend vernünftigsten Haltungen und Handlungen zu haben. Quasi betriebsbilde Eingebildete.  

So zeigt die Einsicht in den klaren Menschenverstand tatsächlich, dass eine „körperliche Unversehrtheit“, wie sie im Grundgesetz verbürgt ist, dass Schutzmaßnahmen gegenüber (auch nur wenigen) Anwohner/innen in gewissen Straßen vor Lärm- und Verkehrsschadstoffen aller Art, politisch-pragmatischen Vorrang haben müssen, vor dem (von vielen) gewünschten zügigen „Verkehrsfluss“  durch vielbefahrene Straßen, wie z.B. der ca. 800 Meter langen Avelsbacher Straße!  Allerdings – und das erstaunt hier weit weniger - ist nicht jeder Stadtrat oder jede Stadträtin zu dieser einfachen ethischen Einsicht und Argumentation fähig.  

Erst ein Artikel im TV vom 25.05.2020 berichtete von einer Stadtratssitzung im Nachbarort von Trier, Schweich, darüber, dass sich eine Mehrheit im Schweicher Stadtrat dafür aussprach, aufgrund der „gesundheitsgefährdenden“ Lärmbelästigungen der Anwohner/innen an der Landstraße L144, die quer durch den Ort Schweich führt, auf der gesamten Straßenführung durch die Stadt, Tempo 30 einzuführen. Der Stadtrat in Schweich entschied sich für diese verkehrspolitische Maßnahme, obwohl es eine Landesanordnung gibt, auf die sich dagegen die Stadt Trier wiederholt beruft, um keine Temporeduzierung z.B. in der Avelsbacher Straße einführen zu müssen. Die Landesverordnung besagt offensichtlich, auf Landstraßen in RLP dürfe keine Geschwindigkeit unter 50 kmH angeordnet werden – eben aufgrund des „zügig angestrebten Verkehrsflusses“, der auf Landstraßen erreicht werden solle. Differenzierende Maßnahmen gäbe es laut Landesgesetzgebung hier nicht, so die schriftliche Stellungnahme der Stadtverwaltung in Trier. – Was soll man als betroffener Anwohner einer der vielbefahrensten und wegen des dortigen sog. „Tunneleffekts“ auch lärmbelässtigsten Straßen in Trier zu diesem seblstwidersprüchlichen Umstand sagen? -
(Denn: es gibt auch zahlreiche, nachweisbare Ausnahmen dieser Landesregelung auf ländlichem Gebiet und vor dem Rückbau der Avelsbacher Straße für die Landesgartenschau 2000 sogar in dieser Straße selbst: Jahrzehnte galt auch hier Tempo 40!)  

Offensichtlich fehlt es auch hier an einer angemessenen ethisch-moralischen Haltung der verantwortlichen Politiker/innen in Land und Stadt, eine für die Anwohner/innen akzeptable Lösung für die jetzt schon seit über zwanzig Jahren andauernde „gesundheitsgefährdende“ (so das OVG-Koblenz, 2005) Verkehrsschadstoffsituation herbeizuführen. Dabei wäre der Wunsch der Anwohner/innen, auf den ca. 800 Metern in der Avelsnacher Straße das Tempo zu reduzieren, um dadurch ziemlich effektiv die anhaltende Lärmbelästigung bei ca. 27000 bis 29000 Autos, LKW, Busse und Motorrädern pro Tag erheblich zu reduzieren – auch und gerade in den Abendstunden! –  

Hier aber tut sich aber nichts, weil kein verantwortlicher Politiker oder Verwaltungsangestellter etwas praktisch „Revolutionäres“, d.h. Veränderndes, durchführt. – Nichts! Seit über 20 Jahren: Nichts! –   Nichts - außer: eine beständige Zunahme des Verkehrsflusses durch weitereichende neue Bebauungsgebiete oberhalb der Avelsbacher Straße, deren Baumaßnahmen bis dato noch nicht abgeschlossen sind und regelmäßig für zusätzlichen Baustellenschwerverkehr sorgen. So z.B. auch bei der neuesten Erschließung des Burgunderviertels oder des ehemaligen Walzwerkes in Kürenz. Hier wird ein zusätzliches Verkehrsaufkommen von „700“ Fahrzeugen, laut Verwaltungsvorlage, erwartet. Tatsächlich wird aber mit bis zu „1300“ Fahrzeugen offiziell gerechnet. Die letzte Zahl ergibt sich aus einer Rechnung, die der Autor des oben erwähnten Artikels im Trierischen Volksfreund, Herr Neubert, zwar selbst nicht durchführt, aber, indem er die Zahl von „2500 zusätzlichen Autos“ (TV, ebd.) benennt, wovon – laut seinem Bericht – „1200 Autos“ durch die „Güterstraße“ (ebd.) führen werden, ergibt sich unschwer eine weitere, aber tatsächlich nicht ausgesprochene Zahl an weiteren Autos, die – so meine Hypothese - von den Anwohner/innen in der Avelsbacher Straße – ohne Worte - und anderswo geduldet werden sollen müssen! Das wären summa summarum zusätzlich 13oo Autos, wie sich aus dem TV-Bericht unschwer erschließen lässt. – 1300 zusätzliche Autos, von denen aber im Artikel mit keinem Wort geredet wird!  

Damit wäre ich zurück beim ursprünglichen Thema der Bürger-Information durch Kommunikation von Seiten der Stadtverwaltung, der Politiker/innen und der Medien: hier des TV.  

Herr Neubert beklagt zwar dieses Verkehrsaufkommen von „1200 Autos für die Güterstraße“, unterschlägt aber die etwas „größere Zahl“ von „1300 Autos“, die sich im nirgendwo befinden – sollen sie nicht auch durch die Avelsbacher Straße fahren, was wir Anwohner/innen begründetermaßen befürchten! –  

Was sollen wir denn nun von diesem medial unterschlagenen und politisch gewollten Umständen halten?  

Diese Frage sollten die oben erwähnte Anfragen bei dem zuständigen Dezernenten der Stadt Trier, Herr Ludwig, zunächst abklären, bevor dann weitere Maßnahmen in der Straße beantragt werden. So z.B. eine Schadstoffmessung vor Ort – und, sollte diese die zulässigen Schadstoffwerte überschreiten, des Weiteren eine Beantragung eines „Dieselfahrverbotes“ durch die Straße nach Vorlage der „Deutschen Umwelthilfe e.V.“ – Das Verkehrsministerium in Mainz ist informiert.   Wieviel einfacher wäre vor diesem Hintergrund doch die Einsicht, die die „Schweicher Stadträte“ schon längst formuliert haben (siehe oben), nämlich die Einführung von Tempo 30 auch auf einem ca. 8oo Meter langen Teilstück der Landstraße in Trier-Kürenz, die eh schon zum erweiterten Innenstadtbezirk zu rechnen ist?!  

Aber: Die politische Wirklichkeit ist oftmals verrückter, als man zu tatsächlich zu glauben geneigt ist. Es fehlen verlässliche ethische Maßstäbe auf allen politischen Ebenen, die „Betroffenen“ gütig weiterhelfen. Davon mögen die oben erwähnten Umstände nur ein (unbedeutendes) Beispiel sein, das aber dennoch seiner Lösung bedarf.  

Dr. Johannes Verbeek
(21.08.20)


   

Jenny-Marx-Gesellschaft Trier:
Unterstützung zur Einführung eines "Bedingungslosen Grundeinkommens"
 

Schon vor einem Jahr, genau am Mittwoch, den 19.06.20119, hatte die Jenny-Marx-Gesellschadt Trier (jmg) in der vierten Vortagsreihe in das Gasthaus Ternes (TR-Kürenz, Domänenstraße 57) eingeladen.

Wir freuten uns damals, die Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft für das Bedingungslose Grundeinkommen bei den Linken (seit 2005) Edith Preiss begrüßen zu dürfen. Ihr Vortrag fand unter dem Titel statt:

Das Bedingungslose Grundeinkommen - finanzierbar, emanzipatorisch und gemeinwohlfördernd

Die Diskussion um das Bedingungslose Grundeinkommen wurden und werden zur Zeit nicht nur in Deutschland, sondern europaweit geführt. Insbesondere werden die äußerst positiv verlaufenden Projekte in Namibia und Indien gewürdigt, die bisher durch die UNO finanziert werden. In der BRD - und hier vor allem auch in Trier - geht es vor allem um die Beseitigung von verdeckter Armut sowie um die Debatte über eine weitere Demokratisierung aller Bereiche der Gesellschaft und Wirtschaft durch gezielte  Umverteilung der Einkommen. 

