Die Botschaft der Stunde: "Friede auf Erden den Menschen guten Willens." (14.11.24)
Vgl. dazu die beiden folden Einträge:
Ein 'Friede' kann nicht herbei gebombt werden und auch nicht durch Schläge ins Gesicht des Gegners.
Sprechenden Menschen ist zu helfen! Willt du dein Herz versteinern? - Es nützt dir nichts!Alsbald wird es dir weggesprengt.
Der eine Weg zum Frieden, auf dem zahlreiche Akteure werden gehen müssen. Aktueller denn je! Freiwilligkeit aus Einsicht! -1- “Trierer Appell” 06.02.2002 (sic!)
We, students of the towns of ‘s-Hertogenbosch and Trier, assembled on Wednesday, 6th February 2002 in Trier, Germany, concluding the international Student’s Conference on Gerty Spies, Israel and Palestine,
Considering
That realizing that the problem in the Near East Region is one of the greatest of this time, and that solving this problem is very complicated, That in our point of view neither Israel nor Palestine is really willing to make the first step towards the other one. That there can only be a solution if both sides learn to understand and respect each other. This problem can definitely not be solved by military or terrorist actions. That like history showed us, hate destroys everything: and that for this reason we say: “It’s the people of the nations who should tell the politicians to stop hating each other. What we think is a quick solution has to be found, so the both sides are able to live peace. That the conflict in the Middle East is not a question of “right” or “wrong”. It is a question of compromising. That Gerty Spies said once: “Ich frage mich oft: Wie hab ich den das gemacht? Wahrscheinlich … weil ich immer wieder Liebe, Verständnis und Verzeihung zu verbreiten suche.“ (I am wondering, how I did this. Probably because I always tried to spread love, understanding and excuses.
Declare
That the European Union has to take very serious efforts that both parties come together again as soon as possible and retake their negotiations, starting from the Oslo agreements and come to a compromise-solution, based on mutual respect and leaving their hatred against each other. That the European Union should (in contact with the United States of America) participate these peacetalks and during these negotiations take care of a peacekeeping force in the former occupied territories. That the European Union should help as a neutral negotiator, to find final compromise between the two parties: each of them has the same right to exist there, so they should both be treated equally although one is in power. That there should be an international coalition, which can be accepted by both sides and uses all its power to find and force a solution. That the United Nations has to give both parts temporary governments that don’t have this great hate.
-2- That especially the United States of America, but the other countries as well, should start to make objectivity a leading principle in general. That means that other aspects like economy should have an inferior role. That both sides must accept the United Nations-agreement of 1948, which divides the area into two parts and makes Jerusalem an international place. That Israel has to leave all the occupied territories, the Palestinians have to stop their suicide-attacks. That Israel should withdraw their forces out of the Palestinian area and both the Israeli and the Palestinian government should allow an international “peace-keeping-force”. That both sides have to sign a treaty, which prohibits the use of weapons. That parents should stop teaching their children to hate the so-called enemies. That in order to create a future of mutual acceptance and tolerance, it is necessary to teach the future generations objective values in all forms of education.
+++
Bemerkung: Dieser Appell wurde nach Gesprächen mit jeweilen
Mitarbeitern der israelitischen Botschaft und palästinensischen Vertretern in Trier
2002 verfasst. Die Abgesandten der israelischen Botschaft wollten nicht in einem
Raum offiziell zusammen mit den palästinensichen Vertretern anwesend sein. Deshalb fanden die Gespräche
jeweils nacheinander statt: Nachdem die einen Abgesandten der Botschaft
den Raum verlassen hatte, traten die anderen erst ein. - Auf den Fluren aber sprachen inoffizell alle miteinander, weil sie sich schon von anderen Veranstaltungen her gut kannten - und sich auch "Duzten"! Am 07.02.2002 wurde der Wortlaut dieses Appells an beide Botschaften sowie an den damaligen deutschen Außenminister Joschka Fischer geschickt. Dieser antwortete in einem Schreiben, er wolle sich für diese Lösung des Konflikts politisch einsetzen. Aus der israelischen Botschaft sowie aus der palästinensischen Vertretung erhielten wir keine Antwort. 13.10.23
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Poetischer Diskussionsbeitrag zum Thema Frieden in der Ukraine – und anderswo im Nahen Osten Allein in Olympia
Viele sind es, die starben durch Schwerter! des gerechten Krieges? Unschuldige auch. Doch alle glaubten fortwährend zu siegen, zu leben nur für die Freiheit. Wenige aber sind Schuld, doch tragen sie alle Verantwortung – unermesslich, wie auch wir.
Dennoch stehen, und bewaffneter denn je, die Völker, rings sich misstrauend, gestählt gegenüber. Zu schnell auch vergaßen die Herrscher das Leid des hungernden Menschen und klagen wie nötig die Rüstung doch sei, allein für den Frieden – der Welt!
Denn lang schon, seit der Mensch in den Händen, das erste Mal schlug, die Keule, vernichtend über den Nächsten, ward die gefährliche Macht uns gegeben, zu richten das unschuldige Leben und auch zu zerstören die Erde - jetzt schon tausende Mal.
Wann endlich blüht die Vernunft siegend, wie die Blume blüht in giftiger Umwelt, wann endlich die schönste Blüte der Einsicht, friedlich rechtschaffende Bienen begeisternd, zu tragen den Samen, von Blüte zu Blüte, den Frieden von Mensch zu Mensch?
O, ihr Völker gedenkt all eurer Helden, die ihres Herzens Blut opferten für’s Vaterland und sterbend noch glaubten: „Die Schlacht ist unser, lebe droben, o Vaterland, und zähle nicht die Toten. Dir ist Liebes! nicht einer zuviel gefallen!“ O, ihr Völker, achtet den Glauben und gehet den seligen Weg.
Nicht mehr zählt dann das Eigne allein. Gemeinsam zu helfen versuchen die Völker, wohlzuverstehen den Anderen auch und Rücksicht zu nehmen, zu achten das Fremde und liebend zu dulden den anderen Glauben, in Demut auch gastfreundlich zu sein.
Vereint ist die Menschheit und friedlich leben vielstimmige Meinungen fort, zu dienen dem Frieden. Und wer von euch ist ohne Sünde, der werfe, wie Bomben, den ersten Stein. - Doch kämpfen die Menschen von nun an um Lorbeer, um Siege nur noch allein in Olympia.
Die dieses Gedicht und die folgenden wurden im Jahr 1980 geschrieben. Sie setzen sich formal mit der Dichtungstheorie Friedrich Hölderlins (Vom Wechsel der Töne) auseinander. Obwohl vor gut vierzig Jahren geschrieben, sind ihre Inhalte aktueller denn je.
Das erste Gedicht mit dem Titel "Das menschliche Maß" wurde formal dem Versmaß einer antiken Elegie nachempfunden, die sich durch sog. Distichen auszeichnet. Das heißt: der erste von jeweils zwei Versen ist ein Hexameter, welcher den Tonfall am Ende der Zeile hebt, während der nachfolgende Vers die Stimme senkt und Pentameter heißt. Die lyrische Grundstimmung einer Elegie ist daher wehmütig, sie drückt sich in fortlaufenden Klagen aus. Ein „Distichen“ (als Doppelvers) reit sich an das andere. Die schönsten Elegien in deutscher Sprache wurden von Hölderlin geschrieben.
Das zweite Gedicht mit dem Titel „Idylle“ spannt den Hintergrund gegenwärtiger Zeit auf, vor dem das folgende gesehen werden wird. Kapitatistisches Proftstreben liegt am Beginn jeweder Umweltzerstörung und dient als Triebfeder der Zerstörungsspiralen von Aufrüstung und Krieg.
Das dritte Gedicht mit dem Titel "Allein in Olympia" wurde als frei-rhythmische Hymne nach dem Vorbild der "Vaterländischen Gesänge" von Friedrich Hölderlin konzipiert. Hölderlins ‚transzendentale Poesie‘, die als eine poetische Verfahrensweise verstanden werden kann, welche die Bedingung der Möglichkeit von Empfindungen transparent werden lässt, wurde hier angewandt. Indem die verschiedenen lyrischen Tonfälle (lyrisch, heroisch, idealistisch), die Hölderlin in seiner Dichtungstheorie bezeichnet, in Bezug auf ein lyrisches Thema angewandt werden, wird hier ein idealer Prozess sprachlich sichtbar, der jedoch zu einem realen Ergebnis, dem Frieden, führt. Im Wechsel dieser Töne schreitet das Gedicht (von naiven Sprachbildern über heroische Benennungen tatsächlicher Zustände in der Welt und deren aktuelle Widersprüche) diakeltisch fort, bis es sich zuletzt zu seinem idealistischen Schlussvers emporschwenkt. In diesem zukünftigen Zielpunkt vereinigen sich die natürlichen Gegensätze des Lebens als „harmonischentgegengesetzt“ (vgl. Heraklit). Die tatsächlichen Spannungen und Gegensätze des Lebens werden auf der Höhe des Ziels, als gegenwärtig gelöst vorgestellt, so dass der Blick zurück, den Weg offenbart, auf dem das Ziel hatte erreicht werden können, ohne dass man je wusste, ob es realistischer Weise auch erreichbar werden würde, solange die Bestrebungen nicht auch Vergangenheit sein werden konnten. Die Strophenfolgen werden dialektisch unterteilt (Strophe 1-3). Die Metaphern wechseln und setzen sich entgegen, um sich in einem Sinn zu vereinen. Sodann wird eine neue Dialektik, die dem ersten Dreischritt thematisch entgegengesetzt ist, in den nachfolgen Stophen (4-6) gesetzt, die erneut einen entgegengesetzten Sinn thematisch beschreiben. Hier erfolgt der Wechsel vom anfänglich naiven lyrischen Ton hin zum heroischen, der die „energischen“ Aspekte am Themenfeld dieser Dichtung offenlegt. Die letzte Schlussstrophe (7) dagegen vereinigt schließlich die beiden zuvor in sich dialektisch differenzierten, aber zueinander entgegengesetzten Metaphernbilder (1-3 + 4-6), um sie wiederum in sich - erneut in einem dialektischen Dreischritt (7), diesmal aber idealistisch - zu vereinigen und in einem einzigen Ziel, auf das die gesamte Dichtung hinstrebte, zu harmonisieren. Die grammatische Zeitenfolge richtet sich damit von der Vergangenheit (naiv) ausgehend über die Gegenwart (heroisch) auf die Zukunft (idealistisch), indem sie von Strophe zu Strophe, die jeweiligen Übergänge thematisiert, die auf einen höheren Punkt hinzielen. Hier vollendet sich die Dichtung, indem sie ihren von Anfang an angestrebten Zweck als idealen Sinn offenbart, in dem die Widersprüche als real aufgelöst erscheinen. Da aber das Gedicht die „Bedingungen der Möglichkeit“ (Kant) von Empfindungen lyrisch wie theoretisch thematisiert, drück es praktisch und explizit gesehen den immer schon vorausgesetzten „ersten Schritt“ aus, der die anvisierte schöne Empfindung, nämlich den Frieden“, Wirklichkeit werden lasst. Dazu wechseln die einzelnen Strophen des Gedichts von naiven Bildelementen hin zu entgegengesetzten, heroischen Beschreibungen und von da zurück in idealisierten Sprachbilden bis zur „harmonischentgegengesetzen“ Vereinigung der Empfindung, die darum real ist, weil die den ganzen Werdensprozess sprachlich – und damit auch sachlich - umfasst. Der lyrische Verlauf des Gesichtes drückt somit formal wie inhaltlich einen dialektischen Prozess aus, der hier lyrisch gestaltet wurde, um die Bedingung der Möglichkeit realer und darum auch emotionaler Erreichbarkeit, die nicht bloß illusionär oder bloß utopisch besteht, sprachlich zum Ausdruck bringen zu können. Die hier anvisierte schöne Empfindung lautet sprachlich „Frieden“. Frieden in der Welt.
Neben dieser dichtungstheoretischen Beschäftigung mit Hölderlins Poetologie gab zudem eine zutiefst inhaltliche Verwunderung meinerseits bezüglich einer Gedichtzeile Hölderlins den entscheidenden Ausschlag, meine Vorstellungen vom Frieden als einen angestrebten idealen Zustand (in der Zukunft (!), denn real herrscht Krieg und Klage!) einerseits und dem letztlich einzig möglichen, aber realen Weg dorthin andererseits, lyrischen Ausdruck zu verleihen. Mit dieser „Verfahrensweise des poetischen Geistes“ nach Hölderlin verbindet sich das „an sich“ Erste, nämlich die Bedingung der Möglichkeit von Empfindung, mit dem „für uns“ Letzten, nämlich der als Ziel angestrebte reale Frieden, in unserer revolutionierten Welt, indem die dazu nötigen Handlungen im Gedicht zugleich mit transparent werden. Das für mich Schockierende allerdings – und somit hier der reale Vordergrund der auch heute aktuellen „Kriegszeit“ - bildet eine berühmte Verszeile aus Hölderlins Gedicht „Der Tod fürs Vaterland“. Denn schon in den 80er Jahren empfand ich diese Aussage als überaus empörend, weil mir vor meinem geistigen Auge natürlich die Gräulen des Zweiten Weltkriegs standen, von den ich nicht abstrahieren konnte. Hölderlin dichtete 1797, wie folgt:
„Und die Siegesboten kommen herab: Die Schlacht Ist unser! Lebe droben, o Vaterland, Und zähle nicht die Toten! Dir ist, liebes! Nicht einer zu viel gefallen.“
Freilich setzt Hölderlin in diesem im Jahr 1797 von ihm zuletzt überarbeiteten Gedicht, dessen Anfänge ein Jahr zurück liegen, den aus heutiger Sicht ‚naiven‘ Umstand voraus, eine „Schlacht“ könne ‚nationalistisch‘ gewonnen werden und deshalb gälte für die ‚siegende Kriegs-Partei‘, trotz aller Toten und allem Leid, es sei „nicht einer“ - und also keiner (der Siegenden) - zu viel gefallen. Der Krieg habe sich also, letztendlich, gelohnt und aus Sicht der siegenden Partei ausgezahlt - ohne dass ‚Schuld und Sinn‘ des Krieges je eigens thematisiert worden wären.
Als ‚Deutscher‘ nach dem Zweiten Weltkrieg geborener Weltbürger schien mir hier aber ein unüberwindlicher, historischer bedingter Widerspruch meinem naiv-reflektiertem Empfinden ins Gesicht zu schlagen! Wie könnte ich auch nur denken (wollen), dass im ‚Zweiten Weltkrieg‘ dem „Vaterland“ nicht einer der unzähligen Toten „zu viel gefallen“ wäre? - Diese Rede könnte, wenn überhaupt, nur aus einer Perspektive des Siegers heraus gesprochen sein, der die gegnerischen Toten als „Kollateralschäden“ ausklammert – allein schon deshalb, weil sie nicht zu seinem „Vaterland“ gehören. Dieser Sichtweise entbehrt es freilich nicht eines gewissen Zynismus, der hier, wie überall, menschenverachtend ist! – Vor diesem Hintergrund KANN von einem „Frieden“ hier, allein schon aus einer sprachlogisch Perspektive her gesehen, keine Rede sein. – Wo liegt also das Problem?
Es liegt heute wie damals in einem undifferenzierten Sprachduktus, der eine brutale Denkweise voraussetzt, die nicht zu unterscheiden gelernt hat zwischen den lyrisch wechselnden Tönen menschlicher Sprache und Ausdrucksweise.
Denn eines ist klar: Wer von „Frieden“ redet, KANN sprachlogisch nicht an einem Gegensatz festhalten, der zwischen „Freund“ und „Feind“ kontradiktorisch, d. h. einander ausschließend, unterscheidet oder zwischen – ehemals (!) – verfeindeten Völkern, er muss, wenn „Frieden“ praktisch realisiert werden können soll, sich „harmonischentgegengesetzt“, wie Hölderlin hier einen Gedanken des griechischen Philosophen Heraklit paraphrasiert, positionieren. Das heißt aber: Er muss akzeptieren, dass der gegenwärtige Zustand eines zukünftig realisierten Friedens nur dadurch hat möglich werden können, dass der „Krieg“ als eine entgegengesetzte Bezeichnung des „Friedens“, grundsätzlich überwunden werden konnte. Nur von diesem ‚höheren‘ Standpunkt aus betrachtet, können die Menschen zurückblicken, um sich an die Gräulen zu erinnern, die sie als getrennte Völker haben erdulden müssen, selbst dann, wenn sprachlich zwischen Aggressor und Opfer hat unterschieden werden können müssen. Das „Vaterland“ von dem jetzt aber die Rede ist, bedeutet nicht mehr nur verschiede „Nationen“, die sich ‘bekriegt‘ haben, sondern es steht für eine neue „Völkergemeinschaft“, die aus Sicht der heutigen, gegenwärtigen Streitigkeiten freilich nur idealistisch verstanden werden kann, weil sie ‚derzeit‘ eben nicht real ist, aber vom Zielpunkt des zukünftigen Frieden aus betrachtet, sozusagen rückblickend, als überwunden wird gelten können, weil keine Gegensätze mehr bestehen, die einen Krieg grundsätzlich rechtfertigten. - Vor diesem Hintergrund macht die Rede von einem wirklichen „Frieden“ überhaupt erst Sinn. Freilich scheint dem modernen und verkopften Denken der Weg dahin nur als rein utopisch. Denn die offenbare Bedingung der Möglichkeit von Frieden ist hier - wie überall - lediglich „ein erster Schritt“, der jedoch nur durch praktisches Handeln konkret getan werden KANN. Allerdings liegt an dem praktischen Vollzug dieses KÖNNENS in Form eines „ersten Schritts“ der ganze Mut einer Bevölkerung. Erfolgt dieser „erste Schnitt“ nämlich nie, so liegt niemandem nichts an einer Redeweise von ‚Frieden‘ und revolutionierten (umgekehrten) Zuständen in der Welt. Das zeigt sich eben genau hier! Vor diesem komplexen Hintergrund ist auch der lyrische Wechsel der Töne in der Verfahrensweise des poetischen Geistes nach Hölderlin zu verstehen. Die freilich ‚naiv‘ wirkenden Bilder ‚häuslicher Idyllen‘ und ‚natürlicher Unberührtheit‘ in den nachfolgenden Gedichten mögen in der heutigen Zeit für aufgeklärte Ohren emanzipierter Zeitgeister*innen erstaunen und für ‚antiquiert‘ gelten. Aber sie drücken nach wie vor das nur „Getrennte“ im menschlichen Leben lyrisch passend aus. So, wenn der „Mann“ morgens zur Arbeit geht und seine „Frau“ tagsüber wartet, bis beide nur „Sonntags“ vereint-befreit leben können, ohne dass kapitalistische Arbeitsformen (trennend) zwischen sie treten. Ebenfalls mutet völlig ‚naiv‘ das sprachliche Bild von „Bienen“ an, die zudem „Samen“ sammeln, satt Nektar. Aber auch diese sprachliche Verfremdung muss als bloßer Durchgangspunkt oder Übergang, eben als Metapher, im Sinne des Fortschreitens gemäß der poetischen Verfahrensweise nach Hölderlin angesehen werden, an deren Ende die zwar idealistische, aber durchaus ‚reale Empfindung‘ eines seelisch wie physisch erhofften Zustandes tritt, der zwar als „harmonischentgegengesetzt“, aber sprachlich durchaus korrekt als ‚Frieden‘ richtig zu bezeichnen ist. Dass dieser „Frieden“ aber keineswegs statisch aufgefasst werden darf, zeigt das Bild des „ersten Schnittes“ auf das diese Dichtung zuläuft und ohne den alles nichts wäre. Friedvolle Vereinigungen zwischen den Völkern sind daher nicht nur nicht möglich, sondern jederzeit auch realisierbar, wenn der ‚erste Schritt‘ dahin konkret erfolgt.
Das vierte und fünfte Gedicht, am Ende dieser Reihe, drückt jeweils die „Erinnerung“ an (rückblickend) überwundene Zustände aus, die sprachlich repräsentiert werden können müssen, damit das gegenwärtige Empfinden“ menschlich – im Gegensatz zu zynisch - genannt werden KANN.
Trier, den 14.04.2023 Jakob Walravens Op gen Beek
„Die Dichtung allein wird wieder LehrerIn der Menschheit sein.“ (Friedrich Hölderlin)
1. Das menschliche Maß
Wer legte den Abstand in unsere Herzen und wer das trennende Maß zwischenmenschlich? Ach, wer zerriss die liebenden Herzen als Erster, dass blind wir, wie Eulen am Tag, nicht finden mehr zueinander und sehnsüchtig erwarten, ein jeder für sich, auf einem Ast sitzend, die herrlich erlösende Hoffnung – die Nacht? Doch Schworen wir einst uns nicht ewige Treue, wie wenn sich ein Mann verabschiedet morgens - und geht, von seiner wartenden Frau, zur Arbeit, täglich, so mein ich, es wäre Sonntag, und füreinander den ganzen Tag hätten wir Zeit und nicht einmal die blendende Sonne würde uns trennen, und wärmte uns, so wie wir. Ja, wir liebten einander und meinten, noch nie hätten, so wir, sich Menschen geliebt.
Ungewiss auch ziehen nachmittags Vögel, denn wer weiß, wenn für sie die Dämmerung naht und sie nicht mehr sehen einander - als Leere? Wir Menschen aber schalten Lampen vorschnell in unseren Wohnungen an und meinen, wir sähen uns besser, vielleicht aber auch, weil wir es nicht mehr ertragen, alleine zu sein. Und so suchen auch wir immer Zerstreuung und vergessen dabei den Andren zu finden, ja, wir verlieren uns selbst hier in der Welt. Und, von lärmender Musik lustlos, apathisch, laufen wir teilnahmslos durch den Park und hör‘n mit Kopfhörern nur noch uns selbst und hören die klagende Bitte nicht mehr, das Weinen des anderen Menschen, allein um Verständnis, allein, um wie Vögel zusammen zu ziehen.
Zu keiner Stunde aber sind wir verloren, wie tosendes Wasser eines der Fälle erwartet auch uns einmal ein ruhender Fluss und die schäumende Gischt langsam beruhigt sich und zueinander findet das Wasser im See. Denn wieder harmonisch bildet das Bild sich unschuldig der Landschaft. Und nicht mehr alleine - nie mehr in einsamer Nacht gehen Menschen, denn vertrauend, vertrauend sieht auch ein Blinder - wissen wir um die fürsorgliche Führung und kennen so einander das menschliche Maß: Unendlich entfernt bedarf es nur eines liebenden Schrittes, so dass wir uns wieder- vereinigen endlich. Nur so führt der Weg zusammen der Menschen. Und innig vereint wieder beginnen zu schlagen unsere Herzen.
2. Idylle
Schon neigt die Weide ihr grünendes Haar in den fröhlichen Wind. Mit Flöten erwacht die Natur, auch mit Gesängen am Himmel hängen die Schwalben. Es blaut herab die Wolke gerötet und weit ergießt sich lebendiges Leben.
Es blüht. Rings aber sterben die Blumen, die Wälder, sie brennen vom Gifte und Felder werden zerstört und bebaut. Maßlos türmt babelhaft sich der Unrat. Auf Flüssen schiffen Müllberge dahin. So dämmert der Tag in die Nacht.
So ist es schon spät. – Und es umnachtet mehr noch den Menschen das sanfte Licht. - Sie aber wägen daheim den Gewinn. Zu dieser Stunde denken glücklich sie sich. Doch tiefer bricht und mächtiger dann die Nacht über die Irrenden ein.
3. Allein in Olympia
Viele sind es, die starben durch Schwerter! des gerechten Krieges? Unschuldige auch. Doch alle glaubten fortwährend zu siegen, zu leben nur für die Freiheit. Wenige aber sind Schuld, doch tragen sie alle Verantwortung – unermesslich, wie auch wir.
Dennoch stehen, und bewaffneter denn je, die Völker, rings sich misstrauend, gestählt gegenüber. Zu schnell auch vergaßen die Herrscher das Leid des hungernden Menschen und klagen wie nötig die Rüstung doch sei, allein für den Frieden – der Welt!
Denn lang schon, seit der Mensch in den Händen, das erste Mal schlug, die Keule, vernichtend über den Nächsten, ward die gefährliche Macht uns gegeben, zu richten das unschuldige Leben und auch zu zerstören die Erde - jetzt schon tausende Mal.
Wann endlich blüht die Vernunft siegend, wie die Blume blüht in giftiger Umwelt, wann endlich die schönste Blüte der Einsicht, friedlich rechtschaffende Bienen begeisternd, zu tragen den Samen, von Blüte zu Blüte, den Frieden von Mensch zu Mensch?
O, ihr Völker gedenkt all eurer Helden, die ihres Herzens Blut opferten für’s Vaterland und sterbend noch glaubten: „Die Schlacht ist unser, lebe droben, o Vaterland, und zähle nicht die Toten. Dir ist Liebes! nicht einer zuviel gefallen!“ O, ihr Völker, achtet den Glauben und gehet den seligen Weg.
Nicht mehr zählt dann das Eigne allein. Gemeinsam zu helfen versuchen die Völker, wohlzuverstehen den Anderen auch und Rücksicht zu nehmen, zu achten das Fremde und liebend zu dulden den anderen Glauben, in Demut auch gastfreundlich zu sein.
Vereint ist die Menschheit und friedlich leben vielstimmige Meinungen fort, zu dienen dem Frieden. Und wer von euch ist ohne Sünde, der werfe, wie Bomben, den ersten Stein. - Doch kämpfen die Menschen von nun an um Lorbeer, um Siege nur noch allein in Olympia.
4. Brennholz
Schürt die Glut nur recht im Herde, schürt den Geist in der Vernunft. Das alte Holz verzehret sich dann denkender wie Menschen.
Und wärmender erwacht der Tag, der neue und in Schönheit leuchtet heller dann die Wahrheit, die wieder sich in Jungend nährt.
5. Das alte Haus (Venloerstraße)
Alt steht das Haus und verfallen - kaum mehr ist sichtbar früherer Glanz. Bedrohlich schon neigen die Wände sich, wie der Dachstuhl, nach innen. So steht es schon Jahr‘ lang verlassen von Menschen und nur noch der Wind geht durch zerbrochene Scheiben. Vergilbte Gardinen verdunkeln den muffigen Raum. Von Gerümpel voll steht verstaubt eine Ecke.
Doch gehen die Menschen geschäftig tagein an dem Hause vorbei und keiner beachtet das Alte, in dem, zuweilen sehr einsam, allein eine Erinnerung wohnt. Und so verdunkelt der Mond auch am Abend den Eingang. Unheimlich stöhnt das Gebälk durch die Nacht, und selbst die erleuchtete Gasse abwendet sich dunkel und still.
(Aktuelle Gedichte aus den 80er von Jakob Walravens Op gen Beek)
Es ist "Zeit, daß man weiß" und "Zeit, daß es Zeit wird" (Paul Celan).
(Trier, den 14.04.2023)
An dieser Stelle zur Erinnerung zwei Kommentare aus dem Jahr 2016.
Der erste Kommentar:
"Der Herr geht ins Gericht mit den Ältesten und
Fürsten des Volkes" (Jes 3,14)
"Aber ich gehe ins Gericht mit dir, weil du sagst, ich habe mich nicht
versündigt" (Jer 2,35) "Jegliches
Anzweifeln der Moral unserer Armee ist empörend und inakzeptabel", sagte
der israelische Ministerpräsident Netanjahu im Jahr 2016, nachdem ein israelitischer Soldat
einen zuvor wehrlos angeschossenen palästinensischen Attentäter mit einem
Kopfschuss kaltblütig eliminiert hatte. –
Netanjahu, so Clemens Wortmann (AFP), beuge sich in diesem Urteil dem
rechtsradikalen Druck seiner eigenen Minister, obwohl er selbst zuvor
unmissverständlich eindeutig zu der in einem Handyvideo dargestellten
„offensichtlichen Hinrichtung“ eines Wehrlosen „von einem klaren Verstoß gegen
die Einsatzregeln gesprochen hatte“ (28.03.16, T-online, ebd.). -
Ich bin Gott, sagt Netanjahu sozusagen, denn ich bin erhaben über alle Rechte, die
Menschen haben. Er hätte aber auch sagen können: „Darum lernt, was es heißt:
Barmherzigkeit will ich, nicht Opfer“ (Mt 9,13). – Dies ist eine jüdische Religions- und
Handlungsregel, die der Jude Jesus von Nazareth sehr wohl noch kannte. Dagegen
ergab eine „Umfrage des Privatsenders Kanal Zwei“ […] unter jüdischen Israelis,
dass 57 Prozent aller Befragten die [bisher eingeleiteten, J.V.] Ermittlungen
gegen den Todesschützen ablehnten“ (T-online., ebd.). – Unvorstellbar das
alles, denn Rache tötet! Immer und überall.
Ich glaube mich dagegen erinnern zu können, dass Jahwe vor allem Gerechtigkeit
will. Das gilt, wiederum soweit ich mich erinnern kann, für jeden Menschen, der
vor dem Angesicht Gottes steht. –
Es macht aber offensichtlich einen großen
Unterschied, ob jemand vor dem Angesicht Netanjahus steht, oder ob er vor dem
Angesicht des „Einzigen“ (Dtn 6,4) steht. Das Morden muss ein Ende haben –
egal, ob es durch Kopfschuss wie in Israel oder durch Ausgrenzungen wie in
Europa oder durch Kriege und Terrorismus, wie anderswo auf der Welt, geschieht!
– Eythys = griech.: Sofort!
(28.03.16)
Damit dies alles - und noch viel mehr - nicht in Vergessenheit gerät, hat die UNO eininge neue Resolutionen erlassen und Kriegsverbrecher zur Verhaftung weltweit ausgewiesen. - Alles hat seine Zeit. (13.11.24)
Der zweite Kommentar:
Eine Wette, die es nicht zu gewinnen gilt …
Anfang des Monats trafen sich auf Einladung des US-amerikanischen Präsidenten
Barack Obama im Weißen Haus zig Atommächte, um die Gefahr der Verwendung so
genannter „schmutziger Bomben“, bei denen neben herkömmlichen Sprengstoff auch
radioaktives Material untergemischt wird, das sich bei einer Explosion
flächendeckend verteilt und großflächig die gesamte Gegend radioaktiv
verseucht, durch mögliche Terroristen einzudämmen (vgl. Deutschlandfunk,
Beitrag 01.04.16). Man beschwor dort einvernehmlich die große Gefahr, der
es unverzüglich und konsequenter als bisher zu begegnen gilt. - Soweit das
ewige, uneinsichtige Mantra der Hauptproduzenten von waffenfähigem
Atomrestmüll. Die Produzenten warnen vor sich selbst, indem sie ihre
Verantwortung auf Terrorosten abwälzen, die wohlmöglich nicht zu kontrollieren
seien.
Auf der anderen Seite aber haben die US-Amerikaner in keinster Weise
Skrupel in einem Atemzug die zwanzig noch verbliebenen Atomsprengköpf aus dem
kalten Krieg auf dem Fliegerhorst in Büchel zu modernisieren, damit diese
besser einsetzbar werden. Gute Bomben, schlechte Bomben. Und allen diesen
Friedensnobelpreisaspiranten und Sicherheitspolitikern fällt das Hirn
sichtbarlich in zwei Hälften, ohne dass sie dies auch nur selbst bemerken.
Ja,
wir werden zunehmend von verrückten Stellvertretern regiert! Doch welche
demokratische Macht kontrolliert eigentlich die vermeintliche Vernunft der
Großkopferten?
Die allgemeine Vernunft muss die spezielle Vernunft kontrollieren, wusste schon
Kant: „Das Wahre fängt vor dem Irrigen an“ zitiert er seinen verehrten Lambert
(Neus Organon, §191).
Mit anderen Worten: Es muss so etwas wie einen logischen Vorsprung der Wahrheit
vor dem Irrtum geben. Eine Position, die auch schon Sokrates kannte, als er
sein überliefertes Diktum formulierte: „Es ist besser, Unrecht zu erleiden als
Unrecht zu tun.“
Diesen Standpunkt kann aber nur einnehmen, wer selbst in der Sache
„unparteilich“ urteil, eben aus „allgemeiner Perspektive“ und nicht aus seinem
speziellen Standpunkt heraus. „Es ist ohne Zweifel die gar zu große Hitze und
Partheylichkeit die Ursach, warum man gegen alles, was in einem Lehrgebäude
(politisch, J.V.) wahr ist, ganz blind ist, und nur auf das Falsche Achtung
giebt, welches in demselben angetroffen wird“ (Meier, Vernunftlehre, § 128,
zitiert nach: Norbert Hinske, Kant als Herausforderung für die Gegenwart,
1980).
Vor diesem philosophischen Hintergrund ist es freilich wahr, dass von
Terroristen mögliche, große Gefahren ausgehen, wie „man“ in Washington
allgemein festgestellt hat. Aber, dass dieser eigene Standpunkt nicht
widerspruchslos zu verallgemeinern ist, wurde von den etablierten Atommächten
nicht mehr reflektiert. Denn nicht nur von den so genannten Terroristen geht im
Speziellen eine mögliche Gefahr aus, sondern schon von den sich selbst über jeden
Zweifel erhaben stehenden Hochsicherheitsländern geht die atomare Gefahr aus,
weil sie die Produzenten des waffenfähigen Atommaterials sowie der „schmutzigen
Restmüllatome“ sind. Und dies gilt nicht nur eingeschränkt, und also speziell,
sondern es gilt „allgemein“. Die Bedingung der Möglichkeit von „schmutzigen
Bomben“ (im Speziellen) ist die Produktion der „einsatzverbesserten“ Atombomben
(im Allgemeinen), wie sie z.B. derzeit auch in Büchel von den USA stationiert werden.
Die über alles erhabenen Atommächte vertreten also ebenso
nur einen „speziellen“, parteilichen Standpunkt, dem die allgemeine Vernunft
entgegengesetzt werden muss. –
Die Bundesregierung schweigt dazu überaus peinlich! Und ich
möchte leider (!) wetten, dass selbst in dem soeben (22.04.16) vorgestellten
Koalitionsvertrag der Ampelregierung um Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz kein
Wort (!) zur Atombombenproblematik in Büchel geschrieben steht!
Um abschließend noch einmal Kants Meinung zu zitieren: „Der
ist wahnwitzig, der mit Wahnwitzigen vernünftelt“ (XXIV 397), meint er in einer
seiner Nachlassreflexionen. – Daher stellt sich die Frage: Was tun?, umso
dringlicher!
PS.
Von der Auflösung dieses Problems durch Günther Anders, möchte ich an dieser
Stelle schweigen (vgl. Die Antiquiertheit des Menschen, 2 Bde).
(23.04.16)
Und wer jetzt im November 2024 meint, er müsse vorschnell schlussfolgern, es gelte also beispielsweise die Atomanlagen des Gegners als Erster zu zerstören, bevor dieser das Gleiche möglicherweise erwägt, der hat das ganze Probelm augenscheinlich nicht verstanden. Die Menschenrechte sowohl als auch das Völkerrecht können nicht per se antisemitistisch sein! (Neu eingestellt am 13.11.24)
Eine gute Idee – Die Linke.
Ein kritischer Kommentar zu der Broschüre: Bedingungsloses Grundeinkommen: keine gute Idee. Hrsg: BAG Betrieb und Gewerkschaft, BAG Hartz IV und Sozialistische Linke, Berlin 11.01.21
Von Dr. Johannes Verbeek
Diese
Arbeit gibt ausschließliche meine Sichtweise auf die Broschüre wieder.
Ich spreche nicht für andere oder im Namen einer besonderen linken
Arbeitsgruppe, wenngleich ich deren linksaktives Mitglied und
CO-Sprecher der LAG-BGE in und bei der Linken in RLP bin.
Darstellung und Kritik an den Inhalten der Borschüre im Einzelnen: Ich
folge der Gliederung der Broschüre. Alle Zitate beziehen sich auf die
oben genannte Ausgabe unter Angabe der Seitenzahl (ebd., S. …). Belege
auf der gleichen Seite werden im Folgenden nur noch mit (S. …)
angezeigt.
Der Text meiner ausführlichen Kritik umfasst 151
Seiten. Er glieder sich in drei Teile. Teil III. kommentiert die
Broschüre textnah, politisch und sotial-philosophisch. Ich argumentiere
für das BGR. Diese Arbeit wurde am 21.02.21 erstmals parteiintern auf Telegam LAG-BGE in RLP veröffentlicht.
Vorträge zum BGE: Als Co-Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft (LAG) "Bedingungsloses Grundeinkommen" (BGE) in und bei der Partei Die Linke in RLP sowie als Mitglied im Sprecher/innen/rat der Bundesarbeitsgemeinschaft zum Grundeinkommen (BAG-BGE) stehe ich gerne nach Absprache zu Vorträgen zum BGE und zum Finanzierungsmodell der BAG-BGE Berlin zur Verfügung. Die Vortrage können sowohl im Rahmen der "Jenny-Marx-Gesellschaft" als auch über die LAG-BGE in und bei der Linken in RLP organisiert und veranstaltet werden. Kontakt: siehe Impressum.
Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges gewinnt das Buch von Klaus Schabronat: „Kriegstrieber – Kriegsgewinnler“ aus dem Jahr 2022 eine ungeahnte Aktualität.
Erster Weltkrieg und kapitalistischer Profit Die Rede von Karl Liebknecht im Reichstag am 11. Mai 1914, dient als durchgängige Folie, um die Verstrickungen der damaligen Großkonzerne aus Industrie Rüstung einerseits und den wichtigsten politischen Akteuren anderseits darzustellen. Aufgedeckt werden im Vorfeld des Ersten Weltkrieges die Wirtschaftsinteressen des Rüstungskapitals im Zusammenhang mit lobbyistischen Tätigkeiten führender Politiker und Beamten, die von der Politik in die Privatwirtschaft wechseln und umgekehrt, während die bürgerliche Presse Kampagnen gegen die Sozialdemokratie im sog. „Krupp-Prozess“ fährt. Mit geradezu kriminalistischem Spürsinn unterzieht der Verfasser Klaus Schabronat die Frage nach den Ursachen des Ersten Weltkrieges einer sehr genauen Analyse. Er stellt die Frage, wem nutzte dieser Krieg, wer hatte besonderes Interesse ihn zu führen, und wer hat vor allem in ganz besonderem Umfang daran profitiert? Die in diesem Buch dargestellten wirtschafts-politischen Mechanismen funktionieren heute noch genauso wie beim Anzetteln des Ersten Weltkrieges und dienen bei den Kriegen der Gegenwart denselben Profitinteressen. Buchlesung mit dem Autor Klaus Schabronat: Mo., den 08.05.2023, in den Räumen der AGF/Weltladen in der Pfützenstraße 1, 54290 Trier. Beginn 19.00 Uhr. Veranstaltet und organisiert wird diese Lesung von der Jenny-Marx-Gesellschaft, Trier und der Arbeitsgemeinschaft Frieden. Unterstützt wird sie zudem von der GEW. Alle Interessierten Bürger/innen sind dazu eingeladen.
Zum Autor: Klaus Schabronat, Lehrer für Geschichte und Deutsch (Bertha von Sutter-Gymnasium Andernach), Personalrat im örtlichen und im Bezirksrat, in der GRW auf mehreren Ebenen engagiert. Veröffentlichungen zur Religionspolitik im Nationalsozialismus und zur Revolution 1918/19 im Mittelrheingebiet. Mit freundlichen Grüßen Katharina Dietze (AGF) und Dr. Johannes Verbeek (Jenny-Marx-Gesellschaft)
Kurze Inhaltsangabe zum Buch: „Kriegstreiber – Kriegsgewinnler“ von Klaus Schabronat Mehr als hundert Jahre sind seit dem Ende des ersten Weltkrieges vergangen. Man sollte meinen, nach so langer Zeit sind alle Fragen geklärt und alle Aspekte von allen wesentlichen Seiten aus beleuchtet. Dies sollte besonders für die Masterfrage gelten, die am intensivsten beleuchtete Frage nach der Kriegsschuld. Hier sind von Anbeginn an mehrere Antworten im Angebot:
Die „klassische“ Antwort: Der Krieg endet 1918 mit der Niederlage des Deutschen Reiches. Deutschland hat den Krieg angefangen und letztlich verloren, die Schuldfrage ist regelgemäß geklärt: schuld ist immer der Verlierer, also Deutschland mit Verbündeten. So steht es im Friedensvertrag. Auf der Seite der Verlierer sieht man das naturgemäß anders und versucht die (Mit-)Schuld der Kriegsgegner historisch zu beweisen.
Die letztendlich gültige Antwort: Man einigt sich im Für und Wider der unterschiedlichen Varianten der klassischen Antwort auf einen Mix von Faktoren, die man je nach politischem Gusto unterschiedlich gewichten kann: die Konkurrenz zwischen den Großmächten im Drang nach Kolonien, ihr Nationalismus und nationales Prestige, die Hochrüstung, die öffentliche Meinung, das Versagen der verantwortlichen Politiker (z.B. des Kaisers) und dergleichen mehr.
Obwohl diese Masterfrage also einvernehmlich geklärt ist, beschäftigen sich viele aktuelle Veröffentlichungen zum Jubiläum mit diesem Thema. Sie dienen angesichts der vorherrschenden Einigkeit in den Bewertungsfragen offenbar nicht der Klärung und Diskussion des Strittigen, sondern der Festschreibung und Affirmation der vereinbarten gesellschaftlichen Konvention bei der Bewertung dieses Ereignisses.
Diese Publikation dient ausdrücklich nicht dazu – das ist weder das Anliegen des Autors Klaus Schabronat noch das des Verlages der Jenny Marx Gesellschaft – der Fülle an inhaltsgleichen und nur in Varianten voneinander abweichenden Darstellungen über den ersten Weltkrieg eine weitere hinzuzufügen. Sie versteht sich ausdrücklich als eine bewusst davon abweichende Gegendarstellung zum vereinbarten, „letztendlich gültigen“ Geschichtsbild.
Mit geradezu kriminalistischem Spürsinn unterzieht der Verfasser die Frage nach den Ursachen dieses Krieges einer sehr genauen Analyse. Er stellt die Frage, wem nutzte dieser Krieg, wer hatte besonderes Interesse ihn zu führen, wer hat vor allem in ganz besonderem Umfang daran profitiert? Also die alte Frage: Qui bono? Dazu nutzt der Autor auch Arbeiten, die inzwischen weitgehend aus dem Blick geraten, wenn nicht untergegangen sind. Werke von DDR-Historikern, die teilweise mit anderen Methoden und Fragestellungen den ersten Weltkrieg aufgearbeitet hatten, aber im Zuge der „Abwicklung“ der DDR verschwanden. Akribisch trägt Klaus Schabronat in seinem Werk deren Ergebnisse und Deutungen zusammen. Er greift dabei auf Arbeiten von Gutsche, Klein nebst Autorenkollektiv zurück. Er lässt Lenin zu Wort kommen und zitiert Engels, der einen Weltkrieg lange vorher vorausgesagt hatte.
Durchaus abweichend von der herrschenden Methodologie, die den schriftlichen Nachweis für den Bankraub fordert und sich ohne diesen unfähig zeigt, eine hinreichende Beschreibung der Realität zu liefern, führt er Evidenz- und Indizienbeweise für seine Darstellung an. Kritisch setzt er sich mit der Tatsache auseinander, dass weder die Ergebnisse der DDRForschung in die neueren Arbeiten einfließen, noch deren Methoden oder Fragestellungen berücksichtigt werden.
Interessant in diesem Zusammenhang auch seine Sicht auf die Verschleierungsmethoden, derer sich bedient wird, um von den Wirtschaftsinteressen der beteiligten Akteure und ihrer Einflussnahme abzulenken und bestimmte Fragestellungen zu marginalisieren bzw. zu unterbinden.
Besonderes Augenmerk richtet er auf die Rede Karl Liebknechts vom 11. Mai 1914 im Reichstag, die wir als eigene Broschüre anbieten. Diese beleuchtet die bedeutenden Verquickungen zwischen einzelnen Großkonzernen der Rüstungsindustrie einerseits und wichtigen Akteuren des Staates andererseits näher. Auch die internationale Verquickung des Rüstungskapitals wird von Liebknecht aufgezeigt, was diese Rede zu einem wichtigen Zeugnis dessen macht, was man bereits als politisch informierter Zeitgenosse wissen konnte, wenn man es wissen gewollt hätte. Dies steht in einem bemerkenswerten Kontrast zu dem, was man heute bereits nicht mehr weiß bzw. nicht mehr wissen will.
Wie kann man bei einer glaubwürdigen Ursachenforschung die Wirtschafts- und Profitinteressen der führenden Politik- und Wirtschaftsakteure unberücksichtigt lassen, übersehen oder als marginal abtun? Wie kann man die dazu vorhandenen und passenden Dokumente nicht berücksichtigen? Handelt es sich etwa um interessengeleitete Geschichtsklitterung / -verkennung? Wir leben in Zeiten, in denen die Erfahrungen der schrecklichen Weltkriege des letzten Jahrhunderts wieder verblasst sind. Kriege sind wieder an der Tagesordnung und Deutschland als Kriegstreiber der letzten Weltkriege gibt seine Zurückhaltung mehr und mehr auf und drängt vermehrt auf die Kriegsschauplätze unserer Tage. In diesem Zusammenhang ist es dringend notwendig, die Lehren aus der Vergangenheit unbeeinflusst von aktuellen Interessen an bestimmten Antworten zu ziehen. Gerade die Wiederkehr kriegsauslösender Faktoren und Mechanismen zwingt dazu, diese Parallelitäten genauer unter die Lupe zu nehmen, um so tatsächlich aus der Geschichte lernen zu können. Detailliert und spannend geht der Autor diesen Aspekten auf dem Grund, gut verständlich auch ohne das Erfordernis einer historischen Ausbildung. Klaus Schabronat liefert die Betrachtung der Schuldfrage aus einer ganz anderen Perspektive und mit einem klaren Fingerzeig auf heutige Entwicklungen und dahinterstehenden Interessenlagen.
Wir wünschen dem Werk die Beachtung, die seine Erkenntnisse in dieser Zeit verdienen!
Die Herausgeberin: Jenny-Marx-Gesellschaft
www.kriegsgewinnler.de
Jecke Schlüsse - oder von FDP-Politikern, die nichts dazu lernen
Wiederholt ist die FDP bei einer Landtagswahl an der 5%
Hürde gescheitert und schon schreit die zweite Reihe ihrer Politiker/innen nach
politischen Konsequenzen, die jetzt quer durch die bundesweiten Räume zu ziehen
seien. Erstaunlich dabei ist allerdings, dass die Schlüsse, die die FDP selber aus
den erzielten Fakten zieht, durchweg falsch sind.
So argumentiert sogar der Vorsitzende der FDP, Lindner, es läge nicht an den
Forderungen und Ansprüchen der FDP, dass sie unter die 5% Marke gefallen sei,
sondern es läge insgesamt an der gesamten Ampel-Koalition, dass die Ansprüche
der FDP nicht zur Geltung haben kommen können. Die Wähler/innen haben also
nicht das Wahlprogramm und die konkreten politischen Vorhaben der FDP
abgestraft, sondern die Ampel-Koalition habe nicht verdeutlicht wie gut und wie
nötig die FDP-Linie in der Bundesregierung und insbesondere für die
Bürger/innen sei.
Diese Verdrehung der Tatsachen ist erbärmlich. Sie schließt die Augen vor den
Fakten.
Wenn die Bürger/innen die FDP-Politik abstrafen, dann liegt
es eigentlich nahe, dass die FDP sich korrigiert und eine andere, sozialere
Politikgestaltung anbietet, statt überall zu tönen, jetzt erst recht müsse das
FDP-Profil mehr denn je geschärft werden. – Wie schräg ist das aber gedacht?
Wer mehr vom Falschen empfiehlt, der macht wohl kaum etwas
besser!
Der Realitätsverlust der FDP ist dermaßen groß, dass man
fast urteilen muss, wie man diesen Politiker/innen überhaupt noch vertrauen
können soll, wenn sie schon die eigene Situation dermaßen falsch beurteilen.
Wie sieht es dann erst mit den entscheidenden politischen Fragen aus? Die
Wähler/innen habe ganz offensichtlich darauf eine sehr entschiedene Antwort:
Die FDP lassen wir nicht weiter politisieren. Und auf Grund des Mehrheitsmeinungsbildes
ist sie wiederholt aus einem weiteren Landtag geflogen.
Die Ampelkoalition täte gut daran, der FDP einmal mehr die Grenzen
ihrer Politikgestaltung aufzuzeigen. Es kann nicht sein, dass sie diktiert, was
politisch realisiert werden soll, wenn sie demokratisch abgewählt wurde. Der
Schluss muss lauten: Weniger FDP in der Ampel-Koalition, statt – wie von der
FDP absurder Weise gefordert – mehr und profiliertere FDP für die Bürger/innen.
Sollte die FDP hier nicht zur sozialen Einsicht kommen, dann sollte
sie eben die Koalition verlassen. Neuwahlen würden Ihr das entsprechende
Ergebnis schon erbarmungslos präsentieren:
Ohne FDP ginge es der BRD (nicht nur zur Zeit) besser! -
Und entgegengesetzte
Schlüsse, spiegeln sich eben in den Wahlen (derzeit) nicht wider. De facto ist das aber ein großes Statement zu mehr Sozialpolitik und weniger Neo-Liberalismus. Wer einen Berg erklimmen will, kann nicht auf die Bremse drücken!
Dass Die Linke aus dem derzeitgen Stand der geamtgesellschaftlichen Lage ebenfalls nicht profitieren kann, liegt allerdings ebenso an falschen Schlüssen, die hier teilweise gezogen werden. Wer einen Berg erklimmen will, muss mehr als ein (politisches) Ziel vor Augen haben.
Johannes Verbeek, Trier, den 11.10.22
Roger Lewentz: Rücktritt überfällig!
Vor zwei Tagen wurde der rheinlandpfälzische Innenminister
Roger Lewentz im SWR3-Fernsehen (SWR-Aktuell, 19.30 Uhr) mit den bisher
verschwiegenen Bildern der Hupschrauberaufnahmen konfrontiert und nach seiner
Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung gefragt. Das war die peinlichste
Situation, die ich seit langem live im Fernsehen mit ansehen musste. Statt auf
die Frage des Moderators zu antworten, ob er angesichts der nun bekanntgewordenen
neunen Fakten über den Abend der Flutkatastrophe zurücktreten wolle, wich
Lewentz mehrere Male – ohne Rot zu werden (!) – aus und drehte die Frage von vergangener
Schuld in die Zukunft. Roger Lewentz wollte live eigentlich nur sein Statement
abgeben, er wolle dazu beitragen, bessere Katstrophenstrukturen in RLP aufzubauen.
Kein Blick zurück. Nur eine Abweisung der Schuld auf untergeordnete Verwaltungsstrukturen,
die nicht nur nicht versagt, sondern lediglich nicht gut organisiert waren. Wie
peinlich muss man angesichts einer solchen Aussage drauf sein?
Es gab keine zusammengebrochenen Häuser zu sehen und nur ein
Auto, das im Wasser trieb; aber Wassermassen, die bis an die Dachunterkante so
mancher Häuser reichten sowie Menschen, die mit Taschenlampen permanent Signale
gaben, u.s.w. – aber nichts, so der Verantwortliche Innenminister, ließ darauf
schließen, dass die Lage so katastrophal sein könnte, wie „es“ am Morgen danach
zu sehen war. – Da war es aber schon zu spät!
Und das alles, obwohl auch Kurznachrichten des Ministers aus
besagter Nacht an die Ministerpräsidentin Malu Deryer überliefert sind, die
eine ganz andere Sprache sprechen und die auch Ihn erahnen gelassen haben
werden, was er als Innenminister an diesem Abend versäumt gehabt habe, Kraft
seines Amtes in die Wege zu leiten!? -
Das Bild, das Roger Lewentz vor zwei Tagen im SWR-Fernsehen
abgegeben hat, erinnert nicht an einen tatkräftigen Innenminister, der ‚sein
Bestes‘ gegeben hat, sondern eher an die drei berühmten „Affen, die nicht
sehen, nicht hören und nicht sprechen wollen“, weil sie ihre eigenen Hände vor
Augen, Mund und Ohren halten, um nur nicht mit der Realität in Konflikt zu
geraten. – So erbärmlich!
Wenn man sich in dieser hochpeinlichen Situation noch
vergegenwärtigt, dass Frau Anne Spiegel als Ministerin zurücktreten musste,
weil sie öffentlich geunkt hatte, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass
der Innenminister Roger Lewentz, die ganze Verantwortung für die
Flutkatastrophe so drehen könne, dass sie alleine als Schuldige dastehen würde,
dann weiß man spätestens jetzt sehr wohl, was ein Charakter der peinliche
Innenminister sein muss. Der Volksmund würde sagen: Da geht jemand über Leichen!
Mir stellt sich die Frage: Wie „kann“ er nur auf die absurde
Idee kommen, ausgerechnet ER wäre jetzt noch dazu berufen, den
Katastrophenschutz in RLP in Zukunft „besser“ zu organisieren? Er wolle in die
Zukunft schauen, aber nicht zurück. - Meine Güte!
Der Rücktritt des Ministers ist überfällig – allein schon
aus Respekt vor den zahlreichen Toten und Opfern.
Johannes Verbeek, Trier, den 07.10.22
Leserbrief
zum Interview mit Bischof Dr. Stefan Ackermann im TV vom 30.08.2022, S. 3:
Themen des Tages: „Das war ganz klar kriminell“ von Dr. Johannes
Verbeek
Die Aussage,
das Teilergebnis des Berichts der sog. ‚Unabhängigen Aufklärungskommission‘
(UAK) des Bistums Trier habe den Erwartungen von Bischof Ackermann entsprochen,
hat mich nicht verwundert. Eben sowenig hat mich seine Haltung überrascht, als
Bischof von Trier ‚derzeit‘ keine persönliche Verantwortung durch einen ‚Rücktritt‘
übernehmen zu wollen: „Ich kann in dem Bericht auch nicht erkennen, dass es Hinweise gibt, die
irgendwie unausgesprochen naheliegen, dass ich als Bischof meiner Verantwortung
nicht gerecht geworden bin und deshalb zurücktreten sollte“ (ebd.), sagt
Bischof Dr. Achermann explizit.
Dieser Aussagesatz
erstaunt jetzt dennoch! Denn auf die Frage, ob er nicht schon früher daran
gedacht habe, zurückzutreten, antwortet der Bischof: „Ja, ich habe mehrfach über die Frage nachgedacht. […]“ (ebd.).
Dann schließt er noch den folgenden Satz an, der mich nun aber völlig verstört:
„Und ich werde mich dem [nämlich: einen Rücktritt anzubieten, J.V.]
womöglich [sic!] wieder zu stellen haben […]“ (ebd.).
Der Grund, den er nun unmittelbar dennoch für seinen ‚möglichen‘ Rücktritt
anführt, ist allerdings in mehrfacher Hinsicht bedenkenswert. Denn der Bischof
führt nun die folgende Bedingung an, nämlich: „[…], wenn die UAK die Amtszeit
Ackermann untersucht. Es kann sein, dass diese Frage dann nochmals virulent
wird“ (ebd.).
An dieser
Stelle des Interviews lässt mich der Bischof sprachlos und etwas verstört mit
dem folgenden Problem zurück:
Wie soll ich dieses letzte „kann“ in seiner Aussage sprachlogisch denn verstehen?
„Kann“ es sein, dass der Bischof erst dann zurücktreten will, wenn er nicht
anders mehr „kann“ als zurücktreten zu müssen? Wie „kann“ es sein, dass er
seine ‚freie‘ Entscheidung davon abhängig machen will, dass ihm „Dritte“, wie
z.B. die ‚unabhängige Aufklärungskommission‘ (UAK) des Bistums, zuvor (!) ausdrücklich
nachweisen sollen, dass er persönliche Verfehlungen begangen habe? Sollten ihm
diese ‚möglichen‘ Verfehlungen aber nicht längst selbst bekannt sein? Es „kann“
doch nicht sein, dass der Bischof sich mit seinem „Gewissen“ erst wieder auseinandersetzen
möchte, wenn von außen kommende Fakten ihn letztlich erst zum eigenen Handeln zwingen?
Wer, wenn nicht er selbst, sollte am Besten wissen, ob die „Frage nach seinem
Rücktritt“ nicht schon jetzt (!) berechtigt ist – und nicht erst, wenn die
Kommission sich mit dem Fall Ackermann und seiner persönlichen Verantwortung „nochmals“
(ebd.) beschäftigt haben wird?
Das dürfte
doch klar sein: Es ist keineswegs die primäre Aufgabe einer Kommission - und
noch weniger die Aufgabe von Opferorganisationen wie MissBiT - „Amtsträger“ der
katholischen Kirche aufzufordern, ihrer Verantwortung persönlich (!) nachzukommen!
Sollte es nämlich faktische „Hinweise geben“, die in einem Bericht aufgeführt
werden, dann wäre es um die Reputation und die persönliche Integrität der
Amtsträger, wie auch des Bischofs von Trier, längst geschehen! Der Satz des
Bischofs in Bezug auf seine 12 jährige Amtszeit als Missbrauchsbeauftragter der
Katholischen Kirche und in Bezug auf den Zwischenbericht: „[…] da haben wir aber dazugelernt, gehen heute proaktiver [sic!] vor“
(ebd.),
wäre peinlich
genug, denn die faktische Kluft zwischen der Übernahme von „Verantwortung“ „kann“
zeitlich nicht durch ein „vorher“ und „nachher“ im ethischen Sinne geschlossen
werden.
Die
Unmöglichkeit dieses Sachverhalts zeigt offensichtlich auch die von ihm
gebrauchte Formulierung, „dass man [sic] im Bistum Trier wider besseres Wissen [sic]“(ebd.),
gehandelt habe. -
Und dieses „Wissen“ wird heute von ihm selbst als „kriminell“ (ebd.)
beurteilt – allerdings in Bezug auf „andere“ Übeltäter.
Das von ihm
angemahnte und sogar im Komparativ (!) geforderte „proaktiver[e] Vorgehen“ ist
allerdings nur dann auch „heute“ ethisch wirksam, wenn es verbal und aktiv, und
das heißt auch, ‚selbstreflexiv‘ gebraucht wird - vor allem in Bezug auf Selbst-Aussagen
der ersten Person des Singulars. - Genau das unterscheidet nichtssagende
Aussagen eines allgemeinen „man“ von konkreten Aussagen eines persönlichen „Ich“
als ein reales Gegenüber.
Doch genau
dieser Unterschied, der auch für „Dritte“ über die Reflexion des
Sprachgebrauchs unmittelbar zu erkennen ist, wird von Bischof Ackermann nach
Maßgabe der bisher meist üblichen, kirchlichen Aussagen verschleiert und
vertuscht und klein geredet. Das untergräbt seine Glaubwürdigkeit. An dieser
Stelle stellt sich daher die Frage nach seiner persönlichen Integrität. Diese
Frage ist bedingungslos.
Die
sprachlichen Verschleierungsmuster aber, über eigene Verantwortlichkeiten nur
distanziert zu sprechen, lassen sich übrigens genauso in Statements und Rechtfertigungen
von Politikern bis hin zu Schulleitern, etc. nachweisen. Sie alle glauben
insgeheim, ihre Gewissensentscheidungen seien „solipsistisch“ motiviert und
könnten von „Dritten“ nicht beurteilt werden. Das ist jedoch ein Irrtum, der
sich immer wieder durch sprachliche Konstruktionen hindurch sichtbar macht oder
sichtbar machen lässt. Ein Defizit innerer „persönlicher“ Integrität „zeigt“
sich äußerlich mit Blick auf den Sprachgebrauch.
Dies zu erkennen,
ist ethisch Gesehen darum ziemlich erschütternd. Der erste, dem dies
aufgefallen ist, ist der platonische Sokrates. In seiner Parabel des „Rings des
Gyges“ lässt Platon den Sokrates im „Staat“ darüber nachdenken, was wäre, wenn
er eine Übeltäterei, wie z.B. einen Mord, verübte, den jedoch niemand gesehen
haben könne, so dass er durch äußere Fakten nicht überführt werden könne!?
Sokrates antwortet sinngemäß, dass es ihm unerträglich wäre mit diesem Wissen,
gemordet zu haben, weiterzuleben. Denn obwohl niemand sonst etwas wüsste,
müsste er, Sokrates, dennoch „mit sich selbst“ als einem ‚Mörder‘ weiterleben,
was ihm ‚unerträglich‘ würde. Die Geburt des Gewissens macht sich an dieser
Stelle deutlich. Damit aber auch das Argument, dass es einem integren Menschen
keineswegs darauf ankommen „kann“, im Nachhinein nachgewiesen bekommen zu
haben, dass er die Frage nach seiner Verantwortlichkeit bisher stets verdrängt
habe. Solange nämlich, bis ihm endlich eine Kommission durch die Preisgabe scheinbar
neuer (!) Fakten von außen dazu nötigt, sich seiner eigenen Verantwortung „womöglich
(!) wieder zu stellen“ (ebd.). Und dies alles nur, weil er sie
zwischenzeitlich vergessen und innerlich gut verdrängt habe - ganz so, als ob
er es (zuvor) nicht schon selber habe wissen „können“!? - An dieser Stelle offenbart sich ein
sprachlogischer Widerspruch, um mit Ludwig Wittgenstein zu sprechen (vgl. L.W.:
Über Gewißheit, 1951).
Es tut mir
leid! Leider muss ich an dieser Stelle meinen ehemaligen Kommilitonen Stephan
Ackermann öffentlich – und also von außen (!) - dazu auffordern, endlich sein
„Hut“ als Bischof von Trier zu nehmen – ganz unabhängig davon, ob der Papst in
Rom das akzeptiert oder nicht.
Denn des
Bischofs Argument: „Ich kann in dem Bericht auch nicht erkennen, dass es Hinweise gibt, die
irgendwie unausgesprochen naheliegen, dass ich als Bischof meiner Verantwortung
nicht gerecht geworden bin und deshalb zurücktreten sollte“ (ebd.) -, verfängt sich in Widersprüche genau da, wo er die Frage nach
persönlichen Konsequenzen nach seinen eigenen Aussagen, spätestens
„womöglich [sic!] wieder [sic] zu stellen habe[], wenn [sic] die UAK die
Amtszeit Ackermann untersucht [sic].
Es kann sein [sic], dass diese Frage dann [sic] nochmals [sic] virulent wird
[sic]“ (ebd.). -
Doch genau das KANN sprachlogisch nicht der Fall sein! Die Fakten des Berichts
„können“ kein Kriterium sein, für die eigene Entscheidung des Bischofs, die er selbst
zu treffen hat! Diese ‚äußeren‘ Fakten des UAK-Berichts können seinem Wissen
nichts hinzufügen. Sie bieten keine neuen Gründe für seine eigene Entscheidung!
Seine Formulierung: „Es kann sein, dass […] dann wieder […] virulent wird […], wenn […]“ (ebd.),
eröffnet für ihn selbst KEINE neue Möglichkeit einer Entscheidung! „Dritten“
mögen diese Fakten Gründe liefern, nachzuvollziehen, warum der Bischof
„zurückgetreten“ IST. Er selbst ist auf die Auflistung dieser Fakten als Gründe
für sein eigenes „proaktives“ (ebd.) Handeln aber nicht angewiesen.
Die Frage nach
einem Rücktritt als Bischof stellt sich daher aus ethischer Sicht situativ, also:
jetzt. Das heißt mit anderen Worten: „eythys“ (griech. = sofort), wie das
Lieblingswort Jesu lautet - oder nie, weil die beständige ‚Umkehr‘ – um an
dieser Stelle den passenden christlichen Ausdruck zu gebrauchen - zeitlich
verpasst wurde! Einen irgendwie später „virulent“ (ebd.) gewordenen Zeitpunkt „kann“
es nicht geben, ohne dass die Integrität der Person/Seele schon zerstört worden
wäre. Das „nochmal“ (ebd.), von dem der Bischof spricht, erweist
sich insofern als illusionär und rein zweckoptimistisch. An dieser Stelle zeigt
sich die tiefe Internalisierung von Bischof Ackermanns christlichem Glauben.
Allerdings nur vor dem Hintergrund christlicher „Vergebungsdoktrinen“, die als religiöse
Zusage zwar „jetzt schon“ bestehen mögen, wie die Verkündigung der Katholischen
Lehre behauptet, jedoch „derzeit“ noch keine konkrete Realität erhalten haben
und somit „noch“ ausstehen (!) – ebenso wie die Übernahme seiner persönlichen Verantwortung
‚für sich mit sich selbst‘, vollzogen durch ‚die Person/Seele‘ Stephan
Ackermann in Bezug auf den Bischof Ackermann qua ‚Amtsträger der Katholischen Kirche‘
noch aussteht. Sollte „diese Frage dann nochmals virulent werden“ (ebd.),
ist es für die ‚Seele‘ zu spät. Denn: Es ist jetzt schon zu spät.