Nicht nur die Frühsozialisten wie u.a. Charles Fourier, sondern auch Erich Fromm und Andre Groz setzten sich immer wieder für die Einführung eines solchen Grundeinkommens ein.

Obwohl schon zahlreiche Beschlüsse der Linken zum Grundeinkommen vorliegen (z.B. 26. Okt. 2013 Erfurt, Parteiprogramm zur Bundestagswahl sowie zur Europawahl 2014) gehen die Meinungsbildungsprozesse innerhalb der Linken bisher noch quer durch die eigenen Reihen.

Diese Veranstaltung hat zu einer Meinungsbildung nicht nur innerhalb der Linken, sondern auch über die Reihen der Linken hinaus, beigetragen, indem konkrete Vorschläge zur Finanzierung des Bedingungslosen Grundeinkommens präsentiert und erläutert werden konnten. (z.B. auch eine erste (!) Modellrechnung zu einer bundesweiten Finanzierung des BGE in Höhe von 1200€.)

Die anschließende Diskussion konnte dazu genutzt werden, Missverständnisse aus der kontroversen Debatte heraus zu nehmen und über die größtmöglichen Vorteile des BGE aufzuklären.

Moderiert wurde die Veranstaltung durch Dr. Johannes Verbeek, dem Koordinator der Jenny-Marx-Gesellschaft in Trier.    

An dieser Stelle sollen in Zukunft weitere Beiträge zum "Bedingungslosen Grundeinkommen" (BGE) veröffentlicht werden, bzw. auf aktuelle Veranstaltungen und Projekte hingewiesen werden, so dass eine breite Aufklärung stattfinden und möglichst viele BefürworterInnen für diese herausragende und bahnbrechende Idee gefunden werden. - Vor allem die wirtschaftlichen Aspekte, die durch die Coronaausgaben der Bundesregierung getägtigt wurden, können vor dem BGE kritisch diskutiert und u.a. in eine sozialverträglichere Richtung revidiert werden.

Die Jenny-Marx-Gesellschaft in Trier wird in diesem Herbst ihren thematischen Schwerpunkt auf das Thema BGE legen.
Trier, den 19.08.20

Dr. Johannes Verbeek
(Koordinator der jmg in Trier)

Erste Hinweise:https://grundeinkommen-es-ist-zeit.com/2020/07/07/es-ist-hoechste-zeit/
Sowie:Europäische Bürgerinitiative (EBI) "Start bedingungsloses Grundeinkommen in der gesamten EU"
Unterschriftensammlung
Sowie:Projekt BGE Kenia:Die Einführung eines BGE in Kenia ließ die Wirtschaft in Kenias Dörfern boomen. In 10.500 Haushalten wurden durch private Spenden finanziert je 1000 Dollar ausbezahlt. Jeder investierte Dollar ließ die Wirtschaft dort um 2,6 Dollar wachsen. Die gesamte Bevölkerung profitierte von dieser Aktion.

Derzeit Aktuell:Teilnehmer/innen für eine Studie (über drei Jahre) zu den Auswirkungen des Bezugs eines BKE von 1000€ gesucht. Auch wird wird das Geld bisweilen über Spenden finanziert.
Jede Frau und Jederman kann teilnehmen. Wer das BGE für drei Jahre allerdings bekommt, wird ausgelost.
Kritik üben ist hier eine Pflichtsache! Nächster Termin 10.11.2020 um 18.00 Uhr - für registrierte Teilnehmer/innen. Hierzu der Link:
Mein-grundeinkommen.de

Bemerkung:
Das "Linke" Finanzierungsmodell (und ein weiteres, durchgerechnetes Modell gibt es zur Zeit nicht!) hebt sich natürlich von einem nur privat finanzierten Versuchsmodell erheblich wohltuend ab, weil hier soziale, ökologische und gesamtwirtschaftliche Aspekte ineins mitbedacht werden können!Das Problem bei den "Linken" besteht jedoch in Unfähigkeit, ein sehr gutes BGE-Modell - wie soi oft auch bei anderen Themen - durchzusetzen, bzw. durch parteiinterne Uneinigkeiten und Revalitäten gegen die Wand zu fahren, weil man sich parteiintern nicht einigen kann. In diesem Fall des BGE bedeutet das: Das BGE muss gegen die Mehrheit des Bundesvorstandes von den Parteimitgleidern durchgesetzt werden. Ein bedauerlicher Zustand, weil er wiederholt von mangelnder politischen Weitsicht des Vorstandes zeugt. - Das sage ich bewußt - auch und vor allem hier als meine Meinung - vor dem Hintgrund, als langjähriges und aktuelles Mitglied in der "Landesarbeitsgruppe der Partei Die Linke zum BGE" mitzuarbeiten. -

Literatur: Unser Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens. Finanzierbar, emanzipatorisch, gemeinwohlfördernd. Mit einem Vorwort von Katja Kipping, Hersg: Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen in und bei der Partei Die Linke, Berlin, 2017, 5.Aufl.
(20.08.20)



Kommentar zum Artikel im TV vom 13.08.13: Plädoyer für eine autofreie Römerbrücke

Es macht sich ziemlich gut, wenn der TV mit einem großen Foto quer über die Seitenbreite der Zeitung sowie mit einem ausführlichen Bericht auf eine Aktion der Grünen u.a. aufmerksam macht. Allerdings kann ich nicht umhin, diese Aktion als bloße Symbolpolitik zu kritisieren. Nicht, dass die Idee einer autofreien Römerbrücke schlecht wäre. Aber diese Aktion bewirkt politisch rein gar nichts, außer einem naiven Event, bei dem sich die junggebliebenen Agenten gegenseitig auf die Schulter klopfen können, denn man habe ja enormen Widerstand geleistet – gegen Wind und Wetter. Man sei nicht eingeknickt vor dem heftigen Regenschauer und „sich die Stimmung nicht verderben lassen“ (TV, 13.08.20), wie Rainer Neubert vom TV am Ende feststellt.

Ja, gleiches Engagement der Grünen (und anderer Parteien) hätten sich die Anwohner/innen der Avelsbacher Straße in Kürenz schon seit über zwanzig Jahren gewünscht. Auch dort gibt es Stadtratsbeschlüsse über Verkehrsentlastungen, die allerdings schon etwas älter als bloße 5 Jahre wie in Bezug auf die Römerbrücke sind, die jedoch von der Verwaltung ebenso wenig umgesetzt wie von den übrigen Fraktionen im Trierer Stadtrat vorangetrieben werden.

Hätte man je ca. 100 grüne Aktivistinnen (und andere) mitten auf der Avelsbacher Straße gesehen, die für das seit Jahrzehnten von den AnwohnerInnen geforderte Tempolimit auf 30 kmH in der Straße demonstrierten? Hätte sich der mobilitätspolitische Sprecher der Grünen, Ole Seidel, der zugleich auch Ortsvorstehen in Kürenz ist, je auf diese Weise zu seiner „anderen Meinung“ (TV, ebd.) gegenüber dem Baudezernenten Herrn Ludwig und seiner Vorgängerin im Amt, Frau Käs-Torchiani, (beide CDU) öffentlich geäußert und zu einem Happening in der Avelsbacher Straße eingeladen, um so für eine Verkehrsberuhigung zu protestieren? Und hätten wir letztendlich je von dem Ortsvorsteher in Trier-West, Herrn Bernhard Hügle, zu hören bekommen, „dafür zu plädieren, das Vorhaben [einer Verkehrsentlastung, J.V.] nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag zu verschieben“ (TV, ebd.)? – Nein! Das haben wir noch nie!

Offenbar interessiert die Grünen – wie auch die anderen Fraktionen im Stadtrat – nicht, ob ihre Beschlüsse von der Veraltung zeitnah umgesetzt werden oder nicht. Ja, nicht einmal, dass eine „Verkehrskatstrophe noch nicht eingetroffen ist“ (TV, ebd.) – wie es in Bezug auf die viel befahrene Römerbücke heißt, lässt die Umweltagenten in der Avelsbacher Straße aufmarschieren, obwohl hier schon seit 2005 vom Oberverwaltungsgericht in Koblenz aktenkundig festgestellt wurde, dass die Verkehrssituation in der Avelsbacher Straße ohne Zweifel „gesundheitsgefährdend“ ! (OVG-Koblenz, 2005) sei.

Wer hätte in den letzten fünfzehn Jahren einmal die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Frau Anja Reinermann-Matatko, im Stadtrat eine flammende Rede für verkehrsberuhigende Sofortmaßnahmen in der Avelsbacher Straße reden gehört? Ja, man müsse das Ganze der Stadt im Auge behalten! Klar, aber dazu gehört auch eine Verkehrsentlastung der Avelsbacher Straße – und nicht nur Engagement für bevorzugtes und verkehrsberuhigtes Wohnen auf dem Petrisberg und darüber hinaus – während die Avelsbacher Straße leider als bloße Durchfahrtsstraße für alle LKW und Dieselkraftfahrer angesehen wird!

Warum setzten die Grünen (und Andere) sich bisher nicht dafür ein, ein generelles „Dieselfahrverbot“ nach dem Vorbild der „Deutschen Umwelthilfe e.V.“ in der Avelsbacher Straße durchzusetzen, weil die Schadstoffbelastung dort ein Ausmaß erreicht hat, dass festgelegte Grenzwerte aufgrund des immer weiter anwachsenden Verkehrsaufkommen über die zwei Jahrzehnte „gesundheitsgefährdend“ (OLG-Koblenz, 2005) überschreitet? –

Ja, es macht schon einen großen Unterschied, „wofür“ man sich politisch „wann“ einsetzt – oder auch nicht! Mitunter ist die umweltpolitische Glaubwürdigkeit gänzlich dahin, wenn den grünen Worten keine Taten folgen! Und das gilt freilich auch für die übrigen Fraktionen im Trier Stadtrat: Leere Worte und bloße Symbolpolitik wird von den Anwohner#innen in der Avelsbacher Straße nicht mehr geduldet. Wir kämpfen hier nicht gegen einen "heftigen Regen" (TV, ebd.), sondern um eine lebenswerte Verkehrpolitik für alle (!), seit über zwanzig Jahren!

Und was ist mit der "revolutionärsten Linken" in Trier? Sie tritt hier nicht in Erscheinung. Lieber geht sie in Begleitung und zu Fuß durch den Stadtteil. Auch das ist eine ungemeine Reduzierung des Verkehrs, wenn auch ebenso naiv. 
(18.08.20)

Kurz mitgeteilt
Bis heute habe ich werder eine Reaktion der verschiedenen Parteien im Trier Stadtrat, noch eine offizielle Bestätigung des Erhalts meines Briefes bzw. meines Antrags vom 16.06.2020 durch den zuständigen Dezernenten Herrn Ludwig erhalten. Dem zuständigen Dezernenten, Herrn Ludwig (CDU) hatte ich den Brief eigenhänig in den Briefkasten des Trierer Rathauses gesteck, nachdem ich ihn einen Tag zuvor an den Trierischen Volksfreund (TV) sowie an alle Fraktionen im Stadtrat per E-Mail versandt hatte. Einzig der Ortsvorsteher von Trier-Kürenz, Herr Ole Seidel (Die Grünen), meldetete sich auf meine Mail hin mit der Zusage, den Brief auf einer der nächsten Ortsbeiratssitzungen in Kürenz ansprechen zu wollen. Ob das bisher geschehen ist, weiß ich nicht, denn auch hier habe ich eine Rückmeldung bis heute nicht erhalten.

Auf dem offiziellen Kontaktformular der Stadt Trie schrieb ich dem Dezernenten der Stadt Trier für das Bauwesen, Herrn Ludwig, am 16.06.2020, und bat, um eine Rückmeldung seinerseits. Der Inhalt des Briefes besteht aus 16 Informations-Anfragen an die Stadtverwaltung bezüglich der seit über 20 Jahren andauernden, aber nach wie vor ungelösten, Verkehrsproblematik in der Avelsbacherstraße, worüber ich den Dezernenten sowie alle politisch Verantwortlichen erneut aufmerksam machen wollte. - Wie gesagt, kam bis heute keine einzige Antwort.

Dieses Verhalten verärgert und ist nicht tolerierbar! Denn seit dem 27.11.2020 gibt es ein sog. "Landespransparenzgesetz" (LTransG) in RLP, dass alle Behörden verpflichtet, Entscheidungen, Daten und andere Informationen binnen eines Monats interessierten oder - in meinem Fall - sogar betroffenen Bürger/innen zur Verfügung zu stellen. - Das wurde bisher - und zwar von allen politisch zuständigen Stellen (!) - unterlassen. Besonders aber von der auskunftspflichtigen Trier Stadtverwaltung.

Dass mein Anliegen u.U. brisant ist für alle politischen Entscheidungsträger/innen und auch für große Teile der Trierer Bevölkerung (auf dem Petrisberg und anschließenden, neuen Baugebieten), die individual-verkehrsmäßig in Trier und in der Avelsbacher Straße unterwegs sind, ist unbestritten.
 
Mit einem Wort geht es in dem Breif bzw. in dem formulierten Antrag um die Möglichkeit, in der Avelsbacher Straße Tempo 30 einzuführen, was wegen einer Landesgesetzgebung, laut Stadtverwaltung in Trier, nicht durchführbar sei.  Allerdings in der Nachbarstadt Schweich von den politsch Verantwortlichen erst küzlich beantragt und mehrheitlich eingeführt werden soll - aber nicht in Trier! Sodann geht es Abgas- und Schadstoffmessungen aller Art vor Ort in der Avelsbacher Straße und - wenn die, wie erwartet (!), die zulässigen Grenzwerte überschreiten, um einen offiziellen Antrag für ein "Dieselfahrverbot" in der Avelsbacher Straße in Trier nach dem Vorbild der "Deutschen Umwelthilfe e.V.".

(Siehe meinen Brief und mein Anliegen weiter unten auf dieser Homepage im Wortlaut.)

Meinen Anfragen und meinem Anliegen werde ich natürlich weiterhin auch vermehrt Nachdruck verleihen, indem zunächst das Verkehrsministerium in Mainz informiert und zu Sanktionsmaßnahmen in Trier aufgerufen wird, wegen der Mißachtung des "Transparenzgesetzes" (LTransG). Ausdrücklich behalte ich mir - zusammen mit anderen Anwohner/innen - den Rechtsweg ausdrücklich vor, sollten weiterhin keine politischen Reaktionen (Bestätigung des Erhalts der Anfragen und des Antrags) bzw. Verwaltungsmaßnahmen (Tempo 30) binnen 10 Tagen erfolgen.

gez. Dr. Johannes Verbeek, Trier den 13.08.20
 


Ein ARTIKEL zum Nachdenken von Rüdiger Rauls:
(Altlinker und Weggefährte in der AG: Die-Linke-Stadtpolitik-Trier)

(Der Artikel gibt die Meinung des Autors wieder und nicht (ausschließlich) die des Herausgebers.)

Westliche Werte als Rohrkrepierer

Seit Jahrzehnten missbraucht der Westen die Menschenrechte für seine politischen und wirtschaftlichen Interessen. Nun drohen gerade die sogenannten westlichen Werte, die eigenen Gesellschaften von innen aufzulösen. 

[weiter] zum Artikel

(08.08.20)

Stolpersteinverlegung Kulturverein Kürenz e.V. 2020
Vorraussichtlich werden am 26.10.2020 ca. 22 Stolpersteine (Teil II der Gedenkarbeit für ehemlige Schüler/innen der Nachfolgegymnasien MPG und HGT in Trier) in der Böhmerstraße, dem ehemaligen Standort, von Gunther Demnig verlegt. -Der nähere Ablauf (Programm und Uhrzeit) der Gedenkveranstaltung wird noch bekanntgegeben.
(08.08.20)


Maßstäbe verschoben 

Wenn man sich die zahlreichen Motorraddemos in den letzten Tagen (04./05.07.20) ansieht, die gegen ein Sonntagsfahrverbot in gewissen Regionen und Eifeldörfern, etc.  zu Recht (!) demonstrieren, dann wird man wohl sagen müssen, hier haben die verantwortlichen Politiker/innen mal wieder das gut geschüttelte Maß verloren.

Sogar Landesregierungen - darunter auch RLP - unterstützen die Forderung einiger Bürger/innen, die sich an zwei Tagen am Wochenende in ihrer Ruhe derart „lärmgestört“ fühlen, so dass sie gegen eine motorisierte Minderheit (!) Fahrverbote ausgesprochen wissen wollen. - Und erstaunlicher Weise haben die Politiker/innen dafür ein schnelles und großes Ohr.