„[…] wer gerade auf dem Dach ist, soll nicht mehr ins Haus gehen, um seine
Sachen mitzunehmen; wer auf dem Feld ist, soll nicht zurückkehren, um seinen
Mantel zu holen. […] Denn es wird eine große Not kommen.“ (Mt 25,17f)
Und siehe: Sie ist jetzt [eythys] schon da!
Der Springbrunnen am 07.07.2022
(Für Heraklit und Nikolaus von Cues)
Wenn alles ist im Übergang und Wandel, dann pass auf, pass auf, nicht zu verhungern, im Zwischenbereich, der ist - und nicht, zugleich.
Im Ohngefähren, da, ist kein Halten, 'alles fließt', und selbst das Ufer bricht hinweg, das bewußtlose, ... Un!
Der Sand rinnt, beständig, aber, obgleich fallend, steht 'der fliegende Pfeil' in deinem Bewußtsein, alles still.
Definitiv. Und absoluter Überfluß, wie eine Balkenwaage, ausgeglichen, steht und fließt das Wasser, satt von Schale zu Schale, ... Über!
(14.07.22)
TR, 11.04.22 Rücktritt von Ministerin Spiegel geboten! Es ist an der Zeit, dass Familienministerin Spiegel von ihrem politischen Amt zurücktritt. Ihre Entschuldigung kann durchaus angenommen werden, dass entbindet sie jedoch nicht von der Verantwortung für das Gemeinwesen. Insofern können das Privat- und Familienleben von Frau Spiegel, das sie nach eigenen Worten überforderte (ebd., T-online, 10.04.22) nicht aufgewogen werden gegenüber der politischen Verantwortungen für die Bürger/innen in RLP. Das eine entlastet das andere nicht. Insofern muss sie ihren Ministerposten, als "Dienerin des Volkes" räumen. - Es gibt wahrscheinlich noch einiges andere für sie zum Tun. - Es kann wirklich nicht angehen, dass die komplette Schuld- bzw. Verantwortungslast im Ahrtal auf die Schultern eines "ehenamtlich" tätigen Katastrophenkordinators abgewälzt wird, während sämtliche übergeordnete Politiker/innen und Minister/innen sich in der besagten Katastrophennacht schlafen legten! - So nicht!
Die
Dummen an die Macht! – Nein! … Sie sind schon an der Macht.
„Tempolimit: Kommunen und Land lehnen Grünen-Forderung ab.
Rheinland-pfälzische Verkehrsministerin warnt vor ‚ideologischer Debatte‘. ADAC
plädiert für ‚freie Mobilität‘. Trier musste 30er Zone rückgängig machen“, mit
diesen Worten betitelte Bernd Wientjes vom Trierischen Volksfreund in der
Ausgabe vom 05.04.22 seinen Bericht.
Besonders aufschlussreich sind folgende Aussagen und
Zusammenhänge:
Bernd Wientjes beginnt seinen Artikel mit einer Forderung der Grünen, auf den
Autobahnen Tempo 100 einzuführen, um „Energie zu sparen“ (ebd., S.1). Immerhin
berge die Umsetzung dieses Tempolimits „ohne großen Verwaltungsaufwand“ ein „Einsparpotenzial“
von „600 Millionen Liter fossilem Treibstoff“ (ebd.). Vor dem Hintergrund höchster
und steigender Spritpreise wäre dies wohl schon – könnte man meinen - eine wirklich
hohe Hausnummer.
Allerdings führt Wientjes diesen Gedanken überhaupt nicht weiter aus! Stattdessen
wechselt er das Thema unvermittelt und berichtet nun über „Vorstöße für ein
generelles Tempo 30 in Ortschaften“ (ebd.). Zwar ist auch dieses Thema
interessant, es liegt aber auf einer anderen Argumentationsebene. Denn der
Schluss, weil bisher bei der Einführung von Tempo 30 in Ortschaften alle
Anträge „bislang an gesetzlichen Vorgaben gescheitert sind“ (ebd.), übertragen
auf die „zeitlich befristete“ (ebd.) Einführung von Tempo 100 auf Autobahnen,
ist irreführend und falsch, denn er lautet nicht: Der Antrag der Grünen wird scheitern,
weil es hierfür keine Begründungen gäbe, „etwa wegen Verkehrssicherheit,
Lärmschutz oder Luftreinhaltung“ (ebd.). - Nein! Hier, bei einer zeitlich
begrenzten Begrenzung (!) einer Höchstgeschwindigkeit auf Autobahnen, lautet
die Begründung schlichtweg: Einsparungen sind möglich und nötig, weil sie sich unter
Umständen auch preissenkend auf die Konzernkartelle an den Zapfsäulen auswirken
– ganz abgesehen von den rein ökologischen Vorteilen der Abgasvermeidung und
des geringeren Spritverbrauchs.
Dies ist eine schlichte Einsicht, die allerdings für so manche Zeitgenossen/innen
– vor allem auch in politischer Verantwortung – ungelegen daherkommt, so dass
man/frau sich schon manchmal schlauer vorkommt, wenn man/frau sich geflissentlich
dumm stellt.
An dieser Stelle ist eine weitere Bemerkung nötig: Denn keineswegs „beschimpfe“
ich hier irgendjemanden, vielmehr erlaube ich mir ein Urteil – und dieses Urteil
lautet: Es gibt dumme Zeitgenossen, die einfachste Zusammenhänge nicht einsehen
können (!) und sie daher leugnen (müssen)!
Allerdings kann dieser „Zwang“ natürlich auch ideologisch motiviert sein, was
aber nichts an der vermeintlichen Dummheit ändern würde.
Wenn also die rheinland-pfälzische Verkehrsministerin Daniela
Schmitt (FDP) der grünen Landesvorsitzenden Natalie Cramme-Hill aus Trier
vorwirft, sie würde angesichts der neuerlichen Gräueltaten „mutmaßlicher
Kriegsverbrechen“ (ebd.) in der Ukraine lediglich „eine partei-ideologisch
geprägte Debatte“ (ebd.) führen, z.B. über „alte Forderungen wie das Tempolimit“
(ebd.), ohne jedoch einen einzigen Grund zu nennen, weswegen ein Tempolimit auf
100 km/h auf Autobahnen in der jetzigen Situation unpassend wäre, dann liegt
der Schluss nahe, dass Frau Schmitt an dieser Stelle aus FDP-nahen Überlegungen
viel ideologischer denkt als ihre Kollegin von den Grünen. Die Grüne Frau benennt
ihre Gründe unmissverständlich, während die FDP-Ministerin sich einer
rationalen Debatte verweigert, indem sie das Thema von möglichen ‚Geschwindigkeitsbegrenzungen‘
auf „Kriegsverbrechen“ (ebd.) verlagert, die „wir uns alle kaum vorstellen
konnten“ (ebd.). Das eine mit dem anderen abzutun, ist an dieser Stelle tatsächlich
„unpassend“ (ebd.), nicht aber das Begehren der Grünen angesichts des Krieges
in der Ukraine für unbürokratische Einsparungen von Energien wie Kraftstoffen zu
sorgen.
Dem Leser geht dieser Zusammenhang allerdings ab, den Herr Wientjes vom TV
lässt sich weiterhin über Tempo-30-Regelungen in Trier aus, indem er ein
Beispiel aus Ruwer thematisiert und zwischen die beiden Aussagen der
Politikerinnen einschiebt.
Doch auch dieses Thema wird nur zur Hälfte korrekt beschrieben.
Denn die Ausweisung einer „Tempo-30-Zone“ war in Ruwer zurecht in Frage gestellt
worden! Denn eine Kommune - wie auch die Stadt Trier - darf nicht willkürlich in
Ruwer eine „Temop-30-Zone“ auf einer als „Landstraße“ ausgewiesenen Ortsdurchfahrt
einrichten, gleichzeitig aber anderen Orts, wie Jahrzehnte lang in der
Avelsbacher Straße in Kürenz, den Anwohnern einen begrenzten Tempo-30-Abschnitt
verweigern mit dem Grund, es handele sich hier um eine übergeordnete Straße,
auf der – auch in Ortschaften – nur eine Geschwindigkeitsreduzierung auf Tempo
50 erlaubt wäre. Und wiederum sehen wir an dieser Stelle die völlig fehlgeleitete Argumentation –
wie zuvor schon oben: Das eine mit dem anderen abzutun, ist an dieser Stelle tatsächlich
„unpassend“ (ebd.).
Dagegen wird die entsprechende Lösung von Herrn Wientjes
nicht ausgeführt. Denn das Umweltbundesamt sieht in einer verkehrspolitischen
Broschüre aus dem Jahre 2016 gleichwohl andere Möglichkeiten zur
Temporeduzierung sowohl in Städten als auch auf sog. übergeordneten Straßen durchaus
vor! Ein Beispiel bildet die Einführung eines Tempo-30-Teilabschnitts in der Avelsbacher
Straße. Die Durchfahrt in dieser Straße wurde aus „Lärmschutzgründen“ komplett auf
Tempo-30 reduziert, nachdem die Anwohner/innen dies nachdrücklich und explizit gefordert
hatten. Wohlgemerkt: Es wurde dabei keine „Tempo-30-Zone“ eingerichtet! Der
Verkehr wurden nichts desto trotz dennoch zum Wohle der Anwohner/innen entschleunigt.
Diesen Umstand ignoriert der Geschäftsführer des rheinland-pfälzischen
Gemeinde- und Städtetages, Herr Karl-Heinz Frieden, völlig. Bernd Wientjes berichtet,
dass Herr Frieden „gegen ein flächendeckendes Tempolimit in Innenstädten ist“
(ebd.). Wiederum thematisiert der TV-Reporter damit die Tempo-30-Diskussion
anstelle einer Diskussion über die Einführung von Tempo-100 auf Autobahnen, die
er weiter oben begonnen, aber dann abrupt unterbrochen hatte. Erstaunlich ist
aber auch an dieser Stelle der von Herrn Frieden vorgebrachte Grund gegen eine flächendeckende
Tempo-30-Regeleung in den Innenstädten von RLP. Und wir ahnen hier erneut die
Argumentationsrichtung: Denn tatsächlich beruft sich auch Herr Frieden – wie oben
schon die Verkehrsministerin - auf den Ukraine-Krieg (sic!) und nicht auf sachgerechte
verkehrspolitische Gründe, die an dieser Stelle angemessen wären. Herr Frieden
meint: „Dieses [nämlich die Einführung einer flächendeckenden Tempo-30-Regelung
in Innenstädten, J.V.] würde leider nicht die Energiekrise lösen, noch den
brutalen Angriffskrieg Putins beenden“ (ebd.). – Das ist doch sehr erstaunlich!
– Denn wer hat dies denn behauptet? Niemand! – Es geht hier nämlich nicht um
eine „Lösung der Energiekrise“, sondern um den bescheidenen Beitrag zur
Reduzierung des Energieverbrauches, der doch wohl sehr viel angemessener ist
als so mancher Expertenbeitrag im Fernsehn, man/frau solle gefälligst die
Heizung abstellen und sich tunlichst wärmer anziehen. –
Was soll das Geschwätz also? Weder die Verkehrsministerin
noch der Vertreter des Gemeinde- und Städtetages wollen etwas zur schnellen Energieeinsparung
betragen! Und Herr Wientjes? Er verspürt
nicht einmal das kleinste Verlagen kritisch nachzufragen!
Dagegen führt er noch einen „Skeptiker“ gegenüber einem Tempolimit
an. Es ist der Vorstand beim ADAC Mittelrhein, Herr Peter König, der für den
Bereich Verkehr und Technik zuständig ist. Es folgt ein längeres Zitat: „Generell
muss es das Ziel sein, Verkehrsteilnehmern eine möglichst sichere, effiziente
und auch frei Mobilität zu ermöglichen. Gerade im Hinblick auf die rasche Verbreitung
der Elektromobilität müssen daher Tempolimits aus Lärmschutz- oder Spritspar-Gründen
schon bald neu überdacht werden“ (ebd.). – Ja, Hallo! - Der Herr hat wohl den
Schuss noch nicht gehört!
Ging es zunächst um den sinnvollen Antrag der Grünen nach
einer Tempobeschränkung auf Autobahnen, so geht es dem ADAC nur noch um die
vermeintlichen „Verkehrsteilnehmer“ (ebd.). Dieser Zuschnitt bildet jedoch eine
nicht unerhebliche Verarmung des Gesamtzusammenhangs. Und wiederum liegt dem
ein logischer Fehlschluss zugrunde. Denn der Schluss von einer „raschen
Verbreitung der Elektromobilität“ (ebd.) hin zu der Forderung „daher
Tempolimits aus Lärmschutz- oder Spritspar-Gründen schon bald neu zu überdenken“
(ebd.), ist falsch. Denn ganz offensichtlich kennt und benennt Herr König nur
potenzielle „Verkehrsteilnehmer“ (ebd.). Diese seien zu „schützen“. Ansonsten müsse
es eine „effiziente und freie Mobilität“ (ebd.) geben – wobei hier zunehmend an
kein Tempolimit gedacht wird: also im Gegenteil: wo es geht, geht es „unendlich“
schnell! Scheinbar glaubt Herr König, Elektrofahrzeuge erzeugten keinen ‚Krach‘
mehr, weswegen die Temporeduzierungen aus Lärmschutzgründen zukünftig („schon
bald“) wegfallen könnten. Es käme daher nur darauf an, „den Verkehrsteilnehmern
Sicherheit zu bieten“, meint Herr König ernsthaft. –
Was er an dieser Stelle
jedoch völlig vergisst und aus den Augen verloren hat, ist der Umstand, dass es
zu einer vernünftigen Verkehrspolitik nicht einzig auf die „Verkehrsteilnehmer/innen“
ankommt, sonders dass es darüber hinaus auch sog. „Anwohner/innen“ gibt, die an
vielbefahrenen Straßen - vor allem auch innerstädtischen (sic!) - ein gleichberechtigtes
Anrecht auf „Sicherheit“ und „Schutz“ und eben auf „Lebensqualität“ haben. Wer
die „Verkehrsteilnehmer“ (ebd.) jedoch nur auf Elektrofahrzeuge oder
herkömmliche spritschluckende Autos reduziert, dem entgeht aber das Wesentliche:
Hier die konkreten Menschen vor Ort!
Nun ja: Die Alternative besteht entweder aus mangelnder
Einsichtsfähigkeit in die konkreten Umstände oder aus schlichter Dummheit. Kant
meinte als profilierter Aufklärer, es könne auch noch eine gewisse „‘Faulheit‘
des Denkens“ eine entscheidende Rolle spielen. Gewisse Menschen blieben allerdings
bemitleidenswert. In einer Demokratie wäre es daher vernünftig, diese nicht zu politischen
Entscheidungsträger/innen zu machen, selbst dann nicht, wenn sie politische
legitimiert wären.
Dieser Artikel bedarf daher einer Ergänzung.
PS.
Wie sähe denn ein unideologischer und daher ein vernünftiger Übertrag des von
der rheinland-pfälzischen Verkehrsministerin angedachten Gedankens in Bezug auf
die mutmaßlichen Menschrechtsverletzungen in Ukraine aus?
Nun, so wie in der Argumentation des ADAC die ‚Anwohner/innen‘ einer Straße
schlichtweg nicht als Verkehrsteilnehmer/innen in den Blick geraten sind, wodurch
in der Folge völlig falsche Schlüsse gezogen wurden so blendet die Verkehrsministerin
schlichtweg die ‚Bürger/innen‘ in Bezug auf den Krieg in der Ukraine aus. Hier
wie da kommen sie nicht vor: weder die Anwohner/innen noch die Bürger/innen.
Das hat aber Konsequenzen. Denn in Bezug auf die Würde des Menschen und die
damit verbundenen Menschenrechte gibt es keinen Unterschied zwischen einer
Belästigung durch Lärm und Straßenverkehr auf der einen Seite und dem untätigen
Zusehen in Bezug auf Kriegsgräuel auf der anderen Seite. Die Achtung der
Menschenwürde und Menschenrechte ist unteilbar – hier wie da. Lediglich, wer
eine Seite ausblendet und beteiligte Bürger/innen in seiner Argumentation nicht
vorkommen lässt, zeigt, dass er die Gesamtsituation noch nicht verstanden hat.
So unerträglich es für Anwohner/innen einer Straße ist, dem Verkehrsaufkommen
und dem Lärm ungeschützt ausgesetzt zu sein, weil die Politik es durch selbst
erlassene Gesetzte verunmöglicht gescheite Lösungen zu finden (siehe oben), so
unerträglich ist es für Bürger/innen den Menschrechtsverletzungen durch
Kriegsführung tatenlos zuschauen müssen zu sollen. -
Wenn es eine vielbeschworene ‚atomare Abschreckung‘ auf Seiten der Nato gibt
(siehe: Büchel), dann besteht eigentlich kein Grund, sich nicht verschärft auf
Seiten der Ukraine für die Wiederherstellung von Rechtsstaatlichkeit und Frieden
einzusetzen! Aber klar ist auch die Einsicht in das unbestreitbare Faktum: Es
gibt Schweine. Und auch Menschen. Im Alltag fällt es uns nicht schwer beides zu unterscheiden. –
Sollte das Postulat einer gegenseitigen,
atomaren Abschreckung jedoch nur hohle, militärische Atemluft sein, dann gilt
es unverzüglich diese Abschreckungspotenziale abzurüsten, weil sie längst
verbrauchte Luft darstellen. Sie sind unwirksam und Schweine teuer!
Ich meine also: Auch hier wäre die Ministerin – aber nicht
nur sie – gefordert, ihr Denken zu entideologisieren. Darüber ließe sich aber nicht
nur schreiben, sondern auch handeln im Sinne von tätig werden. Dass die politischen
Parteien hier kolossal versagen, indem sie sich auf bloßes administrieren
zurückziehen, wodurch sie ihren Horizont unnötigerweise verengen (siehe oben),
ist leider ebenso „real“ wie der Krieg – und zwar nicht nur in der Ukraine. - Mut ist eine der Tugenden, die zweifellos Denkvermögen voraussetzen, um handelnd tätig werden zu können. Mut scheint daher keine FDP-Tugend zu sein und auch keine journalistische Tugend in Trier.
(Trier, den 05.04.22)
Das bisherige Unwort des Jahres 2022 ist eindeutig: "Bundeswehrsondervermögen"! Dieser Ausdruck aus dem Mund von Bundesfinanzminister Lindner (FDP) suggeriert das gegnaue Gegenteil dessen, was es auszudrücken vorgibt. Nämlich: Schulden statt Vermögen. - Es basiert auf aktuellem "Neusprech" - im Sinne der Dystopie "1984" - und ist daher moralisch verwerflich! Um so erstaunlicher ist es, das die gesamte Presse der BRD diesen "Neusprech" aufnimmt und sich (bisher) an keiner Stelle distanziert hat, zumal es sich hier um eine bloße Rechtfertigung eines 'Militarismus alter Zeiten' handelt, den wir in der BRD eigentlich angesichts eines neuen Angriffskrieges auf europäischen Boden überwunden zu haben vermeinten. Dieser politische "Neusprech" entstammt selbst noch der Rethorik des 'kalten Krieges'. Weder rein physisch noch sprachlich-verbal wollen wir in diese Zeiten zurückkehren - und schon gar nicht "mit 100 Milliarden Euro mehr" neue Schulden! - Ich erwarte die größte Anzahl an Teilnehmer/innen an den kommenden "Ostermärschen" seit den NATO-Doppelbeschlüssen in den 80'zigern! Zum Beispiel auch in Büchel RLP. AUF! Proteste weltweit gegen den Krieg in der Ukraine - und anderswo!
TR, 23.03.31
Trier, den 24.02.2022 Zum Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine Sowohl Putin als auch die beiden Separatistenanführer gehören als Kriegsverbrecher sofort angeklagt vor dem Europäischen Gerichtshof in Den Haag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit! Die UN sollten umgehend einen intenationalen Haftbefeht ausstellen, damit klar ist, was mit Politiker/innen passiert, die das Völkerrecht so offensichtlich brechen! Dr. Johannes Verbeek
Kommentar zu dem Artikel der AfD „Bischof Stein: faires
Verfahren“ in der Rathauszeitung Trier (RaZ) vom 15.02.22
In der öffentlichen Sitzung des Rates der Stadt Trier am
02.02.2022 konnten Stadtratsmitglieder aller Fraktionen fünf verschiedene
Fragen an eine Expertengruppe zum Stand der Dinge bezüglich der
Vertuschungsvorwürfe gegen Bischof Stein während seiner Amtszeit in Sachen
Missbrauch durch Priester der Katholischen Kirche stellen. Die Sitzung wurde ab
17.00 Uhr im Offenen Kanal OK54 live übertragen.
Bei den drei geladenen
Experten handelte es sich um PD Dr. Thomas Schnitzler, der einige zentrale
Ergebnisse seiner Aktenstudien aus dem Bistumsarchiv zur Dokumentation sexueller
Missbräuche im Bistum vorstellte. Sodann um den Kriminologen Prof. Christian
Pfeiffer, der diese Ergebnisse bewertete und mit Konsequenzen vergleichbarer
Fälle aus anderen Bistümern verglich. Prof. Gerhard Robbers war der dritte
Experte. Er steht einer ehrenamtlichen Untersuchungskommission im Auftrag der
katholischen Kirche zu sexuellen Missbräuchen im Bistum Trier vor, die (allerdings)
erst nach eigenen Angaben gegen Ende des Jahres in der Lage sein wird,
insgesamt eine abschließende Bewertung geben zu können.
Der konkrete Anlass zu dieser Expertenbefragung ergab sich aus dem Umstand
einer „möglichen Aberkennung der dem Bischof verliehenen Ehrenbürgerwürde“
(RaZ, 02.02.22, S.2, ebd.) sowie einer möglichen „Umbenennung des nach ihm
benannten Platzes“ (ebd.) am Dom durch Anträge verschiedener Faktionen im
Stadtrat.
Für die AfD nahm ihr Fraktionsvorsitzender Michael Frisch (MdL) teil, der als
ehemaliger Religionslehrer in Trier, eine besondere Sensibilität an den Tag
legen hätte können.
Tatsächlich schoss die AfD mit ihren Fragen tendenziell
gegen die Ausführungen von Prof. Pfeiffer, der seinerseits eine klare Position
für die „Aberkennung“ sowohl der Ehrenbürgerschaft als auch für die
„Umbenennung“ des Bischof-Stein-Platzes einnahm. Der Kriminologe Prof. Pfeiffer
berief sich für seine Einschätzung und Bewertung der Faktenlage explizit auf
eine Studie, die der Historiker Dr. Schnitzler im Auftrag der Opfergruppe
MissBit erstellt hatte, in der 42 Fälle sexuellen Missbrauchs im Bistum Trier während
der Amtszeit von Bischof Stein dokumentiert und – wenn möglich – ausführlich
beschrieben werden.
Drei besonders einschlägige Missbrauchsfälle stellte Dr.
Schnitzler den Stadträten in Trier in einem Auszug seiner Studie schriftlich
zur Verfügung, auf die er sich in seinem Vortag explizit bezog. Prof. Pfeiffer
bezog sich mehrfach auf diese Fälle mit dem Ergebnis, dass jeder dieser Fälle
eine schwere Verletzung der Aufsichtspflicht des Bischof Stein impliziere, die
alleine schon ausreiche, ihm die „Ehrenbürgerwürde“ abzuerkennen und eine
„Umbenennung“ des Platzes vorzunehmen.
Der Vorsitzende des kirchlichen Untersuchungsausschusses, Prof. Robbers, wand
dagegen ein, der Stadtrat möge doch seine Entscheidung bis zum Jahresende
aufschieben, weil die Untersuchung seiner Darstellung nach sehr komplex sei und
nicht nur auf Bischof Stein bezogen werden könne. Der Untersuchungsausschuss
sei noch nicht in der Lage, ein abschließendes Urteil über die Verantwortung
von Bischof Stein zu fällen, insbesondere deshalb, weil man eventuell noch
entlastende Dokumente auswerten müsse oder im Nachlass von Bischof Stein u.U. zu
entdecken hofft. Auf die Frage, weshalb der Untersuchungsausschuss denn nicht
die anstehende Bewertung von Bischof Stein ausgeklammert und vorgezogen habe,
gab Prof. Robbers nur ausweichende Auskünfte, die allesamt darauf hinausliefen,
dass man eben ‚noch nicht soweit sei‘, eine abschließende Bewertung über die
Verantwortlichkeiten von Bischof Stein abgeben zu können. Dieser Umstand wurde
von einigen Fraktionen, darunter die Grünen und die SPD, ausdrücklich
bemängelt!
Aus der Sichtweise von Dr. Schnitzler sei die Verantwortlichkeit von Bischof
Stein jedoch mehr als nachgewiesen. Das belegten die 42 aufgelisteten
Missbrauchsfälle seiner Studie sowie seine Ausführungen zu Vertuschungen und
nicht gezogene Konsequenzen durch den verantwortlichen Bischof Stein. Er hätte
konsequenter disziplinarisch – auch nach Kirchenrecht - verfahren können, was
er aber nicht tat - und genau darin bestehe seine persönliche Schuld als
Bischof. Die Opfervereinigung Missbit verlange eine sofortige Feststellung der
persönlichen Schuld von Bischof Stein und eine konsequent zügige Aberkennung aller
Ehrenrechte des Bischofs sowie eine Anerkennung der Schuld durch die
katholische Kirche mit entsprechenden finanziellen Entschädigungen der Opfer.
In dem Artikel der AfD vom 15.02.22 in der Rathauszeitung
(RaZ) zur Befragung der Experten schreibt der Fraktionsvorsitzende der AfD
Michael Frisch, der im Rat auch die fünf Fragen an die Experten formulierte,
wie folgt:
Für die AfD sei es wichtig, die anstehenden Entscheidungen „auf einer
umfassenden, verlässlichen und wissenschaftlich fundierten Untersuchung aller
relevanten Aspekte zu treffen. Das gebieten der Respekt vor den betroffenen
Menschen und die Prinzipien unseres Rechtsstaates“ (RaZ, oben, ebd.).
Liest man diese einleitenden Einlassungen der AfD-Fraktion, so könnte man –
recht oberflächlich verstanden – meinen, freilich: so soll es sein!
Doch leider lassen diese recht prinzipiellen Sätze völlig offen, WER den
angemahnten ethischen Respekt und die juristische Rechtsstaatlichkeit genießen
können solle. Die von der AfD intendierte Antwort lautet freilich: Alle (involvierten)
Personen. Und darin hat sie in dieser Allgemeinheit ihrer Aussage sicherlich
Recht. Nur - und leider (!) – differenziert der Fraktionsvorsitzende der AfD,
Michael Frisch, an dieser Stelle in keinster Weise (!), weshalb seine Aussage,
bezogen auf den konkreten Fall einer Beurteilung der Verantwortlichkeit von
Bischof Stein, völlig unzureichend ist!
Konkret genommen macht es aber tatsächlich
einen gewaltigen Unterschied, auf welche Art und Weise einem möglichen Mittäter
und Vertuscher von sexuellen Missbrauchsfällen im Bistum Trier, der obendrein
auch noch der oberste Verantwortliche nicht nur vor dem Recht im Bistum (-
sondern auch vor dem „Herrn“) ist, sondern auch gegenüber den durch
Bistumsakten (!) nachgewiesenen „Tätern“ der Missbräuche, ein „Respekt“ (ebd.) gezollt
wird, den Michael Frisch hier anmahnt, im Gegensatz zu den benannten Opfern der
Missbrauchsfälle, die bisher nur völlig unzureichend gewürdigt und anerkannt
wurden. Denn in Bezug auf letztere Personengruppe wird man festhalten müssen,
dass sie bisher nur recht unzureichend - und nur gegen den Widerstand seitens des
Bistums (!), bis hin zu den Ausführungen von Prof. Robbers vor Ort (!) –, eine
entsprechende Würdigung als „Missbrauchsopfer“ erfahren haben. Der von der AfD
angemahnte „Respekt“ vor den Opfern geböte eine sofortige und umfassende
Anerkennung der „Schuld“ verantwortlicher Würdenträger, während des Zeitraums
ihrer persönlichen Amtszeiten. Hier geht es jedoch vor allem nur um die
Beurteilung möglicher Versäumnisse durch Bischof Stein.
Wenn die AfD nun weiter festhält: „Es darf weder eine vorschnelle Verurteilung noch eine Relativierung
nachgewiesener Taten geben“ (ebd.),
dann formuliert sie wiederum nur unspezifisch und viel zu allgemein eine
banale Binsenweisheit. Denn wiederum lautet die vernünftige Reaktion der
verständigen Leserin auf diese Position: freilich!
Aber auch in dieser Aussage
der AfD fehlt die Konkretion auf den besonderen Fall: Denn was soll der letzte
Teilsatz dieser AfD-Weisheit bedeuten, wenn sie selbst eine Position gegenüber
den von Dr. Thomas Schnitzler offen gelegten Fakten (nach Aktenlage des
Bistums) einnimmt, die nicht in der Lage ist, deutlich auszusprechen, dass alle
bekannten „Fakten“ gegen eine mögliche Entlastung der Verantwortlichkeiten von
Bischof Stein sprechen?
Es ist doch völlig klar, dass hier eben KEINE
„vorschnelle Verurteilung“ (ebd.) der „Täter“ und schuldbehafeten
Verantwortlichkeit des Bischofs vorliegen. Diese „Verantwortlichkeiten“ nicht
klar auszusprechen oder gar zu leugnen, darin liegt genau die rhetorisch
geschickt eingefädelte Relativierung der Meinungbildung durch die AfD, die sie
dadurch zum Ausdruck bringt, dass sie vor einer „Relativierung nachgewiesener
Taten“ (ebd.) zwar warnt, aber mit dieser Aussage zugleich auch unterstellt,
die Studie von Dr. Schnitzler sei eben KEINE „verlässlich und wissenschaftlich
fundierte Untersuchung aller relevanten Aspekte“ (ebd.), die bedacht werden
sollten, um zu einem verantwortbaren Urteil zu kommen.
Die nachgereichte
Rechtfertigung für diese falsche Behauptung liefert die AFD in der Behauptung
gleich mit, wonach „der historische Kontext zudem zu berücksichtigen ist“
(ebd.). Weder die Studie von Dr. Schnitzler noch ihre Beurteilung durch Prof.
Peiffer berücksichtige aber diesen „historischen Kontext“, so die Intension der
AfD-Argumentation.
Diese Aussage der AfD ist daher sehr beachtlich. Zum einen, weil sie den
„historischen Kontext“ nur auf eine sehr eigenwillige Interpretation der
gesellschaftlichen Zustände in den 1970’ziger Jahren des vorigen Jahrhunderts
bezieht – wie wir noch sehen werden -, und zum anderen dadurch, dass sie mit
dieser Behauptung zugleich auch das juristische Faktum unter den Tisch fallen
lässt, dass „sexueller Missbrauch“ Schutzbefohlener Minderjähriger immer schon
ein justiziabler „Tatbestand“ war. ‚Missbrauch‘ ist in den Augen der
Gesellschaft nicht erst in jüngster Zeit moralisch verwerflich geworden.
Ein Blick in das Grundgesetz hätte die AfD hier vor dieser recht entlarvenden
Argumentation bewahren können.
Denn es ist dem Staatsrechtler Gustav Radbruch zu verdanken, dass eine
begriffliche Unterscheidung das Rechtsbewusstsein der Bundesrepublik
Deutschland prägen konnte, nach der es juristisch streng zu unterscheiden gilt,
ob eine positiv gesetzt Rechtsnorm lediglich als „falsches Recht“ (aufgrund
gesellschaftlicher Veränderungen in der Bewertung von positiv geltenden Gesetzen)
zu werten sei, und darum in einem rechtsstaatlichen Gesetzgebungsverfahren neu
zu bestimmen sei, um sie so den veränderten gesellschaftlichen Bewertungen
anzupassen – oder, ob gewisse Rechtsnormen „immer schon Unrecht“ waren und
damit niemals „falsches Recht“ (das positiv veränderbar wäre) gewesen sein
können, weil sie „immer - und nur - Unrecht waren“. Gustav Radbruch macht
diesen Unterschied an Beispielen der nationalsozialistischen Gesetzgebung wie z.B.
an den „Rassenhygienegesetzen“ deutlich, die immer „Unrecht“ waren und damit
nie als „falsches Recht“, das revidierbar wäre, bezeichnet werden konnten. Mit
anderen Worten: Unrecht bleibt Unrecht! Und das gilt es vernünftiger Weise
einzusehen.
Diesen Umstand ignoriert die Argumentation der AfD, die hier von ihrem
Fraktionsvorsitzenden Michael Frisch vorgetragen wird, völlig.
Aber damit nicht genug: Das Eigenwillige - und damit auch völlig verquere der
von der AfD vorgebrachten Argumentation - zeigt sich in dem besonderen Umstand,
den die AfD als „historischen Kontext“ (ebd.) bezeichnet. Diese sei „zudem
(…) zu berücksichtigen“ (ebd.), will „man“ heute korrekt urteilen in der
Bewertung der Missbrauchsvorfälle im Bistum Trier und der damit verbundenen
Verantwortlichkeiten von Bischof Stein.
Die jetzt folgende Argumentation der AfD ist aber dermaßen schräg und
ethisch-moralisch unverfroren, dass es mir schwerfällt, an dieser Stelle nicht
schon polemisch zu werden. Die AfD argumentiert wie folgt (- völlig abstrus): „In den 1970er Jahren gab es eine breite gesellschaftliche Debatte über die
Legalisierung der Pädophilie. Insbesondere die Grünen (sic!) setzten sich
damals, bis in ihre Programmatik hinein, dafür ein. Dieser Zeitgeist hat
sicherlich (sic!) auch das damalige Verhalten der Kirche beeinflusst (sic!).
Leider blieb die Stellungnahme von Professor Christian Pfeiffer hinter unseren (sic!)
Erwartungen zurück“. (Ebd.)
Ich empfehle der verständigen Leserin dieses Zitat noch
einmal bewusst zu lesen und sich seine Aussagesätze betont zu vergegenwärtigen!
Denn hier wird mit anderen Worten nichts anderes behauptet, als dass sich die ‚katholische
Kirche‘ in den 1970’ziger Jahren ZU STARK (!) habe beeinflussen lassen von dem
– bis heute - verderblichen ‚Zeitgeist‘ der von der Partei die Grünen ausging! –
Diese Aussage muss man sich einmal vorstellen!?
Nicht aber so, dass die katholische Kirche bis heute so
ziemlich resistent gegen äußerst nötige (und auch synodal ausgebremste!) Veränderungen
in ihrer ethisch-moralischen Positionierung wäre und ist, sondern genau
umgekehrt: sie, die katholische Kirche, habe sich den verderblichen
Säkularisierungen ausgerechnet der „Grünen“ nur allzu willig hingegeben, so
dass sie, die heilige und unwandelbare ‚katholische Kirche‘, in ihrer
Urteilsfähigkeit vom grünen „Zeitgeist“ völlig korrumpiert und unterminiert
worden sei! Genau das sei daher ein Umstand, aus dem unmittelbar folge, dass
die Kirche auch ihre Sexualmoral preisgegeben habe. „Insbesondere“ (ebd.) in ihrer
Haltung gegenüber der „Pädophilie“ (sic!) habe die katholische Kirche
nachgegeben und sich durch den ‚grünen Zeitgeist‘ überrumpeln und
liberalisieren lassen! – Meine Güte!!!
Völlig verfehlter kann ‚man‘ das Verhältnis von „Zeitgeist“
und „katholischer Kirche“ wohl kaum darstellen!
Zwar ist es durchaus richtig, dass nicht unmaßgebliche Teile der Grünen, wie z.B.
die Strömung der sog. „Stadtindianer“, einer Entkriminalisierung vor allem
kindlicher Sexualität so sehr das Wort geredet haben, dass sich so prominente grüne
Personen wie Daniel Cohn-Bendit und Jürgen Trittin dafür offiziell
Entschuldigen mussten, um selbst wieder gesellschafts- und medienfähig werden
zu können. -
Aber daraus den umgekehrten Schluss zu ziehen, die ‚katholische Kirche“
habe sich diesem Zeitgeist zu sehr angepasst, so dass die mögliche (und
tatsächliche!) Schuld von Bischof Stein relativiert werden müsse, weil er selbst
unter diesem negativen, grünen Einfluss stehend (sic!), seiner Aufsichtspflicht
(gegenüber sich dem Vorwurf des sexuellen Missbrauchs ausgesetzten Priestern in
seinem Bistum) nicht genügend oder gar nicht nachgekommen sei, ist völlig
schräg und historisch unzutreffend, weil diese Argumentation die tatsächliche Faktenlage
willkürlich verkehrt - und dadurch unzulässigerweise auch relativiert. Sie
relativiert nämlich genau in dem Sinne, den Michael Frisch weiter oben auch differenziert
wissen wollte, indem er zwischen einer „vorschnellen Verurteilung“ und einer
„Relativierung nachgewiesener Taten“ (ebd.) unterschied, jedoch selber nicht in
der Lage ist, seiner eigenen Unterscheidung argumentativ Folge zu leisten. Die
Verdrehung historischer Kausalitäten durch die Argumentation der AfD hat
zwangsläufig eine Relativierung möglicher historischer Verantwortlichkeiten des
Bischofs zur Folge. Hier wird im günstigsten Fall verharmlost, im schlimmsten
aber wird die Verantwortlichkeit des Bischofs nicht nur nicht anerkannt,
sondern dadurch sogar entschuldigt, dass den „Grünen“ besondere
Verderblichkeiten zugesprochen werden, was insgesamt mehr als absurd ist.
Den Gipfel dieser historischen Unzumutbarkeiten erreicht die
Argumentation von Michael Frisch schließlich in der Behauptung: „Leider blieb die Stellungnahme von Professor Christian Pfeiffer hinter
unseren (sic!) Erwartungen zurück“ (ebd.).
An dieser Stelle könnte ‚man‘ freilich spekulieren, welche
eigenen „Erwartungen“ die AfD denn an einen „Experten“ hätte herantragen
können, von dem sie sich doch in der Bildung ihres eigenen Urteils durchaus hätte
belehren lassen können sollen müssen? –
Tatsächlich aber wird an dieser Stelle
des Artikels explizit der Kriminologe Prof. Pfeiffer eines Besseren belehrt,
denn er habe nicht nur den „Zeitgeist der 70er Jahre“ in Bezug auf die
Verantwortungsfähigkeit von Bischof Stein nicht berücksichtigt, sondern er habe
nicht einmal ‚eigene‘ Studien zu diesem Fall angestellt. Deshalb, so die AfD, sei
die Expertise von Prof. Pfeiffer nicht nur unzureichend, sondern ebenso
„unverlässlich“ und „wissenschaftlich“ keineswegs „fundiert“ (ebd.). Der Grund
für diese Einschätzung unerfüllter „Erwartungen“ der AfD sei, dass Prof.
Pfeiffer (bezüglich Beurteilung der möglichen Verantwortung von Bischof Stein) keine
eigenständige Studie unternommen habe, sondern sich in seinem Urteil lediglich
auf vorliegende Studie von Dr. Thomas Schnitzler aus Trier berufe. Daher, so
dieser merkwürdige Schluss der AfD weiter, werde der Professor, „wissenschaftlichen Standards nicht
gerecht“ (ebd.).
Leider muss auch an dieser Stelle angemerkt werden, dass der
obige AfD-Schluss selber völlig fehl und gedanklich falsch geleitet ist. Denn
es wird an dieser Stelle stillschweigend unterstellt, die Studie, die Dr.
Schnitzler erstellt hat, indem er sich auf die Aktenbestände des Bistumsarchivs
bezieht, nicht zuletzt darum, um die tatsächlichen „Fakten“ allererst zu
erheben und benennen zu können, - diese Studie sei methodisch
unwissenschaftlich und „unzuverlässig“ (sic!), nur weil Prof. Pfeiffer sich bei
seiner Beurteilung der „Fakten“ sich nicht auf sich selbst bezieht, sondern
eben auf diese wissenschaftliche „Studie“ und damit auf Dritte! –
Doch eine solche Argumentation, wie sie der AfD-Fraktionsvorsitzende an dieser
Stelle ausführt, ist - mit Verlaub - völliger Quatsch! – Und dies nicht nur,
weil die AfD das behauptet und ideologisch verdreht, sondern allein aus rein
wissenschaftspraktischen Erwägungen! Denn nichts spricht gegen eine Expertise
und gegen eine Bewertung, die Prof. Pfeiffer aus kriminologischer Sichtweise
über den Faktenbestand der Trierer Missbrauchsfälle durch „Priestermänner“
während der Zeit der personellen und ethisch-moralischen Verantwortlichkeiten
von Bischof Stein fällt.
Wie absurd wäre denn dasjenige Argument, welches
behauptete, die AfD wäre nicht in der Lage, die Trierer Missbrauchsfälle und
deren Verantwortlichkeiten zu beurteilen, weil kein einziges ihrer
Fraktionsmitglieder im Stadtrat eine eigene Studie erstellt habe? Und genau aus
diesem (völlig absurden) Grund, müsse ‚man‘ ihr daher insgesamt eine fundierte Urteilsbildung
gänzlich absprechen!?
Dass der AfD letztendlich aber eine vorurteilsfreie Bewertung der durch Dr.
Schnitzler wissenschaftlich erhobenen und durch Prof. Pfeiffer bewerteten
„Faktenlage“ tatsächlich völlig abgeht, liegt nicht an dem oben beschrieben
völlig abwegigen Umstand fehlender „Eigenständigkeit“ der AfD, sondern an der
mangelnden „Einsichtslosigkeit“ gegenüber offenbarer Tatsachen. Diese Haltung
drückt eine Ignoranz aus, die nicht zuletzt aufgrund eigener Verblendung
bezüglich selbstgemachter Verdrehungen von Zusammenhängen zustande kommt.
Urteile, die aufgrund letztgenannter Positionen und Haltungen erfolgen, nennt
man im ordinären Sprachgebrauch schlicht „ideologisch“!
Gleiches gilt leider auch für die wortreiche Position von
Prof. Robbers, der sich und seiner durch die katholische Kirche eingesetzten
„ehramtlichen“ Untersuchungskommission keinen guten Dienst erwiesen hat, dadurch
dass er so gut wie nichts hat beitragen können, zu einer unabhängigen Bewertung
der Verantwortlichkeiten von Bischof Stein, nur weil die Kommission „noch nicht
soweit sei“. –
Hier ist natürlich die Frage erlaubt, die von Seiten der Linken und der übrigen
Fraktionen durchaus auch gestellt wurde, auf was Prof. Robbens denn noch warten
müsse, bzw. welche „relevanten Aspekte“ (ebd.) er denn noch durch „seine Studie“
an den Tag fördern wolle, um die Frage der Verantwortlichkeit des Bischofs in
eine entlastende Richtung zu lenken, die weiter oben durch die AfD selbst als
verwerflich bezeichnet wurde, weil sie „eine[r] Relativierung nachgewiesener
Taten“ (ebd.) das Wort rede. –
Vor diesem Hintergrund ist es freilich nicht
erstaunlich, dass sich Prof. Robbens in seinen Wortbeiträgen in keiner Weise
auf eine Bewertung der Verantwortlichkeiten von Bischof Stein eingelassen hat,
sondern immer - und immer wieder - auf Zeit spielte, mit der endlos
wiederholten Bitte, erst Ende des Jahres im Stadtrat zu entscheiden. Was er
jedoch im positiven wie negativen Sinne Entscheidendes zu einer möglichen Urteilsfindung
beitragen könne, ließ Prof. Robbens offen. Der Tendenz seiner Ausführungen
folgend, müsste dies ‚etwas‘ sein, dass entsprechend dem „Zeitgeist“ in den 1970er
Bischof Stein von seiner Verantwortlichkeit entlasten können würde. Mit einem
solchen Schluss würde Prof. Robbens jedoch nicht seinem Grundsatz nachkommen, der
auch von der AfD geteilt wird, wonach es keine „Relativierung nachgewiesener
Taten geben (dürfe)“ (ebd.). – Soweit!
Auf Nachfrage musste Prof. Robbens dann auch zugeben, dass er einen
persönlichen Kontakt und einen Austausch mit Dr. Thomas Schnitzler, dem Autor
der Trierer Studie zu den Missbrauchsfällen im Bistum, noch nicht gesucht habe!
- Die Frage, ob er dies denn nachholen wolle, ließ er gestelzt und gedrückt Wortreich
offen. – Ein Umstand, der in dieser Situation dem aufmerksam Interessierten viel
zum stillschweigenden Ausdruck brachte - und bringt.
Wenn es sich allerdings genau so verhält, dann spricht wirklich nichts gegen
eine schnelle und baldige Entscheidung des Trierer Stadtrates bezüglich der
vorliegenden Anträge, Bischof Stein sowohl die „Ehrenbürgerschaft“ abzuerkennen
als auch eine „Umbenennung“ des derzeit nach ihm benannten Platzes vorzunehmen.
Die offengelegte und vorgetragene Faktenlage legt tatsächlich keine Alternative
nahe.
Der Stadtrat täte daher gut daran, sich auf keine weiteren „Spielchen“ mit den
Befindlichkeiten der Opfer und ihrer Selbsthilfeorganisation Missbit einzulassen.
Vertuschung, Aufschub und weiterhin Wegsehen, ohne Konsequenzen zu ziehen, sind
keine Option. Denn es handelt sich bei den gesamten Missbrauchsfällen nicht um
ein „falsches Recht“, das durch den Zeitgeist korrigiert werden könne. Sondern immer
und zu jeder Zeit der Gesetzgebung in der BRD, bedeutet sexueller Missbrauch ‚Unrecht‘,
das, wenn nicht nach Anwendung des Kirchenrechts, so dennoch nach Anwendung
allgemein gültiger Gesetze, juristisch bezüglich verantwortlicher Personen geahndet
werden muss. Aus diesem Umstand folgt, dass mutmaßliche „Täter“ benannt und die
ihnen verliehenen Ehrenwürdigungen u.U. auch wieder aberkannt werden müssen. Das
thematisiert die AfD nicht.
(Dr. Johannes Verbeek, Trier, den 22.02.2022)
.
Kommentar zu einem
TV-Interview mit dem Präsidenten Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände
(BDA) Rainer Dulger vom 07.02.2022 in der Online-Ausgabe des Trierischen
Volksfreundes
Der Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger
kritisiert in dem Gespräch die von der Bundesregierung geplante Einführung
eines sog. „Bürgergeldes“. Er sieht darin einen „falschen Schritt, mehr
Menschen in eine Beschäftigung zu bringen“ (vgl. TV, 07.02.22, ebd.) Dagegen
fordert er als Arbeitgeberpräsident „eine große Sozialreform für alle vier
gesetzlichen Versicherungen“ (ebd.).
Allein schon diese beiden Aussagen verdeutlichen die ganze
Problematik aus Linker Perspektive betrachtet. Deshalb gilt es hier sehr genau
zu differenzieren.
Während der Arbeitgeberpräsident im weiteren Verlauf des
Gespräches sehr schnell deutlich macht, dass er die Einführung eines sog.
„Bürgergeld“ nur für einen (grünen) „Etikettenschwindel“ (ebd.) der Bundesregierung
hält, die die Hartz IV – Gesetze abschaffen möchte, aber nicht gewillt ist, die
aus Arbeitgebersicht richtigen „Anreize“ (ebd.) für die Wirtschaft zu schaffen.
Darunter versteht er ganz im Sinne des Neoliberalismus bloße Vorteile für die
Arbeitgeber im Sinne von „niedrige[n] Steuern und Sozialabgaben“ (ebd.) sowie
die Beibehaltung aller sozialer Druckmittel der Hartz-IV-
Gesetzgebung. Es sei nämlich eine „Erkenntnis“ (ebd.) der
Hartz-IV-Reformen unter dem ehemaligen Bundeskanzler Gerhart Schröder (SPD) im
Verbund mit den Grünen gewesen, die nunmehr verloren zu gehen scheint, „dass Sozialleistungen
von denen erarbeitet werden müssen, die ihr Einkommen selbst verdienen“ (ebd.).
Aber diese Erkenntnis scheine mit der jetzigen Bundesregieren unter einem Kanzler
Scholz (SPD) wiederum im Verbund mit den Grünen und der hinzugekommen FDP
verloren zu gehen. Im O-Ton des Arbeitgeberpräsidenten heißt das:
„Die Koalition kann ja Hartz IV umbenennen – aber die
Substanz dieser mutigen [Hartz-IV-] Reformen darf nicht verloren gehen. Etwas,
was Bürgergeld heißt, aber wie ein bedingungsloses
Grundeinkommen wirkt, ist sicherlich das Gegenteil [zu den
bisher wirksamen Hartz IV-Reformen]“ (ebd.).
Diese Aussage bringt die reaktionäre wirtschaftspolitische
Position des Arbeitgeberpräsidenten Rainer Dulger auf den kritischen Punkt.
Klar ist nämlich, dass das (grüne)
„Bürgergeld“ eine Mogelpackung des linksaktiven ‚bedingungslosen
Grundeinkommens‘ (BGE) ist. Allerdings aus
genau den entgegensetzen Gründen, die der
Arbeitgeberpräsident hier anführt. Ebenso klar ist zudem
aus linksaktiver Perspektive die Notwendigkeit einer Generalreform der vier grundlegenden
„gesetzlichen Versicherungen“ (ebd.), ohne die „der Sozialstaat nicht mehr
lange fortbestehen (könne)“ (ebd.), wie Herr Dulger oben richtig anmahnte –
allerdings wiederum unter einem falschen Vorzeichen neoliberaler bloßer
FDP-Politik. Das Verschweigt der Arbeitgeberpräsident allerdings
Tunlichst!
Es sind daher keineswegs die Einsichten, dass „der
Sozialstaat nicht mehr lange Fortbestehen (könne)“ (ebd.), die den
Arbeitgeberpräsidenten von einer linksaktiven Wirtschaftspolitik trennt,
sondern es ist der von ihm verschwiegene neoliberale Standpunkt einer
überholten FDP-Politik, die unter dem ehemaligen SPD-Kanzler Gerhart Schröder
im Verbund mit den Grünen praktiziert wurde und selbst heute nicht nach Meinung
des Arbeitgeberpräsidenten revidiert werden soll. Das sind die reaktionären
Elemente seiner Position.
Denn unter diesem reaktionären Vorzeichen
erscheinen die Forderungen nach einem „Bürgergeld“
(ebd.) als ein „falscher Schritt“, der
einen bloßen „Etikettenschwindel“ vertuscht. Und genau in dieser
Hinsicht hat der Arbeitgeberpräsident auch
Recht! Das (grüne) „Bürgergeld“ wird nämlich in keinster Weise den sozial-politisch
notwendigen Reformen des Sozialstaates gerecht, die heutzutage anstehen. Denn
dazu braucht es eines neuen, linksaktiven Konzeptes, dass allenfalls im
„bedingungslosen Grundeinkommen“ (BEG) nach dem Modell der
Partei Die Linke realisiert werden kann. Hier liegen die entsprechenden
Rechnungen vor, die in zwei Broschüren der Linken aktualisiert und publiziert
wurden.
(Vgl. DIE LINKE:
Unser Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens. Finanzierbar,
emanzipatorisch, gemeinwohlfördernd, 5. Aufl., Berlin 2017; Sowie DIE LINKE:
Unser Grundeinkommen. Das
emanzipatorische Grundeinkommen der BAG Grundeinkommen in und bei der Partei
DIE LINKE, Berlin, 2021.)
Die große Mehrheit der bundesdeutschen Bevölkerung steht
hinter dem Konzept des BGE, wie aktuelle Umfragen immer wieder zeigen (Netzwerk
Grundeinkommen, Dez. 2021, Umfrage ZeitOnline). Dagegen sind reaktionäre Kräfte
immer wieder bemüht, die revolutionären Veränderungen, die eine Eiführung des
BGE mit sich bringen würden, zu relativieren und als unnütz („Etikettenschwindel“)
zu diffamieren. Das Gegenteil ist allerdings der Fall!
Im BGE-Konzept der LINKEN (siehe oben) werden die
sozialpolitisch flankierenden Maßnahmen bei der Einführung eines
Bedingungslosen Grundeinkommens, das an alle Bürger/innen ausgezahlt werden
wird, aufgelistet und finanziell ausbuchstabiert.
An dieser Stelle seien
lediglich die verschiedenen Positionen angeführt, die im Sinne einer „großen
Sozialreform“ (Rainer Dulger) bearbeitet werden müssen:
1) Einführung
einer neuen Steuerprogression, die vor allem Erwerbstätige mit einem
Bruttoeinkommen von bis zu 6500 Euro monatlich entlastet –
vor allem aber die unteren
Einkommensschichten
2) Einführung
einer neuen Grundrente (plus bestehenden Zusatzversicherungen) von insgesamt
ca.
65 % des bisherigen Netto-Einkommens
3) Einführung
einer neuen solidarischen Bürgerversicherung, die die bisherigen Gesundheits-
und Pflegeversicherungen ablöst
4) Einführung
einer neuen Erwerbslosenversicherung von 60 Prozent des letzten Nettogehalts,
die von allen Erwerbstätigen (Arbeitnehmer/innen, Arbeitgeber/innen und
Beamt/inn/en) finanziert wird
5) Einführung
einer gesetzlichen Unfallversicherung, die – wie bisher – durch
Arbeitgeber/innen/beiträge finanziert wird
6) Einführung
eines gebührenfreien ÖPNV sowie einen gebührenfreien Zugang zu allen
Informationen und einem wissensbasiertem
Internet (vgl. oben: DIE LINKE, 2021,
ebd.)
Ein solches durchfinanziertes bedingungsloses
Grundeinkommen würde in der BRD pro Jahr insgesamt (nicht zusätzlich!) 1 087
Milliarden Euro brutto kosten. Damit würden etwa 70.8 Millionen Menschen ab dem
18. Lebensjahr und ca. 12 Millionen Kinder unter sechzehn Jahren ein
bedingungsloses Grundeinkommen in Höhe von (derzeit) ca.
1200 Euro bei Erwachsenen und ca. 600 Euro bei Kindern und Jugendlichen bis 16
Jahren erhalten (vgl. oben: DIE LINKE, 2021, ebd. Die berechneten Zahlen
beziehen sich auf Angaben des Statistischen Bundesamtes von 2017).
Der reaktionäre Mythos, ein BGE wäre nicht finanzierbar, so
auch Olaf Scholz, etc., ist mehr als widerlegt (vgl. Roland Blaschke:
Grundeinkommen ist finanzierbar, IN: Netzwerk Grundeinkommen, Sep. 2021, -
gegen eine Expertise des Finanzministeriums unter Führung des Ministers Olaf
Scholz!)!
Der Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger
fordert dagegen von der Bundesregierung das „aufgestockte Kurzarbeitergeld“ als
„beste Krisenhilfe in den vergangenen Monaten“ (oben: TV, 07.02.22, ebd.). Obwohl
die deutsche Wirtschaft seiner Meinung nach „sehr robust“ (ebd.) sei, habe das
„Kurzarbeitergeld (…) viele Arbeitsplätze gesichert“ (ebd.). Trotzdem fordert
der
Arbeitgeberpräsident zusätzliche „branchenspezifische
Hilfsprogramme, die aus Steuermittel bezahlt werden, anstatt weiter die
Betragszahler zu belasten“ (ebd.). Unter den „Beitragszahlen“ (ebd.) scheint
der Arbeitgeberpräsident lediglich ‚Selbständige‘ zu verstehen, wie
Arbeitgeber/innen aus der Gastronomie und Hotellerie, dem Handel, Schausteller
und Messebauer. Er verliert in dem Interview kein Wort darüber, dass DIE LINKE
BAG Grundeinkommen einen eigenen Vorschlag zu einem „zeitlich befristeten
bedingungslosen (Not-)Grundeinkommen“ (BAG-Grundeinkommen, ebd.) gemacht hat,
das vor allem auch „Selbständigen“ zu Gute gekommen wäre. Die antagonistischen
Grenzen zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmer/innen verschwimmen bei diesem
linksaktiven Konzept zu einem emanzipatorischen Gesellschaftsentwurf, der nicht
nur in Coronakrisenzeiten wirksam werden würde, sondern hilft, soziale Grenzen
zu überwinden. Auch bei diesem NotGrundeinkommen liegt ein seriöses, komplett
durchgerechnetes Finanzierungskonzept der BAGGrundeinkommen vor, das der
Arbeitgeberpräsident wohl aus ideologisch neoliberalem Dünkel nicht zur
Kenntnis hat nehmen wollen können.
An dieser Stelle fällt der engagierten Leserin des
Interviews mit dem Arbeitgeberpräsidenten im TV zugleich ein unthematisierter
Widerspruch in den Argumentationen von Herrn Rainer Dulger auf. Dieser
Widerspruch betrifft gerade diejenigen wirtschafts- und Sozialgebiete, die
seiner Meinung nach „steuerfinanziert“ werden sollen oder nicht. Während er,
wie wir soeben sahen, durchaus zusätzliche „branchenspezifische Hilfsprogramme“
(ebd.) für Selbständige und Arbeitgeber fordert, die „aus Steuermitteln bezahlt
werden“, fordert er ein paar Gedanken weiter, dass aufgrund des demographischen
Wandels das Steuersystem insgesamt so, wie es heute gestrickt ist, nicht mehr funktionieren“
(ebd.).
Und: mit dieser letzten Aussage hat er wiederum durchaus
Recht – allerdings nur im
entgegengesetzten Sinne seiner eigenen
Argumentation! Denn es gibt keinen wirtschaftspolitischen Grund auf der einen
Seite „steuerfinanzierte“ Hilfeleistungen für Arbeitgeber zu fordern, wenn auf
der anderen Seite „das Sozialsystem insgesamt so, wie es heute gestrickt ist,
nicht mehr funktionieren kann“ (ebd.), wie seine eigenen Worte lauten!
Vor diesem Hintergrund ist sodann seine
Aussage zu bewerten, nach der „Reformen die
Voraussetzung für den Fortbestand eines stabilen Sozialsystems
sind“ (ebd.). –
Doch auch diese
Aussage ist in dem weiter oben von ihm eröffneten
neoliberalen Horizont zu sehen, nach dem „die
Substanz dieser mutigen Reformen [gemeint sind hier die
Hartz-IV-Reformen unter Gerhard Schröder
(SPD), J.V.] nicht verloren gehen darf“ (ebd.). Aber genau
diese Forderung ist aus linksaktivem
Gesichtspunkt überhaupt keine ‚Reform‘, sondern die
Forderung nach einem reaktionären
Sozialstillstand unter einer verbalen
wirtschaftspolitischen Lüge, die unzulässiger Weise ‚Reform‘ mit ‚Rückschritt‘
gleichsetzt. – Insofern hat aber der Arbeitgeberpräsident durchaus Recht, wenn
er zu der Erkenntnis gelangt, dass das „Sozialsystem insgesamt so, wie es heute
gestrickt ist, nicht mehr funktionieren kann“ (ebd.). Leider bleibt er in
diesem Interview schuldig, plausible Vorschläge dafür zu machen, wie seiner
Meinung nach der von ihm durch „Reformen“ stabilisierte „Fortbestand“ des
„Sozialsystems“ auszusehen habe!? – Auch hier schleicht sich ein unausgesprochener
Widerspruch zwischen seine Aussagen ein, nach denen „Reformen“ einerseits die
„Voraussetzung für den Fortbestand eines stabilen Sozialsystems sind“ (ebd.),
andererseits aber wiederum nach seiner eigenen Aussage zugleich „das
Sozialsystem insgesamt so, wie es heute gestrickt ist, nicht mehr funktionieren
kann“ (ebd.). – Dialektisches Denken ist freilich nicht jedermanns Sache – aber
schon gar nicht die des deutschen Arbeitgeberpräsidenten! Karl Marx wäre wohl
betrübt.
Aber nicht nur Karl Marx wäre an dieser Stelle der
Argumentationen von Herrn Dulger betrübt, sondern auch alle erwerbstätig
Beschäftigten! Denn zwei weitere Punkte outen den Arbeitgeberpräsidenten als
reaktionär. Das zeigen seine Antworten auf die Fragen nach der geplanten
„Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro“ durch die neue Bundesregierung wie auch
die nach seiner Meinung zum „Renteneintrittsalter“ (ebd.).
Besonders aufschlussreich ist hier die Aussage des
Arbeitgeberpräsidenten, die Aufstockung des Mindestlohns auf eine Höhe von 12
Euro sei gar nicht das eigentliche wirtschafts-politische Problem, sondern
vielmehr sei der gesetzgeberische Umstand „verfassungsrechtlich höchst
bedenklich“ (ebd.), nach dem nicht „die Sozialpartner“ über eine Erhöhung des
Mindestlohns autonom entscheiden, sondern alleine „der Staat über die Anhebung
[des Mindestlohns, J.V.] entscheidet“ (ebd.). Denn, so der
Arbeitgeberpräsident: „Schließlich sind Tarifautonomie und Vertrauensschutz
auch durch das Grundgesetz garantiert“ (ebd.).
Auf eine Klage gegen die
Bundesregierung wolle der Arbeitgeberpräsident sich aber ausdrücklich in dem
Interview noch nicht festlegen! – Das hat natürlich seine Gründe. Denn nicht
nur unternehmerische Profite machen ein Gemeinwesen wirtschaftspolitisch stark,
sondern auch und zudem ein auskömmliches Leben
lohnerwerbsabhängigen der Bevölkerung, für das der Staat
durch seine Sozialgesetzbebung ebenso zu sorgen hat! Man wird es kaum glauben,
aber auch Arbeitnehmer/innen sind wahlberechtigt.
Also gilt: Zum einen hätten die Arbeitgeber durchaus schon
längst die ‚regulären Löhne‘ anheben können, wenn sie einen Mindestlohn
verhindern hätten wollen, und zum anderen hätten die Arbeitgeber die Millionen
Beschäftigten aus der Niedriglohn- und Mini-Job-Sparte in reguläre
Arbeitsverhältnisse überführen können, die für einen
erwerbtätig Beschäftigten „auskömmlich“ zur Teilhabe am gesellschaftlichen
(Durchschnitts-)Leben zureichend sind. –
Das alles ist bisher jedoch nicht
geschehen! Stattdessen wiederholen sich die zähen und quälenden
Tarifverhandlungen jährlich, ohne dass z.B. der Großkonzern ‚Amazon‘ Löhne für
seine Arbeiter/innen nach den Tarifen für die im „Einzelhandel“ Beschäftigten
zu zahlen bereit ist, etc. etc. pp.
„Fachkräftezuwanderung“ heißt dagegen das Zauberwort des
Arbeitgeberpräsidenten und eine aus demographischen Gründen Abschaffung der „jährliche
Rentenanpassung“ (ebd.) an das erwirtschaftete Bruttosozialprodukt. Dagegen
soll es zukünftig nach dem Willen des
Arbeitgeberpräsidenten nur eine jährliche Anpassung der
Rentenhöhe an „die Entwicklung der Zahl der Beitragszahler und der Rentner“
(ebd.) geben. Den Gipfel seiner unverfrorenen Wünsche erreicht Herr Dulger aber
mit dem folgenden Vorschlag, dass pünktlich und „rechtzeitig vor dem Auslaufen
der aktuellen Altersgrenzen-Anhebung auf 67 über eine weitere Anpassung des
gesetzlichen Rentenalters entschieden werden (sollte)“ (ebd.). – Um es hier in
einem Satz kurz auf den Punkt zu bringen: Der Arbeitgeberpräsident fordert die
Einführung und Erhöhung des gesetzlichen
Renteneintrittsalter auf „70 Jahre“ (ebd.) bei
gleichzeitiger Inkaufnahme weiterer Rentenkürzungen (- je nach Proportion in
Bezug auf die Beitragszahler, von denen er jetzt schon - aufgrund des demographischen
Wandels - weiß, dass sie zunehmend abnehmen werden!) – So die unhinterfragte
Logik des Arbeitgeberpräsidenten.
Vor diesem Hintergrund erscheint es folgerichtig, wenn der
Arbeitgeberpräsident zudem von der neuen Ampelregierung fordert, „dass sich die
Wirtschaft wieder erholen kann“ (ebd.) sowie dass „zusätzliche Belastungen durch
höhere Sozialbeiträge unbedingt vermieden werden müssen“ (ebd.). – Ich kann
mich nicht erinnern, jemals etwas anderes von Arbeitgeberpräsidenten gehört zu
haben. Insofern sehe ich hier keinen Fortschritt und schon gar keinen
reformatorischen, den Herr Dulger oben aber selbstredend einfordert hatte.
Infolgedessen beläuft sich das Fazit des
Arbeitgeberpräsidenten an dieser Stelle auch nur auf die
unerträglich allgemeine und nichtssagende Aussage: „(…) unsere Sozialsysteme
sind nur verlässlich, wenn sie auch nachhaltig finanzierbar bleiben“ (ebd.). –
Jawohl! Aber leider differenziert der Arbeitgeberpräsident an diese Stelle
nicht für WEN die angeforderte „Verlässlichkeit“ der Sozialsysteme denn
profitabel sei und WEM der Status quo am meisten zur Last falle, d.h. WEN er
z.Z. am meisten belaste. Antworten gibt hier das linksaktive Konzept eines
bedingungslosen Grundeinkommens, das der Arbeitgeberpräsident – soweit er es
überhaupt kennt- mit allen reaktionären Mitteln verhindern möchte. In seiner
Rolle als Lobbyist für die Arbeitgeberverbände ist dieser Haltung zwar
verständlich, zumal wenn man weiß, dass schon Karl Marx von „Kapitalisten“
nicht ad personam, sondern nur unter Verwendung einer „Maske“ (so wie im
Theater einer eine Rolle spielt) gesprochen hat, dennoch ist diese Haltung
nicht klug. Das liegt an dem Umstand, dass die beiden antagonistischen
Richtungen des Denkens und
Handels, die oben beschrieben wurden, nicht gleichwertig,
sondern asymmetrisch zueinanderstehen. Die Positionen, die der
Arbeitgeberpräsident oben vertritt, sind im wahrsten Sinne des Wortes
reaktionär. Sie sind allesamt Teile der gegenwärtigen wirtschafts- und
sozialpolitischen Problemlage, (zurück zu Hartz-VI, etc). Mit anderen Worten:
Sie sind nicht zukunftsfähig!
Dagegen weist das Konzept des ‚Bedingungslosen
Grundeinkommens‘ bei und in der Partei DIE LNKE
nicht nur in eine entgegengesetzt Richtung der Politikgestaltung,
sondern es hat das Potential, einer völlig neuen Gesellschaftsgestaltung. Und
insofern ist es in der Tat revolutionär! Der entscheidende Fortschritt sei an
dieser Stelle kurz benannt:
Das Konzept eines ‚bedingungslosen Grundeinkommens‘
entkoppelt den weitgehend demographisch bedingten – und damit zunehmend
problematischer werdenden - Kausalzusammenhang zwischen einem ‚beitragsfinanzierten
Sozialversicherungssystem‘ zugunsten eines ‚steuerfinanzierten
Gesamtsystems‘. Dieser Umstand entkoppelt das oben
angesprochene Problem der „Entwicklung der
Beitragszahler“ (Rainer Dulger) nicht nur in Bezug auf die „Renten“
(ebd.), die der
Arbeitgeberpräsident oben ansprach, sondern darüber hinaus
auch in Bezug auf alle anderen Sozialversicherungssysteme. Zwar sieht das Linke
Konzept des ‚bedingungslosen Grundeinkommens‘ explizit noch keine „Maschinenlaufsteuer“
vor, wie sie Richard David Precht in seinem Buch „Jäger, Hirten, Kritiker“ aus
dem Jahr 2018 vorgeschlagen hatte (Precht, ebd., S.101ff), aber die Einführung
einer solchen Steuer macht die angedachte Entkoppelung personenbezogener
Steuern hin zu gesamt-wirtschaftlichen Ertragsabschöpfungen durch „Maschinen“
(und nicht durch in Erwerbsarbeit befindliche Menschen) augenfällig! –
Von so
einem gearteten „Umbau“ der Sozialsysteme träumt der Arbeitgeberpräsident wohl
nicht einmal, wenn er sich mit einem „Bayern im Himmel“ zum Oktoberfest
verabredet. Dort säße er neben „Schausteller[n), Messebauer[n], Handel,
Gastronomie und Hotellerie“ (ebd.), auch neben Arbeiter/innen, Rentnern,
Flüchtlingen und Asylbewerber/innen, die sich mit ihm freuten, weil sie sich „Zuckererbsen“
(Heinrich Heine: Deutschland ein Wintermärchen, 1844, Caput I) teilten. Der
realpolitische Klagegesang, nach dem es einzusehen gälte, dass „Lieb‘ und Treu
und Glauben verschwunden aus dieser Welt und wie so teuer der Kaffee und wie so
rar das Geld“ (Heinrich Heine) sei, weil sich die aktuellen Hartz-IV-
Sanktionen existenzgefährdend auswirkten, wäre ein für alle Mal überwunden
(vgl. dazu: Johannes Verbeek:
Streitschrift für ein BGE gegen die Broschüre-Linken, 2021,
online.).
Diese kleine Utopie eines besseren Lebens räumt freilich
auch mit dem rein populistischen Mythos aus, den der Arbeitgeberpräsident
freilich [leider!] auch bemüht, wenn er vermeint, ausdrücklich betonen zu
müssen:
„Wir [Arbeitgeber und Staat, J.V.] sollten daher die
Anreize [zur bloßen Erwerbsarbeit, J.V.] so setzen, dass es attraktiv ist, in
eine Beschäftigung zu gehen. Dazu zählen nicht nur niedrige Steuern und
Sozialabgaben [besonders für Arbeitgeber, J.V.], sondern auch die Erkenntnis,
dass Sozialleistungen von denen erarbeitet werden müssen, die ihr Einkommen
selbst verdienen“ (ebd.).
Jeder einzelne Satz dieses Statements wurde weiter oben schon
widerlegt und in die vorherrschende neoliberale Wirtschaftsideologie des
Arbeitgeberpräsidenten (als „Träger einer Theater-Maske“ im Sinne von Marx)
eingeordnet.
Weitere Worte helfen hier nicht mehr. Es kommt auf die
Einsicht an, revolutionär zu handeln:
Für ein bedingungsloses Grundeinkommen ggf. nach dem
Modellkonzept der BAG DIE LINKE.
Dr. Johannes Verbeek, Trier, den 08.02.22)
An dieser Stelle geht es jetzt bei Gelegenheit mit dem politischen Tagesgeschehen per Kommentar weiter. Wie gewohnt abfolgend. (02.10.21)
Kommentar zur Lage der Linken in TR und RLP
Von Dr. Johannes Verbeek, Trier, den 29.09.21
(Leicht überarbeitet zum Weltfrauentag 2023)
In einem ersten Hintergrundbericht im „Trierischen
Volksfreund“ (TV) vom 28.09.21 auf Seite 11 wird über den Mandatsverlust von
Katrin Werner (Die Linke) wie folgt berichtet:
Die Trierer Linke Katrin Werner wird nicht mehr im neuen
Bundestag vertreten sein.
Ihr Statement dazu lautet:
„Ich bin natürlich enttäuscht, aber unser schlechtes Abschneiden kommt ja nicht
aus heiterem Himmel. Da haben die Prognosen leider nicht getrogen“, sagt die
48-Jährige, die 2009 erstmals ins Parlament einzog …“. (TV, ebd., S. 11)
Der TV benennet folgende Fakten: Sie schnitt bezüglich des
Kampfes um das Direktmandat mit einem „Anteil von 3,5 Prozent deutlich unter
den eigenen Erwartungen ab“ (TV, ebd.). - Nun gelte es, ihr Büro in Berlin zu
räumen.
Dazu Katrin Werner im O-Ton: „Danach will ich mir etwas Ruhe
gönnen und Zeit mit meiner 14-jährigen Tochter verbringen“ (TV, ebd.).
Diese Aussagen von Katrin Werner kommentiert der TV wie
folgt:
„Die Polit-Karriere will sie [K. Werner] nicht an den Nagel hängen, sondern den
Linken, für die sie hohe Funktionärsposten bekleidet, [Zitat Werner:]
„weiterhin zur Verfügung stehen“.“ (TV,ebd.).
Im Leser/innen-Forum des TV auf Seite 10
gaben 13 befragte Personen ihre Einschätzungen zum Ausgang der Bundestagswahl
ab:
Leider bedauerte niemand das Ausscheiden von Katrin Werner (Die Linke). Die Partei Die
Linke wird hier nicht einmal erwähnt!
Es stellt sich daher die Frage. was von den Selbsteinschätzungen der Katrin Werner
(Die Linke) in dem oben referierten TV-Bericht tatsächlich zu halten ist?
Die Enttäuschung über den katastrophalen Wahlausgang der Linken liegt nicht
allein bei Katrin Werner! Hat sich der Stimmanteil der Linken doch gegenüber
der letzten Bundestagswahl mehr als halbiert. Das ist ein politisches Desaster!
Es ist allerdings sehr interessant, dass Katrin Werner unmittelbar nach dem
Ausdruck ihrer persönlichen Enttäuschung, mit einem „aber“ sprachlich einen
Gegensatz einleitet, der darauf hinausläuft, dass „unser schlechtes
Abschneiden“ (TV, ebd.) eben „nicht aus heiterem Himmel“ (ebd.) komme. -ES war
also durchaus vorhersehbar!
Mit diesem eingefügten "aber" lenkt sie jedoch schon im ersten Satz ihres Statements von sich als „hohe
Funktionsträgerin“ (ebd.) und von ihrer Verantwortung, wie es weiter unten in dem Hintergrundbericht explizit
heißt, ab. Ihr Versuch, persönlich von sich als eine Spitzenkandidatin wegzusehen,
um den Blick gen Himmel zu richten, und um erst danach auf die „Wahlprognosen“
sprechen zu kommen, ist als ein politischer Rohrkrepierer zu bewerten. Fakt ist: Sehr wohl haben „die Prognosen leider nicht getrogen“ (ebd.)! –
Und genau das
war zuvor schon absehbar, zieht sich der schleichende Stimmenverlust der Linken
bei Landtags- und Bundestagswahlen doch schon seit dem Jahr 2009 zäh und beständig
hin. Die von einigen kritischen Stimmen innerhalb und außerhalb der Linken schon
seit Langem geforderten personellen Konsequenzen auf höchster
Verantwortungsebene, wurden vom Landesverband und den Linken Wahl-Delegierten
im Vorfeld der Bundestagswahl nicht gezogen! Das hat der Linken in RLP keineswegs gut getan, evt. sogar geschadet.
Insofern hat Katrin Werner aber leider
zu tiefst Recht, wenn sie feststellt, dass das „schlechte Abschneiden ja nicht
aus heiterem Himmeln kommt“ (TV, ebd.), sondern umgekehrt durchaus im
Abwärtstrend der Partei gelegen ist – was sie allerdings in ihrem Statement dem
TV gegenüber explizit nicht thematisiert.
Nur entlastet sie der „heitere Himmel“, den sie oben anführt, persönlich (!) keineswegs von der politischen Verantwortung für dieses
erzielte Wahldebakel!
Wenn die erzielten „3.5 Prozent“ der Wählergunst „deutlich
unter den eigenen Erwartungen“ (TV, ebd.) liegen, weil sich der Stimmanteil
geradezu halbiert hat, dann wäre es anständig und angebracht, direkt nach der
Wahl zurückgetreten zu sein. Das geschah bisher aber nicht! Darin unterscheidet sich Frau
Werner nicht von
Arnim Laschet (CDU), der ebenso an Ämtern und hohen Funktionärsposten "verantwortungslos" als
Verlierer der Wahl klebt.
Dass die nähere Zukunft für Katrin Werner im Ausräumen ihres
Berliner Büros liegt, ist sicher emotional aufregend. Bedenkt man aber, dass
der Lebensmittelpunkt von Frau Werner schon seit Jahren keineswegs mehr in
Trier liegt, sondern in der Nähe von Berlin, dann erstaunt es einen doch, dass
Frau Werner sich zunächst „etwas Ruhe gönnen“ (TV, ebd.) möchte. Dieses
Bedürfnis nach Ruhe ist wohl einem überangestrengten Wahlkampf
in ihrem Trierer Wahlbezirk geschuldet und nicht dem konfortablen Umstand, schlichtweg ein genügend „hohes Übergangsgeld“ vom Bund zu erhalten, dass
durchaus keine Eile gebietet - im Gegensatz zum Normalbürger, der plötzlich
arbeitslos wird und kaum mehr etwas hat. (Letzten Satz habe ich zum Weltfrauentag 2023 gelöscht.)
So scheint
Frau Werner nur wenig vorbereitet in eine TV-Wahlkampfrunde gegangen zu sein, die –
peinlicher Weise - vom offenen Kanal OK.54 in der letzten Woche vor der Wahl
als Dauerschleife gesendet wurde. Auf die schlichte Frage des Moderators, die
Linke befürworte doch den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs - und vor diesem
Hintergrund wolle er wissen, welche regionalen Bahnstrecken den primär von den
Linken reaktiviert werden sollten, - antwortete Frau Werner nur im Allgemeinen,
dass die Bahnfahrten billiger werden sollten, aber mit keinem Wort auf die
konkrete Frage, „welche Strecken zuerst reaktiviert werden sollen“ (OK.54). Ich
bin mir nicht sicher, ob Frau Werner überhaupt weiß, um welche regionale Strecken
es sich dabei überhaupt handeln könnte!? – (Ein Satz wurde von mir zum Weltfrauentag 2023 gelöscht)
Diesmal hat aber die Mehrheit der Wähler/innen nicht nur mitbekommen, wie
mangelhaft es um das Sachwissen von Frau Werner bestellt war, sondern die
Wähler/innen haben auch entsprechende Konsequenzen daraus gezogen. – Das tut
einem im linksaktiven Herzen überaus Weh!
(Den ursprünglich folgenden Satz habe ich zum Weltfrauentag 2023 gelöscht.)
Zuletzt erfährt man in dem Hintergrundbericht auch,
dass Frau Werner ihre „Polit-Karriere … nicht an den Nagel hängen will“ (TV,
ebd.)! - Das erstaunt nicht! Dennoch wird es den TV-Reporter erstaunt haben, denn er kann es sich nicht verkneifen, in einem Nebensatz explizit
zu betonen, dass Frau Werner doch immerhin „auf Landes- und Kreisebene hohe
(sic!) Funktionärsposten bekleidet“ (TV, ebd.) habe, die sie jetzt aufgeben müsse. (Zwei Sätze habe ich zum Weltfrauentag 2023 an dieser Stelle gelöscht.)
Dass aber Frau Werner persönliche politische Verantwortung für das Wahldesaster
der Linken in RLP übernimmt, diese Aussage fehlt hier völlig! –
Aber: Es kann der politischen Karriere nicht schaden, wenn 'man' sich jovial der
weiteren Verwendung für die Partei Die Linke zur
Verfügung“ stellt (TV, ebd.)! – Die Konsequenzen müssen aber in RLP gezogen werden.
(Zum Weltfrauentag 2023 wurde der ursprüngliche Satz geschlöscht.)
Es scheint der Genossin, Frau Katrin Werner, genau das gefehlt zu haben, was ihre politische
Konkurrentin von der SPD um das Direktmandat im Trier Wahlbezirk, Verena
Hubertz (SPD, MdB), so erfrischend auszeichnet: Sachverstand und persönliche
Glaubwürdigkeit!
Wenn die kritische Leserin jedoch aus meinem Lob für die SPD den Schluss ziehen sollte, ich hätte die SPD auch deshalb gewählt, unterliegt sie einem klassischen Fehlschluss!!! Diese Schlüsse sind jedoch in der Politik gang und gäbe! Ein aktuelles Beispiel:
Gregor Gys schließt munter aus der Tatsache, dass es lediglich nur drei Direktmandate für die Linke gegeben hat, die zudem aus dem "Osten" kommen, dass die Linke eine stärkere "Ostausrichtung" zur Identitätssicherung benötige. - Das ist falsch! Denn es geht nicht an, dass hier in einer Ost/West-Spaltung Gegensätze aufgebaut werden, die längst überwunden sind. Wenn der Osten Deutschland mehr Gerechtigkeit braucht (Wirtschaft, Rente, Löhne), dann ist das eine Frage der "Gerechtigkeit" und nicht die eines Ost-West-Antagonismus, der mit dem Schwerpunkt des Ostens gelöst werden wird! Die Linke ist entweder eine gesamt Bundespolitische Pratei - oder ist keine mehr und damit weg vom Fenster des politischen Interesses!
Der Partei Die Linke wünsche ich dagegen den politischen Verstand und die Kraft aus dem
Wahldesaster 2021 endlich personelle und zum Teil – aber wesentlich weniger -
auch inhaltliche Konsequenzen zu ziehen, die mit den Spitzenkandidaten/innen
verbunden sind. Kritische Stimmen, die die Partei jetzt von innen heraus Erneuern
wollen und auch Erneuern müssen, gibt es seit langem genug! -
Die seit geraumer Zeit vorliegenden Positionspapiere müssen nun ausgearbeitet und schnellst möglich umgesetzt
werden. Selten gab es eine Zeit, in der
eine starke Linke mehr gebraucht wird als heute!
Ich werde mich weiterhin in der LAG-BGE in RLP engagieren und dafür einsetzten, dass das Bedingungslose Grundeinkommen in der offizielle Wahlprogramm der Linken aufgenommen wird, so dass eine neue, linke Politikausrichtung alle politisch relevanten Teilbereiche auf die Realisierung des BGE als eine notwendige Gerechtigkeitsoption ausrichtet. - Das ist eine Erneuerung linksaktiver Politik. Zudem braucht es dringend eine sich gegenseitig stärkende "Neue Internationale"!
(02.10.21)
Ein Erfolg für die gesamte Nachbarschaft, 05.02.21
Der Landesbetrieb Mobilität spricht sich mit seinem Schreiben vom 03.02.2021
für die Einführung von Tempo-30 in der Avelsbacher Straße aus.
Vorausgegangen war ein fast einjähriger Brief- und E.mail-Verkehr mit
verschiedenen Behörden der Stadt Trier sowie dem Baudezernenten Herrn Ludwig,
gefolgt von einer Eingabe beim Ministerium für Wirtschaft Verkehr,
Landwirtschaft und Weinbau in Mainz, die dort zunächst intern mehrfach weiter-
und fehlgeleitet wurde, bis sie über die ADD-Trier letztlich an die zuständige
Stelle für Verkehrsfragen, nämlich den Landesbetrieb Mobilität mit Außenstelle
in Trier gelangte.
Bis zu diesem Zeitpunkt waren immer wieder sehr deutliche Stellungnahmen und
Wiederlegungen fadenscheiniger Argumentationen, die sich über fast zwanzig
Jahre hinweg auf Seiten den Stadtverwaltung in Trier aufgetürmt und nicht
verändert hatten, nötig, um den vernünftigen Argumenten der Nachbarschaftsvereinigung
in der Avelsbacher Straße gehör zu verschaffen.
Denn schon vor gut zwanzig Jahren forderte die damalige „Bürgerinitiative ‚Lebenswertes
Kürenz‘" (BI) im Zusammenhang des Aus- und Rückbaus der Avelsbacher Straße
als Direktweg zur Landesgartenschau 2004 eine Tempo-30-Beschränkung auf der
gesamten Teilstrecke von ca. 800 m. Konkret: Beginnend bei der Unterführung an der
Kreuzung am Wasserweg bis hin zur Domänenstraße/Ecke Grüneberg. Der Grund war
schon damals der gleiche wie heute: Nämlich die besonderen städtebaulichen
Rahmenbedingungen in der Avelsbacher Straße mit ihrem sog. „Tunneleffekt“, der
aufgrund der sehr engen und hohen städtischen Bebauung entlang der gesamten
Straße auftritt. Ein Umstand, der beispielsweise oberhalb im „Avelsbachertal“
NICHT auftritt, weil die Öffnung zum Tal sowohl die Schadstoffausstöße als auch
die Lärmbelästigungen der zahlreichen Autos und LKW aus den Höhenstadtteilen
und aus dem Umland vermindert und verdünnt. – Das ist in der Avelsbacher Straße
nicht der Fall, weswegen das OVG-Koblenz schon im Jahr 2004 feststellte, dass
die Verkehrssituation in der Avelsbacher Straße insgesamt
„gesundheitsgefährdend“ (Urteil OVG,2004) sei. Die Stadt wurde aufgefordert,
durch den Einbau passiven Schallschutzes, sprich Schallschutzfenster, dafür
Sorge zu tragen, dass die Lebensbedingungen in den Wohnzimmern der
Anlieger/innen „zunächst“ (OVG-Koblenz, 2004) wieder erträglicher werden
sollten. Das betraf den Ausbau von damals zunächst nur drei weiteren
Neubaugebieten auf dem Petrisberg. Mittlerweile haben sich die Neubaugebiete
verdreifacht – und es kommen immer noch neue Gebiete hinzu!
Die Forderung der BI an die Stadt, zuerst für den Ausbau der Straßen (in Olewig
und im Avelertal) zu Sorgen, bevor danach auf dem Petrisberg, etc. gebaut
werden können, wurde vom OVG abgelehnt, weil die Stadt glaubhaft machte, dass
bei ‚Gelegenheit‘ für eine neue Verkehrsanbindung an die Höhenstadtteile
gesorgt werden würde. – Eine Zusage, die bis heute nicht realisiert und nur
unzureichend geplant wurde (vgl. Mobilitätskonzept 2025).
Neueste Pressemitteilungen
der Stadt über den TV rechnen nicht vor 2035 mit dem Baubeginn einer
Grüneberg-Tangente. Beginnend aus Richtung Metternichstraße und nicht umgekehrt
von der Ecke Grüneberg/Domänenstraße, was eine Entlastung der Avelsbacher
Straße nochmals um Jahre verzögert!
Hinzu kommen noch konkret geplante Mehrbelastungen des
Verkehrsaufkommens in der Avelsbacher Straße von Seiten der Stadt Trier durch
den Ausbau des ehemaligen Walzwerkes in Altkürenz, das Burgunderviertel auf dem
Petrisberg sowie die Erschließung des Grünebergs für die Mitarbeiter/innen und
den Fuhrbetrieb der ART.
Vor diesem Hintergrund - mit Aussicht auf keine Besserung - hatte
ich mich entschlossen, aufgrund eines Leserbriefes meiner Frau an den TV und
die entsprechenden Rechtfertigungen der Verkehrsbehörden der Stadt Trier, „man“
habe doch schon soviel für die Anwohner/innen in der Avelsbacher Straße getan,
so dass von Seiten der Stadt Trier „kein weiterer verkehrslenkender
Handlungsdarf mehr bestünde“ (E-Mail), was zudem auch neueste Verkehrsgutachten
bestätigten, einen eigenen Antrag auf die Einführung von Tempo-30 in der
Avelsbacher Straße zu formulieren.
Zunächst kontaktierte ich den Baudezernenten am 16.06.20 über
sein Kontaktformular. Allerdings erhielt ich weder eine Eingangsbestätigung
noch eine Antwort auf meine 16 Verkehrsfragen, die allesamt in den Antrag auf
Tempo-30 kulminierten. Daraufhin entschloss ich mich am 22.06.20 das Schreiben öffentlich
zu machen, indem ich es an alle Fraktionen im Stadtrat sowie an die
Rathauszeitung und den TV verschickte. Allerdings erhielt ich auch hier keinerlei
Empfangsbestätigung geschweige denn irgendeine Reaktion. Es wurde nichts
berichtet, politisch nichts in die Wege geleitet. Am 17.08.20 Kontaktierte ich sodann
das Verkehrsministerium in Mainz, um mich einerseits zu beschweren und anderseits
erneut dort meinen Antrag auf die Einführung von Tempo-30 in der Avelsbacher
Straße zu stellen. Am 26.08.20 erhielt ich kurzfristig die Antworten auf meine
Verkehrsfragen vom Trierer Baudezernenten, allerdings wiederholt mit dem
Hinweis, die Stadt könne aufgrund einer Landesgesetzgebung die Geschwindigkeit
auf Landstraßen nicht unter 50 km/h reduzieren. Wir könnten ja gegen die Stadt klagen!
In Mainz dagegen wollte man mein Schreiben an entsprechende Fachstellen
weiterleiten.
Zwischenzeitlich erhielt ich Ende Januar 2021 von der
BI-Walzwerk das neueste Verkehrsgutachten des Verkehrsplanungsbüro R+T, welches
die Stadt schon zu Zeiten der Dezernentin Frau Kaes-Torchiani beraten hatte,
mit dem Titel: „Aktualisierung der Verkehrsprognose Stadtteil Kürenz“ vom
04.01.2021. Dort wurde zusammenfassend festgestellt:
„Die Neuberechnungen der Verkehrsprognose mit aktualisierten Datengrundlagen
bestätigt somit die Ergebnisse der bisherigen Verkehrsuntersuchungen, sie zeigt
aber auch, dass die Berechnungen für die Bebauungspläne in Kürenz tendenziell
auf der sicheren Seite lagen und somit der gemeinsamen Betrachtung aller
Baugebiete mit den aktuellen Nutzungsdaten kein zusätzlicher Handlungsbedarf
auftritt.“ (Ebd., S. 22)
Der letzte Satz erstaunt doch sehr! Gegen eine bloße
„Berechnung“ der Verkehrssituationen in der Avelsbacher Straße hatte schon die BI
massive Einwände erhoben, weil nicht klar ist – und auch bis heute nie klar von
Seiten der Stadt kommuniziert wurde (!) – ob die städtebaulichen
Besonderheiten, die die Avelsbacher Straße auszeichnen - (vgl. Tunneleffekt)
sowie die zusätzlichen Belastungen durch die über zwanzigjährige Bebauungsphase
der Höhenstadtteile - in den
Verkehrsprognosen mit eingerechnet oder gar herausgerechnet (!) wurden – im
Rechenvergleich zu anderen „Landstraßen“? Die Anwohner/innen haben dagegen in allen
ihren Anschreiben an die Stadt immer wieder konkrete „Schadstoffmessungen“ und
Verkehrszählungen vor Ort in der Avelsbacher Straße gefordert, die jedes Mal –
zuletzt im Antwortschreieben des Baudezernenten, Herrn Ludwig -, als unnötig
abgetan wurden.
Dabei erleben wir die Unzumutbarkeiten des Straßenlärms, der
andauernden Erschütterungen durch LKW und Stadtbusse vor allem in den Morgen-
und Abendstunden tagtäglich, vereinzelt sogar bis in die Nacht hin, ohne dass
jemals ein/e verantwortliche/r Politiker/in aus Verwaltung oder von den
vertretenen Fraktionen im Stadtrat vorbeikommen wäre, um mit eigenen Augen zu
sehen oder mit eigenen Ohren zu hören, was hier in der Straße los ist.
Gegen diese gesamten Widerstände auf Seiten der Verwaltung
und Passivitäten bei den verantwortlichen Parteien im Stadtrat, haben wir
fortwährend Stellungnahmen, Briefe und E-mails an politisch Verantwortliche
gerichtet ohne uns entmutigen zu lassen, und erneut unsere Forderungen und
Erwartungen für ein Lebenswertes Leben in der Avelsbacher Straße formuliert.
Dazu gehörte auch die naheliegende Forderung, den
„gesundheitsgefährdenden“ (OVG-Koblenz, 2004) Straßenlärm durch die Einführung von
Tempo-30 in der Avelsbacher Straße erträglicher zu machen.
Nicht zuletzt hatte im letzten Jahr auch die CDU-Fraktion im
Schweicher Stadtrat einen Antrag gestellt, die komplette Durchgangsstraße in
Schweich, die wie auch die Avelsbacher Straße in Trier eine „Landstraße“ ist,
für die nicht die Stadtverwaltungen, sondern das Land RLP verkehrslenkende
Verantwortungen übernimmt, mittels einer durchgängigen Tempo-30-Regelung zu
beruhigen. Das einleuchtende Argument lautete auch in Schweich:
Die verfassungsgemäß garantierte „Gesundheit“ von Bürger/innen – hier: der
Anwohner/innen in den Straßen - müsse Vorrang vor einem gewünschten zügigen
Verkehrsfluss als Interesse der Autofahrer/innen haben. Mit anderen Worten:
Gesundheit geht vor Schnelligkeit! Lärmschutz vor Geschwindigkeit!
Entsprechende Umsetzungen von ganzen „Tempo-30-Zonen“ zeigen verschiedene
Großstädte wie z.B. auch Mainz, die zum Teil auch Landes- sowie Bundesstraßen
betreffen.
Allerdings beharrte der Trierer Baudezernent, Herr Ludwig,
noch in seinem letzten Brief an mich sowohl auch in einer Stellungnahme an die
ADD, die ich erwirkt hatte, darauf, dass der Stadt Trier „die Hände gebunden
seien“, was die Einführung von Tempo-30 in der Avelsbacher Straße beträfe, denn
die Stadt habe keinen Einfluss auf die Landesverkehrsgesetzordnung, die eine
Geschwindigkeitsreduzierung auf „Landstraßen“ unter die
Geschwindigkeitsuntergrenze von 50 Km/h verbiete! – Das gelte sowohl für die
Stadt Schweich als auch für die Stadt Trier. Weder die Stadt, noch er als
Baudezernent noch die Stadträte im Rat der Stadt Trier können daran etwas
ändern – so der Baudezernent.
Vor die folgende Situation gestellt, dass nämlich sowohl die
Verwaltung der Stadt keinen Handlungsbedarf als auch die einzelnen politischen
Vertreter/innen keine Möglichkeit zur Veränderung der Verkehrssituation in der
Avelsbacher Straße sehen und sahen, entschloss ich mich, den Verein „Deutsche Umwelthilfe
e.V.“ zu kontaktieren, um mich dort zu beraten und ggf. Hilfe zu erhalten. Die
Sekretärin des Vereins antwortete umgehend, konnte aber keine Hilfe zusagen,
weil der Verein derzeit in vielen Bundesländern und Städten dafür Sorge trägt,
dass „Dieselfahrverbote“ per Gericht überall dort veranlasst werden, wo die
Verkehrssituationen „gesundheitsgefährdend“ (OVG-Koblenz, 2004) sind und die entsprechenden
Grenzwerte in den Straßen überschritten werden.
Der Baudezernent in Trier, Herr Ludwig, bestritt in seinen
Schreiben und Stellungnahmen, die über die ADD an mich weitergeleitete wurden, bis
zuletzt, dass in der Avelsbacher Straße diese „Grenzwerte“ überschritten seien.
Er bezog sich dabei freilich nicht auf konkrete Messungen vor Ort, die von uns
jeweils gefordert, aber jedes Mal von Seiten der Stadt abgelehnt wurden,
sondern auf oben genannte Rechengutachten und Verkehrsprognosen der Firma R+T.
Deren Aussagekraft ziehen wir allerdings nicht ohne Gründe, weil z.B. ohne
konkrete Messungen vor Ort, in Zweifel.
Vor diesem Hintergrund erreichte meine Eingabe im November
2020 endlich die sachlich und fachlich zuständige Stelle im Landesbetrieb
Mobilität mit Außenstelle in Trier, die umgehend den Empfang bzw.
Weiterreichung meines Schreibens bestätigte und eine Prüfung unseres Begehrens
zusagte, in der Avelsbacher Straße als weitere verkehrslenkende und
verkehrsberuhigende Maßnahme eine Tempo-30-Regelung einzuführen.
Erwartet haben wir zusammen mit der Nachbarschaft in der
Avelsbacher Straße eine gradlinige Ablehnung unseres Anliegens, nicht zuletzt
aufgrund der jeweils abschlägigen Antworten auf allen Seiten der Stadt, nicht
sie, sondern das Land RLP sei für die bisher unterlassene
Geschwindigkeitsreduzierung verantwortlich.
Mit einem Vorabschreiben vom 03.02.2021 per E-Mail erreichte
mich nun die fachliche Stellungnahme des Landesbetriebs Mobilität RLP mit
Außenstelle in Trier.
Darin teile der zuständige Projektleiter, Herr Bösen, mir
offiziell mit, dass der Landesbetrieb Mobilität RLP „zukünftig“ zu folgt
verfahren wolle:
„Zur Verbesserung der bereits vorhandenen Möglichkeiten zur
Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen auf 30 km/h aus Lärmschutzgründen
in den rheinland-pfälzischen Ortsdurchfahrten hat die Landesregierung
entschieden, dass zukünftig, in Fortschreibung der Handreichung in der Fassung
vom 03.02.2016, die nachfolgend aufgeführten Richtwerte der Lärmsanierung
(Stand 31.07.2020) zu Grunde gelegt werden können.“ (Schreiben vom 03.02,21, S.
2/5).
Es folgt eine Tabelle, die neben der „Gebietsnutzung“ die
neuen Richtwerte „dB(A) Tag“ und „dB(A) Nacht“ auflisten.
Bedeutsam für die Avelsbacher Straße, die bisher unter der Kategorie „in
Kerngebieten, Dorfgebieten und Mischgebieten“ geführt wurde, sind nun die
folgenden Richtwerte:
„69 dB(A) Tag“ sowie „59 dB(A) Nacht“.
Der Landesbetrieb Mobilität KANN einer
Geschwindigkeitsreduzierung nun schon zustimmen, „wenn Auslösewerte der
Lärmbelästigung erreicht werden, eine Überschreitung dieser Auslösewerte ist
nicht mehr erforderlich.“ (Schreiben, vom 03.02.21, ebd.)
Das ist ein erhebliches Zugeständnis an die Umwelt- und
Gesundheitsverträglichkeit von Lärmbelästigungen in Straßen, die ihre
verkehrstechnische Leistungsfähigkeit erreicht haben!
Dass zu diesen Straßen u.a. auch die Avelsbacher Straße
gehört, wird wohl keiner in der Stadt bestreiten wollen.
Insofern erfreut uns Anwohner natürlich der entscheidende
Schlusssatz:
„Die Straßenverkehrsbehörde der Stadt Trier hat mit Mail
vom 01.02.2012 die Zustimmung auf Anordnung von Tempo 30 gem. § 45 Abs. 1 Nr. 3
StVO für die L 144 – Avelsbacher Straße, beantragt.“ (Schreiben, 03.02.21, S.
2/5)
Damit das Verfahren ordnungsgemäß abgeschlossen werden kann,
wurde die Stadt „angewiesen“ zunächst die „Verkehrsbehörde der Stadtverwaltung“
und die „Polizei“ in dieser Sache anzuhören, um dann nach Vorlage „der
aktuellen RLS-90 Berechnung auf Basis von DTV-Istwerten und dem Entwurf einer
verkehrsbehördlichen Anordnung mit einer konkreten Festlegung der
Streckenbereiche mit Zeichen 274-30 durch die Stadtverwaltung Trier“ (ebd. S.
3/5) darzulegen, „welche verkehrstechnischen Maßnahmen im Rahmen der
ordnungsgemäßen Abwägung und darzulegenden Begründung beabsichtigt werde.“
(Schreiben, 03.02.21, S.3/5)
Mit anderen Worten: Es liegt jetzt einzig am Willen der
Stadt Trier, die angebotenen Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung in der
Avelsbacher Straße durchzuführen! – Ausreden, wie bisher, man könne nichts tun,
weil einem die Hände gebunden wären, ziehen nicht mehr als Ausrede zu einem
zwanzigjährigen Nichthandeln!
Zumindest schließt der Landesbetrieb Mobilität RLP mit
Außenstelle Trier zuversichtlich, wenn er schreibt:
„Im Rahmen dieses Verwaltungsverfahrens auf Anordnung von Tempo 30 für die L
144 – Avelsbacher Straße -, stellen wir in Aussicht, sofern die erforderlichen
Richtwerte durch eine aktuelle RLS-90 Berechnung bestätigt werden, zuzustimmen.
- Wir hoffen im Rahmen unserer Prüfung zu einem positiven Ergebnis im Sinne
Ihrer Eingabe gekommen zu sein. -
Mit freundlichen Grüßen (…)“
(Schreiben, 03.02.21, S. 3/5)
Das kann ‚man‘ wohl sagen!!! - Ein großer Erfolg für uns
alle in der Avelsbacher Straße und ein Meilenstein für das Land RLP!
Am nächsten Tag habe ich mich freundlich bei dem zuständigen
Projektleiter für diesen Perspektivenwechsel in der Beurteilung von
Geschwindigkeitsreduzierungen aus Gründen des Lärmschutzes bedankt, in der
Hoffnung, dass wir als Anwohner/innen in der Avelsbacher Straße schon bald
wieder zu erträglichen Lärmbelästigen zurückkehren werden, wohlwissend dass
dies auch für die Stadt eine gute Lösung darstellt.
Wir warten zunächst weiterhin, wie die Stadt vorgehen und
bezüglich der Formalia verfahren wird.
PS. Der Ortsvorsteher von Kürenz wurde informiert. Er teilte Glückwünsche mit. -
Den Vertreter der CDU im Schweicher Stadtrat habe ich per Mail informiert. Der
teilte die Freude mit uns und bestätigte, den Antrag in Schweich für die
dortige Durchgangsstraße erneut einbringen zu wollen. Wir hoffen, dass wir sehr
bald auch von dort die Korken knallen hören. (Lärmschutz tut gut!)
(05.02.21)
An die LAG-BGE Die Linke. RLP
Hallo, et al.
In den letzten Tagen habe ich mir einige Gedanken darüber gemacht,
was ich an der populären Aktion „Mein Grundeinkommen“ eigentlich etwas „schräg“ finde.
Mit
einem Wort:
Es ist die nicht klar gezogene Grenze zwischen dem, was ich an Informationen
zum BGE einerseits erhalte und meinen abgegriffenen Daten andererseits, die der
Verein für eine wissenschaftliche Begleitstudie verwendet.
Diese Grenze (Information – Erhebung) ist nicht klar definiert.
Vielmehr geht sie fließend über in den mir vom Verein zur Verfügung gestellten
Materialen und Fragestellungen.
Dazu gehört auch der von Uli freundlicher Weise uns weitergeleitete
Auszug aus dem Info-Brief. (siehe oben)
Der Verein „Mein Grundeinkommen“ will meine (sic!)
Motivationen abgreifen, weswegen ich politisch (!) nicht nur für ein „bedingungsloses
Grundeinkommen“ bin, sondern er will auch wissen, ob meine eigene Motivation
eine „soziale“ ist oder eine „marktwirtschaftlich“ orientierte oder eventuell
sogar nur eine „egoistische“?!
Um diese Motivation herauszufinden, werde ich als Bewerber und
Teilnehmer der Lotterie, die darüber entscheidet, wer das BGE tatsächlich
bekommt, gefragt, was ich mit meinem Grundeinkommen in Höhe von 1200€, das ich drei
Jahre lang erhalten werde, anfangen möchte? Zudem werde ich gefragt, ob ich
eventuell auch bereit bin auf einen Teilbetrag des BGE zu verzichten, damit
auch meine Freunde/innen zusätzlich zu mir mit einem für alle etwas geringeren
(z.B. 1000€ statt 1200€) Einkommen ausgestattet werden. Voraussetzung ist
jedoch, dass ich bei der Lotterie gezogen werde.
Doch genau hier liegt der Knackpunkt meiner Kritik:
Denn nicht „ich“ muss nachweisen, dass ich „sozial“ eingestellt bin, indem ich
meine Vorhaben offenlege, sondern der „Staat“, die „Gemeinschaft, deren Teil
ich unter anderen bin“, muss darlegen, weshalb er oder die Gemeinschaft gegen
ein BGE votieren. Die Ablehnung (sic!) von „Sozialhilfe“ im weitesten Sinne
muss ethisch und politisch jeweils gegründet werden! Die Gegner/innen des BGE sind
in der Pflicht, Gründe zu nennen, weswegen sie gegen eine Verbessrung der allgemeinen
Lebensbedingungen von Millionen von Menschen (landesweit, EU-weit, weltweit)
sind.
In der Fragestellung des Vereins „Mein Grundeinkommen“ wird
die Beweislast aber umgekehrt: Nicht „ich“ muss beweisen, dass ich „bedürftig“
oder ethisch „würdig“ bin, sondern die Gegner des BGE müssen darlegen, weshalb
sie dieses sozialpolitische Instrument ablehnen und bewusst nicht anwenden wollen.
Auffallend hierbei ist vor allem, dass ja keine wirklichen Alternativen zum BGE
vorgeschlagen werden, sondern alles beim Alten bleiben können solle: Eben
Verelendung breiter Bevölkerungsschichten – gemessen am gleichzeitig angehäuften
Vermögen einiger weniger (landesweit, EU-weit, weltweit). Die mit unter de facto gegebene individuelle „Bedürftigkeit“
vieler Menschen liegt ja vor aller Augen offen zu Tage, wenn „man“ nur mal die täglichen
Nachrichtigen sieht und bewertet.
Auch unter der Annahme, dass ich selbst als Person J.V.
keine größeren Vorteile vom Erhalt eines monatlichen BGE hätte, weil es mit
meinen sonstigen „Verdiensten“ verrechnet werden würde (Vgl. das Linke
Konzept), kann nicht geschlossen werden, dass es an meinen persönlichen Motiven
läge, ungeeignet (oder geeignet!) für das BGE zu sein.
Mit anderen Worten: Indem der Verein „mein Grundeinkommen“
vorgibt, eine wissenschaftliche Studie über die Motivationen der Befürworter
eines „Grundeinkommens“ zu erheben, stellt er zugleich stillschweigend die „Bedingungslosigkeit“
des Einkommens in Frage.
Mit der Information darüber, was jemand mit dem Erhalt seines
BGE anfangen will, kann „man“ – und darf „man“ (!) – keine etwaigen Gründe „für
oder gegen“ das Grundeinkommen ableiten wollen.
Die Argumente „für oder gegen“ ein BGE müssen also auf einer
anderen Ebene verhandelt werden, die nicht persönliche Motive mit einbezieht!
Den ein solches auf die Person bezogenes Urteil würde die politische so
wichtige soziale „Bedingungslosigkeit“ untergraben.
Wenn also das BGE „bedingungslos“ sein soll (- und alles
andere ginge ja tatsächlich nicht), dann dürfen keine persönlichen Motive
diskutiert werden, sondern es müssen gesellschaftspolitische Gründe benannt
werden. Zum Beispiel: Gründe ausgleichender Gerechtigkeit; Wahrung der
Menschenrechte; Umverteilungen, wegen maßlosen Reichtums weniger; Absicherungen
im Berufsleben (siehe: Corona); Freiheit gegenüber profitorientierten
Marktzwängen, etc. pp.
Denn nur, wenn das „Grundeinkommen“ wirklich „bedingungslos“
(!) ist, bin „Ich“ nicht verpflichtet darüber Auskunft zu geben! Die Verwendung
des Grundeinkommens wäre meine persönliche Privatangelegenheit. Es unterläge
zwar nach wie vor gesamtmarktwirtschaften Zwängen (z.B. wegen der Höhe), aber
es unterläge nicht individuellen Rechtfertigungen gegenüber Dritten meinerseits,
aus denen dann Gründe „für oder gegen“ das Einkommen gezogen werden könnten.
Der häufig angeführte Hauptgrund der Gegner des BGE lautet
leicht zusammengefasst:
Es gibt für Ein BGE kein – oder nur zu wenig – Geld! – Das alles sei marktwirtschaftlich
unrealistisch!
Dieses „Scheinargument“ wird wohlwissend angeführt auch von denjenigen, die
nicht leugnen, dass die Profitraten der schon jetzt Reichen weiter ins Unermessliche
ansteigen – gemessen am jeweilen Durchschnittsverdienst landesweit, EU-weit,
weltweit. - Jedoch wird auch von den
gleichen Gegnern des BGE bewusst darüber keine Diskussion geführt, wo denn sinnvoller
Weise eine mögliche Grenze in Bezug auf (persönliches) Vermögen und auf
Verdienstprofite gezogen werden sollte! – Hier immer in Relation zur
bestehenden Armut. (Vgl. dazu die allgemeine Definition der UN zur „absoluten“
und „relativen“ Armut!).
In der Tat:
Es muss sich auf (fast) allen Politikbereichen etwas – und das ist nicht wenig!
- „sofort“ ändern, damit die „Bedingungslosigkeit“ des Grundeinkommens als eine
sinnvolle Bedingung einsichtig wird und nicht nur etwaige, persönliche
Befindlichkeiten und Motivationen, über die man sich zwar „unterhalten“ kann,
die aber nichts zur grundsätzlichen Entscheidung FÜR DAS BGE beitragen.
Es bedarf eines abgestimmten Politikprogramms (landesweit, EU-weit
und weltweit)!
Es bedarf einer neuen „Internationale“!
(07.01.21)
Kritik ist noch geschmeichelt!
Die Telekom ist - mit Verlaub gesagt - ein "Scheißladen"!
Es ist so gut wie überhaupt nicht möglich, eine kompetente Information zu einem bestehenden Problem zu bekommen.
Entweder man wir von einem "Automaten" abgspeist, oder man endet im Nirvana von vorgefertigten Zahlentasten, die jedoch alle nicht das anstehende Problem bezeichnen.
Einen wirklichen "Menschen" findet man nur in Callcentren, die irgendwo sitzen, etwas versuchen und am Ende zu einer weiteren Stelle weiterleiten. - Das alles dauert -ohne nennenswerte Ergebnisse.
De facto: 1. Unser Internet ist nachweislich zu langsam! Eine onlinemessung zeigte am 28.12.2020 Werte von 30.6 von 50 und 24.6 von 50 Mb/s. Unser Vertrag legt aber 50 Mb/s fest, die heir eindeutug nicht erreicht werden. Und das direkt neben dem Router gemessen.
Die Telekommessung sagt abernach wie vor, es lägen keine Probleme vor. - Weiter kommt man dan nicht! - Das Probelm bleibt weitehin bestehen.2. Meine "Homepage" besteht seit 12 Jahren (!). Die Telekom hat jedoch - ohnr mich jemals schriftlich zu informieren (!), die Vertragsbedingungen zunehmend verändert, so dass fast alle Funktionen, die ich ursprünglich mitgeliefert bekam, mittlerweile außer Betrieb gesetzt sind. Ich kann z.B: keine eigene Datein als Link hochladen! Ich kann keine Bilder hochladen. Ich kann nichts verlinken. Alle diese Funktionen funktionieren nicht (mehr), obwohl ich keine Preisreduzierung angeboten bekommen habe, aufgrund des Ausfalls dieser Möglichkeiten.
Dagegen wird mir in Telefongesprächen z.B. mit dem "Technischen Dienst" - wenn ich schon mal durchgestellt bin! - lediglich gesagt, man "pflege dieses 'alte Progamm' nicht mehr." - Fertig aus!
Meine kompletten Texte lassen sich auch nicht in ein neues Format übertragen! Jeden einzelnen Text (von über 12 JAHREN Publikationstätigkeit) müsste ich separat übertragen, oder ganz löschen, wenn ich denn eine neue Homepahe installieren wollte! - So ein Blödsinn! - mit Verlaub gesagt! "Die" wissen wohl gar nicht bei der Telekom, welche Arbeit in einer 12'jährigen Homepage steckt!?
Gelöst ist dieses Probelm bis heute nicht - trotz meines beständigen Ärgers! Und trotz des zunehmend langsam werdenden Internets. In einingen Räumen habe ich kompett keinen Empfang mehr, was vor einem hlaben Jahr noch ganz anders war!
-Was soll man da noch sagen? -
Der Telekom-Laden ist weit entfernt davon "kundenfreundlich" zu sein! Vielmehr tuen alle dort das Eine: Sich möglichst alle Probleme von Hals zu halten! Denn dann gibt es offiziell auch keine Probleme. Und "man" kann sich dem widmen, wofür die Kontakt-Hotlines eigentlich und primär angelegt sind: nämlich den "depperten" Verkauf von Telekom-produkten weiteren Vorschub zu leisten. -
Danach kommt die Sintflut! Aber keine gescheite Beratung, Hilfestellung oder Problemlösung! -
Wie auch, wenn die Telekomeigenen Kommunikationsplattformen alles daran setzen, den Kundenkontakt zu verkomplizieren und/oder ganz zu verunmöglichen. - Das war's in diesem "Saustall"!!!
(06.01.21)
*** 2021 *** oberhalb
Zeit zum vorweihnachtlichen Nachdenken: Ein Artikel von Rüdiger Raus zur Bedeutung des Sozialismus
(Der Beitrag gibt allein die Meinung des Autors wieder und nicht (ausschließlich) die des Herausgebers)
China
und der Sozialismus
China bezeichnet sich selbst
als sozialistisch, andererseits aber lässt die Volksrepublik das Privateigentum
an Produktionsmitteln zu. Das passt für viele nicht zusammen.
Linke Schwäche
Unser heutiges Bild vom Sozialismus ist geprägt durch die
ehemalige UdSSR und die anderen Staaten, die sich als real-sozialistisch
bezeichneten. Sie wurden als arm und rückständig dargestellt, wie es den
westlichen Betrachtern auch heute noch im Falle Nord-Koreas und Kubas
vermittelt wird. Dabei darf nicht vergessen werden, wer dieses Bild gezeichnet
hatte.
Es sind die westlichen Medien, weitgehend private
Unternehmen. Diese haben kein Interesse daran, sozialistische Entwicklungen
durch objektive Berichterstattung zu unterstützen. Denn damit schaufelten sie
ihr eigenes Grab. Dieses Interesse der Herrschenden hierzulande darf bei der
Diskussion über den Sozialismus nicht vergessen werden. Das soll aber nicht
bedeuten, dass sie durchweg unrecht hatten, nur muss man sich auch der
Interessen der Berichterstatter bewusst sein.
Aber es ist an der
Zeit, dass sich stattdessen die Linke einen Standpunkt nicht nur zum
Sozialismus in China erarbeitet sondern generell zu der Frage: Was ist
Sozialismus und wie sieht er nach dem Untergang der UdSSR aus? Denn
eines wird immer deutlicher: Solange die Linke nicht zurückfindet zum
Sozialismus als gemeinsamem Ziel, das alle verbindet und auf die Zukunft
ausrichtet, werden Zerfall und Zerstrittenheit unter einander weitergehen.
Nur ein gemeinsames Ziel führt zu gemeinsamem
Kampf. Um das gemeinsame Ziel zu erreichen, braucht man jedoch die
entsprechenden Mittel der Orientierung, einen Kompass. Das ist die
materialistische Analyse der gesellschaftlichen Verhältnisse. Ohne eine Weltsicht,
die auch der Welt entspricht, führen alle Wege über kurz oder lang in die Irre.
Das bedeutet schonungslose Überprüfung all der
Gewissheiten über den Sozialismus, die bisher als unumstößlich gegolten hatten.
Denn offensichtlich haben in der Wirklichkeit Veränderungen stattgefunden, die
in manchen sozialistischen Betonköpfen noch nicht angekommen sind. Die Welt
verändert sich, auch wenn sich in den Köpfen nichts bewegt.
Rückständiger Sozialismus
Was Sozialismus ist, ist heute schwerer zu sagen
denn je. Bis zum Untergang der Sowjetunion und der Öffnung Chinas für
westliches Kapital schien diese Frage weitgehend klar und unstrittig zu sein:
Vergesellschaftung der Produktionsmittel und Diktatur des Proletariats. Punkt.
Das waren die Kriterien, die die Klassiker des Sozialismus herausgearbeitet
hatten.
Aber bereits für die Urenkel war strittig, ob die
UdSSR oder China als richtiger
Sozialismus bezeichnet werden konnte, soweit das überhaupt bestimmt werden
konnte. Weitere Verunsicherung brachte die Propaganda der Gegner des
Sozialismus. Sie verwiesen immer wieder auf dessen Rückständigkeit gegenüber
den führenden kapitalistischen Staaten. Dabei wurde aber nicht erwähnt, dass
die meisten anderen kapitalistischen Staaten gegenüber den führenden ebenso im
Rückstand waren, größtenteils sogar noch wesentlich mehr als die
sozialistischen Staaten.
Diese
Rückständigkeit war aber geerbt worden von der vorangegangenen bürgerlichen
Gesellschaft. Sie war letztlich kein Makel des Sozialismus sondern des Kapitalismus
selbst gewesen. Denn weder im alten Russland noch im vorrevolutionären China,
nicht in Kuba und auch nicht in Vietnam hatte das Bürgertum seine historische
Aufgabe erfüllt: Die Entwicklung der eigenen Gesellschaftsordnung mit moderner
Industrie und Bankenwesen. Das wäre Aufgabe
des Bürgertums gewesen, aber dazu waren die bürgerlichen Kräfte zu schwach.
Hierin liegt ihr historisches Versagen, das dann später gerade von jenen dem
Sozialismus angelastet wurde, die selbst nicht in der Lage gewesen waren, diese
Entwicklungsstufe zu erklimmen.
Stattdessen mussten
diese gesellschaftlichen Aufgaben dann notgedrungen und unter erheblichen
Opfern die kommunistischen Parteien übernehmen. Aber es blieb ihnen gar nichts
anderes übrig, als unter den vorgefundenen Bedingungen - der übernommenen
Rückständigkeit, den Verwüstungen der Kriege und den Wunden der Bürgerkriege -
erst einmal für die Lebensgrundlagen der Menschen zu sorgen, für bescheidenen
Wohlstand und den Anschluss an die Moderne. Das jedoch war nicht
die historische Aufgabe der kommunistischen Parteien. Diese bestand gerade
nicht in der Vollendung der bürgerlichen Gesellschaft sondern in ihrer
Überwindung. Ihre politische Bestimmung war es, die Völker aus dem Kapitalismus
in den Sozialismus zu führen. Ihnen oblag der Aufbau der sozialistischen
Gesellschaft mit der Unterstützung eines gesellschaftlich und fachlich breit
entwickelten Proletariats, das aufgrund des eigenen Wissens und der eigenen
Erfahrung aus dem kapitalistischen Produktionsprozess in der Lage gewesen wäre,
die Produktion zu übernehmen und weiter zu entwickeln. Auf ein solches
Proletariat aber konnten die kommunistischen Parteien weder in Russland, noch
in China, auch nicht in Kuba oder Vietnam zurückgreifen. Man musste den Sozialismus
aufbauen mit den Kräften, die man vorfand. Denn es gab dazu keine Alternative,
wollte man nicht die alten Verhältnisse wieder aufleben lassen, denen man doch
gerade durch die Revolutionen und Befreiungskriege zu entkommen versucht hatte.
Mangelnde Kapitalbasis
Waren diese Gesellschaften schon vor den
Revolutionen nur schwach entwickelt gewesen, so hatte sich diese Lage vorerst
durch die inneren Auseinandersetzungen wie Bürger- oder Befreiungskriege nicht
verbessert. Die Wirtschaft war schwach, der Lebensstandard niedrig, das Leben
entbehrungsreich.
Hinzu kamen nun noch die Versuche der führenden
kapitalistischen Staaten, die Entwicklung zurück zu drängen. Die Sowjetunion
wurde umzingelt mit Militärbündnissen und -stützpunkten. Ähnliches gilt für
China. Kubas Entwicklung wird seit Jahrzehnten durch Blockaden und Sanktionen,
Invasions- und Umsturzversuchen behindert. Vietnam wurde durch einen dreißig
Jahre dauernden Krieg versucht, „in die Steinzeit zurück zu bomben“.
All das beeinträchtigte die Entwicklung der
sozialistischen Staaten. Und dennoch kamen sie
allmählich und stetig voran dank der Opferbereitschaft der Bevölkerung
in ihrem Kampf für eine bessere Zukunft. Ihre Entwicklung wurde aber nicht nur
behindert durch die Drohungen der imperialistischen Staaten, zusätzlich
erschwerte der Mangel an Kapital ihr Vorankommen. Alle sozialistischen Staaten
hatten von Beginn an diesen entscheidenden Nachteil aufgrund der geringen
Kapitalbasis, die sie mit der Übernahme der Macht von Adel und Bürgertum übernommen
hatten.
Kapital war knapp, und der Zugang zu den
internationalen Kapitalmärkten war ihnen versperrt. Das sah in den entwickelten
kapitalistischen Staaten ganz anders aus. Hier jagte überschüssiges Kapital
rund um den Globus auf der Suche nach Anlage und Rendite. Aber um die
sozialistischen Staaten machte westliches Kapital verständlicher Weise einen
großen Bogen.
So kam nicht zusammen, was zusammen gepasst hätte,
bis Mitte der 1970er Jahre China sich
für westliche Investitionen öffnete. Der chinesischen Regierung unter Führung
der kommunistischen Partei ging es darum, die eigene Wirtschaft zu entwickeln,
um die rasant wachsende Bevölkerung zu ernähren. Denn Sozialismus ist nicht nur
eine Idee, er ist auch eine Hoffnung auf ein besseres Leben.
Aber diese Hoffnung muss sich bestätigen, sonst
verliert der Sozialismus wie jede andere gesellschaftliche Ordnung den Rückhalt
in der Bevölkerung und damit seine Existenzberechtigung. Armut ist nicht
erstrebenswert, wie einige Idealisten im Westen glauben, die keine Armut
kennen, und sie bringt die Menschheit auch nicht voran. Armut ist für nichts
gut.
Überbewertes Kapital Wie wichtig
gerade die Kapitalbasis als Voraussetzung für gesellschaftliche Entwicklung
ist, zeigt in eindrucksvoller Weise gerade die Volksrepublik China. Nirgendwo
hat der Zustrom von Kapital solch gewaltige Erfolge hervorgebracht wie in einer
Gesellschaft, die sich als sozialistisch versteht und von einer kommunistischen
Partei geführt wird. Ähnliches gilt übrigens auch für Vietnam.
Mittlerweile steht
dieses China an der Schwelle der weltweiten Technologieführerschaft. Es ist
nicht mehr nur die Werkbank der Welt, die von westlichem Kapital abhängig ist.
Die Volksrepublik ist selbst einer der größten Kapitalgeber und fördert mit
Projekten wie die Seidenstraße die weltweite Entwicklung von Infrastruktur.Da die Entwicklung
mittlerweile anders verläuft, als der Westen erhofft hatte, versucht man nicht
nur Chinas wirtschaftlichen Aufstieg zu bremsen. Es geht zunehmend um
politische Fragen. Wurde bisher von der westlichen Propaganda der Eindruck
vermittelt, dass Sozialismus Armut bedeutet, so ist dieses Bild durch die
Wirklichkeit widerlegt. Stattdessen versuchen westliche „Experten“ die
Ergebnisse des chinesischen Aufschwungs umzudeuten in den Erfolg des
Kapitalismus, der in China in Form von Markt und Privatinitiative Einzug
gehalten hat.
Dem westlichen Medienkonsumenten soll der Eindruck vermittelt werden,
dass nicht das politische Wirken der chinesischen Kommunisten und die
Leistungskraft der Bevölkerung die Ursache des Reichtums sind, sondern dass
„mehr Privateigentum und mehr Markt zu mehr Wohlstand für die Menschen führen
werden“(1).
In typisch
oberflächlicher Betrachtungsweise vieler westlicher „Experten“ singt der Autor
Rainer Zitelmann das Hohelied von Kapitalismus und Privatinitiative. Dass beide
eine hohe Wirkung auf die Entwicklung von Wirtschaft und Gesellschaft haben zu
bestreiten, wäre realitätsfern. Aber ebenso realitätsfern ist die fehlende
Wahrnehmung vieler westlicher „Experten“, dass all das nicht ohne Arbeitskraft,
also ohne Arbeiter geht. Jedenfalls kommen diese in den westlichen
Erklärungsversuchen nicht vor.Aber Kapital ohne
Arbeitskraft schafft keinen Mehrwert, denn es schafft weder Umsatz noch Gewinn.
Kapital entfaltet seine Wirkkräfte erst, wenn es mit Arbeitskraft in Berührung
kommt. Da macht auch die Privatinitiative keinen Unterschied. Auch sie ist
nichts anderes als Arbeitskraft, nur dass private Unternehmer sich das Ergebnis
ihrer Unternehmen privat aneignen. Das ist nicht verwerflich, aber trotzdem ist
es so.
So hat auch Axel
Springer, Vorzeigeunternehmer der Wirtschaftswunderjahre, nicht selbst die
Druckmaschinen bedient, um seine Zeitungen zu drucken. Er hat auch nicht die
Werbekunden akquiriert, die seine Blätter finanzierten. Die Zeitungen wurden
nicht von ihm ausgeliefert, sondern von Hunderten von Fahrern. Vermutlich hat
er nicht einmal die betriebswirtschaftlichen und redaktionellen Entscheidungen
alleine getroffen. Auch dort wie in allen Bereichen seines Unternehmens wirkten
bezahlte Menschen, also Nicht-Eigentümer daran mit, das Unternehmen am Laufen
zu halten. Und
als Springer starb, brach da das Unternehmen zusammen? Nein, es wird weiterhin
von denen am Laufen gehalten, die es seit Jahr und Tag am Laufen hielten, die
Nicht-Eigentümer, die Arbeiter. Das zeigt aber, dass der private Unternehmer
für das Funktionieren eines Unternehmens nicht von Bedeutung ist. Er ist nur
der Kapitalgeber, der Besitzer. Aber ohne ihn funktioniert das Unternehmen
trotzdem weiter, denn es ist die gesellschaftlich organisierte Arbeit aller im
Betrieb Beschäftigen, die das Ergebnis bringt.
Kapital
ist nicht Kapitalismus
Kapital ist zum Aufbau einer modernen Industrie
unabdingbar, nicht aber der Kapitalismus. Das muss unterschieden werden. Auch
China produzierte vor dem Kapitalstrom aus dem kapitalistischen Ausland und
entwickelte seine Industrie und Gesellschaft. Die UdSSR hatte ihre Produktion
immerhin ganz ohne westliches Kapital aufgebaut und das sogar trotz der Verwüstungen
des 2. Weltkriegs und der kostentreibenden militärischen Bedrohung durch NATO
und andere antikommunistische Bündnisse. Fremdes Kapital, Kapital generell, beschleunigt die
Entwicklung, die sonst aus eigener Kraft länger gedauert hätte aufgrund der übernommenen
wirtschaftlichen Rückständigkeit. Aber Kapital, auch westliches Kapital, kann
Arbeitskraft und menschliche Schöpferkraft nicht ersetzen. Ohne menschliche
Schaffenskraft und Genialität nützt alles Kapital der Welt nichts. Das scheinen
westliche Wirtschaftswissenschaftler nicht zu verstehen, aber ihr Unwissen
ändert nichts an den Tatsachen. Kapital ist wichtig für die Aufbau und Ausweitung von
Produktion. Aber deswegen sind Vorhandensein und Investition von Kapital nicht
gleich zu setzen mit dem Kapitalismus selbst. Ersteres ist ein
Produktionsfaktor, Kapitalismus ist ein Wirtschafts- beziehungsweise
Gesellschaftssystem. Es sieht nur so aus, als hätte mit dem Zustrom von Kapital
auch der Kapitalismus selbst Einzug in China gehalten. Aber dieser Schein
trügt. Es ist nur Schein, nicht das Wesen der Entwicklung. Im Falle Chinas, aber auch zunehmend in Vietnam fließt
privates Kapital in den Aufbau privater Unternehmen innerhalb einer
Gesellschaft, die sich als sozialistisch versteht. Das ist für viele Linke
unverständlich und ein Widerspruch zur reinen Lehre. Für viele ist das
gleichbedeutend mit Verrat am Sozialismus, und dementsprechend reagieren sie
auch auf die Entwicklung in China. Viele bezeichnen China deshalb als
Staatskapitalismus. Auch sie sehen nur den Schein, nicht das Wesentliche. Denn Kapital ist nicht gleich Kapitalismus.
Der Unterschied
Mit der Öffnung Chinas für westliches Kapital bestand
natürlich die Gefahr, dass mit dem Kapital
auch das Wirtschaftssystem Kapitalismus Einfluss auf Gesellschaft und
Staat ausüben könnte. Das ist nicht von der Hand zu weisen und geschichtliche
Erfahrungen scheinen diesen Schluss zu bestätigen.
Auch in China selbst war diese Gefahr zu Beginn der
2000er Jahre vorhanden, als die Behörden massiv gegen korrupten Unternehmer und
Funktionäre vorgingen, weil aus der Verknüpfung dieser beiden Kräfte eine ernst
zu nehmende Gefahr entstanden war. Aber auch das muss gesehen werden: Der
sozialistische Staat zerschlug diese Korruption zwischen Wirtschaft und Teilen
der Bürokratie.
Wie die Geschichte des
Imperialismus zeigt, begnügt sich der Kapitalismus nicht damit, Märkte zu
erschließen. Marktöffnung und Markteintritt sind immer nur der erste Schritt.
Wenn die auf diesem Anfangsniveau erzielten und erzielbaren Gewinne an ihre
Grenzen stoßen, wachsen Drang und Forderung nach größeren Anteilen am
geöffneten Markt.
Im Falle Chinas zeigt
sich dieses Drängen derzeit in den Forderungen der kapitalistischen Staaten
nach gleichberechtigtem Zugang zu öffentlichen Ausschreibungen und der Öffnung
weiterer chinesischer Märkte. Hier hat man besonders den Kapitalmarkt im Auge.
Die chinesische Regierung gibt diesen Forderungen nach und nach statt.
Aber dieses Nachgeben
erfolgt nicht aufgrund eigener Schwäche gegenüber imperialistischem Druck
sondern nach reiflicher Überlegung und der Abwägung der Vor- und Nachteile. Es
ist deutlich zu sehen, dass China die eigenen Interessen dabei nicht aus dem
Auge verliert und diese höher gewichtet als die der westlichen Investoren. Denn
letztlich schont es auch die staatlichen Finanzen, wenn Risiken von
Privatkapital übernommen werden.