Welch ein Wahnsinn! Wenn man gegen den Lärm von (einigen!) Motorrädern etwas tun möchte, dann sollte man die TÜV-Bedingungen verschärfen und auch durch Lärmmessungen und Kontrollen streng einhalten, so dass röhrende Motorräder (besonders diejenigen einer gewissen US-amerikanischen Modemotorradmarke) von vorneherein verunmöglicht werden. Das kann man ohne großen Aufwand sofort machen, denn diese Maßnahme wirkt sofort und nachhaltig. Punkt!

Dagegen könnte man allerdings meinen, die verantwortlichen Politiker/innen und ländlichen Pilzsucher/innen, die zum Wochenende verschärfte Ruhe an zwei Tagen für ihre Dörfer fordern, wären noch nie an innerstädtischen Orten gewesen, die nicht nur an zwei Tagen (!) in Woche (!) Lärmdurchschüttelt sind, sondern seit mindestens 20 Jahren an 7 Tagen in der Woche (= 7300 Tagen) „gesundheitsgefährdend“ (vgl. Urteil OLG-Koblenz, 2003) wohnen müssen (sic!) , wie z.B. in der Avelsbacher Straße in Trier-Kürenz.

Hier fahren bis zu 29.000 Autos, LKW, Busse und einige, wenige Motorräder (!) täglich (sic!) durch die eng bebaute Straße mit sog. Tunneleffekt, der besonders lärmsteigend wirkt! – Hätte sich hier je schon einmal eine „Politiker/in“ oder eine Pilzesammler/in über fehlende Ruhe im Wald bzw. in der Stadt beklagt? -

Ich kann mich wirklich nicht daran erinnern, dass aufgrund dieser tatsächlich vorhandenen, allgemein bekannten und skandalösen Verkehrsproblematik in der Avelsbacher Straße in Trier-Kürenz jemals eine Pilzesammler/in oder eine Politiker/in auf allen Ebenen, bis hin zur Landesregierung (!), ein „Fahrverbot“ (sic!) gefordert oder ausgesprochen oder auch nur angedacht hätte!? – Also frage ich mich: Warum eigentlich nicht?    

Warum wird in der Avelsbacher Straße nicht einmal Tempo 30 eingeführt, wenn auf der anderen Seite für Anwohner in Eifeldörfern, die sich zeitlich gegrenzt im Sommer an ganzen zwei Tagen in der Woche unzumutbarem Motorradlärm ausgesetzt fühlen? – Hier stimmen die Verhältnisse ganz und gar nicht.

Statt ein landesweites „Fahrverbot“ für Motoräder einführen zu wollen, sollte die Verkehrsordnung des Landes einmal überarbeitet werden, die zur Zeit – nach Angabe der Stadtverwaltung der Stadt Trier (März, 2020) – eine Reduzierung auf Tempo 30 auf „Landstraßen“ generell untersagt, wenn es sich um eine vielbefahrene (!) Durchgangsstraße (!) in der Stadt handelt. – Welch eine schräge „Plizesammler/innen-Logik“?

Klares und vernünftiges Denken sieht in der Tat anders aus und damit auch eine den Bedürfnissen der Betroffenen Bürger/innen in Land und Stadt angemessene Verkehrspolitik!

Wie lächerlich die Landespolitik in dieser Sache ist, zeigt zum Schluss der folgende Vergleich:
Während zur Lärmreduzierung auf dem Lande "Motorradfahrverbote" locker-flockig erwogen werden und umgesetzt werden sollen, SCHREIT die gleiche Landesregierung in RLP - sowie zahlreiche Kommunalpolitker/innen vor Ort - LAUT AUF, wenn es darum geht, "Dieselfahrverbote", die die "Deutsche Verkehrshilfe e.V." gerichtlich erstritten hat, um sowohl Lärm- als auch Abgaswerte in den Innenstadten zu reduzieren, ordnungsgemäß umzusetzen. - Das geht gar nicht! - Ja, warum denn nicht?

Hier geht die Schere durch den Kopf so macher Pilzesammler/in! - Dröhnt euch mal die Köppe zu und macht gescheite Politik!
(06.07.20)    

PS.Mein eigenes Motorrad (Suzuki Intruder VL 1500) wurde von den Mitarbeitern des TÜF in der Kürenzerstraße in Trier ausdrücklich als außerordentlich "leises Gefährt" gelobt! 



"School's out forever ..." - Alice Cooper's Hit von 1972 wird heute 2020 um 13.00 Uhr wirkliche Wirklichkeit! Die größte Herausforderung an diesem Tag wird wohl ein Kasten Bier sein.  -
Keine Träne! - Pilo!
(03.07.20)

Das Paradoxon
Herrlich! Die Straße ist verstopft und es herrscht Ruhe. - Wer hätte das gedacht: Zuviel Verkehr ist kein Verkehr.
Corona ist vorbei: Nicht gilt mehr: Bleibt Zuhaus! Nein!
Setzt euch in die Karre und fahrt los. Wir verstopfen jetzt die Avelsbacher Straße!
Ja, Danke schön!
(23.06.20)

Trier, den 22.06.20

Sehr geehrte Damen und Herren,

leider hat sich der Baudezernent der Stadt Trier, Herr Ludwig, auf meine Anfrage vom 16.06.20, die ich im offiziellen Antragsformular der Stadt an ihn gestellt hatte, noch nicht zurückgemeldet. Daher gehe ich den umgekehrten Weg zuerst über die Fraktionen und die Presse.

Ich habe als Anwohner der Avelsbacher Straße 16 Fragen zur Verkehrsituation in der Avelsbacher Straße formuliert, die in einem Antrag an die Stadt Trier münden: 1. Als Sofortmaßnahme Tempo 30 in der Avelsbacher Straße einzuführen. 2. Eine punktuelle Schadstoffmessung vor Ort über einen längeren Querschnittszeitraum durchzuführen, um Verkehrskonsquenzen rechtlich zu ermöglichen.

Zur Begründung in aller Kürze:

Wie der TV berichtete (TV 25.0520) hat der Stadtrat in Schweich beschlossen die dortige Landesstaße 141 mit Tempo 30 zu belegen, aus Lärmschutzgründen, die gesundlichen Vorrang vor dem Anliegen eines zügigen Verkehrsflusses durch die Hauptdurchgangsstraße hätten. Ein gleiches Anliegen wurde und wird bisher von der Stadt Trier für die Avelsbacher Straße abgelehnt. Der Grund: Sie sei eine Hauptverkehrsachse und unterliege als Landstaße 144 nicht der Einflußnahme der Stadt Trier, der diesbezüglich die Hände gebunden seien. Das erstaunt doch sehr. Zumal jetzt selbst die Landeshauptstadt Mainz eine komplette Querachse durch die Innstadt mit Tempo 30 belegt, obowhl dies auch eine Hauptverkehrsachse ist. Der Grund hier: Man will in Mainz ein "Dieselfahrverbot" verhindern.

Sollte die Stadt Trier sich jedoch weitehin so unkooperativ in Bezug auch Problemlösungen in der Avelsbacher Straße verhalten und wie die Fraktionen im Stadtrat seit 20 Jahren "nicht in die Pötte kommen", was zielführende Beschlüsse zur Verkehrsentlastung in der Avelsbacher Straße betrifft, dann werden wir Anwohner/innen nicht nur Tempo 30 in der Avelsbacher Straße fordern, sonden nach dem Vorbild der "Deutschen Umwelthilfe" weitreichende "Dieselfahrverbote" fordern. Um hierzu eine rechtliche Grundlage vorzubereiten, soll die Stadt Auskunft über die folgenden Fragen geben, wozu sie laut "Auskunftsgesetzt" auch verpflichtet ist. -

Gerne stehen wir allen poltischen Verantwortungsträger/innen für Fragen zur Verfügung und erwarten von den Fraktionen im Stadtrat endlich tätig zu werden, statt sich klammheimlich wegzuducken, wie bisher, was konkete Schritte in Richtung einer "lebenswerten" Problemlösung für die Avelsbacher Straße (und zahlreicher anderer Straßen in Trier) anbelangt. - Die Zeit läuft seit mehr als 20 Jahren und zahlreiche politische Verantworliche haben sich bis zur Lächerlichkeit unglaubwürdig gemacht. - Ich hoffe nach wie vor auf vernünftige und einsichtige Lösungen vor Ort.

Ich bitt Sie hiermit, endlich tätig zu werden.