Diese Gelassenheit und
Experimentierfreudigkeit hat zwei Gründe. China ist eine Welt- und Atommacht,
die nicht durch militärischen Druck zur Abkehr von einer sozialistischen
Entwicklung gezwungen werden kann. Zum anderen ist das Land anders als
seinerzeit Chile und andere Opfer imperialistischer Putschpolitik innerlich so
stabil und gefestigt, dass es keine gesellschaftlichen Kräfte gibt, die mit
äußeren Feinden zusammenarbeiten und das Land von innen gefährden könnten.
Auch die
untergegangene Sowjetunion hatte militärisch nicht von ihrem Sozialismus
abgebracht werden können. Aber anders als sie verfügt China über den großen
Vorteil einer wesentlich höher entwickelten Wirtschaft und den damit
verbundenen finanziellen Ressourcen.
Die Volksrepublik ist
nicht abhängig vom Kapitalmarkt sondern weltweit einer der größten Investoren
und sie war zudem nie gezwungen, hohe Verteidigungslasten zu schultern. Denn im
Zentrum des Kampfes der politischen Systeme stand nicht China sondern die
Sowjetunion.
Vom "wahren"
Sozialismus
In der
Öffentlichkeit galt die UdSSR als der sozialistische Staat schlechthin und
dementsprechend war auch das Bewusstsein der meisten Menschen über den
Sozialismus. Selbst viele von denen, die sich als Kommunisten bezeichnen,
verstanden und verstehen noch heute die Form des sowjetischen Sozialismus als
den einzig wahren. In Wirklichkeit
aber handelte es sich hierbei um eine frühe Form sozialistischer Gesellschafts-
und Staatsbildung. So wie der heutige Kapitalismus nicht mehr mit seinen
früheren Formen wie beispielsweise dem Manchester-Kapitalismus zu vergleichen
ist, sich also weiter entwickelt hat, so unterliegt auch der Sozialismus einer
Weiterentwicklung. Im Gegensatz zum
ersten Versuch sozialistischer Staatsbildung, der Pariser Kommune, die im
Kugelhagel der Reaktion 1871 untergegangen war, war der Sozialismus der UdSSR
schon ein gewaltiger Fortschritt. Wer sich aber nur an die Erscheinungsformen
des sowjetischen Sozialismus klammert, nimmt das Wesentliche in der
chinesischen Entwicklung nicht wahr.Hatte der
Kapitalismus erst seine volle Wirkung mit der Dampfmaschine entfalten können,
die eine gewaltige Steigerung der menschlichen Produktivkraft ermöglichte, so
befindet sich China an der Schwelle einer neuen Produktivitätsexplosion.
Steigerten die Erfindungen des Kapitalismus die Wirkung der Muskelkraft durch
Dampfmaschine, Verbrennungs- und Elektromotoren, so entwickelt sich in China
die intellektuelle Wirkkraft menschlicher Genialität.Kein anderes Land
der Welt und keine Epoche der Menschheitsgeschichte hat innerhalb so kurzer
Zeit die intellektuelle Leistungskraft des Menschen in einem solchen Maße
weiter entwickelt und in Lebensqualität umgesetzt wie die Volksrepublik. Das
ist die Perspektive und das Wesen neuer Formen sozialistischer Gesellschaften:
die Entwicklung der intellektuellen Fähigkeiten und der menschlichen
Genialität.
Die Seidenstraße
und andere Projekte zur weltweiten Entwicklung der Infrastruktur liefern dafür
einen Ausblick, aber auch die Initiative Made in China 2025. In all diesen
Projekten und Initiativen stellt sich die Stärke einer sozialistischen
Gesellschaft dar, der planvolle und organisierte Aufbruch einer Gesellschaft
zur Technologieführerschaft in verschiedenen Bereichen, besonders aber dem
Fortschritt in der Informationstechnologie.Das ist das
gesellschaftliche Ziel, zu dem Regierung und kommunistische Partei der
Volksrepublik alle Kräfte des Landes aufgerufen und wofür alle
gesellschaftlichen Ressourcen eingesetzt werden sollen. Alle Produktivkräfte
des Landes sind gebündelt und ausgerichtet auf die Bewältigung dieser Ziele,
sie ziehen mit weitgehend vereinten Kräften an einem Strang.Und wenn man die Fortschritte
sieht bei der Verwirklichung der Seidenstraße und anderer chinesischer
Projekte, besteht kaum ein Zweifel, dass das Land diese Aufgaben bewältigen
wird. Zu vergleichbaren Leistungen aber ist der Kapitalismus aufgrund der
unterschiedlichen Interessen seiner Akteure und der Zerrissenheit seiner
Gesellschaften nicht in demselben Maße in der Lage.
Neue
Machtverhältnisse
Trotz der
gewaltigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Fortschritte ist Entwicklung
nicht unumkehrbar, wie man über lange Zeit in der Sowjetunion und den
sozialistischen Staaten dachte. Das war trügerische Sicherheit, wie die
Geschichte gezeigt hat. Der frühe Sozialismus sowjetischer Prägung ist selbst
nach siebzigjähriger Existenz in sich zusammengebrochen und musste dem
Kapitalismus weichen. Dagegen ist kein
politisches System gefeit, und die politischen Gegner des Sozialismus im
Wertewesten werden keine Gelegenheit ungenutzt lassen, die Schwächen der
Volksrepublik China für die eigenen Interessen zu nutzen. Aber es besteht auch
immer die Gefahr, dass die großen Kapitalbesitzer im Lande selbst sich für ihre
Interessen organisieren und eine neue Klasse entstehen könnte, wenn
Gesellschaft und Partei in China nicht wachsam sind.Der Sozialismus ist
eine Übergangsgesellschaft vom Kapitalismus in den Kommunismus. Das heißt, dass
beide Klassen noch weiter existieren nur mit unterschiedlicher Machtfülle. So
wie der Adel auch in der bürgerlichen Gesellschaft weiter existiert hat, so
gibt es auch weiterhin im Sozialismus noch Kapitalbesitzer. In der
Volksrepublik jedoch ist deren politische Macht gebrochen, wenn sie auch
weiterhin für die Produktion von Bedeutung sind. Das ist entscheidend für den
Charakter eines sozialistischen Staates. Er hat die Macht, das Kapital als
Produktionsfaktor zuzulassen und zu nutzen, aber andererseits dessen
Organisierung als Klasse zu verhindern.Augenfälliger
Ausdruck dieser Machtlosigkeit der Kapitalbesitzer ist der durch die
chinesischen Behörden kurzerhand abgesagte Börsengang des chinesischen Internetgiganten
Ant-Financial des Alibaba-Gründers Jack Ma. Es hätte der größte Börsengang
aller Zeiten werden sollen. Die chinesische Regierung hat ihm kurzerhand die
Genehmigung dazu entzogen.Nun handelt es sich
bei diesem Fall natürlich um ein starkes Beispiel für die Machtfülle des
chinesischen Staates und die Ohnmacht eines chinesischen Kapitalbesitzers. Das
allein aber macht nicht das Wesen eines sozialistischen Staates aus. Denn
ähnliche Eingriffe des Staates in die Verfügungsrechte von Kapitalbesitzern
kommen auch in kapitalistischen Staaten vor.So hat die EZB
beispielsweise den Banken in der Corona-Krise nahe gelegt, keine Dividenden
auszuschütten zur Stärkung der eigenen Kapitalbasis. Die Banken halten sich
daran, um etwaige weitergehende Verordnungen zu vermeiden. Während der
Finanzkrise 2008/9 wurden Banken verstaatlicht und zwangsfusioniert gegen den
Willen der Eigentümer. Das Beispiel
Ant-Financial allein ist also kein Beweis für den sozialistischen Charakter des
chinesischen Staates. Dieser kommt aber zum Ausdruck in einem Vorgang, der in
der westlichen Öffentlichkeit nicht so bekannt geworden ist, vielleicht, weil
die westlichen Medien diesem Ereignis nicht die Bedeutung beimessen, die ihm zu
kommt.Denn die chinesische Regierung hat die privaten
Unternehmen des Landes gezwungen, „Parteizellen einzurichten“(2). Damit nehmen die „Parteizellen der KP
Einfluss auf die Entscheidungen westlicher Konzerne“(3).Wenn auch die Arbeiter selbst die Betriebe noch nicht führen und besitzen,
deren Produktion sie immerhin bereits durchführen, so üben sie dennoch bereits
Kontrolle über und Einfluss auf innerbetriebliche Vorgänge aus. Diese Kontrolle
und Einschränkung ihrer innerbetrieblichen Macht müssen die privaten Besitzer
der Unternehmen hinnehmen, ob sie wollen oder nicht.
„Offenbar
bemüht sich die Kommunistische Partei (KP) gezielt, den Einfluss der Politik
auf die Privatwirtschaft auszuweiten - auch auf westliche Firmen, die im Land
aktiv sind. … Nach chinesischem Gesetz können Unternehmen verpflichtet werden,
Parteizellen einzurichten. Deren Mitglieder werden üblicherweise von den Firmen
selbst bezahlt, leiten ihre Berichte aber an die Führung der Partei weiter.“(4)
Das aber gibt es in
keinem kapitalistischen Betrieb, in keinem kapitalistischen Land. An der
Stellung der Arbeiter im Betrieb werden die neuen Machtverhältnisse deutlich
und damit auch der Charakter von Gesellschaft und Staat. Und dieser Charakter
ist sozialistisch.
Eine Meinung von Rüdiger Rauls zur Chinapolitik und zum Umgang mit der Coronakrise vom 20.09.2020. Dieser Artikel steht in unmittelbarem Zusammenhang mit den nächst folgenden vom 25.11.20 weiter unten:
(Der folgende Artikel gibt alleine die Meinnung des Autors wieder und nicht (ausschließlich) die des Herausgebers.)
Das
politisierte Virus
Das Covid19-Virus ist nicht
nur eine Gefahr für Leib und Leben, es bedroht auch das Gefüge der globalen
Beziehungen und stellt die Stabilität besonders der westlichen Gesellschaften
in Frage.
Verspekuliert
Im Jahre 2015 hatte China die
Initiative „Made in China 2025“ ausgerufen. Damit hatte das Land gewagt, seinen
Anspruch auf die technologische Führerschaft in der Welt zu anzumelden. Dieser
Plan sägte am Thron des Wertewestens,
der damals immer noch gefangen war in der Vorstellung, dass China die Werkbank
der Welt sei und auf absehbare Zeit auch bleiben werde.
Wieder einmal ist der
Wertewesten über die eigene Überheblichkeit gestolpert. China hatte nicht
zerlegt werden können wie seinerzeit die UdSSR durch die Strategie des „Wandel
durch Annäherung“, und das Projekt Seidenstraße, das der Wertewesten anfangs noch belächelt hatte, wurde zu einem
überwältigenden Erfolg. Nun steht er abseits und muss mitansehen, wie sich die
Seidenstraße zu einem gewaltigen Konjunkturprogramm für Chinas Wirtschaft
entwickelt. Durch seine wirtschaftliche und finanzielle Kraft wächst zudem
Chinas politischer Einfluss in der Welt.
Für den Wertewesten
unverständlich und unvorstellbar, hatte sich das Land ausgerechnet unter der
Führung einer Kommunistischen Partei so gewaltig entwickelt, dass man darin
nicht nur eine wirtschaftliche sondern zunehmend auch eine politische Bedrohung
sah. So erklärte die EU im März 2019 China nicht nur zum wirtschaftlichen
sondern auch zum strategischen Rivalen und Systemgegner.
Da man aber auf China als
Abnehmer europäischer, hier besonders deutscher Waren angewiesen war, beließen
es die Europäer bei einer politischen Auseinandersetzung unterhalb der Schwelle
massiver Konfrontation. Zudem ist man in Brüssel angesichts des chinesischen
Wirtschaftsengagement in einigen EU-Ländern nicht immer einer Meinung im Umgang
mit China.
Dagegen versuchen die USA
besonders unter Trump, Chinas wirtschaftlichen Aufstieg zu behindern, um die
eigene Wirtschaft gegen die chinesische Konkurrenz zu schützen. Technologisch
führende Unternehmen wie Huawei, ZTE und neuerdings auch Tiktok, Tencent und
Alibaba werden behindert oder sollen gar ganz aus den westlichen Märkten
gedrängt werden. Dabei argumentierten die USA in erster Linie politisch mit der
Menschenrechtslage in Hongkong und der Uiguren oder aber schüren Ängste
mit unbewiesenen Spionagevorwürfen und
verhängen Sanktionen.(1)
Westliche
Fehleinschätzung
Bei all diesen Maßnahmen des
Wertewestens geht es nicht nur um wirtschaftliche sondern auch um politische
Destabilisierung. Dabei ist nicht klar, ob man tatsächlich selbst glaubt, was
man der westlichen Bevölkerung als Chinabild verkauft, also der eigenen
Täuschung aufsitzt. Oder betreibt man bewusste Manipulation, indem man ein Bild
von der chinesischen Gesellschaft zeichnet, von dem man weiß, dass es falsch
ist?(2)
Wirkt man darauf hin, durch
einen Regime-Change andere politische Kräfte in China an die Macht bringen zu
können, die den westlichen Interessen dienlicher sind, oder will man durch die
politischen Kampagnen nur eine Schwächung des Landes und damit eine
Verlangsamung der Entwicklung erreichen? Jedenfalls wird von westlicher Seite
nichts unversucht gelassen, Chinas Aufstieg zu behindern.
Neben der Uigurenfrage und den
Versuchen der Einflussnahme in Hongkong war die Corona-Epidemie ein weiterer
Ansatzpunkt in der westlichen Strategie der Einmischung und Destabilisierung.
Schon früh war deutlich geworden, dass die Seuche nicht nur ein medizinisches
Problem war, sondern in ganz besonderem Maße auch zu einem politischen
aufgebauscht wurde. Es sollte Auskunft geben über die Stärke der jeweiligen
gesellschaftlichen Systeme.
So orakelte die Frankfurter
Allgemeine Zeitung: „Chinas autoritäre Regierung kämpft nicht nur gegen das
Virus. Das gesamte System steht in Frage“(3). Wenige Tage später fragt Reinhard
Veser in seinem Kommentar: „Wird am Ende das Coronavirus zum Entzündungsherd
für das politische System Chinas?(4). Wenn auch nicht ausgesprochen, so ist der
Wunsch doch unüberhörbar, dass dies so eintreten möge.
Angesichts der ständigen
Einmischungsversuche vonseiten des Westens, schien man in Peking keine Zweifel
zu hegen, dass auch Corona zu politischen Zwecken benutzt werden würde. Dessen
eingedenk erklärte die Kommunistische Partei Chinas, „das Virus sei ein Test
für die Überlegenheit des chinesischen Systems“(5).
Das war am 1.2.2020, als die
Epidemie noch nicht voller Stärke in Europa und den USA angekommen war. Man
wiegte sich hierzulande noch in der Sicherheit, aufgrund des eigenen
überlegenen Gesellschaftssystems keinerlei Gefahren ausgesetzt zu sein. So
beruhigte Gesundheitsminister Jens Spahn noch am 27.1.2020 die Deutschen, „dass
der Krankheitsverlauf beim Coronavirus milder sei als etwa bei einer Grippe …
Und wir bekommen auch einen Masern-Ausbruch in Deutschland mit deutlich
milderen Maßnahmen in den Griff, als wir sie derzeit in China sehen."(6)
Während also Spahn felsenfest
überzeugt war von der westlichen Überlegenheit, war man in Peking bescheidener:
Man sah die Herausforderung an als einen Test für die eigene Überlegenheit,
deren Beweis erst noch erbracht werden musste.
Und entsprechend dieser
verschiedenen Einstellungen handelte man auch unterschiedlich. In Peking ließ
man seinen Worten Taten folgen. China vollbrachte die „logistische
Meisterleistung … innerhalb von wenigen Tagen nicht nur ein Krankenhaus mit
1500 Betten, sondern sogar ein zweites mit weiter 1000 Betten für die
Vireninfizierten aus dem Boden zu stampfen“(7).
Gegenüber diesen geschaffenen
Tatsachen als Nachweis von Handlungsfähigkeit entpuppten sich die vollmundigen
Worte Spahns später als heiße Luft. Bei der Ankunft der Epidemie im Wertewesten
offenbarte sich die vorgetragene Selbstsicherheit seiner Politiker, aber auch deren
Ignoranz als unverzeihliche Überheblichkeit mit schwerwiegenden Folgen für die
Bevölkerung.
An dieser Handlungsfähigkeit
Chinas musste sich fortan der Westen messen lassen. Wie sollte man sonst der
eigenen Bevölkerung erklären, dass ein Gesellschaftssystem, das von den
westlichen Meinungsmachern immer als menschenverachtend dargestellt wurde, mehr
Anstrengungen für das Wohlergehen der eigenen Bürger unternahm und dabei
erfolgreicher war als die hochgelobten freiheitlichen Demokratien? Das ist der
Kern der Ungereimtheiten, die viele Bürger im Verhalten der eigenen Politiker
nicht verstehen und deshalb als Ausdruck von Machtgier oder hinterhältigen
Plänen der Eliten deuten.(8)
Kleinlaut
geworden
Es dauerte nicht lange, bis
dem Wertewesten die eigene Überheblichkeit auf die Füße fiel. Schon bald
dämmerte auch hierzulande den Meinungsmachern, dass das Virus all das im
eigenen Lande verursachen konnte, was man dem chinesischen System noch wenige
Tage insgeheim gewünscht hatte: Zweifel und Unruhe in der eigenen Bevölkerung.
Noch am 3.3.2020 hatte die FAZ
vollmundig die Vorteile des sogenannten demokratischen Rechtsstaats gegenüber
dem „autoritären“ chinesischen hervorgehoben: „Ein gut eingespieltes föderales
System mit Entscheidungsträgern auf allen Ebenen ist im Endeffekt auch
effektiver als zentrale Befehlsstrukturen“(9).
Doch bald wurden erhebliche
Probleme in Deutschland, aber besonders in den Ländern der Corona-Leugner USA,
Brasilien und Großbritannien in der Bewältigung der Epidemie offensichtlich.
Selbst Länder wie Italien und Spanien, die die Seuche von Anfang ernst nahmen
und mit allen Mitteln zu bekämpfen suchten, mussten nun erkennen, dass sie
einer Gefahr gegenüber standen, die mit den herkömmlichen Mitteln schlecht
unter Kontrolle zu bringen war.
Es war halt doch mehr als
Spahns kleingeredeter „Masern-Ausbruch“. Diese „für den Menschen ansteckende
neuartige Viruserkrankung … lässt sich
bisher nicht vollständig in die Karten schauen.“(10) So musste denn auch eben
jener Reinhold Veser, der am 8.2.2020 noch Corona als Entzündungsherd für das
chinesische System gesehen hatte, erkennen: Die „Krise ist so tiefgreifend,
dass sie zur Gefahr für die Legitimität eines jeden politischen und
wirtschaftlichen Systems werden kann“(11).
Späte
Würdigung
Von da an gings bergab mit der
westlichen Überheblichkeit. Erstens musste man feststellen, dass in der Folge
China die Lage im eigenen Land wesentlich besser in den Griff bekam, als man im
Wertewesten erwartet hatte und wahrhaben wollte. Darüber hinaus aber konnte das
Land durch seine Hilfsmaßnahmen politisch sogar gegenüber dem Westen in die
Offensive gehen.
So musste der Prophet des
chinesischen Untergangs, Reinhard Veser, in seinem Kommentar am 28.3.2020
feststellen, „dass es China und Russland gelungen ist, sich in Italien zu
großen Helfern in der Not zu stilisieren“(12). Dabei sei es der EU nicht
gelungen, „politisch und kommunikativ auf die großangelegte propagandistische
Verwertung der alles andere als selbstlosen Hilfeaktionen Pekings und
Moskaus“(13) zu reagieren.
Dass der Westen dazu nicht in
der Lage war, lag nicht an technischem oder politischem Versagen. Vielmehr ist
das dem Umstand geschuldet, dass die wirklichen Ereignisse keine
propagandistische Darstellung westlicher Erfolge hergaben. China war der
Gewinner in diesem Kampf der politischen Systeme, und da half in der Folge nur
noch eins: Man schwieg im Westen tot, was man durch die Wirklichkeit nicht
widerlegen konnte: Chinas Erfolge.(14)
Denn je weiter die Epidemie im
Westen voranschritt, umso mehr fielen die Ergebnisse westlicher
Seuchenbekämpfung hinter die chinesischen zurück. Oder aber man war gezwungen,
dieselben Mittel und Methoden anzuwenden, die man wenige Wochen zuvor noch bei
China als diktatorisch oder autoritär angeprangert hatte: Maskenpflicht,
Quarantäne, Fieberkontrolle und Tracking-App.
„Aus ostasiatischer
Perspektive aber hat Deutschland in der Pandemie versagt“(15). So lautete die
vernichtende Abrechnung der FAZ nach einem halben Jahr Corona-Bekämpfung, wobei
Deutschland im Verhältnis zu den Staaten der Corona-Leugner noch sehr gut
dasteht. Mit dieser ostasiatischen Sicht ist aber nicht der chinesische
Blickwinkel gemeint. Als Vorbild in der Pandemie-Bekämpfung wird Japan dem
westlichen Medienkonsumenten vorgestellt. China wird gar nicht mehr erwähnt.
Aber die Wirklichkeit lässt
sich nicht verleugnen. In einem unscheinbaren Artikel der FAZ über eine
Poolparty in Wuhan – und nicht nur dort - mit Tausenden von Badegästen gewährt
man dem westlichen Medienkonsumenten dann doch noch einen Blick auf die
Wirklichkeit: „Die Regierung hat von Anfang an auf eine Ausrottung des Virus
gesetzt und nicht nur auf eine Abflachung der Infektionskurve wie zum Beispiel
Deutschland. Dafür hat das Land drastische Maßnahmen ergriffen, die sich jetzt
auszahlen“(16).
Das belegen auch die
Wirtschaftszahlen. „Die Prognosen, dass die Epidemie die chinesische Wirtschaft
in den Abgrund reißen werde, haben sich nicht bewahrheitet. … Chinas Wirtschaft
legte im zweiten Quartal … im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,2 Prozent
zu“(17). Es war damit das einzige Industrieland, das ein Wachstum verzeichnen
konnte.
Das ist eine späte Würdigung
der chinesischen Verdienste durch Berichterstatter der FAZ, die ansonsten nicht
bekannt ist für ihre Liebe zu China. Aber diese positive Darstellung fand sich
nicht auf den vorderen Plätzen, wie sonst üblich für China-Berichte dieser
Zeitung. Diese vorderen Plätze sind dort der Stimmungsmache gegen China
vorbehalten.
Gesellschaftliche
Zerrissenheit
Während also in China dank seiner
Erfolge in der Seuchenbekämpfung wieder gefeiert werden kann, steigen die
Infektionszahlen in den westlichen Staaten erneut an. Viele befürchten nun eine
zweite Welle. Die Unruhe, die die westlichen Medien in China hatten herbeireden
wollen, entstand nicht dort sondern in den eigenen Gesellschaften. Besonders in
Deutschland haben die Maßnahmen der Regierung sehr unterschiedliche Reaktionen
hervorgerufen.
Während besonders in den
Staaten, die von Corona-Leugnern regiert werden, die Untätigkeit der Regierenden
angeprangert wird, werden hierzulande viele Einschränkungen des Alltagslebens
als unangemessen kritisiert. Die westlichen Regierungen haben große Mühe, die
eigenen Gesellschaften unter dem Druck der verschiedenen Gruppen und ihrer
Forderungen zusammen zu halten.
Demgegenüber stand die chinesische Gesellschaft weitgehend geschlossen
hinter den Maßnahmen ihrer Führung.
Die Politisierung durch das
Virus fand nicht nur auf der zwischenstaatlichen Ebene statt. Diese Rivalität
zwischen den Staaten wird nun zunehmend noch verstärkt durch das Wettrennen um
die Markteinführung von Impfstoffen. Mit zunehmender Dauer der Pandemie breitet
sich die Politisierung auch immer weiter innerhalb der Gesellschaften des
Wertewestens aus.
Zwar erhält die deutsche
Regierung hohe Zustimmungswerte aus dem Großteil der Bevölkerung für ihr
Krisenmanagement, obwohl es im Verhältnis zum chinesischen miserabel ist. Aber
es wächst auch die Zahl derer, die durch diese Maßnahmen ihre Grundrechte,
besonders das Recht der Meinungs- und Versammlungsfreiheit bedroht und
Deutschland auf dem Weg in eine Diktatur sehen.
Nichts verdeutlicht diese
gesellschaftliche Zerrissenheit so sehr wie die sogenannte
Grundrechts-Bewegung. In ihr offenbart ein Zersetzungsprozess, der sogar die
verfassungsmäßigen Grundlagen der Gesellschaft angreift. Das Grundgesetz, auf
das sich die Bewegung beruft und zu dessen Schutz sie sich aufgerufen fühlt,
wird nur in den Bereichen respektiert, die ihrem besonderen Interessen dienlich
sind, nämlich der Versammlungs- und Meinungsfreiheit.
Aber das Grundgesetz ist kein
Menü, aus dem sich jeder herauspicken kann, was ihm gefällt, weil es seinen
Sonderinteressen dienlich ist. Es bildet vielmehr den Kern des bürgerlichen
Wertesystems, die DNA der bürgerlichen Gesellschaft. So hält es ausdrücklich in
Art 2 Absatz 2 das Grundrecht auf Leben
und körperliche Unversehrtheit fest.
Dieses hohe gesellschaftliche
Gut der bürgerlichen Errungenschaften, die unter Jahrhunderte langen Kämpfen
und hohen Opfern gegen feudalistische Herrschaft erkämpft worden waren, scheint
der Grundrechte-Bewegung gleichgültig und bedeutungslos. Jedenfalls findet
dieser Artikel in der Argumentation ihrer Anhänger keine Beachtung. Gerade
jedoch die Erfüllung dieses Artikels ist eine wesentliche Aufgabe des Staates.
Auf diesem Auftrag des Grundgesetzes gründen letztlich die staatlichen
Maßnahmen der Virusbekämpfung.
Selbst die sogenannten
Schurkenstaaten, denen vonseiten des Wertewestens immer wieder der Respekt vor
den Werten der Menschheit und der Menschlichkeit abgesprochen wird, fühlen sich
dem Schutz von Leib und Leben der eigenen Bürger vor den Gefahren von Viren und
Epidemien ebenso verpflichtet wie die westlichen Staaten. Es ist nicht
erkennbar und schon gar nicht belegbar, dass sich diese Staaten mit dem
Wertwesten gerade in der Frage der Pandemie-Bekämpfung gegen die eigene
Bevölkerung verbündet haben sollen, wo sie doch sonst in fast allen
gesellschaftlichen Fragen mit dem Wertewesten überkreuz liegen.
Politisch offenbaren sich in
der Existenz der Grundrechts-Bewegung Misstrauen und Ablehnung einer wachsenden
Zahl von Bürgern gegenüber den Führungskräften der bürgerlichen Gesellschaft.
Was also die Meinungsmacher hierzulande in der chinesischen Gesellschaft zu
erkennen glaubten, beschreibt vielmehr die Situation im eigenen Land und
vielleicht auch im Westen insgesamt.
Wie weiter?
Das Coronavirus politisiert
nicht nur das Verhältnis zwischen den Staaten, es politisiert auch die
Verhältnisse zwischen gesellschaftlichen Gruppen und Individuen. Diese
Politisierung ist nicht Bestandteil des medizinischen Problems, d.h. einer
Infektion, die sich zu einer Pandemie ausgeweitet hat. Aber es wird politisch
genutzt für die jeweils eigenen Interessen.
Spätestens, wenn Medikamente
gegen das Virus zur Verfügung stehen, wird sich die Frage nach der weiteren
Existenz der Grundrechte-Bewegung stellen. Was wird von ihr bleiben? Kann ein
Ziel ausgegeben werden, das über den Protest gegen die aktuellen
Einschränkungen hinausgeht und dessen Verwirklichung von einem großen Teil der
Bevölkerung als gesellschaftlich sinnvoll und vor allem notwendig angesehen
wird?
Ähnlich wie Fridays for
Future(FfF) gründet sich diese Bewegung nicht auf politischem Bewusstsein
sondern auf moralischer Empörung. Beider Stärke beruht nicht auf eigener Kraft
sondern auf der Schwäche der Führungskräfte der bürgerlichen Gesellschaft.
Diese sind Opfer der eigenen Orientierungslosigkeit und Argumentationsschwäche.
Ihre Ideale sind hohl, ihre Argumente kraftlos geworden durch eine
Werteorientierung, die sich nicht mehr auf Werte stützt, sondern diese nur noch
im Munde führt(18).
Es bleibt zu hoffen, dass am
Ende mehr bleibt als zerrüttete oder gar zerbrochene Freundschaften, die das
politisierte Kohlendioxid und das ebenso politisierte Virus bisher schon
hinterlassen haben. Beide werden nicht verschwinden aus der Welt. Vielleicht
wird es Mittel gegen beide geben, die ihre Wirkung mildern. Aber verschwinden
werden sie nicht.
Ob die Bewegungen, die die
beiden zu ihrem Thema gemacht haben, länger überleben als ihre Auslöser, ist zu
bezweifeln. FfF hat kaum noch gesellschaftliche Strahlkraft. Aber die Menschen,
die sich wegen FfF und Corona zerstritten haben, werden es schwer haben, wieder
zueinander zu finden. Vielleicht gehen sie sich über längere Zeit aus dem Weg
wegen einer Auseinandersetzung, deren Anlass schon lange vorbei ist. War es das
wert?
Die Zerstörung
gesellschaftlicher Diskussionsgrundlagen und Meinungstoleranz kann nicht der
Sinn politischer Auseinandersetzungen sein. Bei aller Unterschiedlichkeit der
Ansichten ist gesellschaftlicher Fortschritt nur möglich, wenn diese
Unterschiede auch gesehen werden als verschiedene Ansichten der Wirklichkeit
statt als Schützengräben zwischen den Heerlagern verfeindeter Rechtgläubiger.
„Wo
ist die Debatte? Wer baut noch Brücken?“(19) Diese Frage muss nicht nur an die
Leitmedien gestellt werden, sondern auch an diejenigen, die diese in Bausch und
Bogen ablehnen. Wer Debatte will, kann nicht vom eigenen Standpunkt aus als dem
allein richtigen und einzig gültigen diskutieren. Erkenntnis muss das Ziel von
Meinungsaustausch sein nicht Rechthaberei.
(1) siehe dazu Rüdiger
Rauls: Die-Sanktionierten-schlagen-zurueck (2) siehe dazu Rüdiger Rauls: Chinesische Zustände (3) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(4) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 8.2.2020: Politisches Virus
(5) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(6) Spahn-sieht-Deutschland-gut-gewappnet (7) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(8) siehe dazu Rüdiger Rauls: Vorteil China (9) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 3.3.2020: Das Virus im föderalen Rechtsstaat
(10) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4.2.2020: Kampf
gegen das Coronavirus
(11) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.3.2020:
Propaganda
(12) ebenda
(13) ebenda
(14) siehe dazu Rüdiger Rauls:
keine Feigheit vor dem Virus (15) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 18.8.2020: Japans Leben mit dem Virus
(16) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 19.8.2020: Poolparty in Wuhan
(17)
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.8.2020: Chinas starke Börse
(18)siehe dazu: Rüdiger Rauls: die Werteelite
(19) offener-brief-an-die-leitmedien-von-paul-schreyer/
(26.11.20)
Ein Artikel von Rüdiger Rauls vom 25.11.20:
Es geht in diesem Artikel um die weltweite Coronakrise und den Umgang der deutschen Linken mit derselben. Ein Umgang, den R. Rauls hier argumentativ umsichtig kritisiert.
(Der Artikel gibt die Meinung des Autors wieder und nicht (ausschliesslich) die des Herausgebers.) Corona und die Linke
Nach der Sommerpause trifft die zweite Welle der Pandemie die westlichen
Gesellschaften weitgehend unvorbereitet. Im Streit der Zuständigkeiten und
Interessen war wertvolle Zeit verplempert worden. Dennoch sind die
Zustimmungswerte der Regierenden nicht gefährdet. Linke Kritik, wenn überhaupt
vorhanden, bleibt weitgehend wirkungslos.
Widersprüchliche Linke
Nach der Flüchtlingskrise (1), dem Dieselskandal und der Klimabewegung
Fridays for Future (FfF) ist die aktuelle Corona-Krise die letzte gesellschaftliche
Auseinandersetzung, in der die Linke als Bewegung und auch als Partei kaum
politischen Akzente setzen kann. Durch ihre unklare und nicht an den Interessen
der kleinen Leute orientierte Haltung verliert sie zunehmend an
gesellschaftlicher Bedeutung. Sie läuft Bewegungen hinterher, die nicht das
natürliche Milieu derer sind, die Linke zu vertreten glaubt, vertreten sollte
und traditionell vertreten hat: die proletarisch geprägten Gruppen der
Bevölkerung.
Nicht nur dass sie zu diesen immer mehr den Kontakt verliert, die
Linke - was immer das auch sein mag -
zerfällt auch in sich selbst. Aus der politischen Ursuppe, die sich als Linke
bezeichnet, kristallisieren sich immer deutlicher zwei unterschiedliche
Strömungen heraus: eine idealistisch-moralisierende und eine
materialistisch-analytische. Der gesellschaftliche Bedeutungsverlust trifft
besonders die letztere.
Wie die Parteien, die seit Jahrzehnten die deutschen Regierungen
stellen, hat auch die Linke ihren Einfluss auf die Deutung gesellschaftlicher
und politischer Vorgänge an Kräfte verloren, die durch Emotionalisierung weite
gesellschaftliche Gruppen an sich binden können wie die Grünen und die AFD.
Aber auch sogenannte Verschwörungstheoretiker gewinnen immer mehr an Einfluss.
Was bei FfF sich schon angedeutet hatte, nimmt zu bei den Querdenkern:
die Grenzen zwischen Rechts und Links verschwimmen. Weltanschauung wird
bestimmt durch persönliche Befindlichkeit, nicht durch das Anschauen der Welt,
das Wahrnehmen der Wirklichkeit.
Die politische Ratlosigkeit und
Widersprüchlichkeit der Linken wird besonders deutlich an der Kritik gegenüber
den deutschen Corona-Maßnahmen, denen alles Mögliche unterstellt wird, nur
nicht das ernsthafte Interesse an der Gesundheit der Bevölkerung. So bezweifelt
beispielsweise der sich links gebende Wirtschaftsjournalist Ernst Wolf, dass „den
Politikern die Gesundheit von uns allen plötzlich so wichtig [ist], dass sie ihr
alles andere unterordnen.“(2)Daraus spricht eine Menschenfeindlichkeit,
die nicht als eigene wahrgenommen, sondern anderen angelastet wird.
Solche sich antikapitalistisch gebende Kritik ist besonders unter Linken
weit verbreitet. Sie ignoriert aber weitgehend die Pandemie als eine weltweite
Erscheinung, gegen die nicht nur die
deutsche Regierung vorgeht. Diese national beschränkte Sicht übersieht,
dass weltweit die Regierungen bemüht sind, das Infektionsgeschehen einzudämmen.
Sie ignoriert, dass die Zahlen dort dramatischer sind, wo Regierungen wie die
amerikanische und brasilianische das Infektionsgeschehen verharmlosen wie sie
selbst.
Augen zu
Viele sich als links verstehende Kritiker stellen sich zudem nicht dem
Widerspruch, dass Regierungen wie die russische oder kubanische, denen die
meisten Linken eher wohlwollend gegenüberstehen, ähnliche Maßnahmen ergreifen,
für die sie die deutsche verurteilen. Noch größer aber wird der Widerspruch,
wenn man das deutsche mit dem wesentlich schärferen Vorgehen der chinesischen
Regierung vergleicht.
Diese Widersprüche wollen viele Linke nicht wahr haben oder versuchen,
sich ihnen mit nichtssagenden Floskeln über sogenannten unterschiedliche
Bedingungen zu entziehen. Diese aber müssen benannt und auch in ihrer Bedeutung
für die unterschiedliche Beurteilung erklärt werden, sonst büßt man an
Glaubwürdigkeit und Seriosität ein.
Darüber hinaus schwächt man die eigene Argumentationskraft, indem diese
Diskussion nicht angenommen wird. Solche Auseinandersetzungen müssen geführt
werden, um voran zu kommen im Erkenntnisprozess. Eine Linke ohne Erkenntnis
über die Triebkräfte gesellschaftlicher Entwicklungen ist nicht in der Lage, zu
überzeugen und Einfluss zu nehmen auf das gesellschaftliche Denken.
Allein mit pauschaler Verurteilung irgendwelcher nicht näher definierten
Eliten macht man vielleicht Punkte bei moralisch Empörten. Aber deren
Zustimmung ist nicht solide, weil emotional getrieben, und von daher leicht
manipulierbar. Empörung kann Bewusstsein nicht nachhaltig ersetzen.
Erfolgreiches China
Wenn auch westliche Meinungsmacher in der Regel kein gutes Haar an China
lassen, liefern sie dennoch auch immer wieder Berichte, die dem
Medienkonsumenten den Unterschied deutlich machen in der Seuchenbekämpfung dort und im Westen.
Während in der Welt außerhalb der Volksrepublik täglich neue Höchstwerte
erreicht werden, verzeichnet China selbst seit Wochen schon keine oder nur eine
geringe Zahl von Neuinfektionen. Dann aber wird konsequent gehandelt.
Als Mitte Oktober in der
Millionenstadt Quingdao Corona-Fälle bekannt wurden, hatte man
„innerhalb von vier Tagen einen Massentest bei zehn Millionen Menschen
durchgeführt. … Getestet wurden auch Menschen aus anderen Städten, die in den
letzten Tagen aus Qingdao zurückgekehrt waren.“(3)Ähnlich schnell wurde
auch in der Uigurenstadt Kashgar gehandelt, wo innerhalb weniger Tage über fünf
Millionen Einwohner getestet wurden.
Die Chinesen handeln schnell und
effektiv. „Um die Labore zu entlasten, wurden jeweils zehn Tests zu einem
zusammengefasst. Jedem Wohnviertel wurde ein Stadion zugeteilt, in dem die
Tests durchgeführt wurden. Das Personal … wurde von verschiedenen Behörden,
Staatsunternehmen und unter Studenten rekrutiert. Und Nachbarschaftskomitees …
informierten die mobilen Testteams, wo alte Leute wohnen, die nicht ins Stadion
gehen konnten“(4). So
konnten Infizierte schnell erkannt und behandelt, somit die weitere Ausbreitung
der Epidemie wirksam bekämpft werden.
Dagegen verzeichnen die USA
„inzwischen mehr als 83.000 Neuinfektionen pro Tag … und etwa 225.000 Todesfälle
in Verbindung mit dem Corona-Virus, mehr als jedes andere Land der Welt“ (5).
Diese Zahlen haben sich seitdem innerhalb weniger Tage bereits verdoppelt. Obwohl die Infektionswerte in Deutschland gegenüber denen
der USA und anderen westlichen Ländern noch gering erscheinen, wirkt die
Bekämpfung hierzulande dennoch stümperhaft im Vergleich mit dem chinesischen
Vorgehen und dessen Erfolgen.
Täuschende
Zahlen
Aber die deutschen Werte
verfälschen das Bild des Geschehens. Im Verhältnis zu anderen Staaten sind die
Infiziertenzahlen niedrig, aber niedrig sind auch die Anzahl der Tests, wenn
diese auch ausgedehnt wurden von 400.000 pro Woche vom März bis Juni 2020 auf
1,2 Millionen seit Ende August. Dadurch sind natürlich auch die Fallzahlen
angestiegen, was als ein Fortschritt angesehen werden könnte im Aufspüren von
Infizierten. Das ist aber so lange ohne Bedeutung, wie die Infektionsketten
nicht zurückverfolgt werden können.
Da gerade hapert es im
Verhältnis zu China. Die deutsche Corona-App, für die zig Millionen ausgegeben
worden waren, erweist sich als weitgehend wirkungslos. Sie findet nicht
ausreichende Akzeptanz in der
Bevölkerung, um wirksam zu sein. Zudem ist sie nur eingeschränkt einsetzbar und
überlässt es allein den Infizierten, ob sie ihren Krankheitsstatus trotz
gewährleisteter Anonymität überhaupt an die App weitergeben. Über die
europäischen Grenzen hinweg hat sie so gut wie keinen Nutzen, sodass Infizierte
unbemerkt zwischen den europäischen Ländern die Infektion verbreiten können.
Da aber „jeder Neuinfizierte
weitere Ansteckungen verursachen kann, steigen die Zahlen immer schneller,
solange die Ausbreitung nicht effektiv durch umfangreiche Testung und
Kontaktverfolgung eingedämmt werden“ kann (6). Offensichtlich ist man sich also
des Zusammenhangs bewusst, der zwischen Testen und schneller Rückverfolgung der
Kontakte einerseits und der Ausbreitung der Pandemie andererseits besteht.
Massentest
statt Lockdown
Schon im Mai 2020 hatte
Luxemburg seine Teststrategie geändert. „Mehr Tests sind eine Strategie, um das
Virus auf andere Art zu kontrollieren“, stellte Luxemburgs Forschungsminister
Claude Mersch fest, „so wolle man versuchen, die Infizierten im größeren
Maßstab gezielt herauszufiltern und der gesunden Mehrheit … ihre Freiheit zurückzugeben.“(7).
Denn „etwa die Hälfte der positiv
Getesteten zeigte zum Zeitpunkt des Abstrichs keine Symptome.(8)
Statt aber aus den
luxemburgischen und chinesischen Erfahrungen zu lernen, wurden die Testvorgänge
nicht ausgeweitet, obwohl in den deutschen Laboren die Testkapazitäten
vorhanden waren. Sie waren auch im Mai bereits in der Lage „jede Woche knapp
900.000 Tests auszuwerten“(9).
Damals wie heute verfolgt
Deutschland die Strategie, nicht wahllos zu testen. „Es müsse vielmehr darum
gehen, die verfügbaren Tests sinnvoll einzusetzen“(10). Da also liegt
der Hund begraben. Man verfügt nicht über ausreichende Testkapazitäten:
Entweder hat man sich nicht rechtzeitig um genügend Tests gekümmert oder aber
am falschen Ort sparen wollen auf Kosten der Gesundheit der Bevölkerung.
Jetzt liegt das Kind im Brunnen,
und die Kette der Infektions- und Kontaktverfolgung reißt gerade bei den unerkannt Infizierten ab. Dennoch
hält man fest an dem Vorgehen, dass nur „Personen mit Krankheitsanzeichen einen
Test machen sollen. Ebenso jene, die direkten Kontakt zu einem Infizierten
hatten“(11). Die symptomfrei
Infizierten bleiben dabei unerkannt.
Dieses Vorgehen jedoch befördert
gerade die Pandemie, weil letztere damit unerkannt und unbewusst das Virus
weiter verbreiten. Beschleunigt wird die Epidemie dadurch, dass es immer länger
dauert, bis die Testergebnisse vorliegen. In der Zwischenzeit haben sich
vielleicht Menschen mit später negativen Testergebnissen angesteckt, die aber
dann in trügerischer Sicherheit die Infektion weitergeben. Andererseits haben
aufgrund der Verzögerungen die unerkannt Positiven noch mehr Zeit, das Virus
unwissentlich zu verbreiten.
Inzwischen haben nach China nun
auch andere europäische Staaten erkannt, dass das Herumgewerkele die
Infektionszahlen nicht senkt. Die Slowakei, Tschechien und neuerdings auch
Österreicht setzen auf Massentest, weil eine Rückverfolgung des
Infektionsgeschehens aussichtslos geworden ist, nicht zuletzt aus Mangel an
Personal.
Auch in den deutschen
Gesundheitsämtern scheint man das Handtuch geworfen zu haben. Jedenfalls wird
die Rückverfolgung kaum noch erwähnt. Stattdessen werden weitere
Kontaktbeschränkungen verordnet, ohne aber eine Vorstellung über die
Infektionswege und damit über den Sinn dieses Vorgehens zu haben. Denn in
Frankreich mit seinen europaweit schärfsten Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen
gehen die Infektionszahlen kaum zurück.
Notbehelf als
Strategie
Der weiteren Ausdehnung der
Tests stehen jedoch nicht strategische Überlegungen im Wege sondern schlichtweg
ein Mangel an Personal, Material und Laboren. Diesen Mangel redet man als
Strategie schön. Schuld an der unzureichenden Ausstattung ist danach nicht
staatliches Versagen sondern „die massiv gestiegene Zahl von
Kontaktuntersuchungen an symptomfreien Menschen“ (12). Offensichtlich hat man aus den Versäumnissen zu Beginn der
Epidemie und aus den chinesischen Erfahrungen nichts gelernt.
War Bundesgesundheitsminister
Jens Spahn noch Ende Januar fest von der Harmlosigkeit des Virus und der Überlegenheit
des eigenen westlichen Systems gegenüber dem chinesischen überzeugt, so stellte
man sehr bald die Mängel in der eigenen Strategie fest. Es fehlte an Masken zum
Schutz der Bevölkerung und sonstigen medizinischen Hilfsmitteln.
Um dieses Versäumnis zu
vertuschen, wurden lange Zeit von den Verantwortlichen Masken als nicht
hilfreich, gar schädlich dargestellt. Heute jedoch werden diejenigen belangt,
die keine Maske tragen. Angesichts solcher Widersprüche wundert es nicht, dass
viele Menschen der Regierung und ihren Maßnahmen misstrauen.
Hinzu kommt, dass die dünne
Personaldecke in den Gesundheitsämtern wie in der öffentlichen Verwaltung
insgesamt eine Rückverfolgung der
Kontakte nur noch zu etwa einem Drittel erfolgreich macht. Das Bundesgesundheitsministerium,
verantwortlich für die Mängel, gibt sich selbst dabei unschuldig, denn „das
Robert-Koch-Institut erfahre in weniger als 30% der Infektionen den Ursprung
der Ansteckung“(13).
Es stellt sich zudem die Frage,
ob die Intensivierung der Tests politisch überhaupt gewollt ist. Immer wieder
kommt es zu Streitigkeiten zwischen Bund und Krankenkassen, wer die Kosten
solcher Maßnahmen tragen soll. Zudem würde mit der Zunahme der Tests auch in
Deutschland die Zahl der Infizierten noch stärker ansteigen. Vielleicht würde
man dann hierzulande anhand dieser Zahlen bald nicht mehr so viel besser
dastehen als die anderen europäischen Staaten, von denen man sich mit einer
gewissen Selbstzufriedenheit immer noch abzuheben versucht.
So richtig und wichtig die Reduzierung
der Sozialkontakte angesichts der besonderen Umstände sein mag, so falsch ist
es, im wesentlichen das Freizeitverhalten der Bürger dafür verantwortlich zu
machen. Die meisten Verstöße gegen das Abstandsgebot entstehen nicht bei Feiern
im privaten Bereich, schon gar nicht wenn diese Veranstaltungen im Freien
stattfinden.
Viel bedeutsamer für die
Ausbreitung des Virus dürften die Lebensumstände und Wohnverhältnisse der
meisten Menschen sein. Denn in geschlossenen Räumen feiert das Virus Urständ.
Darüber aber werden kaum Erhebungen und Studien angestellt. Zahlen und
Erkenntnisse bezüglich der Verantwortung der Wohnverhältnisse für die
Ausbreitung von Corona sind ungenügend. Und schon gar scheinen die Regierungen
dieses Thema öffentlich nicht diskutieren zu wollen.
Infektionsrisiko
Armut
Aber immer wieder muss gerade
über die Arbeitsverhältnisse besonders in der Fleischindustrie als Auslöser
großen Infektionsgeschehens berichtet werden. So sind auch immer wieder die
Unterkünfte von zusammengepferchten osteuropäischen Arbeitern in den deutschen
Schlachtereien Ausgangspunkt von Virusausbrüchen. Das gleiche gilt für
Flüchtlingsunterkünfte, wo viele Menschen auf engstem Raum über lange Zeit sich
zusammen aufhalten müssen. Hier wirkt die Infektion eines einzelnen wie der
Angriff einer Biowaffe.
Nicht viel besser aber sind auch
die Wohnverhältnisse vieler Bürger in den Vorstädten der europäischen
Metropolen und den Sozialbausiedlungen der industriellen Ballungsgebiete.
Bekannt sind die Vorfälle in Göttingen und Berlin-Neukölln, wo ganze Wohnblocks
abgeriegelt wurden wegen der hohen Infektionswerte. Bisher wurden solche
Ereignisse in Deutschland nur vereinzelt öffentlich. Aber einen Ausblick auf
eine mögliche weitere Entwicklung gerade unter Berücksichtigung der
Wohnverhältnisse bietet ein Blick über die Grenzen nach Spanien und Portugal.
In Madrid wurden
Ausgangsbeschränkungen über die Wohnviertel von fast einer Million Menschen
verhängt. „Es trifft vor allem die ärmeren Viertel im Süden von Madrid, in
denen überwiegend Arbeiter und Einwanderer wohnen. … Viele Familien leben in
beengten und teils prekären Verhältnissen – ein … Grund für die höhere Anzahl
von Infektionen“(14).
Dagegen dürfen sich die Reichen
in den wohlhabenden Vierteln Madrids weiterhin frei bewegen. Denn dort sind die
Wohnverhältnisse besser und die Fallzahlen wesentlich niedriger. Aber Madrid
ist kein Einzelfall; „in Arbeitervierteln um die portugiesische Hauptstadt
Lissabon bekommt man eine ähnliche Lage schon seit Juni kaum in den Griff“(15).
Welchen Einfluss die
Wohnverhältnisse indirekt auf das Infektionsgeschehen anderer
gesellschaftlicher Gruppen und der Gesellschaft insgesamt hat, zeigt auch
wieder das Beispiel Madrid. Viele aus den abgeriegelten Vorstädten benutzen die
öffentlichen Verkehrsmittel auf ihrem Arbeitsweg ins Zentrum. „Dort verdienen
sie als Krankenschwestern, Altenpfleger, Bauarbeiter ihr Geld“(16). Das Virus bleibt also nicht bei den Armen.
Das sind aber nicht die
Lebensverhältnisse der meisten Querdenker und der Kids von Fridays for Future.
Unter diesen Bedingungen lebt die gesellschaftliche Mehrheit, die sich in den
öffentlichen Diskussionen nicht mehr bemerkbar macht. Nicht dass sie zu dumm
dazu wären, aber die Themen, mit denen sich das intellektuelle Milieu des Mainstream
wie auch des alternativen Mainstream beschäftigt, sind nicht ihre Themen.
Falsche
Kritik
Das aber sind die Kritikpunkte,
die eine klassenbewusste Linke aufgreifen müsste, wenn sie sich der sogenannten
einfachen Bevölkerung verpflichtet fühlt und den Kontakt zu ihr halten bzw.
wiederherstellen will. Statt jedoch diese Verhältnisse zu benennen und die
Versäumnisse der deutschen Regierung offenzulegen, ergeht sich die Linke,
besonders die idealistisch-moralisierende, in der Verurteilung gerade solcher
Maßnahmen, die im Sinne der
Epidemie-Bekämpfung hilfreich sind: Abstandsgebot, Maskenpflicht und
Reduzierung der sozialen Kontakte.
Wenn auch die Mehrheit der
deutschen Gesellschaft nicht begeistert ist von solchen Maßnahmen, so sieht sie
dennoch diese Einschränkungen als sinnvollen Beitrag zur Lösung des Problems an
und trägt sie deshalb mit. Dieser Mehrheit ist das idealistisch-moralische
Denken solcher Bewegungen wie der Querdenker fremd, die – wie schon der Name
sagt – eher intellektuell geprägt sind.
Diese Bewegungen scheinen auch
nicht den Anspruch zu haben, Verbündete der sogenannten kleinen oder einfachen
Leute zu sein. Sie verstehen sich vielmehr als eine alternative Gemeinschaft
von Gebildeten und Eingeweihten, die die geheimen Vorgänge und Absichten der
Mächtigen und Eliten hinter den Kulissen zu durchschauen glauben. Die
Lebensverhältnisse der gesellschaftlichen Mehrheit scheint ihnen fremd zu sein.
Für sie steht die Verteidigung der eigenen individuellen Freiheiten und
Persönlichkeitsrechte im Vordergrund.
Das ist nicht zu verurteilen,
steht es doch jeder gesellschaftlichen Gruppe zu, ihre eigenen Interessen zu
verfolgen und sich für deren Durchsetzung stark zu machen. Gefährlich wird es,
wenn man als Minderheit für die eigenen Interessen höhere Rechte beansprucht
und beispielsweise das Recht auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit über das
Recht auf Gesundheit, körperliche Unversehrtheit und Leben stellt. Diese Gefahr
besteht sowohl bei FfF als auch bei den Querdenkern.
Aber selbst wer die Pandemie und
das Virus nicht wahrhaben will, ist vor beiden nicht sicher. Wie es der Erde
egal war, ob die Menschen sie für eine Scheibe oder Kugel hielten, so ist es auch dem Virus egal, ob die Menschen
es für eine Realität halten oder nicht. Es befällt auch die Zweifler, denn die
Realität setzt sich durch.
(1) siehe dazu
Rüdiger Rauls: Rüdiger
Rauls: Die-Sanktionierten-schlagen-zurueck
(2) siehe dazu Rüdiger Rauls: Chinesische Zustände
(3) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(4) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 8.2.2020: Politisches Virus
(5) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(6) Spahn-sieht-Deutschland-gut-gewappnet
(7) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(8) siehe dazu Rüdiger Rauls: Vorteil China
(9) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 3.3.2020: Das Virus im föderalen Rechtsstaat
(10) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4.2.2020: Kampf
gegen das Coronavirus
(11) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.3.2020:
Propaganda
(12) ebenda
(13) ebenda
(14) siehe dazu Rüdiger Rauls:
keine Feigheit vor dem Virus
(15) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 18.8.2020: Japans Leben mit dem Virus
(16) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 19.8.2020: Poolparty in Wuhan
(17)
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.8.2020: Chinas starke Börse
(18)siehe dazu: Rüdiger Rauls: die Werteelite
(19) offener-brief-an-die-leitmedien-von-paul-schreyer/
Rüdiger Rauls
Buchveröffentlichungen:
Krieg um Syrien Buchbeschreibung
Wie
funktioniert Geld? Buchbeschreibung
Kolonie Konzern
Krieg - Stationen kapitalistischer Entwicklung Buchbeschreibung
Zukunft Sozialismus
oder die Grenzen des Kapitalismus Buchbeschreibung
Die Entwicklung
der frühen Gesellschaften-Die Geschichte Afghanistans Buchbeschreibung
Was braucht
mein Kind? Buchbeschreibung
Späte Wahrheit
(Prosa) Buchbeschreibung
Herausgeber von:
Imre Szabo: Die
Hintermänner ( ein politischer Krimi) Buchbeschreibung
Imre Szabo: Die Unsichtbaren ( ein politischer Krimi) BuchbeschreibungRüdiger
Rauls: Die-Sanktionierten-schlagen-zurueck
(2) siehe dazu Rüdiger Rauls: Chinesische Zustände
(3) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(4) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 8.2.2020: Politisches Virus
(5) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(6) Spahn-sieht-Deutschland-gut-gewappnet
(7) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(8) siehe dazu Rüdiger Rauls: Vorteil China
(9) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 3.3.2020: Das Virus im föderalen Rechtsstaat
(10) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4.2.2020: Kampf
gegen das Coronavirus
(11) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.3.2020:
Propaganda
(12) ebenda
(13) ebenda
(14) siehe dazu Rüdiger Rauls:
keine Feigheit vor dem Virus
(15) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 18.8.2020: Japans Leben mit dem Virus
(16) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 19.8.2020: Poolparty in Wuhan
(17)
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.8.2020: Chinas starke Börse
(18)siehe dazu: Rüdiger Rauls: die Werteelite
(19) offener-brief-an-die-leitmedien-von-paul-schreyer/
Rüdiger Rauls
Buchveröffentlichungen:
Krieg um Syrien Buchbeschreibung
Wie
funktioniert Geld? Buchbeschreibung
Kolonie Konzern
Krieg - Stationen kapitalistischer Entwicklung Buchbeschreibung
Zukunft Sozialismus
oder die Grenzen des Kapitalismus Buchbeschreibung
Die Entwicklung
der frühen Gesellschaften-Die Geschichte Afghanistans Buchbeschreibung
Was braucht
mein Kind? Buchbeschreibung
Späte Wahrheit
(Prosa) Buchbeschreibung
Herausgeber von:
Imre Szabo: Die
Hintermänner ( ein politischer Krimi) Buchbeschreibung
Imre Szabo: Die Unsichtbaren ( ein politischer Krimi) BuchbeschreibungMigration-und-internationalismus (2) dringend-gebraucht-ein-weiterer-lockdown)
(3)
Ärzteblatt vom 15.10.2020: Qingdao: Zehn Millionen Tests, bisher 13 Treffer
(4) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 27.10.20: Im Zweifel lieber alle fünf Millionen Einwohner testen
(5) FAZ vom 26.10.2020: Höchststände bei Neuinfektionen
(6) FAZ
vom 23.10.2020: Was die aktuellen Zahlen über das Infektionsgeschehen sagen
(7) FAZ vom 2.5.2020: Deutsche
Labore könnten doppelt so viele Menschen testen
(8) FAZ
vom 2.5.2020: Deutsche Labore könnten doppelt so viele Menschen testen
(9) FAZ
vom 2.5.2020: Deutsche Labore könnten doppelt so viele Menschen testen
(10) FAZ
vom 2.5.2020: Deutsche Labore könnten doppelt so viele Menschen testen
(11) FAZ vom 31.10.2020: Ausgelastet
(12) FAZ
vom 31.10.2020: Ausgelastet
(13) FAZ
vom 19.10.2020: Der unsichere Patient
(14) FAZ
vom 21.9.2020: Lockdown für Arme
(15) FAZ
vom 21.9.2020: Lockdown für Arme
(16) FAZ vom 21.9.2020: Lockdown für Arme
(25.11.20)
Ein Artikel von Rüdigen Rauls vom 14.10.2020:
Der Revolverheld Donald T.-Rex-Trump: Vor den heutigen, vorläufigen (!) Ergebnissen bei den us-amerikanischen Präsidentschaftswahlen, erscheint die Analye von R. Rauls in einem durchaus anderen Licht, wenn man bedenkt, dass Donald Trump die noch laufenden (!) Auszählungen in einigen Bundesstaaten per Gerichtsentscheid stoppen lassen will (sic!), um seinen eigenen, angeblichen Vorsprung über den Wahl-Tag zu retten.
Ein unsäglicher Tatbestand, der bisher nur aus den sog. "Schurkenstaaten" bekannt gewesen ist, die durchgängig von Diktatoren und Oligarchen (jenseits aller Demokratie) "regiert" werden. Das ist völlig inakzeptabel! -
(Derzeitiger Zwischenstand: 220 : 213 Wahlmänner für J. Biden).
Um so interessanter ist die Analyse von Rüdiger Rauls auch in Bezug auf die Rolle der massiven Vorhersagen von Demoskopen, die von allen öffentlichen, westlichen Medien Land auf, Land ab bis heute völlig unkritisch kolportiert wurden. Hier stellt sich der sog. "Wertewesten" selbst ein Beinchen!
Der nachfolgende Text gibt allein die Meinung des Autors wieder und nicht (ausschließlich) die des Herausgebers.
14.10.2020: Wahlbetrug
mit Ansage
Am 6. Dezember dieses Jahre
wird in Venezuela ein neues Parlament gewählt. Das Ergebnis dieser Wahl steht
für den Wertewesten bereits fest.
Wunschdenken und Wirklichkeit
Der Versuch von Juan Guaidó,
mit westlicher Unterstützung eine Farbenrevolution in Venezuela anzuzetteln,
war 2019 gescheitert. Seinen großen Worten und Ankündigungen folgte eine
Niederlage nach der anderen. Er scheiterte an
einem Denken, das von westlichen Idealen bestimmt war, und an der
Unfähigkeit zu realistischer Einschätzung der gesellschaftlichen und
politischen Kräfteverhältnisse in Venezuela selbst.
An der Unterstützung aus dem
Wertewesten hatte es nicht gelegen, dass er nicht zum Erfolg kam. Dort hätte
man gerne noch mehr für Guaidó getan, wäre er selbst in der Lage gewesen, in
Venezuela die Bedingungen für einen Umsturz zu schaffen. Wie weltfremd sein
Denken war, zeigte sich am deutlichsten an seinen Versuchen, das Militär zu
einem Putsch gegen Maduro zu bewegen.(1)
Guaidós Lageeinschätzungen
waren schönfärberisch und theoriegetrieben, seine Planungen stümperhaft. Seine
Anfangserfolge bei der Mobilisierung der Massen in Caracas erweckten ein
trügerisches Bild von Stärke. Diesem Trugbild fielen er selbst, aber auch seine
westlichen Unterstützer zum Opfer. Beide glaubten, dass es nach dem Muster der
bisher stattgefundenen Farbenrevolutionen ausreichte, einige Zehntausend auf
die Straßen zu bringen, um eine System zu stürzen.
Die Opferbereitschaft seiner
weitgehend wohlhabenden Anhängerschaft war aber nicht so groß, dass sie den
bewaffneten Volksaufstand zugunsten der eigenen Privilegien eintauschen
wollten. Es zeigte sich wieder einmal, dass die luftigen Wunschvorstellungen
und intellektuellen Allmachtsphantasien eines Uni-Absolventen etwas anderes
sind als das Gewicht der Wirklichkeit.
Das wurde an der Grenzbrücke
zu Kolumbien überdeutlich, wohin Guaidó die Massen beordert hatte, die ihm noch
in Caracas zugejubelt hatten. Sie sollten Hilfscontainer aus den USA ins Land
bringen zur Unterstützung der Armen Venezuelas, ein Trojanisches Pferd des
Wertewestens, der Venezuela durch seine Sanktionen erst in diese Lage gebracht
hatte. Das sollte der Auftakt sein zum Sturz Maduros. Aber die Massen kamen
nicht. Sie blieben lieber in Caracas, anstatt ihr Leben aufs Spiel zu setzen.
Als ihm die Mobilisierung der
Bevölkerung nicht gelungen war, glaubte Guaidó allen Ernstes, dass das Militär
ihm in seiner Verzweiflung nun aus der Patsche helfen würde. Wenn auch
sicherlich Teile der Armee sich unter anderen Umständen zu einem Umsturz hätte
bewegen lassen, so waren sie doch realistisch genug zu erkennen, dass Guaidó
ein Blender war. Militärs können sich kein Wunschdenken erlauben. Sie
beurteilen die Lage nach Kräfteverhältnissen und realen Gegebenheiten. Das
Militär folgte seinen Aufrufen zum Umsturz nicht.
Tretmine Guaidó
Der
Busfahrer Maduro, womit die Medien des Wertewestens die Kompetenz des
venezolanischen Regierungschefs hatten in Frage stellen wollen, siegte über den
Uni-Absolventen Guaidó. Dieser versank in der Folgezeit immer mehr in der
Bedeutungslosigkeit. Besonders in Europa hatte man erkannt, dass man auf einen
lahmen Gaul gesetzt hatte. Man hatte dann doch notgedrungen feststellen müssen,
dass die wahre Macht in Venezuela bei Maduro lag. (2)
Für
die USA kam ein Zurückweichen vor Maduro nicht in Frage. So erklärte der
US-Außenminister Mike Pompeo im Januar 2020 bei einem Treffen mit seinem
britischen Amtskollegen Dominic Raab im kolumbischen Bogotá: „Die Vereinigten
Staaten würden weiter daran arbeiten, Maduro aus dem Amt zu drängen“(3).
Für
die USA hat Venezuela eine andere Bedeutung als für die Europäer. Es liegt vor
der eigenen Haustür und in einer Weltregion, die man seit jeher als den eigenen
Hinterhof ansah, in dem Washington die Ordnung bestimmt. Die USA hielten an
Guaidó fest nicht zuletzt auch mangels Alternativen zu ihrem gehätschelten
Musterschüler.
Aber
Guaidó wird zunehmend zu einer Belastung. Im Mai 2020 wurde seine Verstrickung
in einen stümperhaft geplanten Putschversuch offenbar, der von einigen Hundert
gedungenen Söldnern durchgeführt werden sollte und von Washington unterstützt
worden war. Wenn auch Washington die eigene Beteiligung bestritt ebenso wie
Guaidó selbst, so können „Spuren bis in
das Appartment von Guaidós Berater in Florida zurückverfolgt werden“(4).
Die
USA sahen sich gezwungen, öffentlich zu den Verschwörern und Guaidó auf Distanz
zu gehen. Die Opposition in Venezuela „ihrerseits ist durch die Kommandoaktion
in Erklärungsnot geraten“(5). Ihr Ansehen und das Guaidós dürfte sicherlich
darunter gelitten haben, wenn diese sich
mit den ausländischen Kräften verbünden, die durch ihre Sanktionen und
ihren Wirtschaftskrieg für das Leid in Venezuela wesentlich mit verantwortlich
sind.
Aber
auch die Spannungen innerhalb der Opposition sind dadurch gewachsen, was ihre
Aussichten auf politische Erfolge weiter schmälert. Vielleicht ist darin der
Grund zu sehen, weshalb Guaidó trotz all seiner Gesetzesverstöße,
Hochverratsdelikte und Umsturzversuche noch immer auf freiem Fuß ist. „Das
politische Risiko einer Festnahme Guaidós ist für Maduro dadurch geringer
geworden“(6). Aber der einfache Busfahrer Maduro erweist sich als der klügere
Stratege. Denn niemand schadet der Opposition im Lande gerade mehr als Guaidó
selbst.
Bedeutungsverlust
In
der Folge versuchten besonders die Europäer, Guaidó auf Distanz zu halten, um
einen Dialog zwischen Maduro und der venezolanischen Opposition in Gang zu
bringen. Anscheinend hat man erkannt, dass der frühere Held des Wertewestens
ungeeignet ist, einen Wandel in Venezuela herbeizuführen. „Keines seiner
Versprechen konnte Guaidó einlösen, alle Hoffnungen wurden enttäuscht. Guaidó
hat nicht die Macht, um Venezuela zu verändern“(7).
Wie
schnell sein Stern in Venezuela selbst verblasst war, zeigte die
Auseinandersetzung um die Präsidentschaft in der Nationalversammlung im Januar
2020, die vom Wertewesten zu einem „weiteren Schlachtfeld des Machtkampfes
zwischen dem Maduro-Regime und der Opposition“(8) erklärt worden war. „Die
Hoffnung der Opposition, der Überfall auf die letzte demokratische Institution
würde die Bevölkerung wieder mobilisieren, hatte sich nicht erfüllt. Einem
Aufruf Guaidós folgten am Wochenende nur einige Hundert Venezolaner“(9).
Zu
seinem persönlichen Bedeutungsverlust in Venezuela selbst kam im
internationalen Rahmen seine Unfähigkeit hinzu, seine persönlichen Interessen
den politischen unterzuordnen. So torpedierte er die europäischen Pläne, „den
im vergangenen Jahr [2019] angestoßenen Dialog zwischen der Regierung und der
Opposition fortzusetzen. [...] Guaidó will derzeit nichts davon wissen“(10).
Wie
sehr der Messias des Wertewestens, der Venezuela die Freiheit hatte bringen
wollen, den Blick für die Wirklichkeit verloren hat, zeigte die
Auseinandersetzung um das in der Bank of
England gelagerte venezolanische Gold. Das Volk von Venezuela leidet neben den
westlichen Sanktionen unter der Corona-Epidemie. „Medikamente sind meist nur
noch auf dem überteuerten Schwarzmarkt zu kaufen(11).
„Um
die Notmaßnahmen gegen die Epidemie zu finanzieren und Medizin und Lebensmittel
einzukaufen“(12), wollte die Zentralbank von Venezuela eigenes Gold im Wert von
1 Milliarde Dollar verkaufen. Der britische High Court hat die Herausgabe des
Goldes verweigert. Für ihn ist Guaidó der anerkannte Präsident Venezuelas,
nicht Maduro.
Während
das Volk in Venezuela dahingerafft wird, bezeichnete Guaidós Botschafterin in
London es als „Sieg für das venezolanische Volk“(13), dass ihm die dringend
benötigen finanziellen Mittel vorenthalten werden. „Mehr denn je ist Venezuela
auf seine Goldreserven angewiesen“(14). Das weiß der Wertewesten und das weiß
auch Guaidó, auf dessen Betreiben hin die Auszahlung verweigert wurde. Das also
sind die Werte des Wertewesten, mit denen er überall auf der Welt hausieren
geht.
Dieses
Urteil aus London „könnte ihm [Guaidó] neuen Sauerstoff verleihen, vermuten
Beobachter, auch im Hinblick auf allfällige Verhandlungen zwischen der
Opposition und Maduro [, denn] Guaidós Position [ist] gegenüber Maduro aber
auch innerhalb der Opposition geschwächt“(15).
Dass
er um des eigenen politischen Vorteils und der Interessen der USA sowie des
Wertewestens willen dem Volk von Venezuela
die nötige Hilfe verweigert, wird dort sicherlich nicht verborgen und
nicht ohne Auswirkungen auf dessen Ansehen und Beliebtheit im Lande bleiben. Es
stellt sich die Frage, wie er und die Opposition unter solchen Voraussetzungen
die Wahl im Dezember gewinnen wollen.
Scheinbare
Geschlossenheit
Trotz
der gegenteiliger Anzeichen versuchen die Meinungsmacher im Westen den Eindruck
zu erwecken, dass die Opposition geschlossen dasteht. Diese Geschlossenheit
soll sich in einer Ablehnung der Wahlteilnahme ausdrücken. An ihnen
„teilzunehmen käme einer Legitimierung des Regimes gleich, sind sich große Teile
der Opposition einig“(16) und gleichzeitig behauptet man, dass Maduro
„praktisch jeglichen Rückhalt in der Bevölkerung verloren hat“(17).
Das
hatte man auch schon zu Beginn des Jahres 2019 den Medienkonsumenten im Westen
weismachen wollen, als mit Guaidó der Bezwinger Maduros aus der Taufe und auf
den Schild gehoben worden war. Zu gerne hatte man damals sich von den eigenen
Wunschvorstellungen blenden lassen und die realen Verhältnisse nicht sehen
wollen. Offensichtlich hat man in den Entscheidungstürmen des Wertewesens
nichts dazu gelernt. Denn damals wie heute glaubt man, was man glauben will,
und ignoriert, was in dieses Bild nicht hineinpasst.
Denn
trotz aller Sanktionen, Putschversuche und versuchten Söldner-Invasionen hat
sich das Volk nicht von Maduro ab- und Guaidó zugewendet, wie es eigentlich
nach den gesellschaftswissenschaftlichen Theorien, den Wunschvorstellungen der
Meinungsmacher und den Prophezeiungen der Politiker und sogenannter Experten im
Westen sein müsste.(18)
Auch
wenn der Wertewesten Venezuela sein Gold vorenthält, die Bevölkerung immer mehr
verarmt, die Ölproduktion auf das Niveau der 1930er Jahre gesunken ist, was
nach den Vorstellungen der Meinungsmacher doch zwangsläufig zum Ende des
Regimes führen müsste, ist die Realität eine andere. Aber diese Realität
verstehen die sogenannten Experten im Wertewesten nicht.
Diese
Realität sind die Colectivos, vergleichbar den Nachbarschaftskommitées in
China. Sie sind die Stütze und Beschützer der gesellschaftlichen Ordnung, nicht
die Parlamente und die sonstigen Elfenbeintürme, in denen die westlichen
Meinungsmacher glauben, dass Politik gemacht wird. Sie versorgen die Menschen
an der Basis der Gesellschaft und sorgen für den Zusammenhalt, den die
zerrissenen Gesellschaften des Wertewestens nur noch als Ausdruck eines
autoritären Regimes verstehen können. Das dahinter ein politisches Bewusstsein
steht, das ihrem eigenen Denken fremd ist, kommt ihnen nicht in den Sinn.
Versuchte
die Frankfurter Allgemeine Zeitung noch im Juli die Opposition in Venezuela als
geschlossen darzustellen, so zeigt sie im bereits September ein anderes Bild.
„Die Opposition ist sich uneinig. Guaidó will die Wahl boykottieren. … Im
Gegensatz dazu beabsichtigt Capriles, bessere Voraussetzungen für die Wahl auszuhandeln
und anzutreten“(19). Er grenzt sich öffentlich von Guaidó ab: „Entweder sei man
Regierung oder Opposition, beides geht nicht. … Capriles sagte, was viele in
Venezuela schon länger denken.“(20).
Guaidó
scheint seinen Glanz verloren zu haben – zumindest in Venezuela. „Lange war es
Guaidó gelungen, den Eindruck der Einheit zu wahren und sich als Anführer
darzustellen. Doch sein Charisma … ist in den vergangenen Monaten verblasst –
und damit ist seine Autorität geschwunden“(21).
Faire
Wahlen unerwünscht
Aber
trotz alledem scheinen die USA noch immer hinter Guaidó zu stehen. Er ist der
Mann für ihre Pläne, einen anderen haben sie nicht. Jedoch scheinen auch sie
Zweifel an seinem Wahlerfolg zu haben, denn sie treffen dementsprechende Vorbereitungen
für den Fall er Niederlage. Schon jetzt verbreiten die Meinungsmacher im
Wertewesten Zweifel an der Legitimität der Wahlen, die noch gar nicht
stattgefunden haben.
Für
sie ist jetzt schon klar: „Nichts deutet darauf hin, dass diese Wahl frei und
fair verlaufen könnte – das Gegenteil ist wahrscheinlich“(22). Selbst „die
sofortige Begnadigung von mehr als hundert angeklagten, verurteilten und
inhaftierten Regimegegnern“(23) ändert an der Propaganda der westlichen Medien nichts. War die Inhaftierung von
Regimegegnern bisher ein Zeichen für die Brutalität des Regimes, so ist deren
Freilassung nun ein Zeichen für dessen Heimtücke. Maduro will die Opposition
spalten, so die neu verbreitete Sichtweise.
Aber
selbst diese Freilassung, vorher noch von den westlichen Medien gefordert, „ist
allerdings keine Garantie für eine faire Wahl. … [dazu] braucht es mehr
beispielsweise eine großangelegte internationale Beobachtermission“(24).
Allerdings hatte Anfang September der venezolanische Außenminister Jorge Arreaza
dem EU-Außenbeauftragten Josep Borell sowie UN-Generalsekretär Antonio Guterres
umfassende Garantien für die Wahl gegeben und sowohl die UN als auch die EU
eingeladen, „Beobachter für die Wahl nach Venezuela zu entsenden“(25).
Obwohl
also Venezuela gerade diesen Forderungen des Wertewestens gerecht werden
wollte, um das Ergebnis der Wahlen überprüfbar zu machen, wies Borrell das
Angebot Venezuelas zurück, das noch kurze Zeit vorher gefordert worden war. Nun
auf einmal ist Borrell der Meinung, „die Bedingungen für die Entsendung einer
Beobachtermission seien nicht vorhanden“(26). Was aber will man in Brüssel?
Will man die Inthronisation des eigenen Favoriten Guaidó ohne vorherige Wahl?
Die
Frage stellt sich, ob es den Gegnern Maduros überhaupt um die Wahlen und ihre
korrekte Durchführung geht? Denn schließlich müsste man auch dann das Ergebnis
anerkennen, selbst wenn es nicht den Vorstellungen des Wertewesens entspricht.
Damit entfielen aber auch die Gründe für weitere Sanktionen, beziehungsweise es
wäre erheblich schwerer, deren Fortsetzung zu erklären und das Elend zu
rechtfertigen, das sie in der venezolanischen Bevölkerung verursachen.
Die
Wahlen der vergangenen Jahre in den verschiedenen Staaten und Regionen der Welt
haben es immer deutlicher werden lassen, dass Wahlen in den Augen des
Wertewesten nur dann fair sind und anerkannt werden, wenn sie die Ergebnisse
bringen, die seinen Interessen dienen. So wurden denn die Wahlen in Katalonien,
Bolivien, Weißrussland, Hongkong und so manchen anderen nicht anerkannt,
während die Wahlfälschungen in Afghanistan, Mali und anderen stillschweigend
geduldet wurden.
Wenig
in der Hand
Damit
dürfte schon jetzt das Anzweifeln des Wahlergebnisses in Venezuela bereits
beschlossene Sache sein. Ob die erhobenen Vorwürfe des Wahlbetrugs stimmen oder
nicht, wird vermutlich in Venezuela ebenso wenig eine Rolle spielen wie jüngst
in Weißrussland, obwohl die Wahlfälschung nie nachgewiesen worden war. Auch in
Venezuela ist schon jetzt zu befürchten, dass die Wahrheit auf der Strecke
bleiben wird, wenn sie den Herrschaften in Washington und Brüssel nicht in den
Kram passt.
Aber
auch damit wird der Wertewesten vermutlich seinem Ziel nicht näher kommen,
Maduro zu stürzen. Auch das ständige Drehen an der Sanktionsschraube hat weder
Maduro in die Knie gehen noch das Volk gegen ihn aufbegehren lassen. Die
Opposition im Land ist gerade durch das ungeschickte und vollmundige Auftreten
des einstigen Superstars Guaidó stärker gespalten und dadurch immer mehr in die
Defensive geraten. Zur Zeit bietet sich niemand an, der Maduro ernsthaft
gefährden könnte.
Für
Washington werden die Möglichkeiten immer weniger, um ihr Ziel eines
Regime-Wechsels in Venezuela zu erreichen. Zudem sind die USA durch die eigenen
innergesellschaftlichen Konflikte und die Lähmung der Wirtschaft selbst
erheblich geschwächt und in ihren Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt. Corona
hat die Wirtschaft im Würgegriff und die Wahlen im eigenen Land verbreitern den
Riss in der amerikanischen Gesellschaft.
Wenn
auch US-Außenminister Mike Pompeo bei seiner Südamerikareise Ende September
hauptsächlich Venezuelas Nachbarstaaten Kolumbien, Brasilien, Guyana und
Surinam besuchte, um dort Stimmung gegen
Maduro zu machen, so dürfte unwahrscheinlich sein, dass diese Staaten sich zu
einem Krieg für die Interessen der USA werden überreden lassen. Das hatte schon
2019 nicht geklappt. Im Moment sind diese durch Corona und den daraus folgenden
wirtschaftlichen Niedergang mit ganz anderen Problemen beschäftigt.
Wie
hilf- und machtlos die USA dieser Situation gegenüber zu stehen scheinen, wird
deutlich an der Wahl der Mittel. Der geplante Söldner-Einsatz war eine
gewaltige Katastrophe und hat zudem dem militärischen Ansehen der USA
geschadet. Nun verlegt man sich auf die übliche Propaganda gegen das
Maduro-Regime, indem man ihm die Missachtung der Menschenrechte vorwirft, was
aber nichts Neues ist und keine großartige internationale Mobilisierung
bewirken dürfte.
Ausblick
Was
bleibt sind die modernen Formen der Destabilisierung durch die
Instrumentalisierung der Generation facebook. Kampagnen, angestoßen politischen
Kräften, deren Hintergrund und Finanzierung oftmals undurchsichtig sind,
treiben immer häufiger meist junge, intellektuelle und überwiegend von Moral
getriebene Menschen auf die Straßen für Ideale, die denen des Wertewestens zu
entsprechen scheinen.
Dadurch
lassen sie sich mit Kräften ein, die selbst diese Werte im eigenen
Herrschaftsbereich nur solange befolgen, wie sie den eigenen Interessen nutzen.
Dieses Konzept könnte auch im Falle von Venezuela zur Anwendung kommen. Die
propagandistischen Grundlagen sind gelegt. Denn schon jetzt werden Zweifel
gesät an der der Rechtmäßigkeit des Wahlergebnisses.
Was
fehlt ist nur noch die Umsetzung über die sogenannten sozialen Medien. Für
solche Pläne gibt es zwar im Moment noch keine Hinweise. Der Fall von
Weißrussland aber hat gezeigt, wie schnell ein solches Konzept umgesetzt werden
kann, wenn die Vorbereitungen bereits getroffen sind und ein entsprechendes
Potential von mobilisierbaren Menschen vorhanden ist. Aber das wird die weitere
Entwicklung zeigen.
Venezuela
leidet weiterhin unter den Sanktionen und dem Wirtschaftskrieg, den der
Wertewesten gegen das Land führt, aber es scheint nicht daran zu zerbrechen.
Das Elend der Bevölkerung spielt für die Idealisten im Westen keine Rolle, wenn
es um Höheres geht. So war auch die frühere US-Außenministerin Madeleine Albright der Meinung, dass der Tod von 500’000 irakischen Kindern durch die westlichen
Sanktionen den Preis wert waren. Es waren ja nicht die eigenen Kinder.
Zunehmend
aber kommen Venezuela andere Sanktionierte zu Hilfe sowie Russland und
China(27). Sie alle haben wirtschaftliche Interessen. Das ist nicht zu
verurteilen, denn die hat auch Venezuela selbst, ganz zu schweigen vom
Wertewesten, auch wenn dieser sich so oft selbstlos gibt und immer nur den
westlichen Idealen und Werten verpflichtet.
Aber
die Notleidenden in Venezuela, Syrien und all den anderen Ländern der Welt, die
unter westlichen Sanktionen leiden, wissen, was von diesen Idealen und Werten
zu halten ist. Das ist der Grund, weshalb die USA und der Westen immer mehr an
Einfluss verlieren, während der von Russland und China weltweit wächst.
Ohne
zählbaren Erfolg, aber mit umso mehr zählbaren Schulden müssen die westlichen
Staaten aus Afghanistan abziehen. Der Nahe Osten und das Zentrum Afrikas
entgleiten immer mehr ihrer Kontrolle. Und im Zentrum Asiens haben sie ohnehin
schon lange nichts mehr zu sagen. Dort zeigt das Wirken von China und Russland
in der Entwicklung entlang der Seidenstraße unübersehbare Erfolge.
(1) siehe dazu Rüdiger Rauls: Humanitärer Angriff auf Venezuela (2) siehe dazu Rüdiger Rauls: Guaidó und die Verfassung (3) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 22.2.2020: Guaidó setzt auf Davos (4) FAZ vom 13.5.2020: Das
Himmelfahrtskommando
(5) ebenda
(6) ebenda
(7) FAZ vom 14.1.2020: Mut
gegen Macht
(8) ebenda
(9) ebenda
(10) ebenda
(11)
FAZ vom 4.7.2020: Venezuelas letztes Hemd
(12) ebenda
(13) ebenda
(14) ebenda
(15) ebenda
(16) FAZ vom 16.7.2020: Der
letzte Boykott
(17) ebenda
(18) siehe dazu Rüdiger Rauls:
Entscheidend ist das Volk (19) FAZ vom 3.9.2020: Maduro
und die Bioterroristen
(20) FAZ vom 7.9.2020:
Boykottieren oder mitmachen?
(21) ebenda
(22) ebenda
(23) FAZ vom 3.9.2020: Maduro
und die Bioterroristen
(24) FAZ vom 7.9.2020:
Boykottieren oder mitmachen?
(25) ebenda
(26)
ebenda
(27)
siehe dazu Rüdiger Rauls: Die Sanktionierten schlagen zurück
(04.11.20)
Tanka
Klassisches japanisches
Kurzgedicht; sehr populär bis heute.
Vielleicht die Einsicht!
Und das Wetter ändert sich.
Besser wird es jetzt.
Getan ist, was jetzt nötig -
und Bedürfnisse gestillt.
2.
Mit Schallschutz
Geräusche aber
keinen Lärm erzeugen wir,
der kommt durch Fenster
laut gekrochen in den Raum.
Zu viele Autos laufen.
3.
Politik
Mehr Dummheit und mehr
Unvernunft regieren jetzt
überall die Welt:
In Kommunalbehörden
und auf der großen Bühne.
4.
Zurück in die Fachausschüsse
Die Bosheit freut sich,
wenn sie destruktives tat,
im Vorfeld schon, wenn
sie Vorschläge blockiert,
die nicht von ihr herkamen.
5.
In der Politik
Was offensichtlich,
weiß der gesunde Verstand.
Er tut, was nötig,
auch gegen den Widerstand
offizieller Großschwätzer.
6.
Hart und Weich
Es sind die Feinde,
die vernichtet und bekämpft
werden, um jeden Preis
eigener Hartherzigkeit.
Butterweich sind Freunde nur.
7.
Zu feucht die Lippen!
Schlabberküsse schmecken nicht!
Es fehlt die Zunge
und des Mundes sanfter Druck.
Schluck einmal. Es ist soweit!
8.
Laut ist das Geschrei.
Überall wird protestiert.
Aber nichts passiert!
Keiner hilft dem Anderen.
Wir schauen zu und schweigen.
9.
Es ist die Hilfe,
die nicht ankommt in der Not.
Wir tuen alles,
aber Scheitern immer noch,
weil Mächtige korrupt sind.
10.
Wie sieht die Welt aus?
Soll heißen: Wie geht es dir?
Denn ich und die Welt
sind Eins, wie du auch mit Dir.
Upanishad: Mitgefühl.
11.
Geheime Dienste
gehören zerschlagen. Jetzt.
Überall, weltweit.
Das fordert die Logik
von Achtung und Vertauen!
12.
Was macht uns so wirr?
In dieser Welt ist Wissen
nur gefragt als Macht.
Die alle sind durch den Wind.
Und ich wusste nichts davon!
13.
Deutsche Waffenschmiede
Zu viele Waffen,
hergestellt und eingesetzt,
gibt es auf der Welt.
Verdient wird und getötet
hier und da und überall.
14.
Avelsbacher Straße 31
Die Autos rauschen,
der Boden schäppert, sofort.
Und man fragt sich, wann
wird die Hütte einfallen?
Und wann hört das alles auf?
15.
Zukünftig, nachher
Es ist, wie es ist,
weil es so ist, wie es ist!
Ein Schicksal, also.
Warum sollte nichts ändern,
was war, wie es war, bis jetzt?
****
(21.10.20)
Bedingungsloses Grundeinkommen
Die folgende Info erreichte mich heute aus dem Landesarbeitskreis Die Linke (LAG) zum Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE):
Susanne Wiest hat eine Bundestagspedition gestartet, die als sofortige Corona-Hilfsmaßnahme die Einführung eines Bedingungslosen Grundeinkommen fordert. Mit 176.134 Unterzeichner*innen ist sie die bisher größte Bundestagspedition aller Zeiten. Am montag, dem 26. Oktober von 12.00 bis 13.00 Uhr findet die Anhörung im Peditionsausschuss des Bundestages statt.
Hier der Link zum kopieren (und Einsetzen in die Suchmaschine):
Haiku für das Verkehrsministerium (MWVLW) in Mainz, die ADD in Trier sowie die Stadtverwaltung (Bauamt) in Trier
Herbst (der Demokratie)
Die Nelbelkerzenden der Verwaltungen zeugen sich'ren Untergang!
(17.10.20)
****
Es wäre zudem eine revolutionäre Musik mit Ballettchoreographie zu kreieren zu dem Thema: Ballett für einen Staubwedel mit Tänzer sowie einer Tänzerin mit Staubsauger! Wohlan!
(17.10.20)
Dokumentation: Aufgrund des Transparenzgesetzes des Landes RLP erlaube ich mir, an dieser Stelle meine Rückantwort an die ADD-Trier auf ein heutiges Schreiben hin zu veröffentlichen. Nicht zuletzt auch, weil die Art und Weise "Wie" mit den berechtigten Belangen von Bürger/innen in Landes- und Stadt-Behörden umgegangen wird, durchaus diskussionswürdig und ohne Zweifel verbesserungswürdig ist, wie dieser Fall erneut zeigt. Ganz zu schweigen von den kommunal-politischen Implikationen. (Zu den zurückliegenden Schreiben in dieser Sache vgl. auch die Beitäge auf dieser Homepage weiter unten über einen Zeitraum von August bis jetzt.)
Trier, den 15.10.20
Sehr geehrter Herr Pause,
vielen Dank für Ihre heutige E-Mail (15.10.20). Mit Interesse habe
ich auf Ihre Antwort gewartet. - Leider bin ich über Ihre Antwort (mitsamt dem
vorhergehenden Prozedere beim Ministerium in Main) äußerst unzufrieden!
In der Tat lag der Schwerpunkt meiner Beschwerde in Mainz (mit
meinen Brief vom 17.08.20, Kontaktformular) zunächst auf der Ignoranz des
Baudezernenten in Trier, Herr A. Ludwig, auf meine Eingaben (Fragenkatalog vom
16.09.20) weder eine Antwort, noch eine Eingangsbestätigung gesendet zu haben,
nachdem ich mein Anliegen auf seinem Kantaktformular geäußert hatte.
In Ihrer E-Mail an mich, nehmen Sie, sehr geehrter Herr Pause,
Bezug darauf. - Allerdings habe ich Ihnen unmittelbar per Mail geantwortet,
dass Herr Ludwig mittlerweile mit seinem Schreiben vom 26.08.20 (teilweise) auf
meine Anfrage geantwortet hatte, so dass dieser Teil (Beschwerde in Bezug auf
das Transparenzgesetz des Landes RLP) nur noch formal bei der ADD anhängig war.
Dagegen blieb Herr Ludwig - entgegen seinen eigenen Beteuerungen
Ihnen gegenüber (siehe Mail 15.10.20) -, mir gegenüber schuldig (sic!), Gründe
(sic!) für die von der Stadt Trier nicht durchzuführende Einführung von Tempo
30 in der Avelsbacher Straße anzugeben (sic!), weil er immer wieder auf die
Zuständigkeit der Landesgesetzgebung und deren Verbot auf Landstraßen wie z.B.
in der Avelsbacher Straße in Trier, Tempo 30 einzuführen.
Der Grund dafür sei: weil es angeblich laut Landesverkehrsministerium in Mainz
(sic!) keine Geschwindigkeiten unterhalb von 50 Km/h auf Landstraßen geben
dürfe. (Dies gelte ausdrücklich auch für die Avelbacher Straße, wie der
Amtsleiter des Straßenverkehrsamtes in Trier, Herr Van Bellen, in Briefen
(E-mails) gegenüber meiner Frau betont hatte.
(Der Schriftverkehr ist Ihnen bekannt, da er im Anhang Ihrer letzten Mail an
mich von Ihnen selbst angeheftet wurde!)
Den Umstand, dass die Stadt Trier in diesem Punkt
Entscheidungsunfähig ist, weil nur das Land RLP Weisungsbefugt ist, habe ich
des Öfteren in meinen Briefen und E-Mail explizit (sic.) angeführt.
So auch ausdrücklich (sic!) in meiner E-Mail an das Ministerium
für Verkehr in Mainz (erfolgt per Kontaktformular vom 17.08.20 und 18.08.20 -
erst nach zweimaligem Anlauf!). Dort habe ich drei Punkte aufgeführt, die ich
vom Verkehrsministerium in Mainz geklärt wissen wollte! - Unter anderm den
folgenden Punkt 2., den ich Ihnen hiermit gerne noch einmal vor Augen führen
möchte:
"2. Teil meiner Anfrage ist zudem eine Mitteilung des
Bauamtes in Trier, man könne in der Avelsbacher Straße keine Tempo 30
einführen, was wegen der Lärmbelästigung von den Anwohner/innen seit Jahren gefordert
wird. Der Grund dafür lautet: Das Land RLP verbiete auf Landstraßen eine
Temporeduzierung unter 50 km/h. - Demgegenüber berichtete der Trierische
Volksfreund vor einigen Monaten (TV, 25.05.20), der Stadtrat in Schweich habe
in Bezug auf eine Landstraße beschlossen, genau diese Temporeduzierung auf 30
km/h quer durch die ganze Stadt Schweich zu beschließen, weil laut Grundgesetz
die Abwehr von "gesundheitsgefährdendem" Verkehrslärm einen
verkehrspolitisch gewünschten zügigen "Verkehrsfluss" in der Landstraße
vorzuziehen sei. - Diesen Widerspruch (Trier - Schweich) bitte ich Sie [d.h. an
dieser Stelle: Das zuständige Verkehrsministerium in Mainz, J.V.], zu
erklären." (Zitat: Kontaktformular Ministerium Mainz vom 18.08.20)
Zudem heißt es abschließend noch: "Ich bitte Sie [d.h. an
dieser Stelle: Das Verkehrsministerium in Mainz (!), J.V.] daher, zu den drei
Punkten Stellung zu beziehen und die Stadt Trier auf zu fordern, entsprechend
Tätig zu werden" (Zitat: Kontaktformular, ebd.)
Wie Sie, sehr geehrter Herr Pause, unschwer diesen Zitaten
entnehmen können, fällt sowohl Ihre Stellungnahme (- die der ADD, nachdem das
Ministerium in Mainz intern meine Schreiben mehrfach zwischen verschiedenen
Fachbereichen verschoben hatte, bis zu Ihrem eigenen Schreibtisch in der
ADD-Trier), als auch die vermeintlichen Bekundungen des Baudezernenten, Herrn
Ludwig, in Trier, ziemlich "mager" aus.
Mit anderen Worten: Dieses Thema wird von Ihnen (in Ihren Antwortschreiben:
Stadt Trier; Mainz und ADD) in keinster Weise behandelt oder ausgeführt!
Besonders erstaunlich ist vor diesem Hintergrund, dass Sie selbst,
sehr geehrter Herr Pause, sehr wohl durchblicken lassen, dass es noch andere
Punkte zu behandeln gäbe, als Sie in Ihrem Schreiben zum Ausdruck bringen. -
Wenn ich Sie zitieren darf:
"(...) zur Erläuterung der Behandlung Ihrer [also: meiner,
J.V.] Eingabe (...) mag die Information für Sie [also: für mich, J.V.]
hilfreich sein, dass der Schwerpunkt Ihrer [also: meiner, J.V.] Eingabe vom
17.08.20 [wobei Sie mein zweites Schreiben vom 18.0920 gänzlich in den Tisch
fallen lassen (sic!)] an die Pressestelle in Mainz für Wirtschaft, Verkehr,
Landwirtschaft und Weinbau (MWVLW) in einer Beschwerde über ein mangelndes
Kommunikationsverhalten der Stadtverwaltung Trier liegt." (Ihre Mail vom
15.10.20 an mich)
Insofern möchte ich folgende Punkte noch einmal klarstellen:
- Der von Ihnen behauptete "Schwerpunkt" meines
Schreibens an das Ministerium liegt keineswegs mit "Schwerpunkt" auf
einer mangelnden Bereitschaft der Stadt Trier das Transparenzgesetz des Landes
RLP angewendet zu haben, sondern auf der Beantwortung meiner in meinem
Schreiben an das Ministerium angeführten "drei Punkten" (siehe oben).
- Zudem schlösse eine "Schwerpunktsetzung" dennoch
keineswegs noch andere Thematiken aus, die von mir erfragt wurden und deswegen
nicht einfach unter den Tisch fällen können, indem sie überhaupt nicht
behandelt (sic!) und somit - wiederum - auch nicht beantwortet werden (z.B. in
Ihrem Brief/Mail vom 15.10.20).
- Eben so wenig wurden diese Fragen von der Stadtverwaltung in
Trier beantwortet - entgegen der Behauptungen von Herrn Baudezernent Ludwig!
(vgl. dazu Ihre eigenen Anlagen: 14.10.2020)!)
- In den entscheidenden Punkten (Verkehrsbelastung in der
Avelsbacher Straße durch weitere Bebauungspläne sowie deren Lösung) weicht die
Stadtverwaltung wiederholt darauf aus, entweder auf das Mobilitätskonzept 2025
zu verweisen - oder wie in diesem Fall: auf neue, just in Auftrag gegebene
Verkehrsstudien, zu denen man sich jetzt natürlich noch nicht äußern könne!) -
Klar: Zwanzig Jahre nachdem die Bürgerinitiative "Lebenswertes
Kürenz" gegen die Bebauungspläne der Stadt geglagt hatte und diese
zeitweise für Ungültig erklärt wurden, weil die Umstände in der Avelsbacher
Straße "gesundheitsgefährdend" (OVG, Koblenz, Urteil 2004), so das
Oberverwaltungsgericht in Koblenz seien, ist dieses Problem immer noch nicht
gelöst, obwohl zahlreiche neue Bebauungsvorhaben den Verkehr in der Avelsbacher
Straße weiter (sic!) belastet habe und noch mehr belasten werden!.
- Der von der Stadt Trier als Lösung unserer oben angeführten
Verkehrsprobleme explizit angeführte "Rechtsweg", den wir "gegen
die Ablehnung [unseres Antrags auf die Einführung von Tempo 30 in der
Avelsbacher Straße, J.V]" nach Ansicht der Stadt Trier beschreiten können,
ist an Zynismus, d. h. offene Menschenverachtung (sic!), nicht mehr zu
überbieten!
Statt sich für die (in unserem Falle nun wirklich berechtigten!)
Belange der Bürger/innen politisch einzusetzen, verweist die Verwaltung der
Stadt Trier auf ein "teures" Normenkontrollverfahren, das wir
bestreiten sollten, statt selber gegenüber der vorgegebenen Rechtslage der
Landesregierung zum Wohle einer Lösung der Verkehrsproblematik vor Ort in Trier
für die betroffenen Bürger/innen tätig zu werden. Das schließt auch die
Notwenigkeit ein, die angebliche „Tempo-50-Regelung auf Landstraßen“ durch das
Land RLP verkehrspolitisch INFRAGE zu stellen. Denn: zahlreiche Ausnahmen von
dieser Regelung können wir Zuhauf anführen, ebenso wie den Umstand, dass die
Stadt Schweich mit der CDU-Fraktion vor Ort immer noch am Ball des gleichen
Problems bleibt.
Vor diesem gesamten Hintergrund, bitte ich Sie daher, den
"Marsch durch die Institutionen" (R. Dutschke) mit meinem Schreiben
und Anliegen vom 17/18.08.20 erneut durch das Ministerium in Mainz bzw. durch
die Verwaltung der Stadt Trier wieder aufzunehmen.
Ich erwarte - nach wie vor - eine Antwort auf die angebliche
Unmöglichkeit, in der Avelsbacher Straße in Trier auf ca. 800 Meter eine
Reduzierung der Durchfahrtgeschwindigkeit auf Tempo 30 km/h einführen zu
können. - Eine Maßnahme, die der "gesunde Menschenverstand" unschwer
einzusehen in der Lage ist, eben weil sie so gut wie nichts kostet und zudem
äußerst wirksam ist.
Ich erwarte Ihre - nicht persönliche - aber als Vertreter der ADD
angemahnte Antwort in zunehmender Eile! Wobei ich davon ausgehe, dass diesmal
die richtigen Fachbereiche von Ihnen intern angeschrieben werden, und so ein
erneuter Verschiebebahnhof nicht zuständiger Mitarbeiter/innen vermieden wird.
- Das wäre eine Regierung ihren Bürger/innen durchaus schuldig!
Mit freundlichen Grüßen
Dr.. Johannes Verbeek
Haiku
Haiku:
Klassische japanische
Kurzgedichtform nach dem Schema: 5 + 7+ 5 Verssilben
mit Inhalten vor allem zu den vier
Jahreszeiten und Neujahr. Stimmung, Gedanken und Ausdruck sollen hierbei übereinstimmen und eine Einheit bilden. Jährlich werden in Japan über 1 Million Dreizeiler in Form eines Haiku veröffentlicht. Zu den Kurzgedichten [weiter]
Haiku
1.
Lärmpegel
Wie Wellen rollen
Am Meer, heute, die Autos
Rauschen durch Straßen.
2.
Herbst
Falb hängen Blätter.
Am Galgen ein Toter
Schaukelt und fällt still.
3.
Sommer
Wir sehen uns an.
Augen funkeln wie Sterne.
Ein Sonnenaufgang.
4.
Herbst
Der Schatten fällt lang.
Die Blumen schmücken das Grab,
vor deinen Füßen.
5.
„Alles ist entweder in etwas
anderem, oder: es ist nicht.“ (Aristoteles)
Einmaligkeit
Leer ist die Flasche,
von Luft umgeben, gefüllt.
Dies: In-Sein ist Sein.
6.
Tonlos
Im dunklen Walde -
Ist es dunkel und SO still.
Kein Ast bricht ins Licht.
7.
Null und Nichtig
„n+1“: Die Zahl.
Damit fängt das Zählen an.
Zwei von Anbeginn.
8.
Revolution
Erkenne, was ist!
Marx: Lange Haare und ein Bart.
Das heißt: Ungleichheit!
9.
Dreieinigkeit
Virtualität:
Umgeben von Zahlen: ist.
Eins und Null und Du.
10.
Vierjahreszeiten
Die Lehne am Stuhl.
Aufrichtig gehen und sitzen.
Passgenau, die Welt.
11.
Descartes
Was du gesagt hast,
könnte sein: wahr und auch falsch.
Doch, nicht ohne mich!
12.
Unsichtbar
Der tote Vogel
Löst sich auf, wird weniger –
Nicht, seine Seele!
13.
Wintersonnenwende
Ich seh‘ ihr Lächeln
Im Auge des Lebens. Glanz.
Und im Spiegel - mich.
14.
Widerspruchslos
Alles, was es gibt,
am Anfang und am Ende,
bescheint auch Sonne.
15.
Nicht-Sein
Im Herzen des Seins
Staut sich und schlägt das Leben
Tot: der Widerspruch.
16.
Ereignis
Die Eisfläche bricht.
Der Fuß sackt kalt ins Wasser.
Nass ist er – sonst nichts!
17.
Pandemie
Donald Corona:
Freu(n)de! - Ich möchte küssen!
Jeden! – In den Tod!
18.
Dynamisch
Für die Ewigkeit:
Da sind Fakten, beständig -
Und gehen ständig!
19.
Außer Schwarz
Alle Farben: weis –
Oder? Alle Farben: grau!
Bunt leuchtet, was scheint.
20.
Der Mundwinkel
Verachtung zeigt sich:
Deine Lippe zuckte kurz
Nach oben. - Abwärts!
21.
So unschön – wie ein Witz
So weiße Zähne
Zeigen Fernsehstars SO gern.
Übermäßig. – Lach!
22.
Leicht und Leer und Schwer
Es trägt sein Päckchen
Mit sich, wer, wie Du und ich, -
Inhalte bergen.
23.
Teleologie
Das Boot auf dem Meer.
Geworfen; stürmisch - zu dir
Sinkt der Gedanke.
24.
Statt Einigung
Der Unsinn zeigt sich:
Bei Tarifverhandlungen -
wenn man sich streitet!
25.
… Klimawandel
Das Feuer lodert
Nahe am Eisgipfel. Der …
Kilimandscharo.
26.
Sehen und Hören
Viel Reden ist nicht.
Die Welt sagt dir, was sie will.
DU musst sie fassen.
27.
Heraklit
Es geht die Treppe
Hoch und daselbst herunter.
Du sagst, wie sie geht!
28.
Liebe und/oder Ehe
Umschlungen: Beide.
Und am Finger einen Ring.
So leben sie frei.
30.
Es weht die Decke
An der Stange; über’s Ohr
Gezogen: lautlos.
***
Haiku:
Klassische japanische
Kurzgedichtform nach dem Schema: 5 + 7+ 5 Verssilben
mit Inhalten vor allem zu den vier
Jahreszeiten und Neujahr.
(14.10.20)
Kommentar zum TV-Artikel: Das sind die neuen Pläne für
das alte Walzwerk, vom 08.10.20
„Eine Fachjury hat entschieden“ (TV, 08.10.20, ebd.), lautet
der erste Satz der Unterüberschrift des Artikels. Und zwar „einstimmig“ (TV,
ebd.), wie der Leser weiter erfährt. –
Nun, das ist alles schön und gut, soweit!
Das wirklich Interessante, weil eine der wichtigsten
Voraussetzungen für die Erschließung des gesamten Walzwerkgeländes, findet sich
in dem TV-Artikel von Christiane Wolff dann weiter unten mit dem Stichwort „Verkehr“.
Der Leser erfährt hier, dass die Verkehrsproblematik „das größte Problem bei
den Planungen war“ (ebd.), denn es trete für die Betroffenen Anwohner/innen in
jedem Fall eine „zusätzliche Belastung“ (ebd.) ein, was die Stadtplaner von
Anfang an auch nicht zu leugnen gewagt haben. Um so interessanter ist es daher,
zu sehen, ob die Planungen dieser nur allzu bekannten – und wirklich nicht
neuen (sic!) - Problemlage in Altkürenz endlich gerecht wurden?
Liest man sodann aber die Zwischenüberschrift des Artikels
mit der Aussage:
„Das Gutachten besagt, dass die Verkehrsanbindung möglich ist“ (eba.), und
guckt, wer sowas denn behauptet, dann weiß man als Anwohner schon bescheid.
Lars Kollmann als Vorstand des Investors „Triwo“ hätte diese
Aussage denn wohl auch getätigt, wenn das Gutachten des Verkehrsgutachterbüros
R+V, das auch schon Untersuchungen im Auftrag der ehemaligen Baudezernentin
Kaes-Torchiani (CDU) für die Stadt Trier durchgeführt hat, noch zweifelhafter als
jetzt ausgefallen wäre. Denn:
Die Aussage, sowohl die Verkehrsplaner/innen der Stadt als auch die durch sie
beauftragte Gutachterfirma haben ein primäres Interesse daran, die Pläne des Triwo-Investors
zu ermöglichen - und nur ein sekundäres Interesse daran, mögliche Bedenken der
schon jetzt zu genüge belasteten Anwohner/innen durch besagtes Gutachten zu verstärken,
dürfte nachvollziehbar sein!
- Wäre es andersrum, hätten die Verantwortlichen bei der Stadt schon längst die Reißleine ziehen müssen. Was aber nicht passiert ist! Das Einzelbedürfnis nach Profit zählt hier mehr als das allgemeine Bedürfnis der Anwohner/innen von der Stadt dauerhaft vor Lärm- und Abgasen geschützt zu werden!
Im Zweifelsfall – so meine eigenen Erfahrungen als Vertreter
der Partei Die Linke in den Fachdezernatsausschüssen der Stadt (2009-2012/14) –
ist man sich dort ziemlich einig, betroffene Anwohner/innen eher vor Gericht „klagen“
zu lassen, als im Vorfeld selber als
Verwaltung aktiv zu werden und wohlmöglich dadurch potentielle Investoren
abzuschrecken.
So musste schon die Bürgerinitiative „Lebenswertes Kürenz“ allererst
durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Koblenz 2004 feststellen lassen,
dass die Bebauungspläne der Stadt Trier bis dato unwirksam, weil unrechtens
waren und erst durch den Einbau von passiv wirkenden Schallschutzfenstern, „ZUNÄCHST“
(sic!) (vgl. Urteil: OVG-Koblenz, 2004) geheilt werden können. - Von
Freiwilligkeit und großzügigem Verdienst der Trierer Stadtplanung kann hier überhaupt
keine Rede sein!
Vor diesem Hintergrund ist es daher auch aufschlussreich,
wenn das beauftragte Verkehrsplanungsbüro R+V eine Skala von A bis F bemüht ( -
in der Schule würde man von 1 (= sehr gut) bis 6 (= ungenügend) rechnen), um
dann das niederschlagende Ergebnis zu bekunden:
„Die Qualität der Erschließung wurde dabei mit der Stufe D bewertet“ (ebd.),
wie der TV berichtet. - Also: In der Schule mit einer glatten 4 (=D) bewertet!
Doch vor diesem traurigen Sachhintergrund jubelt der
Triwo-Vorstand, Lars Kollmann:
„Das Gutachten besagt, dass die Verkehrsanbindung so möglich ist“ (ebd.)! – „Möglich“,
na toll – aber wahrhaftig wohl nicht sehr sinnvoll, wie jedes Elternteil wird
urteilen können!
Um den Vergleich mit den Schulnoten verständnishalber weiter
zu bemühen:
Eltern, die glaubten, ihr Kind sei mit „Vieren“ in den Hauptfächern wohlmöglich
weiterhin studierfähig, werden unmissverständlich zum „Elterngespräch“ und zur weiteren
„Laufbahnplanung“ in die Schule eingeladen, um „Auswege“ aus dieser „Fehlinterpretation“
zu überlegen. –
"Zu sagen was ist, bleibt die revolutionärste Tat." (Rosa Luxemburg)
Dagegen feiern die Stadtplanungsverwaltung Stadt Trier
dieses Verkehrsgutachten der Firma R+V zusammen mit dem Triwo-Vorstand – wie man
hört - als Erfolg schwerwiegender Bemühungen, die man mit der vorliegenden
Planung zufriedenstellend gelöst habe. - Aus und fertig! –
Ja aber: „zufriedenstellend“, für wen eigentlich?
Die Stadtplaner/innen waren ja vor einigen Monaten
angetreten, zusammen mit der betroffenen Bevölkerung in Altkürenz, eine
zufriedenstellende Lösung - vor allem in Bezug auf die betroffenen
Anwohner/innen (!) - für die neue Verkehrsanbindung des Neubaugebietes zu
finden. Davon ist jetzt keine Rede mehr, obwohl das vorgelegte Ergebnis nur kurz
vor „mangelhaft“ auf D-Vier rangiert!!!
Der Volksfreund schreibt in diesem Zusammenhang sehr ausführlich:
„Die Bewertungsskala reicht von A („Der Verkehrsfluß ist frei“ bis F („Die
Verkehrslage ist überlastet“). Stufe D ist im Handbuch für die Messung von
Verkehrsanlagen so definiert: ‚Der Verkehrsablauf ist gekennzeichnet durch hohe
Belastungen, die zu deutlichen Beeinträchtigungen in der Bewegungsfreiheit der
Verkehrsteilnehmer führen‘“. (ebd.).
Sodann kommentiert die TV-Reporterin Christiane Wolff: „Nach
freie Fahrt klingt das nicht“ (ebd.). - Aber, sagt Triwo-Vorstand Kollmann, “die
Verkehrsanbindung ist SO möglich“ (ebd.)! –
Ganz nach dem Motto: Augen zu und durch! – Denn die Alternative wäre eine grüne
Dorfwiese mitten in Altkürenz zum Suhlen der zunehmenden Stadtschweine, die sich
hier ökologisch wohlfühlen könnten (vgl. den Artikel auf dieser Homepage weiter
unten).
Wie schön klingt es da, wenn des Weiteren referiert wird,
dass die Stadt Trier „die zu erwartenden Verkehrsströme sollen allerdings noch
mal im Detail untersucht werden – auch im Zusammenhang mit der Entwicklung des
Burgunderviertels in Neu-Kürenz und dem geplanten Edeka-Markt in der
Schönbornstraße“ (ebd.)!?
Ja, das klingt nach bleibendem Engagement der Stadt Trier, wüsste
man nicht als betroffener Anwohner, dass die Stadt (zusammen mit ihren diversen
externen Verkehrsplanungsbüros) schon seit über dreißig Jahren (das ist mehr
als eine ganzen Generation!) Entlastungen für die hier aber unerwähnten Straßen
- wie in der Avelsbacher Straße und anderswo – sucht, wenn sie denn „sucht“!? -
Eine Tätigkeit, die man sodann auch nur den wenigsten politisch verantwortlichen
Stadträten in Trier wirklich zusprechen kann!
Tatsächlich aber hätte dieses Gutachten schon im Vorfeld der
öffentlichen Planungen mit Bürger/innen in Kürenz von der planenden Stadtverwaltung
erstellt sein müssen – und nicht erst im Nachhinein, wo man jetzt feststellt,
das schöne Kind „Walzwerkverkehrsanbindung“ könne auch in den Brunnen fallen.
Tatsächlich habe ich erst mit dem Antwortschreiben des Verkehrsministeriums
in Mainz auf meine Beschwerde hin, kein Antwortschreiben auf meine Anfagen vom
16.06.20 an den Trierer Baudezernenten Andreas Ludwig (- öffentlich verschickt
an alle Fraktionen im Rat sowie dem TV) erhalten zu haben, erfahren, dass
dieser immerhin nach eigenen Angaben vom 26.08. 20 eine weitere Studie zur Verkehrsproblematik
in der Avelsbacher Straße in Auftrag gegeben hat! - Diese Eile ist jedoch zu verstehen
vor dem Hintergrund, dass die betroffenen Anwohner/innen in der Avelsbacher
Straße nicht einsehen, warum die seit mehr als zwanzig Jahren durch den kontinuierlichen
Ausbau der Höhenstadtteile vom Petrisberg bis Filsch, etc. zunehmende Verkehrsbelastung
nicht – wie mehrfach von den Anwohner/innen vorgeschlagen wurde (!) – durch eine
Reduzierung auf Tempo 30 in der Avelsbacher Straße (ca. 800 m) zur
Zufriedenheit Aller vorgenommen werden kann? –
Die Verantwortlichen der Stadt Trier verweisen hier immerzu auf die weisungsbedingte
Zuständigkeit des Landes RLP durch das Verkehrsministerium in Mainz bzw. die
ADD-Trier hin, in Bezug auf Tempobeschränkungen bei Landstraßen tätig zu werden.
Eine Tempobeschränkung wie sie nicht nur in der Avelsbacher Straße in Trier,
sondern auch in der Hauptdurchgangsstraße in Schweich gefordert wird, weil in
beiden Straßen (hier durch das Urteil des OVG-Koblenz 2004 und dort durch
Gutachten 2020 „gesundheitsgefährdende“ (TV, 25.05.20) Lärmbelästigungen festgestellt
wurden, so dass die Forderung der Anwohner/innen nach Tempo 30 durchaus
plausibel ist.
Die ganze Angelegenheit für die Avelsbacher Straße in Trier
liegt derzeit (nach Korrospondenzen mit Mainz und Trier) bei einem
Sachbearbeiter der ADD in Trier, der am 16.09.20 schreib, binnen „einer
Vorlagefrist von 3 Wochen“, „den Sachverhalt“ aufklären zu wollen! –
Freilich: Kommt Zeit, kommt Rat! – Aber keine Antwort für anstehende Verkehrsprobleme!
Wir warten also weiterhin – was die Verantwortlichen in
Stadt und Land nicht hindert ungebetene Fakten zu schaffen – wie die
Walzwerkplanungen zeigen!
Nur am Rade sei hier erwähnt, dass das weitere in Auftrag
gegebene Verkehrsströmegutachten der Stadt Trier – wie oben erwähnt - sehr
unterschiedliche Situationen beurteilen müssen.
Einmal die neue, zusätzliche Belastungssituation
für die Schönbornstraße und ein anderes Mal die alte, wiederholt zusätzliche Belastungssituation
für die Avelsbacher Straße!
Das perverse an der letzteren Situation ist aber, dass schon
zu Beginn der Bürgerbeteiligung zur Erschließung des Baugebietes im Walzwerk,
die zuständigen Moderatorinnen der Stadt, ausdrücklich (sic!) die Belastungen
für die Avelsbacher Straße „ausklammern“ (sic!) wollten und ausgeklammert haben
(sic!). Diese Belastungen und Lösungen seien erst zu einem späteren Zeitpunkt
relevant, nämlich bei der Erschließung des neuen Bauhofes der Stadt am Grüneberg
(vorgesehener Baubeginn bis 2030 (sic!) im mittelfristigen Mobilitätskonzept). –
So geht das schon seit Jahren und Jahrzehnten! –
Ehrlich gesagt: Es fällt mir persönlich zunehmend schwer, all diese Planungsansätze
der politisch Verantwortlichen in der Stadt Trier wirklich noch ernst zu nehmen!
Also werde ich eine E-Mail an die ADD schreiben und nachfragen, was mit der
Tempo-30-Regelung des Landes RLP in Bezug auf die Avelsbacher Straße los ist? –
Der von den Anwohner/innen der Avelsbacher Straße des Weiteren in Erwägung
gezogene Antrag auf eine mobile Verkehrsschadstoffe-Belastungs-Messung vor Ort,
um gegebenenfalls ein generelles „Dieselfahrverbot“ für den Teilabschnitt in
der Avelsbacher Straße gerichtlich durchzusetzen, steht weiterhin im Raum (Vgl.
oben Brief an den Baudezernenten in Trier) – ohne dass sich die wohlinformierten
Fraktionen, noch die Stadt oder das zuständige Ministerium in Mainz dazu
geäußert hätten, obwohl wir Anwohner/innen eine für alle friedliche Tempo 30
Reduzierung für diesen 800 Meter langen Streckenabschnitt präferieren.
Der Aufmerksame Beobachter wird an dieser Stelle erkennen,
dass das oben angeführte Kriterium des zügigen „Verkehrsflusses“ im Gutachten
für das Walzwerk mit einer guten Bewertung ( A = 1) keineswegs zureichend ist.
Langsamer fließt der Verkehr eben auch „gut“ – nur wesentlich leiser, worauf es
den Anwohner/innen in der Avelsbacher Straße seit nunmehr zwanzig Jahren aber ankommt!
- Leider nicht in Zusammenarbeit mit den politisch Verantwortlichen. -
Aber:
„Das Gutachten besagt, dass die Verkehrsanbindung SO möglich
ist“ (TV, ebd.)
So sieht die Welt aus! - Man muss sich überhaupt nicht wundern!
(12.10.20)
Für Paul (und alle anderen)
Nur Bestes wollte, wer sich mühte, jedoch auch negativ gesehen. Es kommt daher auf das Gefühlte an. - Und nicht im Leid zu vergehen!.
Angekommen ist, wer nicht vergeht, bevor er andere anerkennt und würdigt wie sich selbst; wer besteht auf das, was er zuvor benannt!
Das Beste aber bleibt verschlossen, selbst schrittweise angenähert, für den, der glaubt, es zu besitzen; nicht aber für den es sich bewährt!
Denn einmal bewährt, nützt es immer anderen auch zum Beleben. Wer es je erfahren, stribt nimmer! Es sei -, was wir Dir gegeben.
(02./03.10.20)
So schön ist Trier – wenn man ‚nicht bis drei zählen‘
kann!
Teil 1
Man möchte fast meinen, Verona Kerl, eine TV-Reporterin,
hätte eine poetische Ader an den Tag gelegt, wenn sie ihren Artikel, „Mega-Stau
wegen Vollsperrung in Trier-Olewig“ (TV, 24.09.20), mit den Worten beginnt:
„Die Fahrt mit dem Auto nach Olewig, Tarforst, Filsch oder Umlandgemeinden wie
Pluwig ist zur Zeit ein Geduldsspiel: Gas, Bremse, Kupplung. Gas, Bremse … Im
Schneckentempo kriecht der Verkehr durch Domänenstraße und Avelertal. Gas,
Bremse Kupplung. Anfahren am Berg. Dann wieder Stillstand. Es ist 16.30 Uhr.
Berufsverkehr“ (TV, ebd.).
Die Alltagsromantik in der Avelsbacher Straße sieht jedoch
etwas aus: Besagter „Berufsverkehr“ beginnt hier schon um 5.00 Uhr morgens in
der Frühe und endet erst gegen 23.00 Uhr in der Nacht, wenn die letzten
Kneipengänger/innen nach ihrem Kulturgenuss in Trier ihre Wohnsilos in den
Höherstadtteilen oder in den „Umlandgemeinden“ mit dem Auto noch sehr schnell
aufsuchen wollen! – Zunehmend seit nunmehr zwanzig Jahren!
Noch fantastischer mutet der Schlusssatz ihres Artikels an,
wenn Frau Kerl - so ziemlich undifferenziert - schreibt:
„Für die geplagten Verkehrsteilnehmer [sic!] und Anwohner [sic!] der
Umleitungsstraßen heißt das: weiter Zähne zusammenbeißen [sic!] und Geduld
[sic!] üben“ (TV, ebd.).
Immerhin: Es gilt nur „die Zähne zusammenzubeißen“. Das
hörte sich vor zwanzig Jahren schon mal dramatischer an, als der erst kürzlich
verstorbene TV-Redakteur, Jörg Pistorius, meinte kommentieren zu müssen, die gebeutelten
Anwohner/innen in der Avelsbacher Straße müssten sich bis auf weiteres daran gewöhnen,
„den Feinstaub“ der Petrisberger Neubaubewohner/innen „zu fressen!“ (TV, 2004),
weil Hubschrauberlandeplätze auf dem Petrisberg nicht vorgesehen seien! – Nun also:
„Zähne zusammenbeißen“! Ja, das ist doch viel gesünder!
Nachdem sich die Stadt mittels der Medien doch sehr bemüht hat,
„Aufklärung“ und „Verständnis“ für die umfahrenden Autofahrer und
Berufspendler/innen der Höhenstadtteile anzubieten, wundert man sich als „Anwohner“
der Avelsbacher Straße doch sehr, dass die mit der „Umfahrung“ zusätzlichen
Verkehrs über ganze zwei Wochen hinweg „Feinstaub fressenden“ Anwohner/innen
mit keinem Wort erwähnt werden, so als sei das alles so sehr „selbstverständlich“,
dass es dazu keines anerkennenden Wortes bedarf. Wissen wir doch, dass die
Stadtverwaltung – abgesegnet durch mehrheitlichen Beschluss des Stadtrates –
der Meinung ist, dass die „Wohngebiete in den Höhenstadteilen“ den Vorzug der „Verkehrsberuhigung“
verdienten, so dass die Anwohner/innen in der Avelsbacher Straße in Kauf zu
nehmen hätten, den zusätzlichen Verkehr täglich in einer als „Durchfahrtsstraße“
titulierten Landstraße freundlich- frohleckend begrüßen dürfen zu sollen. –
Tatsächlich wurde der „Ausbau“ der Avelsbacher Straße in den Jahren 2001 bis
2004 vor Beginn der Landesgartenschau aber als „Rückbau“ [!] zu einer „Anliegerstraße“
den Anwohner/innen „verkauft“, wofür sie zudem auch kräftig zur Kasse gezogen
wurden wegen der Eigenbeteiligungen am Straßenrückbau mit Parkbuchten! Von
einer „Vollsperrung“ der Avelsbacherstraße (mit Durchfahrt nur für Anlieger)
war damals unter dem Baudezernenten Dietze (SPD) die vollmundige (Lügen-)Rede.
Es macht daher einen riesen Unterschied, ob man als "Anwohner/in" durch Lärm und Abgase "geplagt" von der derzeitigen Verkehrssituation in Kürenz ist oder ob man als "Verkehrsteilnehmer/in" "geplagt" ist, weil man im 'Stau steht. - Die überwiegende Mehrheit der Abwohner/innen in der Avelsbacher Straße bevorzugt eine "Lärmreduzierung" durch die Einführungen von Tempo 30 in der Avelsbacher Straße. Eine Maßnahme, die die Stadt Trier derzeit unter Berufung auf eine Landesgesetzgebung nicht umsetzen will, obwohl es jetzt zahlreiche Ausnahmen von der Regel, dass auf Landstraßen nicht unter Tempo 50 gefahren werden soll, wegen des gewollten "Verkehrsflusses", dessen Lautstärke allerdings, die von den Anwohner7innen gewünschte gesundheitsgefährdende Abgas- und Lärmreduzierung plausibel macht. Die ADD ist derzeit mit einer Stellungsnahme beschäftigt, von der man nur hoffen kann, dass hier mit gesundem Sachverstand geurteilt werden wird. Denn eine billigere Maßnahme zur Lärmreduzierung gibt es für die Avelsbacher Straße nicht! - Warum sollten die Menschen, die oberhalb auf dem Petrisberg wohnen, nicht Rücksicht nehmen wollen, wenn sie dadurch die Unerträglichkeiten in Avelsbacher Straße strak reduzieren können? - Es gibt hierfür keine gescheiten Gründe! Denn 800 Meter mitten in der Stadt auf Tempo 30 zu reduzieren, würde den gewünschten Verkehrsfluss in der Avelsbacher Straße ja nicht zum Erliegen bringen! - Das muss man aber zum Wohle anderer wollen (können dürfen)!
In der Nachbargemeinde Schweich stehen die Anwohner/innen vor dem gleichen Dilemma (vgl. TV 25.05.20). Der Trierer Bauderzent A. Ludwig meinte dazu kürzlich in einem Schreiben, dass die Tempo 30 Maßnahme in Schweich auch nicht umgesetzt werden könne. Ob die Stadt Trier sich allerdings überhaupt für diese Temporeduzierung aktiv bei der ADD einsetzt, geht aus dem Brief nicht hervor. - Zu Erwarten ist es jedenfalls nicht, denn die Idee zur Lösung der Lärmproblematik ist schon über zwanzig Jahre alt, in denen sich diesbezüglich nichts getan hat! (Da mögen die Orts- und Stadträte sagen, was sie wollen. Nennenswerte Unterstürtung gab es bis nicht! -
Insofern ein Stau lärmreduziend wirkt, gilt: Der Stau kann also weitergehen!
Teil 2.
Wenn wir daher jetzt im Volksfreund lesen müssen, dass ein
neues „Mega-Amt“ in den nächsten Tagen auf den Grüneberg umzieht (vgl. den Artikel:
„Umzug auf den Grüneberg: Neues Mega-Amt nimmt Arbeit auf“, von Christa Wolff, TV,
25.09.20), dann fragt man sich – wiederum (!) - als betroffener Anwohner schon,
was von den Mengenangaben „zusätzlichen“ [sic!] Verkehrs, der, wie so oft, nur in
kleinen Nebensätzen benannt wird, zu halten ist?
Die Rede ist hier zunächst von nur „90 Mitarbeiter/innen“
des Innendienstes, die aus der Innenstadt auf das Gelände beim Grüneberg/Riverisstraße
umziehen werden – und zwar mit ihren jeweiligen Autos zur An-und Abfahrt zum
neuen Arbeitsplatz, was wir an dieser Stelle schon mal ergänzen wollen!
Damit aber nicht genug: Wenige Sätze weiter steht folgende
Passage:
„Bis die LKW, Müll- und Kehrwagen, Maschinen und Geräte für die Pflege von
Grünanlagen und das sonstige Materiallager am Grüneberg stationiert sind, wird
allerdings noch einmal rund ein Dreivierteljahr ins Land ziehen“ (TV, ebd.).
Diese Aussage beruhigt doch ungemein! Immerhin nur „rund ein
Dreivierteljahr“ (TV, ebd.) bis die Verkehrsbelastung zwar ungefragt, aber
wiederum auf explizitem Verwaltungs- und Stadtradtsbeschluss [sic!] erneut in
der Avelsbacher Straße zunehmen wird. Hierbei ist noch nicht einmal berücksichtigt,
dass auch die Zufahrt zur Erschließung des neuen Wohngebietes auf dem Gelände
des ehemaligen Walzwerkes in Kürenz über die Avelsbacher Straße/Ecke Nellstraße
stattfinden soll. (Der TV-Reporter Herr R. Neubert sprach unlängst in einem
seiner Artikel von einer zusätzlichen Verkehrsbelastung von „2500 zusätzlichen
Autos“. Eine Zahl, die er mir auf Nachfrage aber nicht betätigen wollte. Eine
diesbezügliche €-Mail blieb unbeantwortet).
Das ist aber noch nicht alles:
„Die insgesamt rund 250 Mitarbeiter [sic!] der nun fusionierten Ämter sind alle
begeistert vom Umzug“ (TV, ebd.) – und man fragt sich: Warum nicht?
Also insgesamt „250 Mitarbeiter/innen“ werden sich demnächst
in ihre Autos setzen, um durch die Avelsbacher Straße (von oben oder von unten
-ganz egal) für zusätzlichen Verkehr zu sorgen! Die sparsame Antwort der
Amtsleiterin, Frau Schacht, spricht geradezu „Züge“: „Ja, das ist so“ (TV,
ebd.). Sehr viel Besseres, weil Differenzierteres, ist allerdings vom
zuständigen Straßenbauamt bzw. vom verantwortlichen Baudezernenten, Herrn
Ludwig (CDU), auch nicht zu hören, wie ein umfangreicher Fragenkatalog, den ich
Mitte des Jahres an alle Fraktionen und das zuständige Dezernat verschickt hatte,
belegt (vgl. Homepag: „johannes-verbeek“, Button: „20 DAS ROTE TUCH 20“ unter
entsprechendem Datum). –
Dass wir Anwohner/innen diese Verkehrssituation und politische Haltung mehr als
nur „blamabel“ halten, bedarf keiner Ausführungen mehr!
Die entsprechende Frage lautet nämlich: Wie stellen sich die
politisch Verantwortlichen in der Stadt und die Entscheider in den Fraktionen ebenso
eine entsprechende Verkehrsanbindung nicht nur für die Mitarbeiter/innen,
sondern für den noch umfänglicheren gesamten Fuhrpark dieses neuen „Mega-Amtes“
vor. – Schweigen! Und nur der Verweis auf das immer Kleingedruckte: Bis zum
Jahr 2030 soll mit einer eigenen Zufahrt, die die Avelsbacher Straße dann auch
Teilentlasten soll, damit der zusätzliche Verkehr dadurch kompensiert werden
kann [sic!], begonnen werden, wie es das mittelfristige [sic!] Mobilitätskonzept
vorsieht. – Allerdings fragt ‚man‘ sich: Wieso nur „mittelfristig“ und wieso
erst nach einer vollständigen Generation (30 Jahre) Wartezeit? So, als ob es
bis dahin keine einzige Verkehrszunahme gegeben hätte beim Ausbau der neuen mittlerweile
rund 8 Höhenwohngebiete, und der behauptete „Ausbau“ der Avelsbacher Straße
niemals eine zunächst geplante „Rückbauung zur Anwohnerstraße“ (Dietze: 2004)
gewesen wäre? Entlastet durch die geplante und „belogene“ [sic!] „Umgehungsstraße“
Kürenz? –
Alles das zusammen wird verschwiegen und seit der Amtszeit der Baudezernentin
Frau Kaes- Torchiani (CDU) immer wieder nicht thematisiert, obwohl die grüne Stadträtin,
Frau Anja Reinerman-Matatko, wiederholt im Stadtrat verlautbarte, dass
Stadträte die Aufgabe hätten, insgesamt „das Ganze“ der Stadt im Auge zu behalten.