 
Mit freundlichen Grüßen

Dr. Johannes Verbeek
 

(Von 2009 bis 2012 Mitglied des Rates der Stadt Trier (Linksfraktion) sowie des Ortsbeirates Kürenz bis 2014 parteilos)

Zum Text des Antrages: [weiter]
(22.06.2020)

Verteiler:Fraktionen im Stadtrat, Ortsbeirat Kürenz, Rathauszeitung Trier, Trierischer Volksfreund

 

 

 

Eine fette Ohrfeige für die Trierer Verkehrspolitik

Kommentar zu dem Artikel „Schweicher Stadtrat stimmt für Tempo 30“ im Trierischen Volksfreund vom 25.05.20

Die Berichterstattung von Christoph Strouvelle ist sehr aufschlussreich. Es werden von ihm Informationen transportiert, die für die Trierer Verkehrspolitik nicht anders als „als fette Ohrfeige“ verstanden werden müssen. Und zwar insgesamt: Das heißt konkret, sowohl für den gesamten Stadtvorstand der Stadt Trier als auch für die einzelnen Fraktionen im Trierer Stadtrat.

Denn das besondere an dem Schweicher Stadtratsbeschluss ist, dass sich die beabsichtigte Einführung von Tempo 30 quer durch die Innenstadt von Schweich auf eine Landstraße bezieht, nämlich die L 141.

Demgegenüber wurde uns, d.h. den Mitgliedern der Bürgerinitiative „Lebenswertes Kürenz“ als auch den Anwohner/innen der Avelsbacher Straße in Kürenz – und nicht zuletzt wurde auch mir, Johannes Verbeek, zu Zeiten als ich 2009-2012 als Vorsitzender der Stadtratsfraktion DIE LINKE im Rat der Stadt Trier selbst tätig war – immer wieder von den zuständigen Stellen im Baudezernat versichert, dass eine Einführung von Tempo 30 auf Landstraßen nicht zulässig sei! Die Stadt Trier hätte hier überhaupt keinen Spielraum, weil Landesgesetzte eine Unterschreitung von Tempo 50 auf Landesstraßen verbieten würden.

Es ist nämlich nicht das erste Mal in Trier, dass sowohl Initiativen als auch Anwohner/innen der Avelsbacher Straße eine Temporeduzierung auf dem Streckenabschnitt „Kreuzung Domänenstraße“ bis unter die „Bahnunterführung in der Avelsbacher Straße“ und weiter bis zur „Kreuzung am Wasserweg“ (Blumen Lambert) fordern!

Erste Anträge gehen bis auf das Jahr 2004 zurück die neuerlich letzten bis auf wenige Monate zuvor in diesem Jahr (vgl. auch den Leserbrief von Prof. V. Verbeek weiter unten!). Jeder Antrag und jedes Engagement wurde aber von den Zuständigen Stellen im Trier Verwaltungsapparat schriftlich abgelehnt, ohne auch nur die einzelnen Argumente gedanklich zu würdigen, die jetzt von den Stadträten in Schweich angeführt werden und lobenswerter Weise auch in dem Artikel des TV einer breiten Öffentlichkeit bekannt werden.

Dabei ist es ganz einfach – allerdings nur für verständige Menschen, ohne politisch-ideologische Verblendung!

Das Hauptargument, das von der Schweicher CDU angeführt wurde, um in der dortigen „Brücken- und Richterstraße“ eine Temporeduzierung auf 30 Km/h zu beantragen, lautet schlicht:
Ein neues Lärmgutachten habe in Schweich ergeben, dass dort „eine solch hohe Belastung durch Verkehrslärm besteht, dass dieser per Definitionem als gesundheitsgefährdend gilt, heißt es in dem Antrag“ (TV, 25.05.20, S.11), wie der jetzt TV schreibt.

Dagegen hatte eine Normenkontrollklage der Bürgerinitiative „Lebenswertes Kürenz“ gegen die Stadt Trier 2004 vor dem Oberverwaltungsgericht in Koblenz dazu geführt, dass das Oberverwaltungsgericht schon 2004 in einem schriftlich genau gleichen Wortlaut bezüglich der Lärmbelästigung in der Avelsbacher Straße in Trier-Kürenz von einer starken „Gesundheitsgefährdung“ sprach! Die Lärmsituation sei ohne Frage „gesundheitsgefährdend“! (vgl. OG-Koblenz 2004).
Ich erlaube mir an dieser Stelle keinen näheren Zitationsbeleg, weil dieser nicht nur in der Trierer Öffentlichkeit durch TV-Berichterstattungen allgemein bekannt ist, sondern auch bis in die zahlreichen Stadtratsvorlagen der Stadt Trier und darüber hinaus!

Leider wurden diese zahlreichen Anträge jedoch durch recht verschiedene Scheinargumente der Stadtratsfraktionen in Trier bis heute mehrheitlich zerredet und politisch unterlaufen. Die Ideologien, die diesen wechselseitigen Ablehnungen einer doch ziemlich naheliegenden Lösung für die Verkehrslärmbelastung in der Avelsbacher Straße zugrunde liegen, springen einem allgemein verständigen und vorurteilslosen Betrachter nur so ins Gesicht:  

So hat es die SPD-Fraktion im Trierer Stadtrat – aus Frust vor einer Abfuhr des Kürenzer Ortsbeirates, keine „kleine Lösung“ für eine Ortsumgehung akzeptieren zu wollen, im Folgenden immer wieder abgelehnt, weitere Lösungen auch nur verfolgen zu wollen.

Die CDU hat lediglich Lippenbekenntnisse im Stadtrat abgelegt. Wenn es aber darauf ankam, finanzielle Vorhaltungen in die Haushaltspläne der Stadt Trier für eine mögliche Verkehrsentlastung des Stadtteils Kürenz einzuschreiben, dann wurden diese zuerst in einen Nachtragshaushalt verschoben und anschließend wieder aufgehoben, so dass schlussendlich (bis heute!) nie Gelder bewilligt oder angespart wurden, wodurch die Stadt auf Dauer freilich handlungsunfähig bleibt.

Ähnlich sieht es mit dem Verhalten der UBM (später FWG und jetzt UTB) im Stadtrat aus: Vollmundige Lippenbekenntnisse und unzählige Scheingefechte im Stadtrat mit den (vermeintlich) gegnerischen Fraktionen – und mehr nicht!

Die Grünen waren diesbezüglich „nie für voll zu nehmen“! Zwar enthielten sie sich meistens, wenn es darum ging, die neuen Stadtteilgebiete oberhalb von Altkürenz zu Wohngebieten mit erheblich größerem Verkehrsaufkommen für den Stadtteil Kürenz auszubauen (- wohlwissend aber, dass ihr Einspruch nichts an den Mehrheitsverhältnissen ändern würde, weil er überstimmt werden würde), dennoch war mit jeder Enthaltung die Luft bei den Grünen, was weitere Lärmreduzierungsmaßnahmen in Kürenz betraf, ganz raus. (Bis heute antworten die Grünen auf Bürgeranschreiben nur, sie hätten die zahlreichen Schreiben an die „entsprechenden Stellen in der Stadt“ weitergeleitet. Danke! – Eine eigene Initiative für die Belange der betroffenen Bürger/innen hat es bei den aber Grünen nie gegeben. („Seilbahnen“ wurden als große verkehrspolitische Entwürfe vorgeschlagen und ergebnislos wieder abgewickelt – ohne einen Mucks!)

Von der FDP war und ist in Sachen Lärmreduzierung in Kürenz nichts zu erwarten. Selber schuld ist, wer in der Avelsbacher Straße wohnt, so lautet/lautete ihre Politik für Kürenz. Dass dieses Wohnen aber noch kurz nach dem Weltkrieg am abseitigen Randgebiet der Stadt Trier im ländlicher Idylle lag, wissen die FDP-Stadträte schon gar nicht mehr. Der Schluss, dass das Verkehrsaufkommen nicht naturgegeben, sondern durch getätigte – oder unterlassene (!) – politische Entscheidungen im Rat der Stadt Trier herbeigeführt wurde, ist für FDP’ler (und andere Fraktionen) nicht mehr nachvollziehbar: Und darum schon gar nicht mehr der Schluss, dass auch sie – wie alle anderen Parteien im Trierer Stadtrat – die volle (sic!) Verantwortung für die „gesundheitsgefährdende“ Verkehrssituation in der Avelsbacher Straße tragen (- und nicht die Anwohner/innen!), so das OLG-Koblenz. – Allerdings wird auch dieser, letzte zynische Schluss quer durch die politischen Fraktionen nicht selten gezogen!

Die revolutionärste Fraktion der Linken im Trierer Stadtrat ist mittlerweile dermaßen geschmeidig geworden, wenn es über die Proklamierung allgemeiner Verkehrsforderungen (Stärkung des ÖPNV) hinausgeht, dass man sich als lärmgeschädigter Anwohner geradezu verwundert, ob die Fraktionsmitglieder/innen überhaupt fähig sind, die konkreten ( und nicht ideologischen) Bedürfnisse der Bürger/innen vor Ort zu verstehen? Anträge zur Lärmreduzierung von den Linken kenne nicht! Daher gilt schlussendlich auch hier: Viel Lärm um nichts!)  

Von den anderen Parteien, die es zeitweise oder gegenwärtig auch im Stadtrat gibt, will ich an dieser Stelle ganz schweigen! Demgegenüber gilt:
Wie wohltuend ist es daher für „lärmerprobte Ohren“ in der Avelsbacher Straße von den Entscheidungen des Schweicher Stadtrates zu hören, der von neuen Argumenten spricht, die man nun in Schweich habe, um eine Temporeduzierung politisch durchsetzen zu können!

„Es dürfe nicht sein, dass die Leichtigkeit des Verkehrs[-flusses] der körperlichen Unversehrtheit als Rechtsgut von Verfassungsrang [!] vorgezogen werde“, so der Tenor des CDU-Fraktionssprechers im Schweicher Stadtrat Jonas Klar. – Wo hat man solche Töne in Trier jemals gehört?! Zudem:   

Es bedürfe der unmittelbaren Einführung von Tempo 30 auf dem Streckenabschnitt in der Schweicher Innenstadt, verbunden mit einer erläuternden Beschilderung mit den „Hinweis ‚Lärmschutz‘“ (TV, ebd.). – Gut so!

Die Einsicht, „wir müssen alles tun, um die Belastung zu minimieren“ (TV, ebd.), ist in den Köpfen der Schweicher Ratsmitglieder schon angekommen – ganz im Gegenteil zu denen in Trier, wo die verschiedenen politischen Ideologien zu gegenseitiger Blockierung einer für die Ahnwohner/innen in Kürenz vernünftigen und lebenswerten Lärmreduzierungsbeschlussfassung bisher vorbeiführte. – Leider! Und politisch ein Offenbarungseid!

Und noch eine abschließende Einsicht, die dankenswerter Weise in dem Artikel von Schweich nach Trier transportiert wird:
„Lärm sei ein guter Grund, die Geschwindigkeit auf Tempo 30 zu verringern, sagte Achim Schmitt von der SPD“ (TV, ebda.) in Schweich. – Wer hätte das je in Trier gedacht?

Nun muss man sich als seit über zwanzig Jahren Betroffener lärmgeschädigter Anwohner in der Avelsbacher Straße in Altkürenz fragen, warum die durchaus vorhandene „Vernunft“ nicht schon im Trierer Stadtrat zu solchen Einsichten aufgeblüht ist, denn auch von den Schweicher Beschlüssen wird man wohl sagen können, sie kommen reichlich spät – aber nicht zu spät. Immer hin kommen sie so, dass man sich gegenüber den Trierer Verkehrsschlappen als Sieger nach Punkten fühlen darf. – Das darf gelobt werden.

DR. Johannes Verbeek
(Anwohner in der Avelsbacher Straße, Klageführer der Bürgerinitiative Lebenswertes Kürenz gegen die Stadt Trier 2004 sowie Fraktionsvorsitzender der LINKEN im Trierer Stadtrat 2009 bis 2012 und Mitglied des Ortsbeirates Kürenz bis 2014)     

Ps.Hatte ich vergessen zu erwähnen, dass eine Variante der Verkehrserschließeung des neuen Walzwerkes in Altkürenz eine Erhöhung des Vekehrs in Teilen der Avelsbacher Straße von bis zu 700 Fahrzeugen zusätzlich vorsteht? - Unfassbar!                   

Leserbrief im Trierischen Volksfreund vom 26.03.2020 Zum Thema Verkehr:

Warum nicht Tempo 30 einführen?


Zum Bericht „freie Stadt für Radler – zumindest für einen Tag (TV vom 9. März) 

Wer durch Brüssel fährt, kann dies bis in die Vororte nur lärmreduziert mit Tempo 30 tun. Wer in Zürich einen Parkplatz sucht, der wird nicht fündig und steigt direkt auf den ÖPNV um.
Vor diesem Hintergrund habe ich mir seit dem Votum für ein klimafreundliches Trier verkehrspolitisch mehr erwartet als begrünte Bushaltestellten, Planungen für ein paar autofreie Wohngebiete oder viel Aufwand um einen einzigen Autofreien Tag in der Innenstand! Vor allem war ich sicher, dass es Parteien links von der Mitte gelingen könnte, nicht nur Klientel zu bedienen, sondern stattdessen sozial ausgleichend wirken zu wollen. Warum nicht auch in Trier mutiger sein, in der Verkehrspolitik die ganze Stadt und dabei besonders (verkehrspolitisch) benachteiligtes Wohnen im Auge haben?
Zu diesem Zweck hatte ich am Beispiel der Avelsbacher Straße, an der ich selbst (seit über zwanzig Jahren) wohne, einen wiederholten Vorschlag für eine erste (!) unkompliziert umsetzbare Lärm- und Verkehrsreduktion für ein klimafreundliches Trier gemacht.
Straßen, durch die jeden Tag Zehntausende Fahrzeuge fahren und die zusätzlich durch eine Bebauung bis zur Bordsteinkante einen ungeahnten lärmsteigenden „Tunneleffekt“ erzeugen, wo Schallschutzfenster nicht ausreichen (!), weil jeder durchfahrende LKW zusätzlich die Hausmauern erschüttert, wo Nachtruhe nur zwischen 0 und 4 Uhr möglich wird, wo Wohnraum also im Grunde „enteignet“ ist – diese Straßen sollten in einer ersten verkehrspolitischen Maßnahme nur noch mit Tempo 30 befahren werden, um attraktiv bewohnbar zu bleiben. Viele andere Effekte einer Temporeduktion sind zudem weitläufig bekannt.

Die Antworten seitens der Stadtverwaltung füllen im klimafreundlichen Trier Seiten, die so bereits vor 20 Jahren unter einem konservativen Stadtvorstand formuliert worden waren. Die Reaktionen der vermeintlich progressiven Parteien waren schmallippig oder blieben aus.
Egal welche Maßnahmen einer (vermeintlich) klimafreundlichen Stadt in Zukunft noch verabschiedet werden: Statt eindimensionalen Denkens und überkreativen Aktionismus wünsche ich mir den zusätzlichen Einbezug von Überlegungen zur sozialen Gerechtigkeit und natürlich die nötige Portion Gemeinsinn.

Prof. Dr. Veronika Verbeek 

(25.05.20)


Virtuelle Einladung zum Hauskonzert

In Zeiten von Corona werden sog. "Hauskonzerte" wieder aktuell und von Star und Sternchen im Internet unter dem Motto: Paßt auf euch auf! - wir unterhalten euch auch weiterhin - solange bis ihr dafür wieder bezahlt werdet.

Vor diesem Hintergrund lädt die Avelsvacher Straße zu einem "Hauskonzert" der beonderen Art ein. Ein Konzert, das schon seit dem 09.01.2012 auf YouTube im Internet rund um die Uhr zu sehen und zu hören ist. 

Unter dem Stichwort: "Avelbacher Straße" kann dort ein Video abgerufen werden, das an besagtem 09.01.2012 um 16.00 Uhr auf genommen wurde und eine vierteststunde "vorzügliche Hausmusik" (für alle Anwohner/innen 24 Std. täglich) zum fröhlichen Erklingen bringt. - Im wahrsten Sinne des Wortes "Straßenmusik" sozusagen.

Ein absolut sehens- und hörenswürdiges Live-Home-Event!

Unbedingt sollte zudem der ehemalige Begleitkommentar zu diesem Hauskonzert gelesen werden!

Die Einladung steht tagtäglich und richtet besonders an die dermaßen einfühlenden Verantwortlichen im Stadtrat sowie an alle artigen in den Amtsstuben Diensttuenden einschließlich dem Stadtvorstand unserer Stadt!

Wir, in der Avelsbacher Straße, sind für euch da - auch wenn ihr nicht permanent die Straße hoch und runter fahrt.