– Eben: „das Ganze“! Dazu dürfte seit nunmehr
als über zwanzig Jahren auch die Avelsbacher Straße gehören. – Sie tut es aber
nicht! Denn es wird verkehrstechnisch immer nur „draufgesetzt“ und nie „entlastet“!
-
(Man komme mir jetzt nur nicht mit dem „passiven Lärmschutz“, der in Form von
Schallschutzfernstern in einigen Häusern auf Kosten der Stadt nachgerüstet
wurde, nachdem die Stadt höchst richterlich aufgrund einer Normenkontrollklage
der damaligen Bürgerinitiative „Lebenswertes Kürenz“ dazu „verdonnert“ werden
musste und der Klage vom Oberverwaltungsgericht in Koblenz stattgegeben wurde.
Von bürgerfreundlicher Freiwilligkeit der Stadt Trier - samt damaligem Stadtrat
- kann hier also nicht die Rede sein! - Und das hat sich bis heute nicht
verändert!)
Teil 3
Vor diesem Hintergrund belustigt es doch ungemein, wenn
schließlich eine Überschrift im Volksfreund lautet:
„Trier auf dem Weg zur Fußgänger- und Fahrradstadt“ (TV, 30.09.20).
Eine neue Studie soll das belegen (vgl. ebd.). Nun das mag
sein und freut mich sehr! - Allerdings sind die damit verbunden Effekte, die als
„Beschluss für das Mobilitätskonzept (MoKo) 2025 gefasst“ (TV, ebd.) und schon
mal als „ambitionierte Ziele gesteckt“ (TV, ebd.) und von der ehemaligen Baudezernentin
Frau Kaes-Torchinani (CDU) vorab festgeschrieben wurden, mehr als bescheiden!
Ob diese Studie denn auch wird belegen können, dass – wie behauptet
- „seit 2013 Entwicklungen bei der Wahl der Fortbewegungsmittel“ (TV, ebd.)
stattgefunden haben, tatsächlich auch positive Auswirkungen auf den übermäßigen
Verkehr in der Avelsbacher Straße haben werden, darf bei allem Wohlwollen ernsthaft
bezweifelt werden!
Daher mutet es ziemlich lustig an, wenn in diesem Artikel
der derzeitige Dezernent, Andreas Ludwig (CDU), als ein Mitbürger beschrieben
wird, „der meist mit dem Fahrrad und zu Fuß in der Stadt unterwegs ist“ (TV,
ebd.). – Wohlauf!
Aber wer hätte den verantwortlichen Dezernenten schon mal „mit
dem Fahrrad“ durch die Avelsbacher Straße radeln oder locker „zu Fuß“ durch den
Ortsteil Altkürenz schlendern sehen? – wohlmöglich gar noch im Gefolge der
grün-linken Radfahrer-Fraktionen im Stadtrat, die sich neuerlich für die Schließung der Römerbrücke für den Autoverkehr breit macht? – Eben?! – Niemand! – Und das
sagt alles über die Bedeutung dieser Entwicklungen bei der Wahl der
Fortbewegung!
Die Mitarbeiter/innen des neuen „Mega-Amtes“ samt ihrem
emensen Fuhrparks ebenso, wie die Neubewohner/innen des Walzwerkgeländes in
Altkürenz, genauso wie die Bewohner/innen des Trierer Umlandes, werden nicht
mit dem Fahrrad oder zu Fuß die Avelsbacher Straße vom Verkehr entlasten, um zu ihren neuen Arbeitsplätzen zu gelangen.
Dieses Wissen mal vorausgesetzt, muten die folgenden Sätze für
Anwohner/innen in der Avelsbacher Straße doch ziemlich zynisch an:
„Wir sind auf einem guten Weg, um die Ziele des Mobilitätskonzeptes [2025] zu
erreichen“ (TV,eba.). –
Klar sind wir das, nur nicht in der Avelsbacher Straße, die aufgrund ihrer städtebaulichen
Besonderheit, eine enge Straße mit sog. „Tunneleffekt“ ist, wodurch die Lärm- und
Abgaswerte sich gegenüber vergleichbaren Straßen potenzieren. Ein Umstand, den die
„Stadtplanungs-Empiriker“ nicht wahrhaben wollen, weil sie keine „Messungen vor
Ort“ , sondern lediglich standardisierte Vergleichsrechnungen vornehmen, die wesentlich günstigere
Werte darstellen, um sie dann bei der Stadt abzuliefern. – Auch darüber wäre noch
einiges zu sagen, wenn man nur bis drei zählen könnte!
(01.10.20)
Generaldebatte: Zu Moiria auf Lesbos
Die Schweine darf man nicht mehr Schweine nennen. Und Affen reden dummes Zeug. In Parlamenten stehen Redner/innen fein lackiert und glänzend, wippend
vor dem Pult. - Aber man weiß nicht, was sie meinen, wenn sie reden, scheinbar über andere Welten, nur nicht über das, was offensichtlich ist.
Und so sitzen alle Esel still Zuhaus im Sofa, essen Chips und wundern sich, was man so alles sagen kann ...; Wenn ..., überhaupt ... Wortschwälle, Wasserfälle - doch es tut sich nichts!
Bevor wir vergehen
Vor den Augen schwarze Tannen, aber hell der Blick ins Licht. Grau, verwüstet Lebensspannen, die verenden aber nicht!
Suchen nach dem Sinn des Lebens?Mitten, innerhalb der Nacht?Überall und hier vergebens, letztlich vor die Wand mit Macht!
Alte Bilder sind verblassen, die Konturen sind nicht mehr. Gegenseitig wird verlassen, wen wir lieben - auch so sehr.
Voll Entsetzen, ohne Fassung, werden wir Zugrunde gehen. Aufgelöst mit guter Passung sind wir Eins und bleiben stehn.
Alle Tage sind vergangen. Wir sind lange schon Gestein. Das Bild zu Sa'is ist verhangen. Ohne Bewußtsein auch kein Sein. (30.0920)
Europaweite Unterschriftenliste zum Bedingungslosen Grundeinkommen jetzt international Unterstützen!!!
Infos unter Folgendem Link: https://eci.ec.europa.eu/014/public/#/screen/home Je mehr hier Unterschreiben, desto größer der Einfluss darauf, dass sich was tut! (28.09.20)
Schäbige Spielchen beginnen durch die Arbeitgebervertreter/innen im Öffentlichen Dienst
Dazu eine Stellungnahme der AG Betrieb und Gewerkschaft vom 23.09.20:
Liebe Genossinnen und Genossen,
die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst sind im vollen Gange.
Die Arbeitgeber mauern und fordern eine Nullrunde. Diese wird unter
anderem auch damit begründet, dass Lohnerhöhungen den Spielraum für
Investitionen in Bildung, Infrastruktur oder Klima kleiner machen
würden.
Das ist natürlich ein durchsichtiges Manöver und der Versuch, die
Beschäftigten, die noch vor wenigen Wochen als systemrelevant
beklatscht wurden, gegen alle anderen auszuspielen. Wir rufen Euch
daher auf, den Kolleginnen und Kollegen vor Ort in euren Kommunen
den Rücken zu stärken und die Solidarität der Partei zum Ausdruck
zu bringen. Im Anhang findet ihr dazu eine Resolution, die in
dieser Woche bereits von der Bundestagsfraktion verabschiedet wurde
und die ihr als Vorlage für eigene Resolutionen und
Pressemitteilungen verwenden könnt.
Wir sollten deutlich machen, dass die Tarifrunde im ÖD keine
normale betriebliche Auseinandersetzung ist, sondern dass es
gewählte Politikerinnen und Politiker sind, die hier in ihrer Rolle
als Arbeitgeber am Verhandlungstisch sitzen. Wer von den
Beschäftigten Verzicht verlangt, der sollte erklären, warum eine
Vermögensabgabe noch immer nicht eingeführt wurde.
Wir wünschen euch viel Erfolg in den Auseinandersetzungen vor Ort.
Solidarische Grüße Euer Bundessprecher*innenrat Betrieb & Gewerkschaft (24.09.20)
Ein ARTIKEL zum Nachdenken von Rüdiger Rauls: (Altlinker und Weggefährte in der AG: Die-Linke-Stadtpolitik-Trier)
(Der Artikel gibt die Meinung des Autors wieder und nicht (ausschließlich) die des Herausgebers.)
Die Linke hat sich festgelegtAuf ihrem heutigen Nominierungsparteiltag hat sich die Linke auf zwei Genossen/innen festgelegt, die im nächsten Jahr antreten wollen, um Bundestagsmandate zu erringen.
Es gilt Alexander Ulrich (MdB) und Katrin Werner (MdB) zu gratulieren!
Sie haben sich, wie in den letzten 10 Jahren, die ich überblicken kann, wiederholt (gegen mögliche Gegenkandiaten/innen) durchgesetzt. Andere linke Gesichter gab und gibt es nicht - Anscheinend!
Von daher gilt es an dieser Stelle - dialektisch wohlkorrekt (sic!) - auch den Gegensatz theoretisch zu würdigen: Es tut mir für "Die Linke" als Partei unendlich leid, denn ich bedauere und trauere mit ihr, dass sie sich nicht entschieden genug für eine personelle Rundumerneuerung hat durchringen können. - Schade! Wirkich schade und zu dumm!
Denn wer glaubt noch wirklich daran, dass von diesen beiden - spießbürgerlich etablierten - Abgeordneten eine revolutionäre, politische Veränderung zum Wohle der Bürger/innen in der BRD wird ausgehen können?
Als ein Klotz am Beine zieht die Linke sich selbst mit diesen beiden in den bedeutungslosen Abgrund! Es sei denn, "man" ist ist - wie immer - mit einer einstelligen Prozentzahl, die bei Bundestagswahlen auch schon mal etwas höher ausfallen kann (!), zu frieden mit den Wählerstimmen!?
Ein "Aufbruch" ist das Ganze wirklich nicht!
Da kommt es Alexander Ulrich (MdB) doch sehr gelegen, dass er - wie er selber in den Nachrichten (13.09.20, SWR-RLP, 19.45) verlautbaren konnte, von vielen Gewerkschaftern geradezu gebeten wurde (sic!) in dieser harten Zeit erneut - und gegen seine eigenen Bedenekn - wiederholt und immer wieder neu zum Wohle der Genossen*innen und aller anderen (!) im Lande RLP (und immerhin auch für die BRD) das schwere Amt mit zu leichten Diäten anzutreten.
(Die Diäten der Bundestagsabgeordneten wollen wir hier als "bedinungsloses Grundeinkommen" (BGE) werten, für das Alexander Ulrich als Gewerkschafter allerdings keine gute Silbe übrig hat! - Die eigenen Argumentationen der Linkspartei blicken nicht einmal alle Mitglieder*innen und Mandatsträger/innen, von denen auch der anwesende Bundesfraktionsvorsitzende Dietmar Bartsch (MdB) nur einer unter anderen ist. (vgl. weiter unten die Kommentare zum BGE auf dieser Homepage, sowie die Broschüre der Linken zum BGE mit grundständiger der Kostenkalkulation!)
Katrin Werner (MdB) darf sich immer wieder auf's Neue freuen, denn, wenn der Listenplatz-Erste männlichen Geschlechts ist, dann muss der zweite Listenplatz gendergerecht laut Satzungen mit einer Frau oder "divers" besetzt werden.
So lassen sich Posten gut besetzen! Leider lassen sich so aber kaum Wahlen gewinnen! - Das "System Ulrich" bzw. das "Ulrich-Werner-Kartell" wird mehrheitlich fortgesetzt und führt die Linke doch zu nichts mehr! (vgl. dazu die Anträge des Kreisverbandes Vulkaneifel auf dem LPT der Linken in Bad Dürkheim vom 30.11.2019!)
Schade so! - Wobei es doch gerade bei der kommenden Wahl darauf ankommen könnte, etwas "an Gewicht" zuzulegen, um so gegenüber den schwächelden Genossen*innen bei der Bundes-SPD auftrumpfen zu können und ihnen gegebenenfalls unter die Arme greifen zu können - wenn gewollt und wenn denn nötig!?
Große Aussichten sind das allerdings nicht. -
Wenn ich jetzt noch einmal von einem "Glückwunsch" spreche, dann wird das Wohl oder Übel kaum mehr als ironisch zu verstehen sein. - Leider! - Dialektisch, d.h. unabhänging von Personen, rein sachlich eben!
Wenn die Linke schlaff und matt ist und die SPD am Boden liegt, dann könnte es an der Zeit sein, über neue (linksaktive) Parteien nachzudenken zu müssen! (13.09.20)
Ein ARTIKEL zum Nachdenken von Rüdiger Rauls: (Altlinker und Weggefährte in der AG: Die-Linke-Stadtpolitik-Trier)
(Der Artikel gibt die Meinung des Autors wieder und nicht (ausschließlich) die des Herausgebers.) Das
politisierte Virus
Das Covid19-Virus ist nicht
nur eine Gefahr für Leib und Leben, es bedroht auch das Gefüge der globalen
Beziehungen und stellt die Stabilität besonders der westlichen Gesellschaften
in Frage.
Verspekuliert
Im Jahre 2015 hatte China die
Initiative „Made in China 2025“ ausgerufen. Damit hatte das Land gewagt, seinen
Anspruch auf die technologische Führerschaft in der Welt zu anzumelden. Dieser
Plan sägte am Thron des Wertewestens,
der damals immer noch gefangen war in der Vorstellung, dass China die Werkbank
der Welt sei und auf absehbare Zeit auch bleiben werde.
Wieder einmal ist der
Wertewesten über die eigene Überheblichkeit gestolpert. China hatte nicht
zerlegt werden können wie seinerzeit die UdSSR durch die Strategie des „Wandel
durch Annäherung“, und das Projekt Seidenstraße, das der Wertewesten anfangs noch belächelt hatte, wurde zu einem
überwältigenden Erfolg. Nun steht er abseits und muss mitansehen, wie sich die
Seidenstraße zu einem gewaltigen Konjunkturprogramm für Chinas Wirtschaft
entwickelt. Durch seine wirtschaftliche und finanzielle Kraft wächst zudem
Chinas politischer Einfluss in der Welt.
Für den Wertewesten
unverständlich und unvorstellbar, hatte sich das Land ausgerechnet unter der
Führung einer Kommunistischen Partei so gewaltig entwickelt, dass man darin
nicht nur eine wirtschaftliche sondern zunehmend auch eine politische Bedrohung
sah. So erklärte die EU im März 2019 China nicht nur zum wirtschaftlichen
sondern auch zum strategischen Rivalen und Systemgegner.
Da man aber auf China als
Abnehmer europäischer, hier besonders deutscher Waren angewiesen war, beließen
es die Europäer bei einer politischen Auseinandersetzung unterhalb der Schwelle
massiver Konfrontation. Zudem ist man in Brüssel angesichts des chinesischen
Wirtschaftsengagement in einigen EU-Ländern nicht immer einer Meinung im Umgang
mit China.
Dagegen versuchen die USA
besonders unter Trump, Chinas wirtschaftlichen Aufstieg zu behindern, um die
eigene Wirtschaft gegen die chinesische Konkurrenz zu schützen. Technologisch
führende Unternehmen wie Huawei, ZTE und neuerdings auch Tiktok, Tencent und
Alibaba werden behindert oder sollen gar ganz aus den westlichen Märkten
gedrängt werden. Dabei argumentierten die USA in erster Linie politisch mit der
Menschenrechtslage in Hongkong und der Uiguren oder aber schüren Ängste
mit unbewiesenen Spionagevorwürfen und
verhängen Sanktionen.(1)
Westliche
Fehleinschätzung
Bei all diesen Maßnahmen des
Wertewestens geht es nicht nur um wirtschaftliche sondern auch um politische
Destabilisierung. Dabei ist nicht klar, ob man tatsächlich selbst glaubt, was
man der westlichen Bevölkerung als Chinabild verkauft, also der eigenen
Täuschung aufsitzt. Oder betreibt man bewusste Manipulation, indem man ein Bild
von der chinesischen Gesellschaft zeichnet, von dem man weiß, dass es falsch
ist?(2)
Wirkt man darauf hin, durch
einen Regime-Change andere politische Kräfte in China an die Macht bringen zu
können, die den westlichen Interessen dienlicher sind, oder will man durch die
politischen Kampagnen nur eine Schwächung des Landes und damit eine
Verlangsamung der Entwicklung erreichen? Jedenfalls wird von westlicher Seite
nichts unversucht gelassen, Chinas Aufstieg zu behindern.
Neben der Uigurenfrage und den
Versuchen der Einflussnahme in Hongkong war die Corona-Epidemie ein weiterer
Ansatzpunkt in der westlichen Strategie der Einmischung und Destabilisierung.
Schon früh war deutlich geworden, dass die Seuche nicht nur ein medizinisches
Problem war, sondern in ganz besonderem Maße auch zu einem politischen
aufgebauscht wurde. Es sollte Auskunft geben über die Stärke der jeweiligen
gesellschaftlichen Systeme.
So orakelte die Frankfurter
Allgemeine Zeitung: „Chinas autoritäre Regierung kämpft nicht nur gegen das
Virus. Das gesamte System steht in Frage“(3). Wenige Tage später fragt Reinhard
Veser in seinem Kommentar: „Wird am Ende das Coronavirus zum Entzündungsherd
für das politische System Chinas?(4). Wenn auch nicht ausgesprochen, so ist der
Wunsch doch unüberhörbar, dass dies so eintreten möge.
Angesichts der ständigen
Einmischungsversuche vonseiten des Westens, schien man in Peking keine Zweifel
zu hegen, dass auch Corona zu politischen Zwecken benutzt werden würde. Dessen
eingedenk erklärte die Kommunistische Partei Chinas, „das Virus sei ein Test
für die Überlegenheit des chinesischen Systems“(5).
Das war am 1.2.2020, als die
Epidemie noch nicht voller Stärke in Europa und den USA angekommen war. Man
wiegte sich hierzulande noch in der Sicherheit, aufgrund des eigenen
überlegenen Gesellschaftssystems keinerlei Gefahren ausgesetzt zu sein. So
beruhigte Gesundheitsminister Jens Spahn noch am 27.1.2020 die Deutschen, „dass
der Krankheitsverlauf beim Coronavirus milder sei als etwa bei einer Grippe …
Und wir bekommen auch einen Masern-Ausbruch in Deutschland mit deutlich
milderen Maßnahmen in den Griff, als wir sie derzeit in China sehen."(6)
Während also Spahn felsenfest
überzeugt war von der westlichen Überlegenheit, war man in Peking bescheidener:
Man sah die Herausforderung an als einen Test für die eigene Überlegenheit,
deren Beweis erst noch erbracht werden musste.
Und entsprechend dieser
verschiedenen Einstellungen handelte man auch unterschiedlich. In Peking ließ
man seinen Worten Taten folgen. China vollbrachte die „logistische
Meisterleistung … innerhalb von wenigen Tagen nicht nur ein Krankenhaus mit
1500 Betten, sondern sogar ein zweites mit weiter 1000 Betten für die
Vireninfizierten aus dem Boden zu stampfen“(7).
Gegenüber diesen geschaffenen
Tatsachen als Nachweis von Handlungsfähigkeit entpuppten sich die vollmundigen
Worte Spahns später als heiße Luft. Bei der Ankunft der Epidemie im Wertewesten
offenbarte sich die vorgetragene Selbstsicherheit seiner Politiker, aber auch deren
Ignoranz als unverzeihliche Überheblichkeit mit schwerwiegenden Folgen für die
Bevölkerung.
An dieser Handlungsfähigkeit
Chinas musste sich fortan der Westen messen lassen. Wie sollte man sonst der
eigenen Bevölkerung erklären, dass ein Gesellschaftssystem, das von den
westlichen Meinungsmachern immer als menschenverachtend dargestellt wurde, mehr
Anstrengungen für das Wohlergehen der eigenen Bürger unternahm und dabei
erfolgreicher war als die hochgelobten freiheitlichen Demokratien? Das ist der
Kern der Ungereimtheiten, die viele Bürger im Verhalten der eigenen Politiker
nicht verstehen und deshalb als Ausdruck von Machtgier oder hinterhältigen
Plänen der Eliten deuten.(8)
Kleinlaut
geworden
Es dauerte nicht lange, bis
dem Wertewesten die eigene Überheblichkeit auf die Füße fiel. Schon bald
dämmerte auch hierzulande den Meinungsmachern, dass das Virus all das im
eigenen Lande verursachen konnte, was man dem chinesischen System noch wenige
Tage insgeheim gewünscht hatte: Zweifel und Unruhe in der eigenen Bevölkerung.
Noch am 3.3.2020 hatte die FAZ
vollmundig die Vorteile des sogenannten demokratischen Rechtsstaats gegenüber
dem „autoritären“ chinesischen hervorgehoben: „Ein gut eingespieltes föderales
System mit Entscheidungsträgern auf allen Ebenen ist im Endeffekt auch
effektiver als zentrale Befehlsstrukturen“(9).
Doch bald wurden erhebliche
Probleme in Deutschland, aber besonders in den Ländern der Corona-Leugner USA,
Brasilien und Großbritannien in der Bewältigung der Epidemie offensichtlich.
Selbst Länder wie Italien und Spanien, die die Seuche von Anfang ernst nahmen
und mit allen Mitteln zu bekämpfen suchten, mussten nun erkennen, dass sie
einer Gefahr gegenüber standen, die mit den herkömmlichen Mitteln schlecht
unter Kontrolle zu bringen war.
Es war halt doch mehr als
Spahns kleingeredeter „Masern-Ausbruch“. Diese „für den Menschen ansteckende
neuartige Viruserkrankung … lässt sich
bisher nicht vollständig in die Karten schauen.“(10) So musste denn auch eben
jener Reinhold Veser, der am 8.2.2020 noch Corona als Entzündungsherd für das
chinesische System gesehen hatte, erkennen: Die „Krise ist so tiefgreifend,
dass sie zur Gefahr für die Legitimität eines jeden politischen und
wirtschaftlichen Systems werden kann“(11).
Späte
Würdigung
Von da an gings bergab mit der
westlichen Überheblichkeit. Erstens musste man feststellen, dass in der Folge
China die Lage im eigenen Land wesentlich besser in den Griff bekam, als man im
Wertewesten erwartet hatte und wahrhaben wollte. Darüber hinaus aber konnte das
Land durch seine Hilfsmaßnahmen politisch sogar gegenüber dem Westen in die
Offensive gehen.
So musste der Prophet des
chinesischen Untergangs, Reinhard Veser, in seinem Kommentar am 28.3.2020
feststellen, „dass es China und Russland gelungen ist, sich in Italien zu
großen Helfern in der Not zu stilisieren“(12). Dabei sei es der EU nicht
gelungen, „politisch und kommunikativ auf die großangelegte propagandistische
Verwertung der alles andere als selbstlosen Hilfeaktionen Pekings und
Moskaus“(13) zu reagieren.
Dass der Westen dazu nicht in
der Lage war, lag nicht an technischem oder politischem Versagen. Vielmehr ist
das dem Umstand geschuldet, dass die wirklichen Ereignisse keine
propagandistische Darstellung westlicher Erfolge hergaben. China war der
Gewinner in diesem Kampf der politischen Systeme, und da half in der Folge nur
noch eins: Man schwieg im Westen tot, was man durch die Wirklichkeit nicht
widerlegen konnte: Chinas Erfolge.(14)
Denn je weiter die Epidemie im
Westen voranschritt, umso mehr fielen die Ergebnisse westlicher
Seuchenbekämpfung hinter die chinesischen zurück. Oder aber man war gezwungen,
dieselben Mittel und Methoden anzuwenden, die man wenige Wochen zuvor noch bei
China als diktatorisch oder autoritär angeprangert hatte: Maskenpflicht,
Quarantäne, Fieberkontrolle und Tracking-App.
„Aus ostasiatischer
Perspektive aber hat Deutschland in der Pandemie versagt“(15). So lautete die
vernichtende Abrechnung der FAZ nach einem halben Jahr Corona-Bekämpfung, wobei
Deutschland im Verhältnis zu den Staaten der Corona-Leugner noch sehr gut
dasteht. Mit dieser ostasiatischen Sicht ist aber nicht der chinesische
Blickwinkel gemeint. Als Vorbild in der Pandemie-Bekämpfung wird Japan dem
westlichen Medienkonsumenten vorgestellt. China wird gar nicht mehr erwähnt.
Aber die Wirklichkeit lässt
sich nicht verleugnen. In einem unscheinbaren Artikel der FAZ über eine
Poolparty in Wuhan – und nicht nur dort - mit Tausenden von Badegästen gewährt
man dem westlichen Medienkonsumenten dann doch noch einen Blick auf die
Wirklichkeit: „Die Regierung hat von Anfang an auf eine Ausrottung des Virus
gesetzt und nicht nur auf eine Abflachung der Infektionskurve wie zum Beispiel
Deutschland. Dafür hat das Land drastische Maßnahmen ergriffen, die sich jetzt
auszahlen“(16).
Das belegen auch die
Wirtschaftszahlen. „Die Prognosen, dass die Epidemie die chinesische Wirtschaft
in den Abgrund reißen werde, haben sich nicht bewahrheitet. … Chinas Wirtschaft
legte im zweiten Quartal … im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,2 Prozent
zu“(17). Es war damit das einzige Industrieland, das ein Wachstum verzeichnen
konnte.
Das ist eine späte Würdigung
der chinesischen Verdienste durch Berichterstatter der FAZ, die ansonsten nicht
bekannt ist für ihre Liebe zu China. Aber diese positive Darstellung fand sich
nicht auf den vorderen Plätzen, wie sonst üblich für China-Berichte dieser
Zeitung. Diese vorderen Plätze sind dort der Stimmungsmache gegen China
vorbehalten.
Gesellschaftliche
Zerrissenheit
Während also in China dank seiner
Erfolge in der Seuchenbekämpfung wieder gefeiert werden kann, steigen die
Infektionszahlen in den westlichen Staaten erneut an. Viele befürchten nun eine
zweite Welle. Die Unruhe, die die westlichen Medien in China hatten herbeireden
wollen, entstand nicht dort sondern in den eigenen Gesellschaften. Besonders in
Deutschland haben die Maßnahmen der Regierung sehr unterschiedliche Reaktionen
hervorgerufen.
Während besonders in den
Staaten, die von Corona-Leugnern regiert werden, die Untätigkeit der Regierenden
angeprangert wird, werden hierzulande viele Einschränkungen des Alltagslebens
als unangemessen kritisiert. Die westlichen Regierungen haben große Mühe, die
eigenen Gesellschaften unter dem Druck der verschiedenen Gruppen und ihrer
Forderungen zusammen zu halten.
Demgegenüber stand die chinesische Gesellschaft weitgehend geschlossen
hinter den Maßnahmen ihrer Führung.
Die Politisierung durch das
Virus fand nicht nur auf der zwischenstaatlichen Ebene statt. Diese Rivalität
zwischen den Staaten wird nun zunehmend noch verstärkt durch das Wettrennen um
die Markteinführung von Impfstoffen. Mit zunehmender Dauer der Pandemie breitet
sich die Politisierung auch immer weiter innerhalb der Gesellschaften des
Wertewestens aus.
Zwar erhält die deutsche
Regierung hohe Zustimmungswerte aus dem Großteil der Bevölkerung für ihr
Krisenmanagement, obwohl es im Verhältnis zum chinesischen miserabel ist. Aber
es wächst auch die Zahl derer, die durch diese Maßnahmen ihre Grundrechte,
besonders das Recht der Meinungs- und Versammlungsfreiheit bedroht und
Deutschland auf dem Weg in eine Diktatur sehen.
Nichts verdeutlicht diese
gesellschaftliche Zerrissenheit so sehr wie die sogenannte
Grundrechts-Bewegung. In ihr offenbart ein Zersetzungsprozess, der sogar die
verfassungsmäßigen Grundlagen der Gesellschaft angreift. Das Grundgesetz, auf
das sich die Bewegung beruft und zu dessen Schutz sie sich aufgerufen fühlt,
wird nur in den Bereichen respektiert, die ihrem besonderen Interessen dienlich
sind, nämlich der Versammlungs- und Meinungsfreiheit.
Aber das Grundgesetz ist kein
Menü, aus dem sich jeder herauspicken kann, was ihm gefällt, weil es seinen
Sonderinteressen dienlich ist. Es bildet vielmehr den Kern des bürgerlichen
Wertesystems, die DNA der bürgerlichen Gesellschaft. So hält es ausdrücklich in
Art 2 Absatz 2 das Grundrecht auf Leben
und körperliche Unversehrtheit fest.
Dieses hohe gesellschaftliche
Gut der bürgerlichen Errungenschaften, die unter Jahrhunderte langen Kämpfen
und hohen Opfern gegen feudalistische Herrschaft erkämpft worden waren, scheint
der Grundrechte-Bewegung gleichgültig und bedeutungslos. Jedenfalls findet
dieser Artikel in der Argumentation ihrer Anhänger keine Beachtung. Gerade
jedoch die Erfüllung dieses Artikels ist eine wesentliche Aufgabe des Staates.
Auf diesem Auftrag des Grundgesetzes gründen letztlich die staatlichen
Maßnahmen der Virusbekämpfung.
Selbst die sogenannten
Schurkenstaaten, denen vonseiten des Wertewestens immer wieder der Respekt vor
den Werten der Menschheit und der Menschlichkeit abgesprochen wird, fühlen sich
dem Schutz von Leib und Leben der eigenen Bürger vor den Gefahren von Viren und
Epidemien ebenso verpflichtet wie die westlichen Staaten. Es ist nicht
erkennbar und schon gar nicht belegbar, dass sich diese Staaten mit dem
Wertwesten gerade in der Frage der Pandemie-Bekämpfung gegen die eigene
Bevölkerung verbündet haben sollen, wo sie doch sonst in fast allen
gesellschaftlichen Fragen mit dem Wertewesten überkreuz liegen.
Politisch offenbaren sich in
der Existenz der Grundrechts-Bewegung Misstrauen und Ablehnung einer wachsenden
Zahl von Bürgern gegenüber den Führungskräften der bürgerlichen Gesellschaft.
Was also die Meinungsmacher hierzulande in der chinesischen Gesellschaft zu
erkennen glaubten, beschreibt vielmehr die Situation im eigenen Land und
vielleicht auch im Westen insgesamt.
Wie weiter?
Das Coronavirus politisiert
nicht nur das Verhältnis zwischen den Staaten, es politisiert auch die
Verhältnisse zwischen gesellschaftlichen Gruppen und Individuen. Diese
Politisierung ist nicht Bestandteil des medizinischen Problems, d.h. einer
Infektion, die sich zu einer Pandemie ausgeweitet hat. Aber es wird politisch
genutzt für die jeweils eigenen Interessen.
Spätestens, wenn Medikamente
gegen das Virus zur Verfügung stehen, wird sich die Frage nach der weiteren
Existenz der Grundrechte-Bewegung stellen. Was wird von ihr bleiben? Kann ein
Ziel ausgegeben werden, das über den Protest gegen die aktuellen
Einschränkungen hinausgeht und dessen Verwirklichung von einem großen Teil der
Bevölkerung als gesellschaftlich sinnvoll und vor allem notwendig angesehen
wird?
Ähnlich wie Fridays for
Future(FfF) gründet sich diese Bewegung nicht auf politischem Bewusstsein
sondern auf moralischer Empörung. Beider Stärke beruht nicht auf eigener Kraft
sondern auf der Schwäche der Führungskräfte der bürgerlichen Gesellschaft.
Diese sind Opfer der eigenen Orientierungslosigkeit und Argumentationsschwäche.
Ihre Ideale sind hohl, ihre Argumente kraftlos geworden durch eine
Werteorientierung, die sich nicht mehr auf Werte stützt, sondern diese nur noch
im Munde führt(18).
Es bleibt zu hoffen, dass am
Ende mehr bleibt als zerrüttete oder gar zerbrochene Freundschaften, die das
politisierte Kohlendioxid und das ebenso politisierte Virus bisher schon
hinterlassen haben. Beide werden nicht verschwinden aus der Welt. Vielleicht
wird es Mittel gegen beide geben, die ihre Wirkung mildern. Aber verschwinden
werden sie nicht.
Ob die Bewegungen, die die
beiden zu ihrem Thema gemacht haben, länger überleben als ihre Auslöser, ist zu
bezweifeln. FfF hat kaum noch gesellschaftliche Strahlkraft. Aber die Menschen,
die sich wegen FfF und Corona zerstritten haben, werden es schwer haben, wieder
zueinander zu finden. Vielleicht gehen sie sich über längere Zeit aus dem Weg
wegen einer Auseinandersetzung, deren Anlass schon lange vorbei ist. War es das
wert?
Die Zerstörung
gesellschaftlicher Diskussionsgrundlagen und Meinungstoleranz kann nicht der
Sinn politischer Auseinandersetzungen sein. Bei aller Unterschiedlichkeit der
Ansichten ist gesellschaftlicher Fortschritt nur möglich, wenn diese
Unterschiede auch gesehen werden als verschiedene Ansichten der Wirklichkeit
statt als Schützengräben zwischen den Heerlagern verfeindeter Rechtgläubiger.
„Wo
ist die Debatte? Wer baut noch Brücken?“(19) Diese Frage muss nicht nur an die
Leitmedien gestellt werden, sondern auch an diejenigen, die diese in Bausch und
Bogen ablehnen. Wer Debatte will, kann nicht vom eigenen Standpunkt aus als dem
allein richtigen und einzig gültigen diskutieren. Erkenntnis muss das Ziel von
Meinungsaustausch sein nicht Rechthaberei.
(1) siehe dazu Rüdiger
Rauls: Die-Sanktionierten-schlagen-zurueck (2) siehe dazu Rüdiger Rauls: Chinesische Zustände (3) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(4) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 8.2.2020: Politisches Virus
(5) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(6) Spahn-sieht-Deutschland-gut-gewappnet (7) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 1.2.2020: Angstherrschaft
(8) siehe dazu Rüdiger Rauls: Vorteil China (9) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 3.3.2020: Das Virus im föderalen Rechtsstaat
(10) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 4.2.2020: Kampf
gegen das Coronavirus
(11) Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 28.3.2020:
Propaganda
(12) ebenda
(13) ebenda
(14) siehe dazu Rüdiger Rauls:
keine Feigheit vor dem Virus (15) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 18.8.2020: Japans Leben mit dem Virus
(16) Frankfurter Allgemeine
Zeitung vom 19.8.2020: Poolparty in Wuhan
(17)
Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 20.8.2020: Chinas starke Börse
(18)siehe dazu: Rüdiger Rauls: die Werteelite
(19) offener-brief-an-die-leitmedien-von-paul-schreyer/
Rüdiger Rauls (03.09.20)
Erneut eine kurze Verteidigung des BGE (nach Innen und Außen)
Hallo Charlie, et al
Wir kennen uns zwar noch nicht persönlich, aber was du
bezüglich der SPD sagst, ist (leider) sehr wahr. Allerdings sehe ich auch eine gewisse
Gefährdung bei den Linken. Insbesondere beim Bundesvorstand.
So hat sich Dietmar
Bartsch am 30.08.20 auf t-online mit einer „Meinung“ zu Wort gemeldet. Einer
Meinung, die ich zwei Tage zuvor bei U. Weidenfeld in einem ausführlichen
Kommentar kritisiert hatte. Jedenfalls bedient sich D. Bartsch der gleichen
unzureichenden Argumentation gegen das BGE wie es die SPD und auch Ralf Krämer
von der sozialistischen Linken nicht besser tun.
Olaf Scholz behauptet, das BGE
sei nicht bezahlbar, während D. Bartsch darüber hinaus sagt, „wir“, d.h. Die
Linke will es zudem auch nicht an alle auszahlen. Vielmehr solle mit einer Steuerreform
die „Rente“ Neu gestaltet werden. - Etwas, das sicherlich dringend Not tut! –
Aber dieses Faktum sagt noch rein gar nichts GEGEN das Bedingungslose Grundeinkommen!
- Überall muss die Einführung des BGE durch weitreichende (Sozial-)
Revolutionen flankiert werden. Ein Job, den die Linke ganz konkret zu leisten
hat, der sich aber in den bisherigen Konzepten (nicht nur zum BGE) wenig
populär darstellt. - Deshalb spricht hier auch rein gar nichts GEGEN ein BGE!,
wie es Scholz, Krämer, Weidenfeld und Bartsch fälschlich behaupten. –
Es ist allerdings ziemlich erschreckend, wie wenig theoretisches Wissen einige
Linke besitzen, weil sie Gegensätze eröffnen, die von der Konzeption des BGE in
der LINKEN Gestaltung, gar nicht bestehen.
(vgl. das Modelkonzept der Linken mit zwei verschiedenen Konstenberechnungen: „Unser Konzept eines bedingungslosen
Grundeinkommens. Finanzierbar. Emanzipatorisch. Gemeinwohlfördernd, aus dem
Jahr 2013, Berlin.)
–
ALSO: Was reitet die Genossen*innen permanent gegen ihr eigenes
Konzept des BGE zu opponieren? Ich glaube, ein mögliches, politisches „Händchenhalten“ mit
Olaf von der SPD. -
Und DAS kann freilich runterziehen, wie du richtig bemerkt hast!
Was Dietmar Bartsch nicht begriffen hat, ist die notwendige
Verquickung des BGE mit den allgemeinen Menschenrechten. „Bedingungslos“ heißt
hier eben auch „bedingungslos“ an ALLE! Und eben nicht nur an (aus Linker
Sicht) „Bedürftige“. Die soziale „Gerechtigkeit“ resultiert hier aus einer notwendigen
Steuerprogression, die besonders Reiche zu entrichten haben, nicht aber durch
einen „Ausschluss“ bestimmter Menschen! –
Ein THEMA im Übrigen, das die Linke keineswegs klar im Kopf hat. Denn insgesamt mangelt es an einer frischen „Internationalen“.
Dann würden viele Promi-Linken in der BRD sich etwas vorsichtiger und
solidarischer Ausdrücken (müssen) als sie es derzeit tatsächlich tun.
SG
Johannes
(30.08.20)
Den Bock zum Gärtner gemacht
Wer den Bock zum Gärtner macht, der muss dafür sorgen, dass
der Gärtner nicht die Früchte stielt!
Soweit sind wir in der BRD schon gekommen, zumal, wenn man
auf die gestrige Pseudoentscheidung der Bundeswahlkommission der GroKo blickt.
Zu entscheiden galt es, wie und in welcher Form die Sitze des
zukünftigen Bundestages reduziert werden können. Das Problem: die zahlreichen sog.
Überhangmandate und deren Ausgleichsmandate, die jeden Bundestag bisher immer
größer haben werden lassen.
Auf eine echte Reform konnten sich die Bundestagsabgeordneten
der GroKo bisher nicht einigen, weil im Hintergrund immer das Kalkül der
jeweilig anderen Fraktionen stand, bei der nächsten Wahl weniger Abgeordnete in
den Bundestag einziehen lassen zu dürfen - weshalb keine neue Regelung bestand
hatte, sondern immer an dem Widerspruch der einen oder anderen Fraktion scheiterte.
Entstehende Mehrkosten für zukünftige Diäten und Auswandsentschädigungen der Voklsvertreter/innen scheinen hier keine Rolle zu Spielen. Wir leisten uns jede Demokratie!
Der gestern präsentierte Kompromiss ist aber ein Witz!
Man sollte alle daran beteiligten Politiker/innen politisch
Abstrafen, um ein eindeutiges Exempel zu statuieren.
Alle Wahlschlappen Wähler/innen sollten für alle schlappen
Politiker/innen bei der kommenden Bundestagswahl 2021 „Wahlschlappen“
bereitstellen! –
Anders wird es wohl nicht gehen! –
Auch dies zöge eine Reduktion der anwesenden Politiker/innen
nach sich - aber leider noch keine Reduktion der vorhandenen Sitze.
Dafür sollte eine außerparlamentarische Kommission (Ausgewählt
per Zufallsgenerator) einberufen werden, die das alleinige Ziel hat, die
bestehenden Wahlbezirke auf die Hälfte zu reduzieren, so dass am Ende dieses
Prozesses nicht mehr als 300 gewählte Abgeordnete in den neu gewählten Bundestag
einziehen würden. Der bereitgestellte Zeitraum für die Ergebnisse beträgt sieben
Tag.
- Fertig! (Und da bliebe noch viel Zeit, jeden Tag ein Tässchen Kaffee zu trinken!)
Alles andere ist bleibt und ist „Pillepalle“ – aber keinesfalls
eine Nennens würdige, demokratische Entscheidung, bei der auch die
Oppositionsparteien in den „Meinungsbildungsprozess“ einbezogen worden wären,
was nicht nur ein guter Stil gewesen wäre, sondern wohl fundamental zu einem
politischen Selbstverständnis dazugehören sollte, wollte man es „demokratisch“
und nicht „machtbesessen“ nennen.
Hier muss der Souverän der BRD hellwach auf seine politischen
Rechte pochen, denn sonst könnte sich die Situation ergeben – wenn sie nicht
schon vorhanden ist (!) -, dass, wer den Bock zum Gärtner macht, auch dafür Sorge tragen muss, dass der Gärtner
nicht die Früchte stielt!
Vor eben dieser Situation scheinen wir spätestens seit gestern in der
BRD zu stehen!
Protest und Handeln tut jetzt Not!
Ansonsten bleibt dieses unsägliche Vorgehen der GroKo, das,
was Diemar Bartsch (Die Linke), unmittelbar nach Bekanntgabe dieses Pseudo-Kompromisses
ausdrückte: Eine bloße „Verarsche“ (aller Wählerinnen und Wähler) – und zwar sehenden
Auges!
(27.08.20)
An dieser Stelle seien die beiden Texte zur Verteidigung des BGE in korrigierter PDF-Form hinterglegt. An sich bin ich ein glühender Verfechter der "proletarischen Orthographie"!
Vorbemerkung:
Nach Wittgenstein soll philosophisches Denken „den Knoten“ in unserem Verstand
lösen. - Dazu sei es nötig, so komplizierte Denkbewegungen nachzuvollziehen, wie
sie der „Knotern“ sprachlich zum Ausdruck bringt und vorgibt, nämlich verschlungen und verdreht. Eine Kritik kann daher sprachlich nicht einfacher sein als ihre Vorlage. Das Resultat (der Kritik) ist es allerdings!
Für konservative Augen daher die entsprechenden Dateien:
1. Olfa Scholz - gerade erst nominiert und schon politisch disqualifiziert! Ein Beitrag zur Diskussion um das "Bedingungslose Grundeinkommen" Zum Text [weiter]
2. Gegenkommentar zum Artikel von Ursula Weidenfeld vom 25.08.20 auf t-online. Nachrichten: Zum Text [weiter]
Trier, den 26.0820 Dr. Johannes Verbeek
(Mitglied in der LAG der Partei Die Linke zum BGE) (26.08.20)
Leider sah ich mich genötigt, erneut Stellung für das BGE zu nehmen!
Gegenkommentar zum Artikel in T-online.Nachrichten
„Geld für alle. Warum das bedingungslose Grundeinkommen
Humbug ist.“Meinung von Ursula Weidenfeld (T-online.de, 25.08.20)
Vorgestellt wird Ursula Weidenfeld als
Wirtschaftsjournalistin, was erstaunt. Denn wer gleich mit dermaßen schnoddrigen
Worthülsen daherkommt, um eine fortschrittliche Idee schnell kaputt zu reden,
der kann ja eigentlich kein Berufsethos besitzen. „Geld fürs Nichtstun“
(t-online, 25.08.20), lautet denn auch so ein Schlagwort, das Frau Weidenfeld
gebraucht. Daher muss man sich fragen, ob sie ihrer Arbeit als Wirtschafts-Journalistin
überhaupt gerecht wird – oder ob sie „Geld fürs Nichtstun“ eben mal selbst kurz
einstreicht?
Jede, die auch ‚nur nicht viel weiß‘, weiß in der Regel aber,
dass das „Bedingungslose Grundeinkommen“ nicht den Sinn und Zweck hat, die
gesamte arbeitsfähige Bevölkerung der BRD in den „Ruhestand“ zu schicken. Und
wenn „man“ das weiß, weiß Frau eigentlich noch nicht sehr viel über das wohl
revolutionärste Sozialkonzept der Gegenwart: Das Bedingungslose Grundeinkommen!
Immerhin weiß Frau Weidenfeld auch etwas, das sie in ihrem
ca. drei Din-A4-seitigen Kommentar allerdings sehr gut in einem sehr kurzen
Satz versteckt:
„Es ist gut, dass es eine neue Studie zum bedingungslosen Grundeinkommen gibt
[sic!], die hoffentlich ein paar zusätzliche Einsichten bringt [sic!]. Denn
bevor man einem so gewaltigen Umbau des Sozialsystems das Wort redet, sollte
man wissen, worauf man sich einlässt“ (T-online, ebd.), meint Frau Weidenfeld
hier.
Immerhin, die Studie, auf die sich Frau Weidenfeld beruft,
ist die zur Zeit anlaufende und häufig diskutierte Langzeitstudie eines
privaten Vereins „Mein Grundeinkommen“, der in Kooperation mit dem „Deutschen
Institut für Wirtschaftsforschung“ dem zunächst schlichten Ziel nachgeht, zu
erforschen, was die Auszahlung von 1200€ monatlich über drei Jahre mit den
Empfänger/innen macht. (vgl. Mein-Grundeinkommen.de)
In nur ein paar Tagen haben sich mittlerweile „1,5 Millionen Bewerber“
(T-online, ebd.) gemeldet, wie auch Frau Weidenfeld neidlos zu berichten weiß.
Allerdings bekommt sie diesen großartigen Andrang wohl etwas
in den falschen Hals, wenn sie nicht umhin kann über die Bewerber/innen zu
spötteln:
„Doch wer würde sich nicht bücken, wenn er die Chance auf
einen Lottogewinn von 43.200 Euro hätte?“ (t-online, ebd.)
Der Vergleich zwischen einem „Lottogewinn“ und der möglichen
„Auslosung“, an der Studie als Proband mit einem dreijährigen Grundeinkommen
teilnehmen zu können, „hinkt“ natürlich. Ebenso wie die Metapher des „sich
bückens“, wenn andere sich einen „Krummen Buckel“ ab malochen müssen für ihr
täglich Brot.
Ich vermute, das weiß auch Frau Weidenfeld! Dennoch
gebraucht sie diese Vergleiche, um das Projekt insgesamt auch verbal zu
diskreditieren. So wie alle Anbieter von Lotterien dazu verpflichtet sind, auf das
gefährdende Suchtpotential nicht nur als Wirkung auf Minderjährige hinzuweisen,
sondern alle Teilnehmer/innen vorab vor „Glücksspielen“ im Allgemeinen warnen
müssen, so sieht Frau Weidenfeld im Bedingungslosen Grundeinkommen ein
ungeahntes politisches Gefahrenpotential.
Worin soll aber die „Gefahr“ einer wissenschaftlichen Langzeitstudie
liegen?
Nun, es könnte ja sein, dass am Ende der Studie Ergebnisse
zu Tage kommen, die politisch oppertun sind. – Und tatsächlich hat Frau
Weidenfeld diese Befürchtung nicht nur in ihrem Kopf, wenn sie am Ende ihres
Kommentars zusammen mit dem Kanzerlkandidaten der SPD, Olaf Scholz, meint
feststellen zu müssen,
„(…) wie die politische Debatte laufen wird, wenn die
Forschungsergebnisse freundlich ausfallen sollten: Das bedingungslose
Grundeinkommen wird in die Schublade gesteckt, die die SPD im Vorwahlkampf
gerade verzweifelt zuschiebt (…)“ (t-online, ebd.).
SO wird es wohl kommen, ließe man die SPD politisch Schalten
und Walten! – Doch statt sich über dieses abgekartete Spielchen der SPD zu
empören, empört sich Frau Weidenfeld über diejenigen, die sich „bücken“
(t-online, ebd.), um ihr ansonsten gesellschaftlich verweigertes „Glück“ und „Wohl“
mit Händen zu greifen, da sie z.B. entweder tatsächlich zu den wirtschaftlich
benachteiligten Menschen mit nur geringen Einkommen zählen, oder zu denjenigen,
die z.B., unabhängig von ihrem individuellen Einkommen, tatsächlich etwas für
gerechtere Lebensbedingungen auch und gerade für viele andere Menschen in der
BRD, der EU und weltweit tun wollen. – Ein Verständnis, das Frau Weidenfeld
erstaunlicherweise vollkommen zu fehlen scheint.
Denn Frau Weidenfeld hat größeres Mitleid für diejenigen
Menschen, die sie geradezu auch bedauert, weil sie meint, es gäbe Menschen, die
eine Summe von „43.200 €uro“ Glücksgewinn für „andere“ aufbringen müssten. Dies
suggeriert Frau Weidenfeld zumindest, wenn sie unmittelbar an ihren oben
zitierten Satz vom „Lottogewinn“, für den sich jeder „bücken würde“, anschließt,
mit der Feststellung:
„Anders sieht es aus, wenn man die Summe für einen anderen aufbringen soll. Das
ist das Kernproblem (…)“ (T-online, ebd.).
Recht hat Frau Weidenfeld, wenn sie die Finanzierung des
Bedingungslosen Grundeinkommens im Blick hat. Zu dieser Frage gibt es lediglich
eine einzige aussagekräftige Modellrechnung von der Partei Die Linke aus dem
Jahr 2017. In der Broschüre: „Unser Konzept eines bedingungslosen
Grundeinkommens. Finanzierbar. Emanzipatorisch. Gemeinwohlfördernd“, Berlin, 5.
Aufl., wird die Idee eines Bedingungslosen Grundeinkommens in zwei Varianten seriös
durchgerechnet! – Darauf bezieht sich Frau Weidenfeld aber nicht. Im Gegenteil:
Sie personalisiert und individualisiert das
gesellschaftliche Gesamteinkommen in der BRD zu einem einseitigen „Verdienst“,
so als ob bei dem Konzept des bedingungslosen Grundeinkommen, „irgendjemand“ einem
anderen Menschen „eine Summe von 43.200 €uro“ monatlich bereitstellen müsse, um
ihn zu alimentieren (siehe: Hartz IV)! – wobei sie zudem auch noch unterstellt,
dass dies keiner (!) wirklich wolle. –
Diese falsche Sichtweise auf die Hilfsbereitschaft ist selbst aber nur ein Ausdruck
des blanken Neoliberalismus, den Olaf Scholz (SPD) zwar verbal bekämpfen will,
aber indem er selbst als Finanzminister der GroKo nichts Entscheidendes zur
Verbesserung der Sozialversicherungssysteme beigetragen hat (vgl. die klägliche
Grundrentenreform der SPD!), daher auch selbst am grundlegenden Kapitalismus
scheitert, ebenso wie Frau Weidenfeld dem nur schmallippig etwas entgegenzusetzen
hat. Denn in Wirklichkeit hält sie das gesamte Projekt eines Bedingungslosen
Grundeinkommens für eine bloße „Phantasie“ (t-online, ebd.), die zudem auch noch
problembeladen ist. – Nichts wäre aber falscher als das.
Freilich soll die weiter oben schon erwähnte Langzeitstudie
etwas darüber erforschen „wie sich ein Grundeinkommen auf das heutige
Verständnis von Erwerbsarbeit, Unternehmertum, Sozialstaat oder Ruhestand
(aus)wirken würde“ (t-Online, ebd.), wie Frau Weidenfeld zwischenzeitlich
richtig erfragt und feststellt.
„Am Ende wird man möglicherweise auch wissen, was
Unternehmer, Erwerbstätige, Rentner, Familienmütter [sic!] mit dem Geld
anfangen. Das wäre ein großer Fortschritt (…)“, weiß Frau Weidenfeld hier zu
würdigen. Denn in Bezug auf andere Studien, wie in Finnland z.B., weiß man
schon jetzt:
„Tatsächlich ging es den Leuten besser als denen, die das
Grundeinkommen nicht erhielten“ (T-online, ebd.) –
Immerhin, möchte man meinen! Doch, wer
mittlerweile auch mitbekommen hat, wie Frau Weidenfeld politisch „tickt“, wird
an dieser Stelle einen verbalen Gegensatz vermissen, den Frau Weidenfeld tatsächlich
an andere Stelle auch einbringt. Das tut sie jedoch nicht aus lauter Interesse
an dem Projekt, sondern lediglich nur, weil ihr die kapitalistische
Wirtschaftswirklichkeit „Antagonismen“ vorschreibt, denen sie dann
logischerweise entspricht! Und so setzt sie ihr anfängliches Lob wie folgt mit
einem Tadel widersprüchlich fort:
„Doch für den Arbeitsmarkt brachte die Sache kaum etwas“
(t-online, ebd.).
Missverständlicher kann die Auffassung eines Bedingungslosen
Grundeinkommens gar nicht dargestellt werden, geht es dabei doch nicht darum, den
kapitalistisch geprägten „Arbeitsmarkt“ zu stärken und zu optimieren im Sinne
einer arbeitgeberfreundlichen „Grundstütze“ zum monatlichen „Niedriglohn“,
sondern vielmehr darum, allen Menschen wirtschaftliche Freiräume zu
ermöglichen, die in unserer bisherigen Arbeitswelt de facto nur „Vermögende“,
oder Arbeitnehmer/innen mit hohen Beamtenbezügen oder Managergehältern sowie
einige, glückliche Selbständige, zur Verfügung haben. – Verschiedene Intensionen unterscheiden zu
können, zeugt in der Regel von Intelligenz.
So Schlussfolgert Frau Weidenfeld auch in Bezug auf die
vermeintlichen „Leistungsträger“ (ebd.) in der Gesellschaft, die sie automatischen
mit den zuvor genannten monetären Hocheinkommensglückspilzen gleichsetzt:
„Leider aber finden die Leistungsträger und Nettozahler
einer Gesellschaft hohe Steuersätze nicht gerade motivierend. Für sie wären die
1.200 €uro, die sie im Gegenzug ja auch vom Staat erhalten, ein Witz: Denn sie
müssten sie mit deutlich mehr Steuern bezahlen. Wahrscheinlich hätten sie dazu
wenig Lust“ (T-Online, ebd.), urteilt Frau Weidenfeld an dieser Stelle - über
ihre eigenen Gedanken!
Und das erstaunt. Meint Frau Weidenfeld etwa, den so genannten
und „vermeintlichen“ „Leistungsträger/innen“ in unserer Gesellschaft fällt es
„schwer“ ihre Steuern entsprechend zu zahlen? Glaubt sie eventuell gar, alle
„Leistungsträger/innen“ hätten ein Postfach in Panama? Weshalb kommt Frau
Weidenfeld überhaupt auf den Gedanken, zu behaupten, den (besonders leistungsfähigen)
Steuerzahlern fiele es insgesamt „SO“ schwer, ihre fälligen Steuern zu
bezahlen, so dass sie unterstellen muss: „Wahrscheinlich hätten sie dazu keine
Lust“ (t-online. Ebd.)!? – Wie bitte?
Aber damit nicht genug! Der Hammer in ihrer gesamten
Gegenargumentation gegen das Bedingungslose Grundeinkommen kulminiert in dem
unübertroffenen Gedankengang:
Wer hätte das gedacht? „Leistungsträger/innen“, die weniger
arbeiten wollen!? - Da stellt sich mir allerdings sofort die Frage, ob es diese
„Leistungsträger/innen“ überhaupt je Wert waren „Leistungsträger/innen“ genannt
zu werden, wenn sie lediglich eine schnöde von außen kommende Motivation haben,
„Profite“ für sich zu machen – und ihnen daher jedwede intrinsische Motivation
abgeht?
(Erinnert sei an dieser Stelle kurz daran, dass Karl Marx und Friedrich Engels
etliche Jahre dafür verwandt haben, eine bloße Polemik gegen die egoistische
These von Max Stirner „Der Einzige und sein Eigentum“ aus dem Jahre 1844 zu
schreiben. Offensichtlich bereitete ihnen Stirners unverblümte Position einige theoretische
Schwierigkeiten.)
War aber nicht genau diese bloß egoistische Argumentation
„das“ blödeste Gegenargument gegen das Bedingungslose Grundeinkommen, indem die
journalistisch Gebildeten Lesitungsträger/innen unserer kapitalistischen
Wirtschaftsordnung schamlos behaupten, diejenigen, die ein Bedingungsloses
Grundeinkommen bekommen würden (- und das sind letztlich ja alle!), wären
„faule Nichtstuer“, die – wie Frau Weidenfeld sich ausdrückt -: „Geld fürs
Nichtstun“ (t-online, ebd.) bekämen?
(Bekanntlich vermehrt sich das „Kapital“ völlig
selbstlos und von selbst, wenn man es denn nur arbeiten lässt!)
Ja, diese Widersprüche in der Argumentation kann man kaum
aushalten! Allerdings fallen sie auch nur dann auf, wenn man vor Augen hat,
dass es die Antagonismen sind, die einer kapitalistischen Wirtschaftsweise
permanent innewohnen – und erst dann zu Tage treten, wenn man ernsthaft
zwischen sozialen Schichten unterscheidet, weil man nicht in der Lage ist, diese
vorgegebenen gesellschaftlichen Spaltungen politisch zu überwinden. – Hier, in dem Text von Frau Weidenfeld, gelingt die Überwindung der kapitalistischen
Gesellschaftsspaltung nicht einmal „gedanklich“, geschweige denn wird sie zu
einer „sozialistischen Realität“ politisiert, die „demokratisch“ zu nennen sein
wird.
Der übergroße “Witz“, den Frau Weidenfeld ihren Leser/innen
daher verkaufen will, hört sich am Ende so an:
„Leider aber finden die Leistungsträger und Nettozahler
einer Gesellschaft hohe Steuersätze nicht gerade motivierend [sic!]. Für sie
wären die 1.200 €uro, die sie im Gegenzug ja auch vom Staat bekämen, ein Witz
[sic!]. Denn sie müssten sie mit deutlich mehr Steuern bezahlen. Wahrscheinlich
hätten sie dazu wenig Lust [sic!]. Sie würden weniger arbeiten [sic!], die
Steuerbasis würde schrumpfen, das Grundeinkommen wäre nicht finanzierbar [sic!]“
(T-online, ebd.).
Als Wirtschaftsjournalistin „naiver“ zu denken, geht (wohl)
nicht mehr! - Einen solchen Zirkelschluss muss man sich erstmal ausdenken
können! - Und da frage ich mich, ob Frau Weildenfeld noch nie etwas von einer
„Progressivsteuer“ gehört hat? Ob sie sich noch nie Gedanken darüber gemacht
hat, dass die derzeitige „Steuerprogression“ in der BRD, für die mitunter die
Mehrheit der GroKo von SPD und CDU Verantwortung tragen, nicht besonders
wohlwollend gegenüber einer kleinen Anzahl von „Großvermögenden“ ausfällt, weil
sie etwas zu gering ausfällt! - Obwohl man mit dieser Stellschraube durchaus auch
eine wesentlich bessere Sozialpolitik zustande brächte, drehte man nur ein
wenig zu Gunsten der übergroßen Mehrheit der kleinen „Lohnabhängigen“ (- ganz
ohne Vermögen, wohlmöglich auch ohne Arbeit, oder mit nur prekärer
Beschäftigung in einem Niedriglohnbereich!).
Oder: Man denke an die sog. „Helden“ der Corona-Pandemiebekämpfung, an das
Pflegepersonal, die Erzieher und andere systemrelevanten Arbeitnehmer/innen,
etc.! –
Wo, bitteschön, frage ich, bleibt hier das fehlende „Motivationsproblem“ (t-online,
ebd.), von dem Frau Weidenfeld behauptet, die Leistungsträger/innen hätten es,
wenn sie „höher“ besteuert würden? Wer aber fragt schon nach der häufig ungenügend
oder ganz unbezahlten Mehrarbeit der systemrelevanten Arbeitnehmer/innen?
Bekommen sie eigentlich überhaupt eine „gerechte“ Entlohnung für ihre Arbeit?
Der Konzern „Die Lufthansa“ schließt – laut Management (!) - betriebsbedingte
Kündigungen (!) nicht aus, und dass, obwohl er mit 9,5 Milliarden €uro
Steuermittel durchaus üppig bedacht wurde. - Geld, das überhaupt noch nicht
erwirtschaftet wurde, aber vom Steuerzahler – und also von uns allen (und nicht
nur von den Superreichen!) – zurückgezahlt werden muss.
Da fragt es sich doch: An „wen“ wird hier eigentlich zurückgezahlt?
Wird hier an „Leute“ oder „Institutionen“ zurückgezahlt, die
es überhaupt nicht benötigen, könnte man zugespitzt fragen? Denn auch Frau
Weidenfeld fragt ziemlich unbedarft:
„Wäre es richtig, einem Manager, einer Facharbeiterin, einem
Chefarzt, einer Selbstständigen monatlich „Stütze“ zukommen zu lassen, die sie
nicht brauchen – und bitte auch noch selbst finanzieren sollen?“ (t-online,
ebd.) –
Hier wird die Finanzierung thematisiert und zugleich in
Frage gestellt mit den Worten: „(…) bitte auch noch selbst finanzieren sollen?“
– Ja! Und ließe sich nicht mit der gleichen Frage die Finanzierung des Corona-Rettungspacketes,
finanziert durch den Steuerzahler (!), ebenso in Frage stellen? Also: „(…) auch
noch selbst finanzieren (…)?“ (t-online, ebd.) müssen?
Und wie sieht es hier eigentlich mit dem bloß hedonistischen
Argument der „Lust“ (ebd.) aus, das Frau Weidenfeld anführt, um diejenigen zu
entlasten, die per Steuerprogression aber besser dazuzahlen sollten, wenn ein Mindestmaß
an Sozialstaatlichkeit auch in Zukunft gewahrt werden soll! Steuern zu zahlen
ist nämlich keine Frage der „Lust“, sondern eine Frage in die Einsicht von
sozial verantworteter Rechtsstaatlichkeit. – Max Stirner dächte hier allerdings
völlig anders!
Und sicherlich gibt es auch nach der Einführung eines
Bedingungslosen Grundeinkommens leider noch Fälle, „die den Staat und die
Sozialkassen heute mehr als 1.200 €uro im Monat kosten: Kinder, die schwer lernen
und deshalb eine besondere pädagogische Betreuung benötigen. Jugendliche, die
einen Heimplatz brauchen. Chronisch Kranke, die nur mit intensiver
gesundheitlicher und sozialer Beratung am öffentlichen Leben teilnehmen können.
Pflegebedürftige Senioren, deren Platz im Pflegeheim mehrere tausend Euro im
Monat kosten kann“ (T-online, ebd.), wie Frau Weidenfeld ausführt.
Ja, wenn es diese „Fälle“ schon heute gibt, was sagt das
dann über unser Sozialsystem? – Hier schweigt Frau Weidenfeld sich aus!
Der Schluss, die Einführung eines Bedingungslosen
Grundeinkommens, würde die besonders Bedürftigen im Stich lassen, ist schlichtweg
falsch und verdreht Ursache und Wirkung bewußt! Denn kein Mensch fordert die Abschaffung
der Sozialstaatlichkeit unserer Gesellschaft! Es ist nämlich schlichtweg
falsch, zu behaupten oder auch zu suggerieren, dass jedem Einzelnen bei Einführung
des bedingungslosen Grundeinkommens nur noch 1.200 €uro zur Verfügung stünden
-mehr nicht. Und also ist der Schluss falsch, wenn Frau Weidenfeld in Bezug auf
die oben angeführte Gruppe der besonders sozial Bedürftigen schließt:
„Diese Gruppen würden mit einem bedingungslosen
Grundeinkommen viel schlechter gestellt als bisher.“ (T-online, ebd.)
Diffamierender kann man über eine fortschrittliche Idee
nicht schreiben, zumal dann nicht, wenn man, wie Frau Weidenfeld, weiter oben auch
gezeigt hat, dass das ‚bedingungslose Grundeinkommen‘ immerhin in 120 Fällen
gemäß der Studie, nachweißt, „was (…) [Menschen, J.V.] (…) mit dem Geld
anfangen. Das wäre ein großer Fortschritt (…)“ (t-online,ebd.), sind Frau
Weidenfels‘ eigene Worte – einmal ernst genommen!