LG an alle politischen Großschwätzer und Kleinredner in dieser Stadt und anderswo, überall.
Bleibt Zuhause, wir unterhalten Euch!
(19.04.20)

Neuauflage des politischen Romans "Hinterzimmerei" von Vera Luchten.
Zu Ostern ist die 2. Aufl. des politischen Romans von Vera Luchten nach einer Erzählung von Jakob Walravens op gen Beek als E-Book bei neobook erschienen. Die 2. Aufl. erscheint acht Jahre nach der Erstveröffentlichung des Romas in einem Leipziger Verlag. Da die Auflage relativ schnell vergriffen war, so dass der Roman mehrere Jahre nicht verfügbar war, ist die nun erfolgte 2. Auflage ein großer Fortschritt für alle frei denkenen Bürger/innen, die an den Machenschaften der Realpolitk nicht verzweifeln wollen und es deshalb nach wie vor mit Karl Marx' 11. Feuerbachthese halten.
(18.04.20)

DAS ROTE TUCH und DAS GELBE VOM EI
Solange der Kommunismus nicht verwirklicht ist, wird die Seite DAS ROTE TUCH heißen. Erst danach wird sie DAS GELBE VOM EI heißen können. Dan aber fliegen die Korken!
(18.04.20)

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Von hier ab nach oben beginnen die Seiten 20 "DAS ROTE TUCH" 20
(20.03.20)

Wegen Platzmangel an neuen Buttons musste diese Lösung gewählt werden.

Aus dem Archiv freigeschaltet (Sept. 2011; Nov. 2013):

Krisengespräch in Mainz  "Alle seien sich jedoch einig, dass Ausschlussverfahren nicht zum Erreichen politischer Ziele missbraucht werden dürften", das zumindest ist ein Ergebnis, was im Krisengespräch zwischen den Kreisvorsitzenden und des Landesvorstandes über den SWR-Bericht am vergangenen Samstag vermittelt wurde. Worum es noch ging,erfahren Sie hier. (24.8.2010)

Neue LINKE braucht die Stadt!  Auf der Bundesseite wirbt DIE LINKE mit folgenden Sätzen um neue Mitglieder : "Ein Kreisverband bzw. ein Ortsverband ist lebendig und aktiv, wenn so viele Mitglieder wie möglich sich an der Gestaltung der Aufgaben und Vorhaben beteiligen. [...] Wenn aber die Mitglieder wegbleiben, die Versammlungen immer kleiner werden und zu den Aktionen immer nur der gleiche kleine Kreis kommt, dann ist es Zeit, die Organisation auf den Prüfstand zu stellen und neue Wege zu suchen." Tragen Sie zur Pluralität im KV Trier-Saarburg bei! Online-Beitrittserklärungen zur Partei DIE LINKE.Trier-Saarburg sind z.Zt. nur auf der Landesseite http://www.die-linke-rlp.de/?id=51 möglich. (7. August 2010) 

Politische Lösungen sind gefragt  Am Freitag, den 6. August lud der Regionalverband Eifel-Mosel zu einer Diskussion mit dem zurückgetretenen Landesvorsitzenden Alexander Ulrich (MdB) ein, gegen den bereits im Juli ein Parteiauschlussverfahren eingeleitet wurde. Die gut besuchte Veranstaltung fand in Wittlich statt. Am 2. August 2010 erläuterte Alexander Ulrich seine Einschätzung der politischen Lage der Landespartei in einer Stellungnahme mit ausdrücklicher Bitte um Verbreitung: Stellungnahme vom 2. August 2010. Auf seiner Homepage findet sich eine Pressemitteilung zu seinen Parteiausschlussanträgen: Pressemitteilung vom 26. Juli 2010   (7. August 2010)

Antrag auf Parteiausschlussverfahren  Am 28. Juli 2010 wurde mir von der Landesschiedsstelle mitgeteilt, dass vier Genossinnen und Genossen aus dem KV Trier-Saarburg ein Parteiausschlussverfahren gegen mich beantragt haben, was heute presseöffentlich wurde. Zu dem Verfahren werde ich mich inhaltlich nicht äußern. Es ist vor dem Hintergrund der Glaubwürdigkeitsdebatte linker Politikkultur selbstredend, dass ein Parteiauschluss keine Lösung für politische Meinungsunterschiede darstellen kann. Dies gilt im besonderen Maße für politische Lage in Trier. Mittlerweile haben mich schon parteiintern zahlreiche Solidaritätsbekundungen aus anderen Kreisverbänden erreicht, was mich sehr erfreut und worüber ich mich an dieser Stelle bedanken möchte. (29. Juli 2010)

Worüber nicht mehr geschwiegen werden darf  Seit Anfang des Jahres 2010 sind einige Einbrüche, Diebstähle, Sachbeschädigungen und mutwillige Zerstörungen sowie ehrverletzende Beschimpfungen und üble Beleidigungen gegen mich gerichtet worden. Darüber habe ich mich ein halbes Jahr nicht geäußert. [weiter] (28. Juli 2010)

Zur Internetpräsenz linker Politik im Rat    Am 13. Juli 2010 schreibt Marcus Stoelb in einem Artikel über die Internetpräsenz von Kommunalpolitkern folgenden Satz über mich: Weil Linken-Stadtratsmitglied Dr. Johannes Verbeek seinen Genossen nicht mehr über den Weg traut, hat auch er sich zwischenzeitlich einen eigenen Internetauftritt zugelegt ... [weiter] (19. Juli 2010)

Gesprächsbereitschaft muss sich zeigen, sie kann nicht nur ausgesprochen werden. Vor dem Hintergrund der Aussage von Katrin Werner im Trierischen Volksfreund vom 13. Juli 2010, sie sei gesprächsbereit, habe ich ihr ein drittes Gesprächsangebot zur Überwindung der Kooperationsprobleme unterbreitet. [weiter zum Brief] (18.7.2010)

Chance einer Berlinfahrt verpasst!    Anfang Juni wurde ein Gesprächstermin mit MdB Ulrich Maurer als Aufbaubeauftragter West vereinbart, der in der Konfliktsituation in Trier vermitteln sollte. Das Treffen in Ludwigshafen sollte allerdings nur eine Stunde dauern. [korrigierte Version vom 30.7.2010] (11.7.2010)

Wenn 11 von 13 Personen sich selbst zum KV Trier-Saarburg wählen   Auf die Anfrage eines Pressevertreters, weshalb die Medien nicht zur KV-Wahl eingeladen worden waren, habe ich eine persönliche Stellungnahme zur KV-Wahl am 3. Juli 2010 verfasst. [weiter] (11. 7.2010)

"Trier" in Kaiserslautern: Bei der Wahl der Landesliste für die Landtagswahl 2011 in Kaiserslautern sind überraschend Personen nicht gewählt worden, die programmatisch für die Linken gearbeitet haben. Lesen Sie hierzu die Stellungnahme von Frank Eschrich zu einem Interview der Landesvorsitzenden Kathrin Senger-Schäfer in "Neues Deutschland" [weiter] (11.7.2010)

Bewerbungen für KV-Vorstand: Da ich keinen Einfluss auf die Terminwahl der KV-Wahl haben konnte, fiel diese in einen wohl nur einwöchigen, aber langfristig gebuchten Familienurlaub. Dem KV lagen am 3. Juli zwei schriftliche Bewerbungen vor: Die von mir, Johannes Verbeek, und die meiner Frau, Veronika Verbeek. (11.7.2010)

Im Konflikt linksautoritär    Wenn über die politischen Konflikte in Trier um die Neubildung der von Katrin Werner (MdB) am Weltfrauentag aufgekündigte Fraktion diskutiert wird, positionieren sich sporadisch Parteiinterne mit bestimmten Vorannahmen über die Bewältigung von Konflikten, die in diesem Artikel als Strategie enthüllt werden sollen. [weiter] (26. 6.2010)

"Trier" in Ludwigshafen: Am 22. Juni 2010 kündigte der linke Stadtrat Liborio Cicaarello die zweiköpfige Fraktion im Ludwigshafener Stadtrat auf. Als Gründe hierfür nannte er alle hier in Trier auch bekannten Strategien von politischem Mobbing: Kommunikaktionsverweigerung, systematische Blockade seiner politischen Positionen, Misstrauenvoten als Machtmittel des KV, mit zweierlei Maß messen, Nicht-Einhalten von Vereinbarungen, obwohl diese durch den Landesvorstand vermittelt wurden. Hier lesen Sie die Persönliche Erklärung von Cicarello sowie einen Beitrag in der Lokalpresse aus Ludwigshafen. (24. 6.2010)

Wie steht‘s mit der Inklusion, wenn’s um Mitglieder geht?   In der Präambel der Bundessatzung der Partei DIE LINKE steht am Ende der tolerante Satz:  „Die neue Linke ist plural und offen für jede und jeden, die oder der gleiche Ziele mit demokratischen Mitteln erreichen will.“ [weiter](30.5.2010)

Kommentar zum Artikel in 16vor vom 12. Mai 2010   Ich habe bereits in meiner Presserklärung zum Rücktritt als KV-Vorsitzender vom 11. Mai 2010 geäußert, dass die notwendigen Rahmenbedingungen für eine Fraktion von Frau Werner nicht erfüllt werden: Koorperation, Anwesenheit, Kommunikation und Verlässlichkeit. Eine nun plötzliche Anwesenheit in Trier auf Kosten des Wählerauftrags als Bundestagsabgeordnete in Berlin reicht allein nicht. [weiter]

Folgende Gedanken aus meiner Rede zur Konstituierenden Sitzung des Stadtrates der Stadt Trier im August 2009 haben für mich leider wieder Aktualität:
Es gibt […] Situationen, in denen man sich nicht klein reden lassen darf! Ganz im Gegenteil: Es gilt hier, die persönliche Integrität nicht nur zu wahren – so als hätte man sie zu Besitz – sondern allererst für sich zu erlangen. Dazu gehört auch der Wille, die Öffentlichkeit als demokratischen Faktor aufzuklären, besonders wenn es um maßgebliche „gesellschaftliche Verantwortung“ geht, die nur im für jedermann zugänglichen, öffentlich Raum wahrgenommen werden kann. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an Kant, der meint, dass es überhaupt keine geheimen Absprachen geben dürfe, weil sonst die öffentliche Sphäre durch ein vermeintliches Recht auf Lüge ausgehöhlt werden könne. So genannte „Geheimnisse“ sind dann demokratisch nicht kontrollierbar. Darum beuge ich mich auch keinem Zwang, der mir auferlegen möchte, wie ich zu denken und zu handeln habe, bzw. was ich sagen darf – oder eben nicht. (12.05.2010)

Rücktritt vom Amt des KV-Vorsitzenden Trier-Saarburg    Hiermit erkläre ich mit sofortiger Wirkung am 11. Mai 2010 meinen Rücktritt vom Amt des KV-Vorsitzenden der Partei DIE LINKE Trier-Saarburg. Dies ist meine Konsequenz aus den unüberwindbaren Konflikten mit meiner Mitvorsitzenden Katrin Werner. Es handelt sich um einen Beitrag meinerseits zur Deeskalation der Konflikte und zu einem partiellen Neuanfang im KV Trier-Saarburg. [weiter]

Ehrenamtlicher Richter  Vor einigen Monaten wurde die Linksfraktion von der Verwaltung aufgerufen, einen ehrenamtlichen Verwaltungsrichter zu benennen, dessen Amtszeit 2011 beginnt. Die Linke hat mit Dr. Karl-Georg Schroll einen kompetenten und erfahrenen Genossen benannt, der zudem auch noch die formalen Anforderungen der Verwaltung an dieses Amt erfüllt. (1.5. 2010)

Irritationen im Schulträgerausschuss  Obwohl Konstatin Kanty medienwirksam aus der Partei Die Linke ausgetreten ist und sich per schriftlicher Erklärung von den politischen Zielen der Partei distanziert hat, sitzt er selbstverständlich am 21. April für die Linke im Schulträgerausschuss, anstatt seinem Nachfolger Marc-Bernhard Gleißner den Sitz zu übertragen. Dies ist völlig widersprüchlich und aus meiner Sicht inakzeptabel. [weiter](24.4.2010)

Der Arbeitskreis Linke-Stadt-Trier hat sich am 12. April um 18.00h im Postillion in Trier-Nord zum ersten Mal getroffen.  Vereinbart sind wöchentliche und für Interessierte öffentliche Arbeitssitzungen, um das tagespolitische Geschehen in Trier zu diskutieren und das kommunalpolitischen Programm weiter zu entwickeln. Möglichst zeitnah wird eine eigene Homepage eingerichtet, die erlaubt, die Ergebnisse des Arbeitskreises öffentlich zu kommunizieren. Interessierte sind jederzeit herzlich willkommen. Wenn Sie mitarbeiten wollen, melden sich bitte über das Kontaktformular. (18.4.2010)

Trierischer Volksfreund überschreitet ethische Grenzen: Am 10. April berichtete der TV über die zunehmende Unterstützung einer an Inhalten ausgerichteten Kommunalpolitik, die ich seit Beginn meines lokalpolitischen Engagements vertrete. Leider veröffentlichte der TV in diesem Zusammenhang auch die neuen Mitgliedschaften einiger Personen, die entweder darüber nicht informiert waren oder sogar mehrfach darum gebeten hatten, dass sie ihre Namen nicht im TV lesen möchten. Hier wurden Persönlichkeitsrechte seitens des TV verletzt, weil Mitgliedschaften in politischen Parteien strengen Datenschutz-bestimmungen unterliegen. Die Information über neue Mitglieder muss dem Trierischen Volksfreund zugetragen worden sein. Ich selbst  kommentiere Anfragen seitens des TV nicht mehr, es sei denn, es werden sachpolitische Statements erwartet. Der im TV aufgegriffene und seit März vorliegende Einspruch gegen den Antrag einer Mitgliedschaft meiner Frau ist für Informierte natürlich nur als hilflose Agitation zu verstehen, um indirekt meine kommunalpolitische Arbeit zu schwächen. (18.4.2010)

Parteiaustritt von Konstantin Kanty: Anfang April trat Konstantin Kanty aus der Partei Die Linke aus. Damit sind alle seine Ämter im Ortsverband, Kreisverband und seine Vertretung der Linken im Schulträgerausschuss vakant. Wieder einmal nimmt jemand seine Arbeit und den Wählerauftrag nicht ernst. Völlig absurd sind seine Anschuldigungen, mich dafür verantwortlich zu machen, "dass weder Orts-, noch Kreisverband der Partei derzeit im Stande sind, ein angemessenes lokalpolitisches Profil zu entwickeln." Natürlich muss nicht ich die Verantwortung dafür übernehmen, dass andere keine kommunalpolitischen Beiträge leisten. Der Trierische Volksfreund hat Kantys Behauptungen leider erneut unkritisch übernommen. Mit dem Parteiaustritt von Kanty ist der Weg frei für eine kompetente Bildungs- und Schulpolitik, einen Bereich, den er unbedingt für die Fraktion übernehmen wollte, aber nicht inhaltlich gestalten konnte. Seine Nachrückerin auf dem Listenplatz für den Stadtrat ist Linde Andersen. (6.4.2010)

Fraktionsaustritt  von Katrin Werner (MdB): Am 8. März 2010 trat Katrin Werner aus der gemeinsamen Linksfraktion im Stadtrat Trier aus, sodass ich seitdem als fraktionsloses Mitglied im Stadtrat die Interessen der Wählerinnen und Wählern vertrete. Bislang hat mir Katrin Werner keine Gründe für den Fraktionsaustritt mitgeteilt. Von ihrer Entscheidung habe ich über die Presse erfahren! Ich weiß auch nicht, weshalb Katrin Werner nun - entgegen der öffentlich so wahrgenomenen Empfehlung des Landesvorstandes, ihr Mandat zurückzugeben - wieder in eine Fraktion eintreten will. Durch die nicht an der Sache orientierte Presseberichterstattung fühle ich mich mittlerweile in meinem Ansehen geschädigt. Meine Absicht, linke Politik in Trier glaubwürdig voranzutreiben, so missverstanden zu wissen, hat mich gekränkt.

Es wird sich zeigen, inwiefern es Katrin Werner gelingen kann, dem Wählerauftrag an ein Stadtratsmandat in Trier nachzukommen und nun regelmäßig an Fraktionssitzungen, Ausschüssen und Ratssitzungen teilzunehmen. Dies ist - nach den negativen Auswirkungen ihrer Entscheidung - eine Voraussetzung für eine glaubwürdig vermittelte Fraktionsneubildung mit ihr. Die Option, ihr Mandat an einen Nachrücker auf dem Listenplatz abzugeben, steht Katrin Werner nach wie vor jederzeit offen.

Durch den überraschenden Fraktionsaustritt Anfang März haben wir Sitze in ca. 22 Gremien, Ausschüssen und Arbeitskreisen sowie zwei Aufsichtsratssitze verloren. Wir haben kein Fraktionsbüro im Rathaus mehr, können nicht mehr unsere politische Meinung wöchentlich in der Rathaus-Zeitung publizieren und mussten unser gesamtes Fraktionsbudget von 11 000 Euro zurück überweisen. Die repräsentativen Aufgaben fallen weg, was die Wahrnehmung der Linken im Stadtrat massiv einschränkt. (27.3.2010)