Freilich! Und sicher bleiben dann auch noch Fragen, die Frau
Weidenfeld überhaupt nicht thematisiert. Dazu gehören auch völlig andere Formen
der Besteuerung, die z.B. weg von einer individualisierten pro Kopfsteuer, je
nach Höhe des personalisierten „Arbeitslohnes“ kommen - und, wie u.a. auch Richard
David Precht in seinem Buch: Jäger, Hirten, Kritiker, (München, 2018, 3. Aufl.)
zeigt, neue Steuern EU-weit, oder besser noch weltweit, eingeführt werden sollten.
Angedacht werden vor allem die folgenden drei Steuern, die,
wenn sie eingeführt wären, durch kleine, zu entrichtende Promille-Beträge, aber
aufgrund ihrer anfallenden Menge und Häufigkeit, Milliarden €uro in die
Staatshaushalte fließen ließen. – Und das, ohne dass Die Linke beispielsweise
ihre liebevolle „Milliardärs-Steuer“ ins politische Kalkül gestellt hätte. (Was
natürlich nicht heißt, dass ein Verzicht auf diese Steuer sinnvoll wäre)!
Man sollte also nicht nur wissen „worauf man sich einlässt“,
wie Frau Weidenfeld meint, anmahnen zu müssen, sondern auch, „wohin“ man sich gesellschaftspolitisch
eine Gestaltung der Zukunft vorstellt. - Wie soll eine humanere Gesellschaft, als
es unsere heutige ist, zukünftig aussehen?
„Humbug“ wäre hier keine wirtschaftspolitische Kategorie. Dafür aber das „Bedingungslose
Grundeinkommen“ ein erster Anfang. Diese Idee trägt nach wie vor – auch und
gerade wegen dieser journalistischen Diffamierungen eines nicht nur linken
Konzepts.
Dr. Johannes Verbeek
(Mitglied in der LAG der Partei Die Linke in RLP zum BGE)
(25.08.20)
Ein ARTIKEL zum Nachdenken von Rüdiger Rauls: (Altlinker und Weggefährte in der AG: Die-Linke-Stadtpolitik-Trier)
(Der Artikel gibt die Meinung des Autors wieder und nicht (ausschließlich) die des Herausgebers.) Die
Sanktionierten schlagen zurück
Seit Jahrzehnten werden
Staaten, die sich nicht den Interessen der USA und des Wertewesten unterwerfen,
mit Sanktionen drangsaliert. Deuten sich nun Entwicklungen an, die das Ende
dieses Wirtschaftsterrors einleiten könnten? Haben die USA und der Wertewesten
sich totsanktioniert?
Verteilungskämpfe
Noch sind die USA die stärkste
Wirtschaftsmacht der Welt, aber die Chinesen sind ihnen dicht auf den Fersen.
Im Gegensatz zu den Amerikanern haben diese einen Plan: Bis zum Jahre 2025
wollen sie in zehn Industriebereichen die Technologieführerschaft übernehmen.
Dem haben die USA und der Westen insgesamt nichts entgegen zu setzen außer
Behinderungen.
Nicht dass es ihnen an
wissenschaftlicher und wirtschaftlicher Kompetenz fehlte. Aber im Gegensatz zu
China fehlt es im Westen an gesellschaftlicher Geschlossenheit. Dass die
verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen im Interesse der wirtschaftlichen
Entwicklung an einem gemeinsamen Strang ziehen, kann man sich hierzulande
offenbar schon gar nicht mehr vorstellen. Das kann nach westlicher Vorstellung
nur Ausdruck eines autoritären Systems sein.
Dagegen sind die westlichen
Gesellschaften zerfressen vom Kampf der Interessen und der sozialen Gruppen um
Vorteile im Verteilungskampf des gesellschaftlichen Reichtums. Diesem Gezerre
innerhalb der Gesellschaften entsprechen auf der politischen Ebene die Streitigkeiten der westlichen Staaten
untereinander um die Aufteilung der Märkte.
Trotz der vordergründigen Verbundenheit
durch die sogenannten westlichen Werte sind sie sich untereinander spinnefeind.
Diese Feindseligkeit und Konkurrenz offenbart sich am deutlichsten an der
Wirtschaftspolitik der USA. Immer häufiger drangsaliert der große Bruder seine
kleineren mit Zöllen, Sanktionen und wirtschaftlichen Drohungen, wenn sie nicht
nach seiner Pfeife tanzen.
Neuestes und entlarvendes
Beispiel amerikanischer Rücksichtslosigkeit ist die Drohung der USA gegenüber
dem Hafen Sassnitz, ihn finanziell vernichten zu wollen, wenn er weiterhin den
Bau der Nord-Stream-2-Pipeline unterstützt. Sind das die westlichen Werte, mit
denen man sich von anderen Gesellschaften abzuheben vorgibt? Dagegen sind ja
Raubrittertum und die Hackordnung des Hühnerhofes schon fast zivilisiert,
zumindest aber besser kalkulierbar.
Unter Druck
Es stellt sich die Frage:
Warum machen die Amerikaner das? Schließlich traten sie doch über Jahrzehnte
für den Freihandel ein. Sie waren die Vertreter und Garanten der
internationalen Handelsordnung, sie trieben die Globalisierung voran. Warum nun
also dieser Wandel, die Rückkehr zu Protektionismus, wirtschaftlicher
Abschottung und Handelsbeschränkungen durch Zölle und Sanktionen?
Die USA sind ein Riese auf
tönernen Füßen. Sie sind mittlerweile wirtschaftlich so sehr in Bedrängnis,
dass sie sich immer weniger an geltendes Recht halten wollen und können. Die
internationale Rechtsordnung wird nur dort akzeptiert, wo sie den Interessen
der USA dient. Verstöße gegen Völkerrecht und geltende Verträge sind mittlerweile
an der Tagesordnung.
Das Trump'sche Motto: Make
America great again, offenbart, wie sich die einstmals mächtigste
Wirtschaftsmacht der Welt selbst sieht: nicht mehr groß. Die USA sind
wirtschaftlich nur noch ein Schatten ehemaliger Größe. Handelsdefizite und
Staatsverschuldung steigen unentwegt und keine der finanzpolitischen Maßnahmen,
keine Steuersenkung, kein Konjunkturprogramm hat diesen Prozess aufhalten
können. Im Gegenteil: Nachher waren die Schulden und Defizite größer als
vorher. Strukturell sind die USA pleite. Kein Land hat eine höhere
Schuldenlast.
Die Lage ist bedrohlich und
ernst. Die Rating-Agentur Fitch „erwartet im Jahr 2021 einen Anstieg der
amerikanischen Staatsverschuldung bis auf 130 Prozent der Wirtschaftsleistung
[und senkte] den Ausblick für die amerikanische Kreditwürdigkeit von „stabil“
auf „negativ“. Schon vor der Corona-Krise [hatte das Land] die höchste
Staatsverschuldung eines „AAA“-Landes“.(1)
Trügerische
Stärke
Angesichts der amerikanischen
Vorherrschaft auf den Finanz- und Technologie-Märkten erscheint die Vorstellung
von einer wirtschaftlichen Schwäche der USA unverständlich. Nur: diese Stärke
ist trügerisch. Erstens machen auch auf diesen beiden Gebieten die Chinesen den
Amerikanern zunehmend Konkurrenz. Und zweitens produzieren die Finanz- und
Technologieunternehmen nichts. Beide leben von der Warenproduktion anderer
Staaten, besonders Chinas.
Die Technologie-Unternehmen
verteilen oder vertreiben, was andere Nationen produzieren, oder sie sorgen für
eine wirksamere Gestaltung von Produktionsabläufen durch die von ihnen
entwickelte Software. Amerikanische
Banken finanzieren weltweit Produktion und Investitionen. Aber sie alle stellen
nichts mehr her, das die Grundlagen der eigenen Gesellschaft in ausreichendem
Maße sichern kann. Die USA sind die Geisel der weltweiten Arbeitsteilung
geworden, die sie selbst vorangetrieben haben.
Nun aber zerstören sie dieses
sensible Geflecht, das jahrelang ihren Reichtum gewährleistet hatte und fallen
dabei durch das Netz, das sie bisher getragen hat. Als Corona über die USA herfiel, hatte das Land nicht genug
Schutzmittel, Medikamente,
Krankenhausausstattung und medizinische Ausrüstung. Das wäre verkraftbar
gewesen.
Aber sie hatten wie die
meisten Staaten des Westens auch nicht die Produktionsanlagen, um all das
herzustellen, was gebraucht wurde. Hätte China nicht Tausende von Masken und
Beatmungsgeräten verschenkt und noch mehr geliefert, wäre die Totenstatistik
besonders in den USA vermutlich noch verheerender. Die Internationale
Verwobenheit der Weltwirtschaft macht solche Staaten verwundbar, die von
Warenlieferungen Dritter abhängig sind.
Amerika
produziert Sanktionen
Ähnlich ist es in vielen
anderen Bereichen der Waren- und Industrieproduktion. China produziert, was im
Westen entwickelt wurde. Aber zunehmend entwickelt China selbst, was es
produziert. Aus der Produktion der Waren entspringt der zunehmende Reichtum des
Landes. In der Corona-Krise hat China seinen wirtschaftlichen Einfluss
ausdehnen können, weil es beispielsweise die Medizinprodukte liefern konnte,
die die Welt brauchte. Zudem waren seine Maßnahmen zur Corona-Bekämpfung
wirksamer als die westlichen, was ein schnelleres Hochfahren der Produktion
ermöglichte.
Die industrielle Basis der USA
wie auch vieler anderer westlicher Staaten schrumpft beständig. Die meisten
lebensnotwendigen Güter, bis auf Agrarprodukte, muss Amerika einführen. Daher
auch die katastrophale Außenhandelsbilanz besonders gegenüber China. Die
meisten Produkte, die in den USA selbst hergestellt werden, sind auf den
Weltmärkten nicht mehr konkurrenzfähig, wenn überhaupt dann nur auf dem
amerikanischen Heimatmarkt.
Wer kauft noch amerikanische
Autos, mal abgesehen von Tesla? Wer kauft amerikanischen Stahl, amerikanische
Maschinen? Computer, Handys, Medikamente und sonstige hochwertigen
Industrieprodukte werden weitestgehend in China produziert, weil die
Herstellung dort nicht nur billiger sondern vor allem profitabler ist als in
den USA. Denn nicht umsonst haben sich die Industrieunternehmen des Westen in
China angesiedelt. Investitionen in den USA selbst werden immer häufiger von
den Konkurrenten aus China und Europa vorgenommen, die den amerikanischen Markt
für ihre Produkte erobern wollen.
Auf diese nachlassende
Konkurrenzfähigkeit seiner Unternehmen reagierten die USA, besonders unter
Trump, mit wirtschaftlichen Zwangsmaßnahmen. Verträge wurden gekündigt und nur
gegen bessere Bedingungen für die USA neue abgeschlossen. Zölle verteuerten die
Einfuhr, womit die US-Produkte auf dem amerikanischen Heimatmarkt gegenüber
ausländischen Anbietern wieder konkurrenzfähig werden sollten. Gleichzeitig
sollten die Zolleinnahmen und die sinkenden Importe die Zahlungsbilanz
gegenüber den Gläubigern in China und Europa verbessern.
Mit all diesen Maßnahmen
versuchte Trump, Amerika wieder groß zu machen. Aber gleichzeitig zerstörte er
die globalen Geschäftsgrundlagen im Interesse der USA. Um die wirtschaftliche
Lage seines Landes zu verbessern, macht er keinen Unterschied mehr zwischen
Freund und Feind, wie gerade das Beispiel Nord-Stream-2 eindrücklich vor Augen
führt. Wer sich dem Willen der USA nicht beugt, soll mit Sanktionen in die Knie
gezwungen werden. Die Druckmittel dazu sind die immer noch einzigartige Stärke
der US-Armee und der Zugang zum amerikanischen Markt. Wer die Sanktionen gegen
Drittstaaten nicht einhält, muss damit rechnen, auf dem US-Markt keine
Geschäfte mehr machen zu dürfen.
Weil sich aber die Lage für
die USA nicht verbessert, steigt die Zahl der Sanktionen und sanktionierten
Staaten ständig an. In der Zeit von 1950 bis 1990 nahmen sie „stetig, aber
vergleichsweise langsam zu … von 2004 an zeigt die Kurve steil nach oben“(2).
„Vor allem die Vereinigten Staaten spielen eine unrühmliche Rolle“(3). Während
deren wirtschaftliche Leistungskraft sank, stieg die von China an, was an den
Defiziten der USA in Handels- und Zahlungsbilanz offensichtlich wird.
Sanktionen
statt Krieg
Sanktionen sind Ausdruck der
Schwäche des Westens. Wenn er sich auch als Gemeinschaft darstellt, die ihr
Handeln auf Werten gründet, so ist der Wertewesten doch die einzige politische
Kraft weltweit, die Sanktionen gegen andere Völker verhängt, auch wenn das den
Tod von Tausenden von Menschen bedeutet. Das macht kein anderes Land der Welt,
nicht einmal die sogenannten Schurkenstaaten.
Aber die Völker der Welt
beugen sich immer weniger dem Diktat des Wertewestens. Und dieser ist auch
nicht mehr in der Lage, nach Imperialisten-Manier die Unbotmäßigen durch Krieg
zu zwingen, sich seinem Willen zu unterwerfen. Das haben Korea und Vietnam
gezeigt.
Wenn auch die FAZ schreibt:
„Wirtschaftssanktionen sind billiger als Krieg“, so muss sie auch eingestehen,
„dass sie nicht immer die erhoffte Wirkung [zeigen], wie in Nordkorea und
Russland zu sehen ist“(4). Da aber mittlerweile viele Staaten über Atomwaffen
verfügen und konventionelle Kriege zu teuer sind bzw. bei der eigenen
Bevölkerung auf wenig Gegenliebe stoßen, kommen statt der Kriege nur noch
Sanktionen als abgeschwächte Mittel der Gewalt für den Wertewesten in Betracht.
Es sind also Kostenüberlegungen, die den Wertewesten von Kriegen abhalten,
nicht moralische, wie man es eigentlich bei einer Wertegemeinschaft erwarten
müsste.
Nun sind aber auch die
Sanktionen ein sehr zweischneidiges Schwert. Denn sie treffen nicht nur die
Sanktionierten sondern auch die Unternehmen der Staaten, die Sanktionen
verhängen. So drängen Italien und Frankreich im Interesse ihrer Wirtschaft
immer stärker darauf, die Sanktionen gegen Russland aufzuheben. Auch die
deutsche Industrie beklagt die Einschränkungen, die ihr die
Russland-Sanktionen, aber auch die amerikanischen Strafmaßnahmen gegen den Iran
auferlegen. Sanktionen gegen andere Staaten treffen nicht nur dort auf Protest
sondern auch in der eigenen Wirtschaft. Das erschwert deren Umsetzung und
mindert ihre Wirkung.
Die riesigen Märkte
aufstrebender Nationen bleiben den westlichen Unternehmen aufgrund westlicher Selbstbeschränkung teilweise
verschlossen. Nicht nur das. Diese Märkte mit dem gewaltigen Potential an
Einwohnern und ungestillten Bedürfnissen geraten zunehmend unter den Einfluss
chinesischer Unternehmen, die in die Lücke hineinstoßen, die die westlichen
Sanktionen reißen.
The Winner
is: China
Zunehmend muss man im Westen
feststellen, dass die eigenen Sanktionen ein Konjunkturprogramm für die
chinesische Wirtschaft sind. Und die Reaktionen des Westens darauf sind geprägt
von Hilflosigkeit, die an Lächerlichkeit grenzt. So wirft ausgerechnet der
Westen China vor, die unterstützten Staaten in eine Verschuldungsfalle zu treiben
und damit in wirtschaftliche und politische Abhängigkeit. Als wäre die
Verschuldung dieser Staaten erst seit dem Eintreten Chinas in den Welthandel
entstanden.
Wie groß die Verwirrung im
Westen ist in allen Fragen, die China betreffen, zeigt sich darin, dass viele,
die sich für aufgeklärt halten, die Sichtweisen der westlichen Meinungsmacher
mehr oder weniger bewusst übernehmen(5). In dem Glauben, sich von China
abgrenzen zu müssen, merken sie nicht,
dass sie im Interesse jener Imperialisten argumentieren, die sie sonst so
lautstark verurteilen.
Die höchsten
Verschuldungswerte der Welt haben gerade die Industriestaaten und nicht jene,
die durch chinesische Kredite versuchen, die eigene Wirtschaft und
Infrastruktur zu entwickeln. Ist das auch Ergebnis chinesischer Kreditvergabe?
Die meisten Staaten sind schon seit Jahrzehnten in einer Verschuldungsspirale
gefangen, also lange bevor China begann, Kredite zu vergeben. So taumelt gerade
Argentinien dem neunten Staatsbankrott entgegen, dem siebten seit 1950, bisher
immer weiter am Leben gehalten durch westliche Kredite, nicht chinesische, wie
so viele andere Staaten der Welt auch.
Die Sorge des Wertewestens ist
heuchlerisch. Denn sie gilt nicht der Überschuldung dieser Staaten sondern der
Stabilität der eigenen Banken. Während deren Kreditvergabe dem Schuldenregime
von IWF und Pariser Club unterliegen, sind die Kreditvereinbarungen zwischen
China und seinen Kreditnehmern alleine Sache der beiden Vertragspartner, d.h
nicht öffentlich.
Weder IWF, Weltbank noch der
Pariser Club können deshalb genau abschätzen, wie hoch diese Staaten insgesamt
verschuldet sind und damit auch nicht deren Schuldentragfähigkeit. Würde eines
dieser Länder seine Kredite nicht mehr bedienen können, kämen der Wertewesten
bzw. IWF und Weltbank in die schwierige Lage,
diese Staaten stützen zu müssen, um nicht den Untergang eigener Banken
zu riskieren.
Wenn sie aber die
Schuldentragfähigkeit dieser Länder sichern mit neuen Krediten, sichern sie
gleichzeitig zwangsläufig auch die Fähigkeit dieser Staaten, die chinesischen
Kredite weiter zu bedienen. Das heißt, sie würden mit eigenen Geldern indirekt
auch die chinesischen Kreditrisiken mindern, und das ist ganz und gar nicht im
Interesse des Wertewestens.
Die vorgetragene Menschenfreundlichkeit
ist nur vordergründig, um die wirklichen Motive und Interessen hinter der
Fassade von Fürsorge zu verstecken. Fürsorge spielte auch nie eine Rolle, wenn
im Interesse der Schuldentragfähigkeit den Kreditnehmern harte soziale
Einschnitte auferlegt wurden, damit die westlichen Banken wieder Geld fließen
ließen.
Vorteil
China
Unter den materiellen
Bedingungen, die die Wirklichkeit schafft, gerät westlicher Idealismus immer
mehr an seine Grenzen. Er offenbart sich immer deutlicher als das Hirngespinst,
das er immer war, als Täuschung. Westliche Sanktionspolitik dient nicht den
Idealen der Menschenrechte. Die Demokratie, die man den unterdrückten Völkern
bringen will, ist nichts anderes als die Absicherung für die eigenen
Investitionen. (6)
Demokratische Systeme mit
demokratischen Parteien sind die Voraussetzung für privatwirtschaftliche
Investitionen, außer man hat einen Diktator, von dem man sagen kann: „Er ist
zwar ein Schweinehund, aber er ist unser Schweinehund“(7). Denn nur
demokratische Systeme bieten die Möglichkeit, über die verschiedenen Parteien,
gesellschaftlichen Gruppen und Interessenverbände Einfluss nehmen zu können auf
die Entscheidungen der Regierenden im Interesse von Investoren.
Deshalb muss der Export von
Kapital für Investitionen im Ausland abgesichert sein durch den Export von
Demokratie. Großinvestitionen wie die seinerzeit geplante Pipeline aus den
ehemaligen südlichen Sowjetrepubliken durch Afghanistan zum arabischen Meer
können nach westlicher Sichtwiese nicht den Launen von Regierungen überlassen
bleiben, auf deren Loyalität man sich nicht verlassen kann. Den Taliban, den
damaligen Herrschern Afghanistans, traute man im Westen nicht zu, in ihrem Land
getätigte Investitionen zu schützen und die Eigentumsverhältnisse zu respektieren.
Politisch instabile
Verhältnisse ermuntern keine privaten Investoren, große Kapitalmengen
einzusetzen, wenn nicht sicher ist, dass auch deren Ertrag gewährleistet ist.
Es muss also vor solchen Entscheidungen klar sein, dass es eine Ordnungskraft
gibt, die politische Stabilität und investiertes Kapital sicherstellen kann.
Das können am besten demokratische Systeme, denn anders als Diktaturen sind
diese nicht so leicht zu stürzen. Eine Regierung kann wechseln, aber das System
bleibt erhalten. Und das ist es, was für den Investor zählt. Der Sturz einer
Diktatur bringt dagegen immer Unruhe und Unsicherheit.
Unterschiedliche
Interessen
Da liegen aber auch im Unterschied zum chinesischen
System die Nachteile jener Gesellschaftssysteme, die sich alleine auf die
Privatwirtschaft stützen. Private Geldgeber entscheiden nach ihren privaten
Sonderinteressen. Die Rendite muss stimmen. Politische oder gesellschaftliche
Interessen spielen für ihre Entscheidungen nur eine untergeordnete Rolle.
China dagegen hat eine
politische Agenda, deren gesellschaftliche Ziele für den Staat im Vordergrund
stehen: Das Land will seine Wirtschaft entwickeln, um den allgemeinen Wohlstand
seiner Bevölkerung zu heben. Die Armut soll restlos beseitigt werden. Zur
Erlangung dieses Zieles braucht es die Rohstoffe der Dritten Welt. Diese
wiederum braucht Kapital und Fachwissen, um die eigene Wirtschaft
voranzubringen. Hier ergänzen sich beide in ihren Interessen und Möglichkeiten.
China ist nicht abhängig von
der Kreditvergabe und Investitionsbereitschaft privater Geldgeber. Seine
gewaltigen Devisenreserven erlauben es ihm, Infrastrukturprojekte in der
Dritten Welt durch seine Staatsbanken zu finanzieren, also unabhängig von den
Interessen privater Geldgeber. Auch die Ausführung der Projekte liegt teilweise
bei Staatsunternehmen.
Für die Kreditnehmer hat diese
Vereinbarung große Vorteile. Sie müssen nicht wie gegenüber den westlichen
Banken mit Dollars oder sonstige Devisen bezahlen. Das fällt besonders Ländern
wie Iran oder Venezuela schwer, die aufgrund von Sanktionen kein Öl exportieren
dürfen und infolge dessen nur geringe Deviseneinnahmen haben. Diese Staaten
bezahlen mit Rohstoffen, was sie vom Dollar und seinen Schwankungen unabhängig
macht. Das nützt auch der chinesischen Wirtschaft, die auf diesem Wege den
eigenen Rohstoffbedarf günstig deckt.
Das ist aber nur möglich, weil
der chinesische Staat über eine langfristige Strategie verfügt und über seine
staatlichen Banken das Risiko trägt. Mit privaten Investoren aus dem Westen
wäre das nicht möglich, denn sie wollen nicht mit Öl bezahlt werden sondern mit
Dollars oder Euros. Und deshalb laufen auch die meisten Initiativen der
westlichen Regierungen ins Leere, in Afrika und anderen Staaten der Dritten
Welt wirtschaftlich und politisch Fuß zu fassen, um China Paroli bieten zu
können. Den privaten Geldgebern ist das Risiko zu hoch.
Eine private Bank will nicht
die Risiken des Ölgeschäftes tragen, um ihre Zinsen realisieren zu können. Und
ein westlicher Staat will nicht mit Ölgesellschaften in Konflikt geraten, wenn
er sich durch die Annahme von Öllieferungen anstelle von Zinsen zum
Konkurrenten der Ölgesellschaften aufwirft. All das lassen
privatwirtschaftliche System nicht zu im Gegensatz zum sozialistischen System chinesischer Prägung. Hier entscheiden
Staat und Partei über die Politik, die nach ihrer Ansicht den Interessen der
Gesamtbevölkerung dient, nicht einzelne Interessengruppen.
Zeitenwende
Das Vorgehen Chinas in der
Dritten Welt hat Folgen für das westliche Sanktionsregime. Der Anteil der
sanktionierten Staaten wächst. Damit aber wächst auch der Anteil der Staaten,
die vom Westen immer weniger zu erwarten haben. Als der Wertwesten alleine die
wirtschaftliche Agenda der Welt bestimmte, konnte er mit seinen Sanktionen
seine Interessen gegenüber anderen leicht durchsetzen. „Nun aber dreht sich der
Wind“(8). Denn heute stellt China technologisch und auch finanziell eine
zumindest gleichwertige Alternative dar.
So musste der Westen
erschreckt feststellen, dass „Peking seine Verbindungen ausgerechnet im
geächteten Iran weiter [ausbaut und] in Iran seinen Versprechen Milliarden von
Dollar folgen lassen [will]. … Rund 400 Milliarden Dollar sollen über ein
Vierteljahrhundert bereitstehen für den Ausbau“(9) iranischer Infrastruktur.
„Offiziell bekommt das
Wachstumsland China dafür Öl aus Iran. …
Zudem gewinnt China in Pakistan mit seinen gut 222 Millionen Menschen und in
Iran mit mehr als 82 Millionen Menschen riesige Wachstumsmärkte für seine
Waren“.(10) Was hat dagegen der Westen diesen Staaten zu bieten außer
idealistischen Werten, die nicht satt machen und an die er sich selbst nicht
hält?
Wie das obige Zitat zeigt, ist
Iran kein Einzelfall. Auch Pakistan wendet sich verstärkt den chinesischen
Angeboten und Krediten zum Aufbau des Landes gegen Lieferung von Rohstoffen zu.
Und die Amerikaner schäumen vor Wut, weil die Chinesen sich in Myanmar nicht an
westliche Sanktionen halten und sich die Rohstoffe sichern gegen Hilfe beim
Aufbau des Landes. „Dabei kommt ihnen der Boykott des Westens zugute, der das
dortige Militärregime schwächen sollte, es aber in Wirklichkeit immer tiefer in
Pekings Arme trieb“(11)
Noch eine weitere Entwicklung
scheint sich anzudeuten: „Iran hilft Venezuela mit Benzin. Venezuelas Regierung
feiert die Ankunft der ersten beiden von insgesamt fünf Öltankern aus
Iran.“(12). Deutet sich hier ein offenes Brechen von Sanktionen durch die
Sanktionierten selbst an? Bisher hatte man immer versucht, die Sanktionen zu
umgeben durch die Verschleierung von Lieferungen. Nun scheinen zumindest
Venezuela und Iran auf solche Geheimnistuerei keinen Wert mehr zu legen.
Das Erstaunliche daran ist
jedoch, dass die USA nicht versucht hatten, diese Tanker vor ihrem
Bestimmungsort abzufangen. Militärisch hätten dem weder Venezuela noch der Iran
etwas entgegensetzen können. So hatten noch im Jahr zuvor die Amerikaner den
iranischen Tanker Grace1 vor Gibraltar von den britischen Behörden festsetzen
lassen wegen des Verstoßes gegen Sanktionen. Hat man in der Zwischenzeit in
Washington kalte Füße bekommen?
Vermutlich war es den USA eine
Lehre, dass die Iraner im Gegenzug einen britischen Tanker in der Straße von
Hormus festsetzten. Denn was die Amerikaner vor Venezuela können, könnten die
Iraner auch vor ihrer eigenen Küste im Persischen Golf, nämlich Schiffe
festsetzen. Das war die Botschaft der iranischen Maßnahme. Sie scheint gewirkt
zu haben. Zudem haben die USA im Unterschied zum Iran viele Ziele im Nahen
Osten, die von iranischen Raketen erreicht werden können. Militärstützpunkte
sind nicht nur Bedrohungen sondern auch Ziele.
Schließen sich nun die
Sanktionierten zusammen, um sich gegenseitig zu unterstützen? Wie die FAZ schon
weiter oben sich erschreckt die Augen rieb: Der Wind dreht sich. Ob sich ein
neuer Kosmos herausbildet, ein Universum der Sanktionierten, muss weiter
beobachtet werden. Aber die Grundlagen dazu sind vorhanden.
Die Zahl derer, die von den
Sanktionen des Wertewestens betroffen sind, wird immer größer. Was hindert sie
daran, sich mit Russland und China zu einer neuen Wirtschaftswelt zusammen zu
schließen? Iran hat bereits den ersten Schritt in diese Richtung gemacht und
„einen Antrag auf Mitgliedschaft in der von China und Russland dominierten
„Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit“ gestellt“(13). Die Welt ist nicht
mehr so, wie sei einmal war für den Wertewesten.
Herausgeber von:
Imre Szabo: Die
Hintermänner ( ein politischer Krimi) Buchbeschreibung Imre Szabo: Die Unsichtbaren ( ein politischer Krimi) Buchbeschreibung (25.08.20)
Olaf Scholz – gerade erst nominiert und schon politisch disqualifiziert!
Ein Beitrag zur Diskussion um das „Bedingungslose Grundeinkommen“
Vor wenigen Tagen äußerte sich der soeben erst von seiner
Partei nominierte Kanzleramtskandidat, Olaf Scholz (SPD), mit wenigen Sätzen
zum „Grundeinkommen“. Es sei – so Scholz – nicht finanzierbar. Und er wolle
auch keinen Hehl daraus machen, dass er noch nie ein Freund des
‚bedingungslosen Grundeinkommens‘ gewesen sei.
'Die Welt'-online berichtete vom 21.08.20 wie folgt:
„Olaf Scholz sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe vom Freitag, er habe
die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens schon immer für falsch gehalten.
Dadurch würden viele Errungenschaften des Sozialstaates wie die Renten- oder
die Arbeitslosenversicherung gefährdet, warnte der Finanzminister.
„Das wäre Neoliberalismus“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat weiter. Auch sei ein
solches Vorhaben, wenn „fair und richtig“ gerechnet werde, unbezahlbar. Scholz
forderte stattdessen einen höheren Mindestlohn. Ohne eine entsprechende
Vereinbarung würde er nach der Bundestagswahl 2021 keinen Koalitionsvertrag
unterzeichnen, kündigte er an. Konkret nannte Scholz einen Mindestlohn von zwölf Euro pro Stunde „dringend
erforderlich“ (Die Welt, ebd.).
Mit diesen Aussagen hat sich der SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz als
möglicher Kanzler für eine angestrebte linksorientierte Gesamtkoalition aus
Linken, SPD und Grünen völlig unmöglich gemacht. Ihm fehlt der unbeschränkte
Blick aufs Große und Ganze. Ein SPD-Kanzlerkandidat, der sein eigenes,
kleinkariertes Denken in konservativ begrenzten Politikentwürfen nicht überwinden
kann, taugt für eine linksgewendete Zukunft in keinster Weise. Dass dies den
SPD-Parteivorsitzenden, Norbert-Walter Borjans und Saskia Esken nicht auch bewusst
gewesen sein können sollte, kann man als Altlinker kaum glauben. – Nun zeigen
aber die Aussagen von Olaf Scholz selbst sehr klar schon jetzt die Grenzen einer
zwar wünschenswerten, aber dennoch nur utopischen Gesamtkoalition Linksaktiver
Politiker/innen – oder, was man unbedacht so „links“ zu nennen pflegt.
Bevor ich die argumentative Auseinandersetzung mit den unbedachten
Behauptungen von Olaf Scholz suche, sei noch bemerkt, wie hilflos der Versuch
von Scholz gewesen ist, einer breiten Debatte über den Sinn und Zweck des
„bedingungslosen Grundeinkommens“ (BGE) mit diesen unqualifizierten Behauptungen
das Wasser abzugraben, bevor sie in der Bevölkerung so richtig in Schwung
geraten ist. Denn parallel zu den bloßen Behauptungen von Scholz wurde
bundesweit berichtet, dass das erst zwei Tage zuvor gestartete Studienprojekt
zum „bedingungslosen Grundeinkommen“ binnen zweier Tag eine Bewerberliste von
über 1 Million Bürger/innen zu verzeichnen hat, was nicht nur zeigt, wie
begehrt die Zahlung eines bedinungeslosen Grundeinkommen in der Bevölkerung
ist, sondern auch die Tatsache zum Ausdruck bringt, dass über die Hälfte der bundesdeutschen Bevölkerung für die Einführung eines „bedingungslosen
Grundeinkommens“ votierten würde, ließ man sie politisch nur machen!
Das war bei einer im Jahr 2018 in Auftrag gegebenen Umfrage des
konservativen Blattes „Die Welt“ noch nicht der Fall. Die Welt titelte stolz:
„Knappe Mehrheit gegen Bedingungsloses Grundeinkommen“ (Die Welt-online, ebd.,
01.05.18). 53% - und hier vor allem
Anhänger der CDU – lehnen ein BGE strikt ab, während 43% der Befragten
grundsätzlich „für ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle“ (ebd.) wären. Lediglich
4% sagen, sie hätten sich noch keine Gedanken gemacht (vgl. ebd.), laut Umfrage
im Jahr 2018. Immerhin zeigt diese Umfrage, wie viele andere auch,
dass es zum Wesen demokratischer Willensbildungsprozesse gehört, die
gesellschaftlichen Meinungsvielfalten auf zwei kontradiktorische Positionen zu
verkürzen, wodurch sich jede Gesellschaft politisch notwendig aufgespalten
wird. – Das war vor gut zwei Jahren.
Wie sieht es aber zur Zeit aus? Vertritt der SPD-Kanzlerkandidat, Olaf
Scholz, die politische Meinung einer Mehrheit der Bürger/innen, oder nur seine
eigene, beschränkte Überzeugung, von der er nicht absehen kann, ohne sich
selbst aufzuheben und zu disqualifizieren? Denn das wäre die logische Folgerung demokratische
Meinungsbildungen: Entweder Olaf Scholz disqualifiziert sich als Kanzler, weil
er keine Mehrheitsmeinung mittragen kann (50% + 1%) - oder er disqualifiziert
sich, weil er auf Seiten der 49% ‘prozentigen Minderheit steht – und ebenfalls
nicht über seine eigene Meinung hinauskommen kann. Wie auch immer: Mit ihm wäre
die Hälfte der Bevölkerung (zum Teil eben ‚unversöhnlich‘) aufgespalten.
Was tun?, frug einst schon Lenin! – Nun gibt es aber neuere Umfragen, die
besser ins jeweilig politische Bild passen als die vorherigen! Also:
„Der MDR hat am 4.
August [2020, J.V.] eine Umfrage veröffentlicht, nach der eine knappe Mehrheit
von 53 Prozent zu 43 Prozent ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) für
sinnvoll hält. Im Durchschnitt werden gut 1.200 Euro im Monat als angemessen
bewertet. Doch wenn man sie genauer betrachtet, zeigen die Ergebnisse der
Umfrage tatsächlich, dass es keine politische Basis für ein BGE gibt.“ (Junge
Welt- online; Hervorhebung von mir. J.V.)
Mit diesen Anfangssätzen seines Gastkommentar in der eher linken
Tageszeitung „junge Welt“ vom
22/23.08.2020 vollzieht der Verdi Gewerkschaftsfunktionär Ralf Krämer, der
zudem „Bundessprecher der Sozialistische Linken“ ist, in nur zwei Sätzen einen
„salto mortale“, der für viele Linke - besonders in Bezug auf die Wertschätzung
des BEG - zunehmend bezeichnend zu sein scheint, was aus Sicht der Befürworter natürlich bedauerlich ist!
Allerdings kann man auch nachfragen: Was ist hier los?
Sowohl der kurzerhand nominierte SPD-Kanzlerkandidat, Olaf
Schloz, als auch die eher seit längerem konservativ aufgestellte CDU sowie der
vielleicht eher linksaktiv zugeordnete Verdi-Funktionär und Sprecher der
Sozialistischen Linken, Ralf Krämer, alle schicken mit nur einem kurzen
Sätzchen (sic!) die Idee des BGE in die Wüste und erteilen ihr eine kalte
Abfuhr. („Wüste“ und „Kalt“ – der demokratisch unvermeidliche Antagonismus
einer politischen Spaltung verschafft sich auch hier sprachlich ihren Ausdruck, wenn
man so will!)
Nun: Etwas anderes ließe sich auch nicht erwarten, will man
denn, wie es der Bundesvorstand der Linken mehrheitlich offensichtlich z. Z. will,
eine linksaktive Mehrheit jenseits der konservativen Parteien CDU, FDP und AfD
organisieren. – Leider spielt hier schon im Ansatz die SPD nur lippenverbal mit,
wie man unschwer an der nicht ganz unerheblichen Meinung ihres Kanzlerkandidaten
Olaf Scholz erkennen kann. Gleiches kann man aber auch innerhalb der Linken
selbst erkennen, wenn man auf die Aussagen von Ralf Krämer (Die Linke) sieht.
Es gehört schon ein gutes Stück Schamlosigkeit dazu, eine
Umfrage zum „Bedingungslosen Grundeinkommen“ in wenigen Sätzen umzudefinieren, wie in dem soeben
zitierten Gastkommentar in der „jungen Welt“ von Ralf Krämer geschehen, indem man unversehens behauptet, die Mehrheit der Befragten habe sich gar nicht
zu einer Einführung des „Bedingungslosen Grundeinkommen“ geäußert, sondern –
weil es einem besser in den politischen Kram passt: Die ‚Mehrheit habe sich zu
einer (bloßen) „Grundsicherung“ geäußert – habe es allerdings selbst so nicht
ausgedrückt! - Mit den Worten von Ralf Krämer:
„Die
Mehrheit [der zum BGE befragten, J.V.] spricht sich also in Wirklichkeit
gar nicht für ein BGE aus, sondern für eine verbesserte,
»bedingungslose«, nicht von Vorleistungen abhängige Grundsicherung für
Menschen ohne hinreichende andere Einkommen und ohne größere Vermögen. Das ist
aber eine ganz andere Forderung als die der BGE-Community.“ (Junge Welt, ebd.;
Hervorhebung von mir, J.V.)
Mit einer solch groben und verzweifelten Dialektik kann man nun wirklich
alles begründen – sogar, dass Olaf Scholz der Wunschkanzlerkandidat der Linken
im Bundesvorstand sei, weil man ansonsten gegen ihn und die SPD in keine linksfähige
Mehrheit kommen könne! – Schwachsinn!
Die heiße Luft, die hier vom Genossen Ralf Krämer im Auftrag der
Gewerkschaft versprüht wird, kondensiert sehr schnell zu einem Nebel, wenn man bedenkt,
dass die Prämissen, die der Genosse vorab kurzerhand einführt, um einen
Gegensatz gegen die Position des BGE zu suggerieren, nämlich die Behauptung, dass
„81% Prozent [der Befragten, J.V.] die Aussage
(unterstützen), dass es eine Vermögensgrenze geben sollte“ (vgl. ebd.).
Tatsächlich bedeutet diese Position überhaupt keinen Gegensatz zu den
Befürwortern des BGE! Denn, wie R. Krämer selbst feststellt:
„Das bedeutet, dass auch unter den vermeintlichen Befürwortern eines BGE eine
deutliche Mehrheit für eine Vermögensgrenze ist.“ (vgl., eba.) –
Wie auch sonst? Natürlich ist es links-sozial verständlich und sinnvoll „Vermögensgrenzen“
politisch zu definieren, wenn man die bestehende Schere zwischen Arm und Reich
bedenkt, die die SPD (mit ihrer GroKo aus CDU) nicht in Griff bekommt oder gar nicht
in Griff bekommen will.
Der Gedankengang wird aber von Ralf Krämer wie folgt weitergetrieben:
„55 Prozent unterstützen die Aussage, dass das Grundeinkommen mit anderweitigen
Einkünften (z. B. aus Arbeit) verrechnet werden sollte“ (ebd.). -
Aber auch dieser Gedanke
widerspricht dem Konzept des BGE in keinster Weise, obwohl – um das hier nicht
zu vergessen, Ralf Krämer sich seit Anbeginn seines Gastkommentars, abmüht,
eine Gegenposition zu dem Ergebnis der Meinungsumfrage zu konstruieren. – Wie aber
soll das geschehen, wenn alle bisherigen Argumente, die Ralf Krämer an dieser Stelle
anführt, in keinster Weise gegen das BGE sprechen, und ja auch – wie er selbst aufzeigt-
von keinem der Befürworter des BGE in Frage gestellt werden!?
Das einzige, was bisher in Frage gestellt wurde, ist der Schluss, den Ralf
Krämer ganz zu Beginn seines Kommentar in der Jungen Welt selbst zieht,
nämlich, seine Behauptung, dass:
„Doch wenn man sie [die Umfrage,
J.V.] genauer betrachtet, zeigen die Ergebnisse der Umfrage tatsächlich, dass es
keine politische Basis für ein BGE gibt“ (Junge Welt- online; Hervorhebung von
mir. J.V.). -
Doch genau diese Behauptung, lässt sich nicht ohne Widerspruch aus dem
bisher Ausgeführtem ziehen und ist daher als falsch zu beurteilen, weil auf
einer plumpen dialektischen Verdrehung der erhobenen Tatsachen basierend! Würde man
dieser reduktionistischen Argumentationslogik konsequent weiter folgen, dann
könnte Ralf Krämer auch behaupten, dass, wenn nur eine Hand voll der Befragten
zustimmten, der „sozialistischen Linken“ anzugehören, es „keine Basis“ für eine
Linke Politik gebe. – Dieser Schluss wäre allerdings einer rein
„kapitalistischen“ Logik geschuldet, die dazu neigt ihre eigene Position
beharrlich zu untergraben. –
Wir werden später noch sehen, dass diese
„kapitalistische Logik“ von Ralf Krämer auch in seinem Schlusssatz angewandt
wird. Er durchblickt den Reduktionismus nicht und schließt am Ende seines Kommentars,
dass es nur noch einen überstakten Kapitalismus geben könnte, so das man Angst
haben könne, er würde linke Positionen total verunmöglichen und ins Leere
laufen lassen, wie z. B. das BGE. – Nichts wäre fataler und falscher als die
Folge dieses Schlusses.
Tatsächlich bezieht sich das Modellkonzept der Linken, wie es in der hervorragenden
Broschüre: „Unser Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens. Finanzierbar,
emanzipatorisch, gemeinwohlfördernd“ aus dem Jahr 2013 dargestellt wurde, auf völlig andere Prämissen. Hier, in dieser Broschüre (5.Aufl., 2017),
wurden die anfallenden gesamtwirtschaftlichen Kosten zum ersten Mal nicht nur
argumentativ, sondern auch volkswirtschaftlich (in zwei Varianten) überzeugend durchgerechnet.
Es geht hier nicht allein um die bloße Einführung des BGE, sondern immer schon
und von Anfang an auch um eine flankierende Veränderung diverser sozial-ökonomischer
und ökologischer Parameter, die, wenn sie so schamlos
wie an dieser Stelle von Ralf Krämer, gegen die eigentlichen Intensionen der linken
Modellkonzeption ausgespielt und in scheinbare Frontstellung gebracht werden,
natürlicherweise zu Widersprüchen führen. Da ist es schon von entscheidendem
Vorteil, wenn „man“ selber hellwach ist und revolutionärer als sich die führenden
Bundeslinken überhaupt nur vorzustellen in der Lang sind!
Also, noch einmal:
Natürlich fordern auch linke Befürworter des BGE, dass das BGE mit
anderen Einkünften verrechnet werden solle, so wie es in dem oben erwähnten
linken Modelkonzept auch vorgesehen ist. Denn ebenfalls spricht die Einführung
einer oberen Vermögensgrenze nicht gegen die Konzeption eines BGE, wie Ralf Krämer
es aber weiter oben suggeriert.
Kommen wir nun zum zweiten Teil der Argumentation von Ralf Krämer,
mit der er das BGE in seiner Basis erschüttern will.
Hierzu ist der folgende Abschnitt aus seinem Gastkommentar zu betrachten:
Behauptet wird hier: Die Einführung des BGE führe (uneingeschränkt für alle!)
zu höheren Steuern. Und nun zeige sich, „dass 57 Prozent [der Befragten, J.V.]
nicht bereit sind, im Gegenzug für ein BGE Einschränkungen in Kauf zu nehmen“
(ebd.). – Allerdings zeigt die Angabe dieser Zahlen überhaupt nicht, dass alle „57
Prozent“, die hier „keine Einschränkungen in Kauf nehmen wollen“, auch
tatsächlich Einschränkungen in Kauf nehmen müssten, würde das vorliegende Modellkonzept
der Linken auch umgesetzt!
Hätte Ralf Krämer auch nur ansatzweise Bezug auf dieses Modellkonzept
genommen, dann hätte er Schwarz auf Weiß zur Kenntnis nehmen müssen, dass unter
der Überschrift: „Wer profitiert vom BGE, wer bezahlt das BGE?“ (Broschüre, S.
47) aufgelistet ist, dass z.B. ein „Singel“ mit einem Bruttomonatseinkommen“ von „7000€“
allererst noch ein Saldo von „+1€“ aufzuweisen hätte. Nach dieser Tabelle hätte
ein „Single mit Kind“ erst bei einem Bruttomonatsgehalt von 10.000€ ein Saldo
von „-481€“ zu verbuchen, d.h. hier käme „man“ also schlechter weg als vor der
Einführung des BGE. Der gleiche „Single“ diesmal aber mit „2 Kindern“ bei einem
„Bruttomonatseinkommen“ von wiederum „10.000€“ käme nunmehr auf ein Saldo von „-138€“
mit der Einbußen zu verbuchen hätte. Eine Familie (Hier: Paar mit zwei Kindern)
hätte sogar noch in der obersten Kategorie der in der Modelllist aufgeführten
Fälle bei einem Bruttomonatsverdienst von beispielsweise 10.000€ (+ 5000€) ein
Saldo „+312“ zu verzeichnen! –
Der unvoreingenommene Leser kann sich also sehenden Auges davon überzeugen,
dass kaum jemand „Einschränkungen in Kauf nehmen“ muss, der es nicht auch
sozialpolitisch leisten können kann. Somit relativieren sich die oben von Ralf
Krämer angeführten „7 Prozent der Befragten“ (ebd.), die allenfalls breit wären
für das BGE „höhere Steuern zu zahlen“ (ebd.). – Das Klientel, das hier jammern
würde, käme kaum aus der klassischen Arbeiterschicht, sondern eher aus einer
zumindest hedonistisch eingestellten Bevölkerungsschicht, die soziale
Gesichtspunkte zu vernachlässigen geneigt ist.
Wir sehen also auch an dieser Stelle, dass die Argumentation von Ralf
Krämer nicht konsistent ist. Allerdings wiegt sein Schluss, den er an dieser
Stelle zieht gewichtig. Macht er doch folgende Behauptung:
„Ein BGE wäre aber nur möglich, wenn dafür bisherige Sozialleistungen entfallen
würden und wenn erhöhte Steuern oder Abgaben das Geld reinholen würden, das auf
der anderen Seite als BGE ausgeschüttet werden soll.“ (Junge Welt, ebd.)
Was ist von diesem Schluss zu halten? Wir müssen erneut differenziern:
Freilich sollen (auch) bei der Einführung eines BGE nach dem Modell der Linken
sämtliche „Sozialleistungen“ in dem auszuzahlenden BGE aufgehen. Deshalb ist
die Höhe des BGE keinesfalls egal und in gewisser Weise auch nicht verhandelbar
(!), wenn ein bestimmter Betrag eben nicht – wie in neoliberalen Vorschlägen, die
Olaf Scholz oben vor Augen hat (!) – unterschritten werden darf.
Deshalb spielt die Höhe und Bestimmung des monatlichen „Mindestlohn“ eine
entscheidende Rolle auch bei dem linken Modell des BGE. Der Mindestlohn ist an die
durchschnittliche Höhe des gesamten Volkseinkommens gebunden.
Erinnern wir uns kurz: Ralf Krämer suggerierte auch in Bezug auf den „Mindestlohn“
einen prinzipiellen Gegensatz zum Konzept des BGE – was, wie wir sehen,
wiederum falsch ist. Denn:
Tatsächlich ist aber der derzeitige Mindestlohn in der BRD eine politische
Zumutung, denn nach einer Anfrage der der Linksfraktion im Bundestag, musste die
derzeitige Bundesregierung mit CDU und SPD zugeben, dass erst ab einem Mindestlohnbetrag
von über 12€ am Ende der Erwerbsarbeit Zuschüsse von Seiten des Staates
entfielen, um einer möglichen Altersarmut zu entgehen und nicht wiederum auf „Stütze“
angewiesen zu sein. Dies zu Wissen ist wichtig, denn auch der oben schon erwähnte
Kanzlerkandidat der SPD rechnet mit der Einführung eines Mindestlohns von 12€.
Ein wirklich seltsamer Umstand, könnte er als SPD-Teil der GroKo doch schon
jetzt dafür sorgen, dass es den Geringverdienern wesentlich besser ginge, als
mit seiner bisherigen und eigenen SPD-Politik!
Aber auch das Linke durchgerechnete Modellprojekt des BGE ist und bleibt
ein steuerbasiertes Konzept, dass im Wesentlichen auf einer „Progressionssteuer“
aufbaut. Allerdings garantiert diese Steuerprogression (im Gegensatz zu den
derzeit üblichen Steuersätzen in der BRD), dass eben nicht alle „bisherige
Sozialleistungen entfallen […] und […]erhöhte Steuern oder Abgaben das Geld
reinholen würden, das auf der anderen Seite als BGE ausgeschüttet werden soll“
(Krämer, ebd.).
Ralf Krämer formuliert hier einen Konditionalsatz, der auf dem Schema „wenn
… dann“ basiert. Leider stimmt bei seinem Schluss erneut der letzte Teilsatz
nicht. Nämlich die Behauptung: „(…) das auf der anderen Seite als BGE
ausgeschüttet werden soll“ (Ebd.).
Tatsächlich müssen die beim BGE entfallenden Sozialleistungen nicht alleine
durch „erhöhte Steuern oder Abgaben (…) wieder reingeholt werden“, die von
Arbeitnehmer/innen im Sinne klassischer Erwerbssteuern – wie im derzeit noch in
der BRD üblichen kapitalistischen Steuersystem – von den Lohnerwerbstätigen bezahlt
werden, wie Ralf Krämer es in seinen Ausführungen unterstellt, weil er erneut ein
Gleichgewicht zwischen „entfallen und erhöhen“ suggeriert, indem personenbezogene
Steuerleistungen gegeneinander verrechnet werden. (Vgl. oben die Scheindialektik von „heiß und kalt“,
bzw. von „entfallen und ersetzen“ oder von „niedrig und hoch“, etc.).
Dass die Gewerkschaften nicht anders Denken können, haben sie mit der SPD und Olaf
Scholz gemeinsam, dem die utopische Vorstellungskraft fehlt, eine gut
funktionierende Gesellschaft auch als bloß kapitalistisch vorzustellen, nämlich
als sozialistisch - oder mit Karl Marx als kommunistische.
Der entscheidende Fortschritt in einer zukünftigen Besteuerung, die nicht
personenbezogen und daher frei von Erwerbtätigkeiten durchzuführen wäre, kann
man ziemlich unspekulativ bei Richard David Precht in seinem Buch: Jäger,
Hirten Kritiker (2018, 3. Aufl.) nachlesen. Das dort beschriebene Steuerkonzept
ergänzt die linke Modellrechnung des BGE nahtlos.
Precht fordert die Einführung von drei neuen Steuern, deren Progressionen Summen
erbringen, die unter einer kapitalistischen Pro-Kopf-Erwerbsarbeitssteuer unvorstellbar
wären. Die neuen ‚Steuern sind:
1.
Eine „Maschinenlaufsteuer“, die den einzelnen, arbeitenden Lohnabhängigen
von der bedingungslos kapitalistischen Erwerbstätigkeit entkoppelt und damit befreit.
2.
Eine „Transaktionssteuer“, die z.B. auf jede Börsentätigkeit einen kleinen Promillebetrag
erhebt, deren Aufsummierung Milliarden-Beträge generiert, die Umverteilt werden
können.
3.
Eine sog. „Datensteuer“, die jeden Benutzer von Daten und digitalen
Informationen verpflichtet für die Nutzung zu zahlen und nicht seine Urheber unentgeldlich
auszubeuten – wie bisher.
Allein die Einführung dieser drei Steuern (auf EU-Ebene oder weltweit) würden
Finanzmittel bereitstellen, die ausreichten das BGE einzuführen sowie weitere Ungleichheiten
zwischen Arm und Reich endgültig zu nivellieren! – Dies alles verschweigt Ralf
Krämer – aus welchen Gründen auch immer. Jedenfalls nicht, um das BGE in der
Version der Linken zu fördern.
Es liegt daher allein an der Linken aus den bestehenden Konzepten
tatsächlich etwas Neues und Besseres für die meisten Menschen politisch zu gestalten,
indem man, um bei diesem Beispiel zu bleiben, konsequent an der Einführung des
BGE festhält, denn es ist nirgendwo auch nur Ansatzweise widerlegt – außer bei Mutlosen
und Links-Schlappen.
Die abschließende Befürchtung von Ralf Krämer ist an Dramatik zwar kaum zu
übertreffen, geht aber dennoch sowohl an möglichen Realitäten als auch an einer
sozialistischen Utopie meilenweit vorbei:
„Politökonomisch und von den Kräfteverhältnissen im Kapitalismus her wäre im
Gegenteil zu befürchten, dass das Kapital ein BGE für die Zerschlagung des
bisherigen Sozialstaats, von Arbeitnehmerrechten und Tarifverträgen, sowie zur
verschärften Lohndrückerei nützen könnte. Die Forderung nach einem BGE erweist
sich damit als eine gefährliche Fehlorientierung, weil es in Wirklichkeit keine
soziale Basis dafür gibt und es sich im Kapitalismus zu Lasten der
Lohnabhängigen auswirken würde.“ (Junge Welt, ebd.)
Was sollen die „Konjunktive“ in diesem Satz? Wer hätte es denn in der Hand,
wenn nicht eine linksorientierte Realpolitik. Olaf Scholz zumindest steht hier
nicht für die möglicherweise auch fortschrittlichen Kräfte in der SPD, ebenso wenig
wie weite Teile der Gewerkschaft und einige Innerlinke Strömungen.
Da, wo „kapitalistische Kräfte“ gesellschaftliche Situationen zur „verschärften
Lohndrückerei nützen könnten“ (ebd.), ist die Linke zu schwach! Und zwar nicht
aufgrund einer (fehlschlüssigen) „Fehlorientierung“ innerhalb der Linken, die
das bedingungslose Grundeinkommen einfordern und auch umsetzen wollen, wie Ralf
Krämer fälschlich meint, sondern weil „es […] sich im Kapitalismus zu
Lasten der Lohnabhängigen auswirken würde“ (ebd.). –
Dieses letzte „es“ kann aber nicht das „bedingungslose Grundeinkommen“ in
Form der Berechnungen des linken Bundesmodells meinen, sondern nur die grundfalsche
Sichtweise des Kapitalismus selbst. Eine Sichtweise, die in sich widersprüchlich ist, und somit
das offensichtlich „Gute“ als „Fehleinschätzung“ darstellen muss, gerade weil
sie das ursprüngliche Votum der Befragten und also das "der sozialen Basis", wie wir oben
gesehen haben, in nur zwei Sätzen uminterpretiert und in das genaue Gegenteil
verkehrt. –
Also ein letztes Mal zur Erinnerung:
„Der MDR hat am 4. August [2020, J.V.] eine
Umfrage veröffentlicht, nach der eine knappe Mehrheit von 53 Prozent zu 43
Prozent ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) für sinnvoll hält“ (ebd.),
so der Einleitungssatz von Ralf Krämer in seinem Gastbeitrag in der ‚Junge Welt‘.
– Eben das ist ein Faktum, das "es" zu bedenken gilt!
Um es an dieser Stelle (auch einmal) glasklar zu sagen:
Es kann nicht angehen, dass hierbei auf Bundesebene herumgeeiert wird, indem Drohungen
ausgesprochen werden, z.B. Mitgliederentscheidungen über das BGE von Seiten des
Bundesvorstandes zu unterlaufen, (obwohl das Unterschriften-Quorum der BAG mehr als erfüllt ist!), um auf Bundesebene für mögliche
parteiübergreifende Koalitionen, (bei wohlmöglich) mehrheitlich gewonnener
Bundestagswahl zusammen von Linken, SPD und Grünen im kommenden Jahr, bereit zu
stehen. Nichts wäre fataler als diese Illusionen, denen auch Teile der
Gewerkschaft derzeit hinterherhängen. Es hat schon zu lange gedauert bis
immerhin Katja Kipping sich in letzter Zeit zunehmend auch für das BGE
ausgesprochen hat. Nichts, aber auch rein gar nichts spricht derzeit gegen eine
Einführung. Und dabei wurden die sog. „Corona-Umstände“ für Geringverdiener,
Künstler und Freiberufler, etc. noch gar
nicht erwogen, so wenig wie die lang gehegte "Millionärssteuer" der Linken zur Finanzierung
von ausstehenden, aber mehr denn je nottuenden (!) Umverteilungen von Oben nach
Unten. Die Eiführungen des BGE wäre hier freilich nur ein erster Anfang! Es gibt dazu eine Mehrhheit in der Bevölkerung (siehe oben) Die Sozialversicherungssysteme müssen komplett und grundlegend verbessert werden. Alterntaiven dazu aufzuzeigen und Vorschläge dazu auszuarbeiten ist die Aufgabe der Linken, um nicht weiterhin bei nur 8-9% des Wählervotums zu verbleiben. Sollte das nicht gelingen, wird es statt Wählerstimmen nur Mitleid geben - wie jetzt schon für die SPD.
Die Profilierung eines eigenen, linken Politikanspruch tut somit Not. Mit -
oder besser auch ohne - Olaf Scholz,
sollte er von seinen Parteigenossen*innen nicht auf ein eindeutig linkes Gleis
gesetzt werden können. Um die SPD muss sich an dieser Stelle allerdings keiner
bemühen!
Trier, den 23.08.20
Johannes Verbeek
(Mitglied in der LAG-BGE der Partei Die Linke; hier: in persönlicher Streitkultur)
Auch dieses Beispiel passt
ins Gesamtbild: Eine Verlaufsbeschreibung eines Engagements
Trier, den 17.08.20
Sehr geehrter Herr Neubert,
vor einigen Tagen las ich Ihren Artikel im Volksfreund vom 10.08.20 im Lokalteil zu Trier mit dem Titel: "Das ist ein komplett
neues Projekt geworden".
Diese Worte von Pascale Schubbe erstaunen mich nicht. Nur, wer
wohl politisch ziemlich naiv durch die Trierer Stadtpolitik läuft, wird darüber
überrascht sein können, was Bürgerbeteiligungen, wenn sie von der
Stadtverwaltung durchgeführt werden, leisten - und was eben nicht. Insofern
habe ich mich sehr früh aus diesem Verfahren zur Walzwerkbebauung in Kürenz
zurückgezogen, weil die damit zusammenhängen Verkehrsprobleme (Für den
Stadtteil Kürzen sowie insbesondere für die Avelsbacher Straße) - laut Aussagen
der Moderatorin für die Stadt Trier - zu
einem anderen Zeitpunkt (!) verhandelt und - wenn überhaupt (!) - gelöst werden
sollen.
Dass diese Einstellung für die Anwohner/innen der Avelsbacher
Straße unmöglich (!) ist, brauch ich Ihnen ja nicht erst erläutern, warten wir
doch schon seit mehr als 20 Jahren (!) auf eine nachhaltige Entlastung und
Lösung der Verkehrsprobleme, die sich von Jahr zu Jahr durch weitgehende
Bebauungen verschärfen.
Mein Brief in diesem Zusammenhang an den verantwortlichen
Baudezernenten der Stadt Trier, Herr
Ludwig, vom 16.06.2020, bleib bis heute übrigens unbeantwortet. Weder eine der im
Verteiler auch angesprochenen Parteien oder Fraktionen im Stadtrat, noch der TV
haben sich auf mein Anschreiben und in Bezug auf meinen „Anfragenkatalog“
gemeldet oder auch nur den Empfang des Briefes zurückgemeldet. - Dass ich
dieses Verhalten politisch als völlig unmöglich beurteile, muss ich Ihnen
gegenüber nicht eigens betonen - fehlt es hier doch an jeglicher Form von
Höflichkeit.
Aber nicht nur der politische Wille der Verantwortlichen in der
Stadt fehlt, sondern, neben der mangelnden Höflichkeit, besteht auch eine völlige
Missachtung der öffentlichen Pflicht, laut "Transparenzgesetz" des
Landes RLP aus dem Jahr 2015 (TranspG), betroffenen Bürger/innen Auskunft über
Entscheidungen in der Verwaltung sowie relevante Informationen aus dem Rat zu
erteilen. Da ich bis heute keinerlei
Rückmeldung von der Stadtverwaltung erhalten habe, habe ich soeben das
Kontaktformular des Verkehrsministeriums in Mainz
angeschrieben und die Situation, mit der Bitte um Sanktionierung gegenüber der
Stadtverwaltung in Trier, geschildert.
(siehe Briefe und Schreiben auf meiner homepage: johannes-verbeek.de; Button:
"20 Das Rote Tuch 20"). Auf Antworten warte ich bisweilen!
Allerdings habe ich auch eine Frage bezüglich Ihres oben
angesprochenen Artikels: Sie schreiben dort, dass mit einem zusätzlichen Verkehrsaufkommen
von "2500 zusätzlichen Autofahrten" (vgl. TV, ebd.) zu rechnen sei,
wobei - laut Ihrer Rechnung "1200 davon auf den südlichen Teil der
Güterstraße (entfallen)" (TV, ebd.). Dass dies ein ungemein hohes, zusätzliches
Verkehrsaufkommen ist, bedarf keiner Frage. - Allerdings verläuft der größere
Anteil (= 1300 Fahrten) laut Ihrer Rechnung offensichtlich woanders! Und das
ist das Interessante an Ihrer Information. Leider fehlt aber in Ihrem Artikel
die doch wohl naheliegende Frage, wo dieser „größere“ Verkehrsanteil denn
verlaufen soll!? Wo fahren diese Autos, durch welche Straßen wohlmöglich?
(Natürlich habe ich darüber meine Hypothesen. Diese müssen
freilich jedoch durch entsprechende Informationen durch Presse oder Verwaltung
bestätigt werden.)
Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diese, in Ihrem Artikel offene
Frage, kurz beantworten könnten.
Dass sich, wie Sie des Weiteren auch schreiben, die Verkehrsströme
"in einigen Jahren (sic!)" (TV, ebd.) verändern werden und zu
"anderen Verkehrsströmen führen werden“ (ebd.) als derzeit, hört sich für
unbedarfte Leser/innen immer sehr gut an, sofern keine bewertende Stellungnahme
mit diesen allzu allgemeinen Aussagen Ihrerseits verbunden ist. Diese
Zurückhaltung einer eigenständigen und unzweideutigen Positionierung durch eine
klare Aussprache Ihrer eigenen Meinung in Ihrem Kommentar ist bedauerlich,
passt aber in das allgemeine, oben beschriebene Verhaltensmuster öffentlicher
Ignoranz gegenüber bestimmten Themen von Seiten politisch verantwortlicher
Menschen in Trier.
Die tatsächlichen Erfahrungen der betroffenen Anwohner/innen mit
dieser seit über zwanzig Jahren verdrängten und nach wie vor ungelösten
Verkehrssituation zeugen aber von weitgehenden "Empörungen"
angesichts der Tatenlosigkeiten der politisch Verantwortlichen in Verwaltung und
Rat der Stadt.
Ich danke Ihnen und hoffe auf eine baldige Rückmeldung, wenn Sie
weitere Informationen über den ausgeblendeten Verkehrsfluss von immerhin 1300
Autos haben.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Johannes Verbeek
PS.
Obwohl ich Anhänger einer proletarischen Orthographie bin, habe
ich mich an dieser Stelle bemüht, lupenrein zu schreiben und den Text an
wenigen Stellen überarbeitet.
(21.08.20).
Kommentar zu einer grassierenden Unartigkeit in Trier
Von gewissen Menschen erwartet man aufgrund ihrer potentiell
professionellen Haltung auch die Wahrung eines moralischen Ethos‘, eben weil
sie eine besondere Berufsausbildung absolviert haben. So liegt es nahe, eine
Rückmeldung zu bekommen, wenn man eine Verwaltung angeschrieben hat, zumal,
wenn diese mit einem eigenen Kontaktformular die Kommunikation mit den Bürgern
geradezu sucht. Es ist jeden Tag höchst befremdlich ausgebildete
Berufskraftfahrer zu sehen, die mit ihren LKW (wohlmöglich noch mit Anhänger)
durch die engen Straßen brettern, dass die Häuser wackeln und man zur Seite
springen muss, um dem Sog zu entkommen, den sie durch die Häuserfronten auf die
Straße ziehen. Von einem ausgeprägten Berufsethos ist hier wie da keine Spur zu
erkennen. Nun sollten auch Journalisten, zumal wenn sie bei der ehemals
revolutionären Zeitung „Der Trierische Volksfreund“ schreiben, wissen, dass es
eigenartig anmutet, wenn „man“ einen Artikel geschrieben hat, der nebenbei auch
mit einem eigenen Kommentar und mit einer eigenen E-Mail-Adresse desselben
Reporters versehen ist, wobei „man“ dann so tut, als sei „man“ auch an der
Meinung eines Lesers interessiert, aber wenn der sich tatsächlich per E-Mail
meldet und Fragen zum Bericht stellt, mit keinem Wort antwortet – nicht einmal
nach sieben Tagen (!) und auch ohne sich für die Leser-Rückmeldung zu bedanken.
–
Was soll man von so einer Art von Ignoranz halten, die sich
stillschweigend und zunehmend in unserer Gesellschaft ausbreitet.
Fraktionen im Trierer Stadtrat, die eigentlich Bürgerinteressen
vertreten sollen und immer wieder groß tönen, sie würden bei ihren politischen
Entscheidungen im Rat den Blick für das große Ganze nicht verlieren, Antworten
nicht einmal mehr auf Anschreiben von besorgten Bürger/innen, in denen auf
(langjährige) Missstände vor Ort aufmerksam gemacht wird. –
Was sollen wir von so einer (Nicht-)Haltung mangelnden öffentlichen
Anstandes halten?
Nun, vorausgesetzt wir wären selbst ethisch-moralisch nicht von
Gestern, könnte man zusammen mit der Punk-Rock-Band „Die Ärzte“ ein kultiges
Liedchen anstimmen, das dafür berühmt ist, gewisse, „unsägliche Haltungen“ in der heutigen
Gesellschaft als das zu bezeichnen, was sie auch ausdrücken, indem „man“ des
Geistes Kind tatsächlich beim Namen nennt: “Arschloch!“ –
Immerhin kann der
wissende Ethiker sich beim Gebrauch dieses „Ausdrucks“ auch auf den renomierten
Ethiker Ted Honderich berufen, der in seinem Buch „Nach dem Terror“ aus dem
Jahr 2003, diesen Begriff als einen „genuin ethischen Begriff“ beschrieben hat,
indem er auf verschiedene Beispiele hinweist, wo er das moralische Urteil fällte,
„wir haben sie [unschuldige Menschen, J.V.] sterben lassen, wie die Fliegen.“
(Ebd., S.136). Dieses Beispiel diente ihm (zuvor schon) zu der fragenden, aber ethischen
Feststellung: „Wer hat sich durch sein bisheriges Leben als ‚Arschloch‘ (sic!)
erwiesen?“ (ebd., S. 64). – Ja, das frage ich mich tagtäglich auch in Trier! –
Und Honderich antwortet mir abermals: „Wir wissen [das] doch alle (oder etwa
nicht?) …“ (Ebd., S.136)! – Ja, aber offensichtlich, einige auch nicht.
Und genau hierin liegt das Problem: Nichtwissen und überhebliche
Ignoranz lassen vor allem verantwortliche Menschen in den Medien und in der
Politik blind werden, vor allem dann, wenn sie nur Augen für ihr Klientel
haben. – Jeder unliebsame Gedanke wird dann verdrängt und für „nicht wirklich“
erklärt, denn „man“ selbst ist ja nicht persönlich verantwortlich für
Situationen, die „man“ selbst aber entweder durch eigene Entscheidungen im Stadtrat
politisch mehrheitlich herbeigeführt oder sogar abgelehnt hat - wohlwissend,
dass man keine eigene Mehrheit hatte und somit notwendig überstimmt werden
würde. - Hat „man“ so sein Gesicht gewahrt?
Aber, was soll’s. Wo keiner persönlich Hinblickt, ist auch politisch
kein Missstand zu sehen! Und also gibt es keine wirklichen Probleme, außer für
unverbesserliche Querulanten, die es gilt, öffentlich und auch politisch mundtot
zu halten! - Dagegen kann „man“ sich
wieder mehrheitlich guten Gewissens überparteilich zusammentun, mit dem
Vorteil, dass alles beim Alten bleiben kann und auch bleiben soll. Der ‚status
quo‘ bleibt gewahrt.
Ja, so sehen gerne auch Verschwörungstheorien aus! Wäre da nicht
der Unterschied, dass „man“ – und das heißt hier, jede/r, der ein Wissen hat! –
selbst urteilen können kann, indem er/sie die „ignoranten“ und
„selbstgefälligen“ Menschen (- die nicht antworten, zu schnell fahren, Entscheidungen
nicht umsetzen, Tätigkeiten verschieben, etc.) einfach beim NAMEN nennt - und sie
auf ihr widersprüchliches Fehl-Verhalten, wenn nötig auch wiederholt und öffentlich,
anspricht. Diesen Mur bringen wir seit Jahren auf, zur Not auch sehr
persönlich.
Kein Mensch ist unfehlbar. Aber die hier angesprochen, politisch
Verantwortlichen neigen aus verzweifelten Selbsterhaltungstrieben an
politischen Entscheidungsgewalten und Machtausübungen dazu festzuhalten und keine
Einsicht in die selbstredend vernünftigsten Haltungen und Handlungen zu haben.
Quasi betriebsbilde Eingebildete.
So zeigt die Einsicht in den klaren Menschenverstand tatsächlich,
dass eine „körperliche Unversehrtheit“, wie sie im Grundgesetz verbürgt ist,
dass Schutzmaßnahmen gegenüber (auch nur wenigen) Anwohner/innen in gewissen
Straßen vor Lärm- und Verkehrsschadstoffen aller Art, politisch-pragmatischen
Vorrang haben müssen, vor dem (von vielen) gewünschten zügigen
„Verkehrsfluss“ durch vielbefahrene
Straßen, wie z.B. der ca. 800 Meter langen Avelsbacher Straße! Allerdings – und das erstaunt hier weit
weniger - ist nicht jeder Stadtrat oder jede Stadträtin zu dieser einfachen
ethischen Einsicht und Argumentation fähig.
Erst ein Artikel im TV vom 25.05.2020 berichtete von einer
Stadtratssitzung im Nachbarort von Trier, Schweich, darüber, dass sich eine
Mehrheit im Schweicher Stadtrat dafür aussprach, aufgrund der
„gesundheitsgefährdenden“ Lärmbelästigungen der Anwohner/innen an der
Landstraße L144, die quer durch den Ort Schweich führt, auf der gesamten Straßenführung
durch die Stadt, Tempo 30 einzuführen. Der Stadtrat in Schweich entschied sich
für diese verkehrspolitische Maßnahme, obwohl es eine Landesanordnung gibt, auf
die sich dagegen die Stadt Trier wiederholt beruft, um keine Temporeduzierung
z.B. in der Avelsbacher Straße einführen zu müssen. Die Landesverordnung besagt
offensichtlich, auf Landstraßen in RLP dürfe keine Geschwindigkeit unter 50 kmH
angeordnet werden – eben aufgrund des „zügig angestrebten Verkehrsflusses“, der
auf Landstraßen erreicht werden solle. Differenzierende Maßnahmen gäbe es laut
Landesgesetzgebung hier nicht, so die schriftliche Stellungnahme der
Stadtverwaltung in Trier. –
Was soll man als betroffener Anwohner einer der vielbefahrensten
und wegen des dortigen sog. „Tunneleffekts“ auch lärmbelässtigsten Straßen in
Trier zu diesem seblstwidersprüchlichen Umstand sagen? -
(Denn: es gibt auch zahlreiche, nachweisbare Ausnahmen dieser Landesregelung
auf ländlichem Gebiet und vor dem Rückbau der Avelsbacher Straße für die
Landesgartenschau 2000 sogar in dieser Straße selbst: Jahrzehnte galt auch hier
Tempo 40!)
Offensichtlich fehlt es auch hier an einer angemessenen
ethisch-moralischen Haltung der verantwortlichen Politiker/innen in Land und
Stadt, eine für die Anwohner/innen akzeptable Lösung für die jetzt schon seit
über zwanzig Jahren andauernde „gesundheitsgefährdende“ (so das OVG-Koblenz,
2005) Verkehrsschadstoffsituation herbeizuführen. Dabei wäre der Wunsch der
Anwohner/innen, auf den ca. 800 Metern in der Avelsnacher Straße das Tempo zu
reduzieren, um dadurch ziemlich effektiv die anhaltende Lärmbelästigung bei ca.
27000 bis 29000 Autos, LKW, Busse und Motorrädern pro Tag erheblich zu
reduzieren – auch und gerade in den Abendstunden! –
Hier aber tut sich aber nichts, weil kein verantwortlicher
Politiker oder Verwaltungsangestellter etwas praktisch „Revolutionäres“, d.h. Veränderndes,
durchführt. – Nichts! Seit über 20 Jahren: Nichts! –
Nichts - außer: eine beständige Zunahme des Verkehrsflusses durch
weitereichende neue Bebauungsgebiete oberhalb der Avelsbacher Straße, deren
Baumaßnahmen bis dato noch nicht abgeschlossen sind und regelmäßig für
zusätzlichen Baustellenschwerverkehr sorgen. So z.B. auch bei der neuesten
Erschließung des Burgunderviertels oder des ehemaligen Walzwerkes in Kürenz.
Hier wird ein zusätzliches Verkehrsaufkommen von „700“ Fahrzeugen, laut
Verwaltungsvorlage, erwartet. Tatsächlich wird aber mit bis zu „1300“
Fahrzeugen offiziell gerechnet. Die letzte Zahl ergibt sich aus einer Rechnung,
die der Autor des oben erwähnten Artikels im Trierischen Volksfreund, Herr
Neubert, zwar selbst nicht durchführt, aber, indem er die Zahl von „2500
zusätzlichen Autos“ (TV, ebd.) benennt, wovon – laut seinem Bericht – „1200
Autos“ durch die „Güterstraße“ (ebd.) führen werden, ergibt sich unschwer eine
weitere, aber tatsächlich nicht ausgesprochene Zahl an weiteren Autos, die – so
meine Hypothese - von den Anwohner/innen in der Avelsbacher Straße – ohne Worte
- und anderswo geduldet werden sollen müssen! Das wären summa summarum zusätzlich
13oo Autos, wie sich aus dem TV-Bericht unschwer erschließen lässt. – 1300
zusätzliche Autos, von denen aber im Artikel mit keinem Wort geredet wird!
Damit wäre ich zurück beim ursprünglichen Thema der
Bürger-Information durch Kommunikation von Seiten der Stadtverwaltung, der
Politiker/innen und der Medien: hier des TV.
Herr Neubert beklagt zwar dieses Verkehrsaufkommen von „1200 Autos
für die Güterstraße“, unterschlägt aber die etwas „größere Zahl“ von „1300
Autos“, die sich im nirgendwo befinden – sollen sie nicht auch durch die
Avelsbacher Straße fahren, was wir Anwohner/innen begründetermaßen befürchten! –
Was sollen wir denn nun von diesem medial unterschlagenen und
politisch gewollten Umständen halten?
Diese Frage sollten die oben erwähnte Anfragen bei dem zuständigen
Dezernenten der Stadt Trier, Herr Ludwig, zunächst abklären, bevor dann weitere
Maßnahmen in der Straße beantragt werden. So z.B. eine Schadstoffmessung vor
Ort – und, sollte diese die zulässigen Schadstoffwerte überschreiten, des Weiteren
eine Beantragung eines „Dieselfahrverbotes“ durch die Straße nach Vorlage der „Deutschen
Umwelthilfe e.V.“ – Das Verkehrsministerium in Mainz ist informiert.
Wieviel einfacher wäre vor diesem Hintergrund doch die Einsicht,
die die „Schweicher Stadträte“ schon längst formuliert haben (siehe oben), nämlich
die Einführung von Tempo 30 auch auf einem ca. 8oo Meter langen Teilstück der
Landstraße in Trier-Kürenz, die eh schon zum erweiterten Innenstadtbezirk zu
rechnen ist?!
Aber: Die politische Wirklichkeit ist oftmals verrückter, als man
zu tatsächlich zu glauben geneigt ist. Es fehlen verlässliche ethische Maßstäbe
auf allen politischen Ebenen, die „Betroffenen“ gütig weiterhelfen. Davon mögen
die oben erwähnten Umstände nur ein (unbedeutendes) Beispiel sein, das aber
dennoch seiner Lösung bedarf.
Dr. Johannes Verbeek
(21.08.20)
Jenny-Marx-Gesellschaft Trier: Unterstützung zur Einführung eines "Bedingungslosen Grundeinkommens"
Schon vor einem Jahr, genau am Mittwoch, den 19.06.20119, hatte die Jenny-Marx-Gesellschadt Trier (jmg) in der vierten Vortagsreihe in das Gasthaus Ternes (TR-Kürenz, Domänenstraße 57) eingeladen.
Wir freuten uns damals, die Sprecherin
der Bundesarbeitsgemeinschaft für das Bedingungslose Grundeinkommen bei den
Linken (seit 2005) Edith Preiss begrüßen zu dürfen. Ihr Vortrag
fand unter dem Titel statt:
Das Bedingungslose
Grundeinkommen - finanzierbar, emanzipatorisch und gemeinwohlfördernd
Die Diskussion um das Bedingungslose Grundeinkommen wurden und werden zur
Zeit nicht nur in Deutschland, sondern europaweit geführt. Insbesondere werden die
äußerst positiv verlaufenden Projekte in Namibia und Indien gewürdigt, die bisher
durch die UNO finanziert werden.
In der BRD - und hier vor allem auch in Trier - geht es vor allem um die Beseitigung
von verdeckter Armut sowie um die Debatte über eine weitere Demokratisierung aller
Bereiche der Gesellschaft und Wirtschaft durch gezielte Umverteilung der Einkommen.
Nicht nur die Frühsozialisten wie u.a. Charles Fourier, sondern auch Erich Fromm und Andre Groz setzten
sich immer wieder für die Einführung eines solchen Grundeinkommens ein.
Obwohl schon zahlreiche Beschlüsse der Linken zum
Grundeinkommen vorliegen (z.B. 26. Okt. 2013 Erfurt, Parteiprogramm zur Bundestagswahl sowie zur
Europawahl 2014) gehen die Meinungsbildungsprozesse innerhalb der Linken bisher
noch quer durch die eigenen Reihen.
Diese Veranstaltung hat zu einer Meinungsbildung nicht nur innerhalb
der Linken, sondern auch über die Reihen der Linken hinaus, beigetragen, indem konkrete
Vorschläge zur Finanzierung des Bedingungslosen Grundeinkommens präsentiert und
erläutert werden konnten. (z.B. auch eine erste (!) Modellrechnung zu einer bundesweiten Finanzierung des BGE in Höhe von 1200€.)
Die anschließende Diskussion konnte dazu genutzt werden,
Missverständnisse aus der kontroversen Debatte heraus zu nehmen und über die größtmöglichen
Vorteile des BGE aufzuklären.
Moderiert wurde die Veranstaltung durch Dr. Johannes Verbeek,
dem Koordinator der Jenny-Marx-Gesellschaft in Trier.
An dieser Stelle sollen in Zukunft weitere Beiträge zum "Bedingungslosen Grundeinkommen" (BGE) veröffentlicht werden, bzw. auf aktuelle Veranstaltungen und Projekte hingewiesen werden, so dass eine breite Aufklärung stattfinden und möglichst viele BefürworterInnen für diese herausragende und bahnbrechende Idee gefunden werden. - Vor allem die wirtschaftlichen Aspekte, die durch die Coronaausgaben der Bundesregierung getägtigt wurden, können vor dem BGE kritisch diskutiert und u.a. in eine sozialverträglichere Richtung revidiert werden.
Die Jenny-Marx-Gesellschaft in Trier wird in diesem Herbst ihren thematischen Schwerpunkt auf das Thema BGE legen. Trier, den 19.08.20
Dr. Johannes Verbeek (Koordinator der jmg in Trier)
Erste Hinweise:https://grundeinkommen-es-ist-zeit.com/2020/07/07/es-ist-hoechste-zeit/ Sowie:Europäische Bürgerinitiative (EBI) "Start bedingungsloses Grundeinkommen in der gesamten EU" Unterschriftensammlung Sowie:Projekt BGE Kenia:Die Einführung eines BGE in Kenia ließ die Wirtschaft in Kenias Dörfern boomen. In 10.500 Haushalten wurden durch private Spenden finanziert je 1000 Dollar ausbezahlt. Jeder investierte Dollar ließ die Wirtschaft dort um 2,6 Dollar wachsen. Die gesamte Bevölkerung profitierte von dieser Aktion.
Derzeit Aktuell:Teilnehmer/innen für eine Studie (über drei Jahre) zu den Auswirkungen des Bezugs eines BKE von 1000€ gesucht. Auch wird wird das Geld bisweilen über Spenden finanziert. Jede Frau und Jederman kann teilnehmen. Wer das BGE für drei Jahre allerdings bekommt, wird ausgelost. Kritik üben ist hier eine Pflichtsache! Nächster Termin 10.11.2020 um 18.00 Uhr - für registrierte Teilnehmer/innen. Hierzu der Link: Mein-grundeinkommen.de
Bemerkung: Das "Linke" Finanzierungsmodell (und ein weiteres, durchgerechnetes Modell gibt es zur Zeit nicht!) hebt sich natürlich von einem nur privat finanzierten Versuchsmodell erheblich wohltuend ab, weil hier soziale, ökologische und gesamtwirtschaftliche Aspekte ineins mitbedacht werden können!Das Problem bei den "Linken" besteht jedoch in Unfähigkeit, ein sehr gutes BGE-Modell - wie soi oft auch bei anderen Themen - durchzusetzen, bzw. durch parteiinterne Uneinigkeiten und Revalitäten gegen die Wand zu fahren, weil man sich parteiintern nicht einigen kann. In diesem Fall des BGE bedeutet das: Das BGE muss gegen die Mehrheit des Bundesvorstandes von den Parteimitgleidern durchgesetzt werden. Ein bedauerlicher Zustand, weil er wiederholt von mangelnder politischen Weitsicht des Vorstandes zeugt. - Das sage ich bewußt - auch und vor allem hier als meine Meinung - vor dem Hintgrund, als langjähriges und aktuelles Mitglied in der "Landesarbeitsgruppe der Partei Die Linke zum BGE" mitzuarbeiten. -
Literatur: Unser Konzept eines bedingungslosen Grundeinkommens. Finanzierbar, emanzipatorisch, gemeinwohlfördernd. Mit einem Vorwort von Katja Kipping, Hersg: Bundesarbeitsgemeinschaft Grundeinkommen in und bei der Partei Die Linke, Berlin, 2017, 5.Aufl. (20.08.20)
Kommentar zum Artikel im TV vom 13.08.13: Plädoyer für
eine autofreie Römerbrücke
Es macht sich ziemlich gut, wenn der TV mit einem großen
Foto quer über die Seitenbreite der Zeitung sowie mit einem ausführlichen
Bericht auf eine Aktion der Grünen u.a. aufmerksam macht. Allerdings kann ich
nicht umhin, diese Aktion als bloße Symbolpolitik zu kritisieren. Nicht, dass
die Idee einer autofreien Römerbrücke schlecht wäre. Aber diese Aktion bewirkt politisch
rein gar nichts, außer einem naiven Event, bei dem sich die junggebliebenen
Agenten gegenseitig auf die Schulter klopfen können, denn man habe ja enormen
Widerstand geleistet – gegen Wind und Wetter. Man sei nicht eingeknickt vor dem
heftigen Regenschauer und „sich die Stimmung nicht verderben lassen“ (TV,
13.08.20), wie Rainer Neubert vom TV am Ende feststellt.
Ja, gleiches Engagement der Grünen (und anderer Parteien) hätten
sich die Anwohner/innen der Avelsbacher Straße in Kürenz schon seit über
zwanzig Jahren gewünscht. Auch dort gibt es Stadtratsbeschlüsse über Verkehrsentlastungen,
die allerdings schon etwas älter als bloße 5 Jahre wie in Bezug auf die
Römerbrücke sind, die jedoch von der Verwaltung ebenso wenig umgesetzt wie von
den übrigen Fraktionen im Trierer Stadtrat vorangetrieben werden.
Hätte man je ca. 100 grüne Aktivistinnen (und andere) mitten
auf der Avelsbacher Straße gesehen, die für das seit Jahrzehnten von den
AnwohnerInnen geforderte Tempolimit auf 30 kmH in der Straße demonstrierten?
Hätte sich der mobilitätspolitische Sprecher der Grünen, Ole Seidel, der zugleich
auch Ortsvorstehen in Kürenz ist, je auf diese Weise zu seiner „anderen Meinung“
(TV, ebd.) gegenüber dem Baudezernenten Herrn Ludwig und seiner Vorgängerin im
Amt, Frau Käs-Torchiani, (beide CDU) öffentlich geäußert und zu einem Happening
in der Avelsbacher Straße eingeladen, um so für eine Verkehrsberuhigung zu
protestieren? Und hätten wir letztendlich je von dem Ortsvorsteher in
Trier-West, Herrn Bernhard Hügle, zu hören bekommen, „dafür zu plädieren, das
Vorhaben [einer Verkehrsentlastung, J.V.] nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag zu
verschieben“ (TV, ebd.)? – Nein! Das haben wir noch nie!
Offenbar interessiert die Grünen – wie auch die anderen
Fraktionen im Stadtrat – nicht, ob ihre Beschlüsse von der Veraltung zeitnah
umgesetzt werden oder nicht. Ja, nicht einmal, dass eine „Verkehrskatstrophe noch
nicht eingetroffen ist“ (TV, ebd.) – wie es in Bezug auf die viel befahrene Römerbücke
heißt, lässt die Umweltagenten in der Avelsbacher Straße aufmarschieren, obwohl
hier schon seit 2005 vom Oberverwaltungsgericht in Koblenz aktenkundig festgestellt
wurde, dass die Verkehrssituation in der Avelsbacher Straße ohne Zweifel „gesundheitsgefährdend“
! (OVG-Koblenz, 2005) sei.
Wer hätte in den letzten fünfzehn Jahren einmal die
Fraktionsvorsitzende der Grünen, Frau Anja Reinermann-Matatko, im Stadtrat eine
flammende Rede für verkehrsberuhigende Sofortmaßnahmen in der Avelsbacher
Straße reden gehört? Ja, man müsse das Ganze der Stadt im Auge behalten! Klar,
aber dazu gehört auch eine Verkehrsentlastung der Avelsbacher Straße – und nicht
nur Engagement für bevorzugtes und verkehrsberuhigtes Wohnen auf dem Petrisberg
und darüber hinaus – während die Avelsbacher Straße leider als bloße Durchfahrtsstraße
für alle LKW und Dieselkraftfahrer angesehen wird!
Warum setzten die Grünen (und Andere) sich bisher nicht
dafür ein, ein generelles „Dieselfahrverbot“ nach dem Vorbild der „Deutschen
Umwelthilfe e.V.“ in der Avelsbacher Straße durchzusetzen, weil die
Schadstoffbelastung dort ein Ausmaß erreicht hat, dass festgelegte Grenzwerte
aufgrund des immer weiter anwachsenden Verkehrsaufkommen über die zwei Jahrzehnte
„gesundheitsgefährdend“ (OLG-Koblenz, 2005) überschreitet? –
Ja, es macht schon
einen großen Unterschied, „wofür“ man sich politisch „wann“ einsetzt – oder auch nicht!
Mitunter ist die umweltpolitische Glaubwürdigkeit gänzlich dahin, wenn den grünen
Worten keine Taten folgen! Und das gilt freilich auch für die übrigen Fraktionen im Trier Stadtrat: Leere Worte und bloße Symbolpolitik wird von den Anwohner#innen in der Avelsbacher Straße nicht mehr geduldet. Wir kämpfen hier nicht gegen einen "heftigen Regen" (TV, ebd.), sondern um eine lebenswerte Verkehrpolitik für alle (!), seit über zwanzig Jahren!
Und was ist mit der "revolutionärsten Linken" in Trier? Sie tritt hier nicht in Erscheinung. Lieber geht sie in Begleitung und zu Fuß durch den Stadtteil. Auch das ist eine ungemeine Reduzierung des Verkehrs, wenn auch ebenso naiv. (18.08.20)
Kurz mitgeteilt Bis heute habe ich werder eine Reaktion der verschiedenen Parteien im Trier Stadtrat, noch eine offizielle Bestätigung des Erhalts meines Briefes bzw. meines Antrags vom 16.06.2020 durch den zuständigen Dezernenten Herrn Ludwig erhalten. Dem zuständigen Dezernenten, Herrn Ludwig (CDU) hatte ich den Brief eigenhänig in den Briefkasten des Trierer Rathauses gesteck, nachdem ich ihn einen Tag zuvor an den Trierischen Volksfreund (TV) sowie an alle Fraktionen im Stadtrat per E-Mail versandt hatte. Einzig der Ortsvorsteher von Trier-Kürenz, Herr Ole Seidel (Die Grünen), meldetete sich auf meine Mail hin mit der Zusage, den Brief auf einer der nächsten Ortsbeiratssitzungen in Kürenz ansprechen zu wollen. Ob das bisher geschehen ist, weiß ich nicht, denn auch hier habe ich eine Rückmeldung bis heute nicht erhalten.
Auf dem offiziellen Kontaktformular der Stadt Trie schrieb ich dem Dezernenten der Stadt Trier für das Bauwesen, Herrn Ludwig, am 16.06.2020, und bat, um eine Rückmeldung seinerseits. Der Inhalt des Briefes besteht aus 16 Informations-Anfragen an die Stadtverwaltung bezüglich der seit über 20 Jahren andauernden, aber nach wie vor ungelösten, Verkehrsproblematik in der Avelsbacherstraße, worüber ich den Dezernenten sowie alle politisch Verantwortlichen erneut aufmerksam machen wollte. - Wie gesagt, kam bis heute keine einzige Antwort.
Dieses Verhalten verärgert und ist nicht tolerierbar! Denn seit dem 27.11.2020 gibt es ein sog. "Landespransparenzgesetz" (LTransG) in RLP, dass alle Behörden verpflichtet, Entscheidungen, Daten und andere Informationen binnen eines Monats interessierten oder - in meinem Fall - sogar betroffenen Bürger/innen zur Verfügung zu stellen. - Das wurde bisher - und zwar von allen politisch zuständigen Stellen (!) - unterlassen. Besonders aber von der auskunftspflichtigen Trier Stadtverwaltung.
Dass mein Anliegen u.U. brisant ist für alle politischen Entscheidungsträger/innen und auch für große Teile der Trierer Bevölkerung (auf dem Petrisberg und anschließenden, neuen Baugebieten), die individual-verkehrsmäßig in Trier und in der Avelsbacher Straße unterwegs sind, ist unbestritten.
Mit einem Wort geht es in dem Breif bzw. in dem formulierten Antrag um die Möglichkeit, in der Avelsbacher Straße Tempo 30 einzuführen, was wegen einer Landesgesetzgebung, laut Stadtverwaltung in Trier, nicht durchführbar sei. Allerdings in der Nachbarstadt Schweich von den politsch Verantwortlichen erst küzlich beantragt und mehrheitlich eingeführt werden soll - aber nicht in Trier! Sodann geht es Abgas- und Schadstoffmessungen aller Art vor Ort in der Avelsbacher Straße und - wenn die, wie erwartet (!), die zulässigen Grenzwerte überschreiten, um einen offiziellen Antrag für ein "Dieselfahrverbot" in der Avelsbacher Straße in Trier nach dem Vorbild der "Deutschen Umwelthilfe e.V.".
(Siehe meinen Brief und mein Anliegen weiter unten auf dieser Homepage im Wortlaut.) Meinen Anfragen und meinem Anliegen werde ich natürlich weiterhin auch vermehrt Nachdruck verleihen, indem zunächst das Verkehrsministerium in Mainz informiert und zu Sanktionsmaßnahmen in Trier aufgerufen wird, wegen der Mißachtung des "Transparenzgesetzes" (LTransG). Ausdrücklich behalte ich mir - zusammen mit anderen Anwohner/innen - den Rechtsweg ausdrücklich vor, sollten weiterhin keine politischen Reaktionen (Bestätigung des Erhalts der Anfragen und des Antrags) bzw. Verwaltungsmaßnahmen (Tempo 30) binnen 10 Tagen erfolgen.
gez. Dr. Johannes Verbeek, Trier den 13.08.20
Ein ARTIKEL zum Nachdenken von Rüdiger Rauls: (Altlinker und Weggefährte in der AG: Die-Linke-Stadtpolitik-Trier)
(Der Artikel gibt die Meinung des Autors wieder und nicht (ausschließlich) die des Herausgebers.)
Westliche Werte als Rohrkrepierer
Seit Jahrzehnten missbraucht der Westen die
Menschenrechte für seine politischen und wirtschaftlichen Interessen. Nun
drohen gerade die sogenannten westlichen Werte, die eigenen Gesellschaften von
innen aufzulösen.
Stolpersteinverlegung Kulturverein Kürenz e.V. 2020 Vorraussichtlich
werden am 26.10.2020 ca. 22 Stolpersteine (Teil II der Gedenkarbeit für
ehemlige Schüler/innen der Nachfolgegymnasien MPG und HGT in Trier) in
der Böhmerstraße, dem ehemaligen Standort, von Gunther Demnig verlegt.
-Der nähere Ablauf (Programm und Uhrzeit) der Gedenkveranstaltung wird
noch bekanntgegeben. (08.08.20)
Maßstäbe
verschoben
Wenn man
sich die zahlreichen Motorraddemos in den letzten Tagen (04./05.07.20) ansieht,
die gegen ein Sonntagsfahrverbot in gewissen Regionen und Eifeldörfern, etc. zu Recht (!) demonstrieren, dann wird man wohl
sagen müssen, hier haben die verantwortlichen Politiker/innen mal wieder das gut
geschüttelte Maß verloren.
Sogar Landesregierungen - darunter auch RLP -
unterstützen die Forderung einiger Bürger/innen, die sich an zwei Tagen am
Wochenende in ihrer Ruhe derart „lärmgestört“ fühlen, so dass sie gegen eine
motorisierte Minderheit (!) Fahrverbote ausgesprochen wissen wollen. - Und
erstaunlicher Weise haben die Politiker/innen dafür ein schnelles und großes
Ohr.
Welch ein
Wahnsinn!
Wenn man
gegen den Lärm von (einigen!) Motorrädern etwas tun möchte, dann sollte man die
TÜV-Bedingungen verschärfen und auch durch Lärmmessungen und Kontrollen streng
einhalten, so dass röhrende Motorräder (besonders diejenigen einer gewissen
US-amerikanischen Modemotorradmarke) von vorneherein verunmöglicht werden. Das
kann man ohne großen Aufwand sofort machen, denn diese Maßnahme wirkt sofort und
nachhaltig. Punkt!
Dagegen könnte
man allerdings meinen, die verantwortlichen Politiker/innen und ländlichen
Pilzsucher/innen, die zum Wochenende verschärfte Ruhe an zwei Tagen für ihre
Dörfer fordern, wären noch nie an innerstädtischen Orten gewesen, die nicht nur
an zwei Tagen (!) in Woche (!) Lärmdurchschüttelt sind, sondern seit mindestens
20 Jahren an 7 Tagen in der Woche (= 7300 Tagen) „gesundheitsgefährdend“ (vgl. Urteil
OLG-Koblenz, 2003) wohnen müssen (sic!) , wie z.B. in der Avelsbacher Straße in
Trier-Kürenz.
Hier fahren bis
zu 29.000 Autos, LKW, Busse und einige, wenige Motorräder (!) täglich (sic!) durch
die eng bebaute Straße mit sog. Tunneleffekt, der besonders lärmsteigend wirkt! –
Hätte sich
hier je schon einmal eine „Politiker/in“ oder eine Pilzesammler/in über fehlende
Ruhe im Wald bzw. in der Stadt beklagt? -
Ich kann mich wirklich nicht daran
erinnern, dass aufgrund dieser tatsächlich vorhandenen, allgemein bekannten und
skandalösen Verkehrsproblematik in der Avelsbacher Straße in Trier-Kürenz
jemals eine Pilzesammler/in oder eine Politiker/in auf allen Ebenen, bis hin
zur Landesregierung (!), ein „Fahrverbot“ (sic!) gefordert oder ausgesprochen oder
auch nur angedacht hätte!? – Also frage ich mich: Warum eigentlich nicht?
Warum wird
in der Avelsbacher Straße nicht einmal Tempo 30 eingeführt, wenn auf der
anderen Seite für Anwohner in Eifeldörfern, die sich zeitlich gegrenzt im
Sommer an ganzen zwei Tagen in der Woche unzumutbarem Motorradlärm ausgesetzt
fühlen? – Hier stimmen die Verhältnisse ganz und gar nicht.
Statt ein
landesweites „Fahrverbot“ für Motoräder einführen zu wollen, sollte die
Verkehrsordnung des Landes einmal überarbeitet werden, die zur Zeit – nach Angabe
der Stadtverwaltung der Stadt Trier (März, 2020) – eine Reduzierung auf Tempo
30 auf „Landstraßen“ generell untersagt, wenn es sich um eine vielbefahrene (!)
Durchgangsstraße (!) in der Stadt handelt. – Welch eine schräge „Plizesammler/innen-Logik“?
Klares und
vernünftiges Denken sieht in der Tat anders aus und damit auch eine den Bedürfnissen der
Betroffenen Bürger/innen in Land und Stadt angemessene Verkehrspolitik!
Wie lächerlich die Landespolitik in dieser Sache ist, zeigt zum Schluss der folgende Vergleich: Während zur Lärmreduzierung auf dem Lande "Motorradfahrverbote" locker-flockig erwogen werden und umgesetzt werden sollen, SCHREIT die gleiche Landesregierung in RLP - sowie zahlreiche Kommunalpolitker/innen vor Ort - LAUT AUF, wenn es darum geht, "Dieselfahrverbote", die die "Deutsche Verkehrshilfe e.V." gerichtlich erstritten hat, um sowohl Lärm- als auch Abgaswerte in den Innenstadten zu reduzieren, ordnungsgemäß umzusetzen. - Das geht gar nicht! - Ja, warum denn nicht?
Hier geht die Schere durch den Kopf so macher Pilzesammler/in! - Dröhnt euch mal die Köppe zu und macht gescheite Politik! (06.07.20)
PS.Mein eigenes Motorrad (Suzuki Intruder VL 1500) wurde von den Mitarbeitern des TÜF in der Kürenzerstraße in Trier ausdrücklich als außerordentlich "leises Gefährt" gelobt!
"School's out forever ..." - Alice Cooper's Hit von 1972 wird heute 2020 um 13.00 Uhr wirkliche Wirklichkeit! Die größte Herausforderung an diesem Tag wird wohl ein Kasten Bier sein. - Keine Träne! - Pilo! (03.07.20)
Das Paradoxon Herrlich! Die Straße ist verstopft und es herrscht Ruhe. - Wer hätte das gedacht: Zuviel Verkehr ist kein Verkehr. Corona ist vorbei: Nicht gilt mehr: Bleibt Zuhaus! Nein! Setzt euch in die Karre und fahrt los. Wir verstopfen jetzt die Avelsbacher Straße! Ja, Danke schön! (23.06.20)
Trier, den 22.06.20
Sehr geehrte Damen und Herren,
leider hat sich der Baudezernent der Stadt Trier, Herr Ludwig, auf
meine Anfrage vom 16.06.20, die ich im offiziellen Antragsformular
der Stadt an ihn gestellt hatte, noch nicht zurückgemeldet. Daher
gehe ich den umgekehrten Weg zuerst über die Fraktionen und die
Presse.
Ich habe als Anwohner der Avelsbacher Straße 16 Fragen zur
Verkehrsituation in der Avelsbacher Straße formuliert, die in einem
Antrag an die Stadt Trier münden: 1. Als Sofortmaßnahme Tempo 30 in
der Avelsbacher Straße einzuführen. 2. Eine punktuelle
Schadstoffmessung vor Ort über einen längeren Querschnittszeitraum
durchzuführen, um Verkehrskonsquenzen rechtlich zu ermöglichen.
Zur Begründung in aller Kürze:
Wie der TV berichtete (TV 25.0520) hat der Stadtrat in Schweich
beschlossen die dortige Landesstaße 141 mit Tempo 30 zu belegen,
aus Lärmschutzgründen, die gesundlichen Vorrang vor dem Anliegen
eines zügigen Verkehrsflusses durch die Hauptdurchgangsstraße
hätten. Ein gleiches Anliegen wurde und wird bisher von der Stadt
Trier für die Avelsbacher Straße abgelehnt. Der Grund: Sie sei eine
Hauptverkehrsachse und unterliege als Landstaße 144 nicht der
Einflußnahme der Stadt Trier, der diesbezüglich die Hände gebunden
seien. Das erstaunt doch sehr. Zumal jetzt selbst die
Landeshauptstadt Mainz eine komplette Querachse durch die Innstadt
mit Tempo 30 belegt, obowhl dies auch eine Hauptverkehrsachse ist.
Der Grund hier: Man will in Mainz ein "Dieselfahrverbot"
verhindern.
Sollte die Stadt Trier sich jedoch weitehin so unkooperativ in
Bezug auch Problemlösungen in der Avelsbacher Straße verhalten und
wie die Fraktionen im Stadtrat seit 20 Jahren "nicht in die Pötte
kommen", was zielführende Beschlüsse zur Verkehrsentlastung in der
Avelsbacher Straße betrifft, dann werden wir Anwohner/innen nicht
nur Tempo 30 in der Avelsbacher Straße fordern, sonden nach dem
Vorbild der "Deutschen Umwelthilfe" weitreichende
"Dieselfahrverbote" fordern. Um hierzu eine rechtliche Grundlage
vorzubereiten, soll die Stadt Auskunft über die folgenden Fragen
geben, wozu sie laut "Auskunftsgesetzt" auch verpflichtet ist. -
Gerne stehen wir allen poltischen Verantwortungsträger/innen für
Fragen zur Verfügung und erwarten von den Fraktionen im Stadtrat
endlich tätig zu werden, statt sich klammheimlich wegzuducken, wie
bisher, was konkete Schritte in Richtung einer "lebenswerten"
Problemlösung für die Avelsbacher Straße (und zahlreicher anderer
Straßen in Trier) anbelangt. - Die Zeit läuft seit mehr als 20
Jahren und zahlreiche politische Verantworliche haben sich bis zur
Lächerlichkeit unglaubwürdig gemacht. - Ich hoffe nach wie vor auf
vernünftige und einsichtige Lösungen vor Ort.
Ich bitt Sie hiermit, endlich tätig zu werden.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Johannes Verbeek
(Von 2009 bis 2012 Mitglied des Rates der Stadt Trier
(Linksfraktion) sowie des Ortsbeirates Kürenz bis 2014 parteilos)
Verteiler:Fraktionen im Stadtrat, Ortsbeirat Kürenz, Rathauszeitung Trier, Trierischer Volksfreund
Eine fette Ohrfeige für die Trierer Verkehrspolitik
Kommentar zu dem Artikel „Schweicher Stadtrat stimmt für
Tempo 30“ im Trierischen Volksfreund vom 25.05.20
Die Berichterstattung von Christoph Strouvelle ist sehr
aufschlussreich. Es werden von ihm Informationen transportiert, die für die Trierer
Verkehrspolitik nicht anders als „als fette Ohrfeige“ verstanden werden müssen.
Und zwar insgesamt: Das heißt konkret, sowohl für den gesamten Stadtvorstand der
Stadt Trier als auch für die einzelnen Fraktionen im Trierer Stadtrat.
Denn das besondere an dem Schweicher Stadtratsbeschluss ist,
dass sich die beabsichtigte Einführung von Tempo 30 quer durch die Innenstadt
von Schweich auf eine Landstraße bezieht, nämlich die L 141.
Demgegenüber wurde uns, d.h. den Mitgliedern der
Bürgerinitiative „Lebenswertes Kürenz“ als auch den Anwohner/innen der
Avelsbacher Straße in Kürenz – und nicht zuletzt wurde auch mir, Johannes
Verbeek, zu Zeiten als ich 2009-2012 als Vorsitzender der Stadtratsfraktion DIE
LINKE im Rat der Stadt Trier selbst tätig war – immer wieder von den zuständigen
Stellen im Baudezernat versichert, dass eine Einführung von Tempo 30 auf Landstraßen
nicht zulässig sei! Die Stadt Trier hätte hier überhaupt keinen Spielraum, weil
Landesgesetzte eine Unterschreitung von Tempo 50 auf Landesstraßen verbieten
würden.
Es ist nämlich nicht das erste Mal in Trier, dass sowohl Initiativen
als auch Anwohner/innen der Avelsbacher Straße eine Temporeduzierung auf dem Streckenabschnitt
„Kreuzung Domänenstraße“ bis unter die „Bahnunterführung in der Avelsbacher
Straße“ und weiter bis zur „Kreuzung am Wasserweg“ (Blumen Lambert) fordern!
Erste Anträge gehen bis auf das Jahr 2004 zurück die neuerlich
letzten bis auf wenige Monate zuvor in diesem Jahr (vgl. auch den Leserbrief
von Prof. V. Verbeek weiter unten!). Jeder Antrag und jedes Engagement wurde aber
von den Zuständigen Stellen im Trier Verwaltungsapparat schriftlich abgelehnt,
ohne auch nur die einzelnen Argumente gedanklich zu würdigen, die jetzt von den
Stadträten in Schweich angeführt werden und lobenswerter Weise auch in dem Artikel
des TV einer breiten Öffentlichkeit bekannt werden.
Dabei ist es ganz einfach – allerdings nur für verständige
Menschen, ohne politisch-ideologische Verblendung!
Das Hauptargument, das von der Schweicher CDU angeführt
wurde, um in der dortigen „Brücken- und Richterstraße“ eine Temporeduzierung
auf 30 Km/h zu beantragen, lautet schlicht:
Ein neues Lärmgutachten habe in Schweich ergeben, dass dort „eine solch hohe
Belastung durch Verkehrslärm besteht, dass dieser per Definitionem als gesundheitsgefährdend
gilt, heißt es in dem Antrag“ (TV, 25.05.20, S.11), wie der jetzt TV schreibt.
Dagegen hatte eine Normenkontrollklage der Bürgerinitiative „Lebenswertes
Kürenz“ gegen die Stadt Trier 2004 vor dem Oberverwaltungsgericht in Koblenz dazu
geführt, dass das Oberverwaltungsgericht schon 2004 in einem schriftlich genau gleichen
Wortlaut bezüglich der Lärmbelästigung in der Avelsbacher Straße in
Trier-Kürenz von einer starken „Gesundheitsgefährdung“ sprach! Die
Lärmsituation sei ohne Frage „gesundheitsgefährdend“! (vgl. OG-Koblenz 2004). Ich erlaube mir an dieser Stelle keinen näheren Zitationsbeleg, weil dieser nicht
nur in der Trierer Öffentlichkeit durch TV-Berichterstattungen allgemein bekannt
ist, sondern auch bis in die zahlreichen Stadtratsvorlagen der Stadt Trier und
darüber hinaus!
Leider wurden diese zahlreichen Anträge jedoch durch recht
verschiedene Scheinargumente der Stadtratsfraktionen in Trier bis heute mehrheitlich
zerredet und politisch unterlaufen. Die Ideologien, die diesen wechselseitigen
Ablehnungen einer doch ziemlich naheliegenden Lösung für die Verkehrslärmbelastung
in der Avelsbacher Straße zugrunde liegen, springen einem allgemein
verständigen und vorurteilslosen Betrachter nur so ins Gesicht:
So hat es die SPD-Fraktion im Trierer Stadtrat – aus Frust
vor einer Abfuhr des Kürenzer Ortsbeirates, keine „kleine Lösung“ für eine
Ortsumgehung akzeptieren zu wollen, im Folgenden immer wieder abgelehnt,
weitere Lösungen auch nur verfolgen zu wollen.
Die CDU hat lediglich Lippenbekenntnisse im Stadtrat
abgelegt. Wenn es aber darauf ankam, finanzielle Vorhaltungen in die Haushaltspläne
der Stadt Trier für eine mögliche Verkehrsentlastung des Stadtteils Kürenz einzuschreiben,
dann wurden diese zuerst in einen Nachtragshaushalt verschoben und anschließend
wieder aufgehoben, so dass schlussendlich (bis heute!) nie Gelder bewilligt oder
angespart wurden, wodurch die Stadt auf Dauer freilich handlungsunfähig bleibt.
Ähnlich sieht es mit dem Verhalten der UBM (später FWG und
jetzt UTB) im Stadtrat aus: Vollmundige Lippenbekenntnisse und unzählige
Scheingefechte im Stadtrat mit den (vermeintlich) gegnerischen Fraktionen – und
mehr nicht!
Die Grünen waren diesbezüglich „nie für voll zu nehmen“!
Zwar enthielten sie sich meistens, wenn es darum ging, die neuen Stadtteilgebiete
oberhalb von Altkürenz zu Wohngebieten mit erheblich größerem Verkehrsaufkommen
für den Stadtteil Kürenz auszubauen (- wohlwissend aber, dass ihr Einspruch
nichts an den Mehrheitsverhältnissen ändern würde, weil er überstimmt werden
würde), dennoch war mit jeder Enthaltung die Luft bei den Grünen, was weitere Lärmreduzierungsmaßnahmen
in Kürenz betraf, ganz raus. (Bis heute antworten die Grünen auf Bürgeranschreiben
nur, sie hätten die zahlreichen Schreiben an die „entsprechenden Stellen in der
Stadt“ weitergeleitet. Danke! – Eine eigene Initiative für die Belange der
betroffenen Bürger/innen hat es bei den aber Grünen nie gegeben. („Seilbahnen“
wurden als große verkehrspolitische Entwürfe vorgeschlagen und ergebnislos
wieder abgewickelt – ohne einen Mucks!)
Von der FDP war und ist in Sachen Lärmreduzierung in Kürenz
nichts zu erwarten. Selber schuld ist, wer in der Avelsbacher Straße wohnt, so lautet/lautete
ihre Politik für Kürenz. Dass dieses Wohnen aber noch kurz nach dem Weltkrieg
am abseitigen Randgebiet der Stadt Trier im ländlicher Idylle lag, wissen die
FDP-Stadträte schon gar nicht mehr. Der Schluss, dass das Verkehrsaufkommen
nicht naturgegeben, sondern durch getätigte – oder unterlassene (!) – politische
Entscheidungen im Rat der Stadt Trier herbeigeführt wurde, ist für FDP’ler (und
andere Fraktionen) nicht mehr nachvollziehbar: Und darum schon gar nicht mehr
der Schluss, dass auch sie – wie alle anderen Parteien im Trierer Stadtrat –
die volle (sic!) Verantwortung für die „gesundheitsgefährdende“ Verkehrssituation
in der Avelsbacher Straße tragen (- und nicht die Anwohner/innen!), so das OLG-Koblenz.
– Allerdings wird auch dieser, letzte zynische Schluss quer durch die
politischen Fraktionen nicht selten gezogen!
Die revolutionärste Fraktion der Linken im Trierer Stadtrat
ist mittlerweile dermaßen geschmeidig geworden, wenn es über die Proklamierung allgemeiner
Verkehrsforderungen (Stärkung des ÖPNV) hinausgeht, dass man sich als lärmgeschädigter
Anwohner geradezu verwundert, ob die Fraktionsmitglieder/innen überhaupt fähig
sind, die konkreten ( und nicht ideologischen) Bedürfnisse der Bürger/innen vor
Ort zu verstehen? Anträge zur Lärmreduzierung von den Linken kenne nicht! Daher
gilt schlussendlich auch hier: Viel Lärm um nichts!)
Von den anderen Parteien, die es zeitweise oder gegenwärtig
auch im Stadtrat gibt, will ich an dieser Stelle ganz schweigen!
Demgegenüber gilt:
Wie wohltuend ist es daher für „lärmerprobte Ohren“ in der Avelsbacher Straße
von den Entscheidungen des Schweicher Stadtrates zu hören, der von neuen
Argumenten spricht, die man nun in Schweich habe, um eine Temporeduzierung
politisch durchsetzen zu können!
„Es dürfe nicht sein, dass die Leichtigkeit des Verkehrs[-flusses]
der körperlichen Unversehrtheit als Rechtsgut von Verfassungsrang [!]
vorgezogen werde“, so der Tenor des CDU-Fraktionssprechers im Schweicher
Stadtrat Jonas Klar. – Wo hat man solche Töne in Trier jemals gehört?! Zudem:
Es bedürfe der unmittelbaren Einführung von Tempo 30 auf dem
Streckenabschnitt in der Schweicher Innenstadt, verbunden mit einer erläuternden
Beschilderung mit den „Hinweis ‚Lärmschutz‘“ (TV, ebd.). – Gut so!
Die Einsicht, „wir müssen alles tun, um die Belastung zu
minimieren“ (TV, ebd.), ist in den Köpfen der Schweicher Ratsmitglieder schon
angekommen – ganz im Gegenteil zu denen in Trier, wo die verschiedenen politischen
Ideologien zu gegenseitiger Blockierung einer für die Ahnwohner/innen in Kürenz
vernünftigen und lebenswerten Lärmreduzierungsbeschlussfassung bisher vorbeiführte.
– Leider! Und politisch ein Offenbarungseid!
Und noch eine abschließende Einsicht, die dankenswerter
Weise in dem Artikel von Schweich nach Trier transportiert wird:
„Lärm sei ein guter Grund, die Geschwindigkeit auf Tempo 30 zu verringern,
sagte Achim Schmitt von der SPD“ (TV, ebda.) in Schweich. – Wer hätte das je in
Trier gedacht?
Nun muss man sich als seit über zwanzig Jahren Betroffener lärmgeschädigter
Anwohner in der Avelsbacher Straße in Altkürenz fragen, warum die durchaus
vorhandene „Vernunft“ nicht schon im Trierer Stadtrat zu solchen Einsichten aufgeblüht
ist, denn auch von den Schweicher Beschlüssen wird man wohl sagen können, sie
kommen reichlich spät – aber nicht zu spät. Immer hin kommen sie so, dass man
sich gegenüber den Trierer Verkehrsschlappen als Sieger nach Punkten fühlen
darf. – Das darf gelobt werden.
DR. Johannes Verbeek
(Anwohner in der Avelsbacher Straße, Klageführer der
Bürgerinitiative Lebenswertes Kürenz gegen die Stadt Trier 2004 sowie
Fraktionsvorsitzender der LINKEN im Trierer Stadtrat 2009 bis 2012 und Mitglied
des Ortsbeirates Kürenz bis 2014)
Ps.Hatte ich vergessen zu erwähnen, dass eine Variante der Verkehrserschließeung des neuen Walzwerkes in Altkürenz eine Erhöhung des Vekehrs in Teilen der Avelsbacher Straße von bis zu 700 Fahrzeugen zusätzlich vorsteht? - Unfassbar!
Leserbrief im Trierischen Volksfreund vom 26.03.2020
Zum Thema Verkehr:
Warum nicht Tempo 30 einführen?
Zum Bericht „freie Stadt für Radler – zumindest für einen
Tag (TV vom 9. März)
Wer durch Brüssel fährt, kann dies bis in die Vororte nur
lärmreduziert mit Tempo 30 tun. Wer in Zürich einen Parkplatz sucht, der wird
nicht fündig und steigt direkt auf den ÖPNV um.
Vor diesem Hintergrund habe ich mir seit dem Votum für ein
klimafreundliches Trier verkehrspolitisch mehr erwartet als begrünte Bushaltestellten,
Planungen für ein paar autofreie Wohngebiete oder viel Aufwand um einen
einzigen Autofreien Tag in der Innenstand! Vor allem war ich sicher, dass es
Parteien links von der Mitte gelingen könnte, nicht nur Klientel zu bedienen,
sondern stattdessen sozial ausgleichend wirken zu wollen. Warum nicht auch in
Trier mutiger sein, in der Verkehrspolitik die ganze Stadt und dabei besonders (verkehrspolitisch)
benachteiligtes Wohnen im Auge haben?
Zu diesem Zweck hatte ich am Beispiel der Avelsbacher Straße,
an der ich selbst (seit über zwanzig Jahren) wohne, einen wiederholten
Vorschlag für eine erste (!) unkompliziert umsetzbare Lärm- und
Verkehrsreduktion für ein klimafreundliches Trier gemacht.
Straßen, durch die jeden Tag Zehntausende Fahrzeuge fahren
und die zusätzlich durch eine Bebauung bis zur Bordsteinkante einen ungeahnten
lärmsteigenden „Tunneleffekt“ erzeugen, wo Schallschutzfenster nicht ausreichen
(!), weil jeder durchfahrende LKW zusätzlich die Hausmauern erschüttert, wo
Nachtruhe nur zwischen 0 und 4 Uhr möglich wird, wo Wohnraum also im Grunde „enteignet“
ist – diese Straßen sollten in einer ersten verkehrspolitischen Maßnahme nur
noch mit Tempo 30 befahren werden, um attraktiv bewohnbar zu bleiben. Viele
andere Effekte einer Temporeduktion sind zudem weitläufig bekannt.
Die Antworten seitens der Stadtverwaltung füllen im
klimafreundlichen Trier Seiten, die so bereits vor 20 Jahren unter einem
konservativen Stadtvorstand formuliert worden waren. Die Reaktionen der
vermeintlich progressiven Parteien waren schmallippig oder blieben aus.
Egal welche Maßnahmen einer (vermeintlich) klimafreundlichen
Stadt in Zukunft noch verabschiedet werden: Statt eindimensionalen Denkens und
überkreativen Aktionismus wünsche ich mir den zusätzlichen Einbezug von
Überlegungen zur sozialen Gerechtigkeit und natürlich die nötige Portion
Gemeinsinn.
Prof. Dr. Veronika Verbeek
(25.05.20)
Virtuelle Einladung zum Hauskonzert
In Zeiten von Corona werden sog. "Hauskonzerte" wieder aktuell und von Star und Sternchen im Internet unter dem Motto: Paßt auf euch auf! - wir unterhalten euch auch weiterhin - solange bis ihr dafür wieder bezahlt werdet.
Vor diesem Hintergrund lädt die Avelsvacher Straße zu einem "Hauskonzert" der beonderen Art ein. Ein Konzert, das schon seit dem 09.01.2012 auf YouTube im Internet rund um die Uhr zu sehen und zu hören ist.
Unter dem Stichwort: "Avelbacher Straße" kann dort ein Video abgerufen werden, das an besagtem 09.01.2012 um 16.00 Uhr auf genommen wurde und eine vierteststunde "vorzügliche Hausmusik" (für alle Anwohner/innen 24 Std. täglich) zum fröhlichen Erklingen bringt. - Im wahrsten Sinne des Wortes "Straßenmusik" sozusagen.
Ein absolut sehens- und hörenswürdiges Live-Home-Event!
Unbedingt sollte zudem der ehemalige Begleitkommentar zu diesem Hauskonzert gelesen werden!
Die Einladung steht tagtäglich und richtet besonders an die dermaßen einfühlenden Verantwortlichen im Stadtrat sowie an alle artigen in den Amtsstuben Diensttuenden einschließlich dem Stadtvorstand unserer Stadt!
Wir, in der Avelsbacher Straße, sind für euch da - auch wenn ihr nicht permanent die Straße hoch und runter fahrt.
LG an alle politischen Großschwätzer und Kleinredner in dieser Stadt und anderswo, überall. Bleibt Zuhause, wir unterhalten Euch! (19.04.20)
Neuauflage des politischen Romans "Hinterzimmerei" von Vera Luchten. Zu Ostern ist die 2. Aufl. des politischen Romans von Vera Luchten nach einer Erzählung von Jakob Walravens op gen Beek als E-Book bei neobook erschienen. Die 2. Aufl. erscheint acht Jahre nach der Erstveröffentlichung des Romas in einem Leipziger Verlag. Da die Auflage relativ schnell vergriffen war, so dass der Roman mehrere Jahre nicht verfügbar war, ist die nun erfolgte 2. Auflage ein großer Fortschritt für alle frei denkenen Bürger/innen, die an den Machenschaften der Realpolitk nicht verzweifeln wollen und es deshalb nach wie vor mit Karl Marx' 11. Feuerbachthese halten. (18.04.20)
DAS ROTE TUCH und DAS GELBE VOM EI Solange der Kommunismus nicht verwirklicht ist, wird die Seite DAS ROTE TUCH heißen. Erst danach wird sie DAS GELBE VOM EI heißen können. Dan aber fliegen die Korken! (18.04.20)
Von hier ab nach oben beginnen die Seiten 20 "DAS ROTE TUCH" 20 (20.03.20) Wegen Platzmangel an neuen Buttons musste diese Lösung gewählt werden.
Aus dem Archiv freigeschaltet (Sept. 2011; Nov. 2013):
Krisengespräch in Mainz "Alle seien sich jedoch einig, dass Ausschlussverfahren nicht zum Erreichen politischer Ziele missbraucht werden dürften", das zumindest ist ein Ergebnis, was im Krisengespräch zwischen den Kreisvorsitzenden und des Landesvorstandes über den SWR-Bericht am vergangenen Samstag vermittelt wurde. Worum es noch ging,erfahren Sie hier. (24.8.2010)
Neue LINKE braucht die Stadt! Auf der Bundesseite wirbt DIE LINKE mit folgenden Sätzen um neue Mitglieder : "Ein Kreisverband bzw. ein Ortsverband ist lebendig und aktiv, wenn so viele Mitglieder wie möglich sich an der Gestaltung der Aufgaben und Vorhaben beteiligen. [...] Wenn aber die Mitglieder wegbleiben, die Versammlungen immer kleiner werden und zu den Aktionen immer nur der gleiche kleine Kreis kommt, dann ist es Zeit, die Organisation auf den Prüfstand zu stellen und neue Wege zu suchen." Tragen Sie zur Pluralität im KV Trier-Saarburg bei!Online-Beitrittserklärungen zur Partei DIE LINKE.Trier-Saarburg sind z.Zt. nur auf der Landesseite http://www.die-linke-rlp.de/?id=51 möglich. (7. August 2010)
Politische Lösungen sind gefragt Am Freitag, den 6. August lud der Regionalverband Eifel-Mosel zu einer Diskussion mit dem zurückgetretenen Landesvorsitzenden Alexander Ulrich (MdB) ein, gegen den bereits im Juli ein Parteiauschlussverfahren eingeleitet wurde. Die gut besuchte Veranstaltung fand in Wittlich statt. Am 2. August 2010 erläuterte Alexander Ulrich seine Einschätzung der politischen Lage der Landespartei in einer Stellungnahme mit ausdrücklicher Bitte um Verbreitung: Stellungnahme vom 2. August 2010. Auf seiner Homepage findet sich eine Pressemitteilung zu seinen Parteiausschlussanträgen: Pressemitteilung vom 26. Juli 2010 (7. August 2010)
Antrag auf Parteiausschlussverfahren Am 28. Juli 2010 wurde mir von der Landesschiedsstelle mitgeteilt, dass vier Genossinnen und Genossen aus dem KV Trier-Saarburg ein Parteiausschlussverfahren gegen mich beantragt haben, was heute presseöffentlich wurde. Zu dem Verfahren werde ich mich inhaltlich nicht äußern. Es ist vor dem Hintergrund der Glaubwürdigkeitsdebatte linker Politikkultur selbstredend, dass ein Parteiauschluss keine Lösung für politische Meinungsunterschiede darstellen kann. Dies gilt im besonderen Maße für politische Lage in Trier. Mittlerweile haben mich schon parteiintern zahlreiche Solidaritätsbekundungen aus anderen Kreisverbänden erreicht, was mich sehr erfreut und worüber ich mich an dieser Stelle bedanken möchte. (29. Juli 2010)
Worüber nicht mehr geschwiegen werden darf Seit Anfang des Jahres 2010 sind einige Einbrüche, Diebstähle, Sachbeschädigungen und mutwillige Zerstörungen sowie ehrverletzende Beschimpfungen und üble Beleidigungen gegen mich gerichtet worden. Darüber habe ich mich ein halbes Jahr nicht geäußert. [weiter] (28. Juli 2010)
Zur Internetpräsenz linker Politik im Rat Am 13. Juli 2010 schreibt Marcus Stoelb in einem Artikel über die Internetpräsenz von Kommunalpolitkern folgenden Satz über mich: Weil Linken-Stadtratsmitglied Dr. Johannes Verbeek seinen Genossen nicht mehr über den Weg traut, hat auch er sich zwischenzeitlich einen eigenen Internetauftritt zugelegt ... [weiter] (19. Juli 2010)
Gesprächsbereitschaft muss sich zeigen, sie kann nicht nur ausgesprochen werden. Vor dem Hintergrund der Aussage von Katrin Werner im Trierischen Volksfreund vom 13. Juli 2010, sie sei gesprächsbereit, habe ich ihr ein drittes Gesprächsangebot zur Überwindung der Kooperationsprobleme unterbreitet. [weiter zum Brief] (18.7.2010)
Chance einer Berlinfahrt verpasst! Anfang Juni wurde ein Gesprächstermin mit MdB Ulrich Maurer als Aufbaubeauftragter West vereinbart, der in der Konfliktsituation in Trier vermitteln sollte. Das Treffen in Ludwigshafen sollte allerdings nur eine Stunde dauern. [korrigierte Version vom 30.7.2010] (11.7.2010)
Wenn 11 von 13 Personen sich selbst zum KV Trier-Saarburg wählen Auf die Anfrage eines Pressevertreters, weshalb die Medien nicht zur KV-Wahl eingeladen worden waren, habe ich eine persönliche Stellungnahme zur KV-Wahl am 3. Juli 2010 verfasst. [weiter] (11. 7.2010)
"Trier" in Kaiserslautern: Bei der Wahl der Landesliste für die Landtagswahl 2011 in Kaiserslautern sind überraschend Personen nicht gewählt worden, die programmatisch für die Linken gearbeitet haben. Lesen Sie hierzu die Stellungnahme von Frank Eschrich zu einem Interview der Landesvorsitzenden Kathrin Senger-Schäfer in "Neues Deutschland" [weiter] (11.7.2010)
Bewerbungen für KV-Vorstand: Da ich keinen Einfluss auf die Terminwahl der KV-Wahl haben konnte, fiel diese in einen wohl nur einwöchigen, aber langfristig gebuchten Familienurlaub. Dem KV lagen am 3. Juli zwei schriftliche Bewerbungen vor: Die von mir, Johannes Verbeek, und die meiner Frau, Veronika Verbeek. (11.7.2010)
Im Konflikt linksautoritär Wenn über die politischen Konflikte in Trier um die Neubildung der von Katrin Werner (MdB) am Weltfrauentag aufgekündigte Fraktion diskutiert wird, positionieren sich sporadisch Parteiinterne mit bestimmten Vorannahmen über die Bewältigung von Konflikten, die in diesem Artikel als Strategie enthüllt werden sollen. [weiter] (26. 6.2010)
"Trier" in Ludwigshafen: Am 22. Juni 2010 kündigte der linke Stadtrat Liborio Cicaarello die zweiköpfige Fraktion im Ludwigshafener Stadtrat auf. Als Gründe hierfür nannte er alle hier in Trier auch bekannten Strategien von politischem Mobbing: Kommunikaktionsverweigerung, systematische Blockade seiner politischen Positionen, Misstrauenvoten als Machtmittel des KV, mit zweierlei Maß messen, Nicht-Einhalten von Vereinbarungen, obwohl diese durch den Landesvorstand vermittelt wurden. Hier lesen Sie die Persönliche Erklärung von Cicarello sowie einen Beitrag in der Lokalpresse aus Ludwigshafen. (24. 6.2010)
Wie steht‘s mit der Inklusion, wenn’s um Mitglieder geht? In der Präambel der Bundessatzung der Partei DIE LINKE steht am Ende der tolerante Satz: „Die neue Linke ist plural und offen für jede und jeden, die oder der gleiche Ziele mit demokratischen Mitteln erreichen will.“ [weiter](30.5.2010)
Kommentar zum Artikel in 16vor vom 12. Mai 2010 Ich habe bereits in meiner Presserklärung zum Rücktritt als KV-Vorsitzender vom 11. Mai 2010 geäußert, dass die notwendigen Rahmenbedingungen für eine Fraktion von Frau Werner nicht erfüllt werden: Koorperation, Anwesenheit, Kommunikation und Verlässlichkeit. Eine nun plötzliche Anwesenheit in Trier auf Kosten des Wählerauftrags als Bundestagsabgeordnete in Berlin reicht allein nicht. [weiter]
Folgende Gedanken aus meiner Rede zur Konstituierenden Sitzung des Stadtrates der Stadt Trier im August 2009 haben für mich leider wieder Aktualität: Es gibt […] Situationen, in denen man sich nicht klein reden lassen darf! Ganz im Gegenteil: Es gilt hier, die persönliche Integrität nicht nur zu wahren – so als hätte man sie zu Besitz – sondern allererst für sich zu erlangen. Dazu gehört auch der Wille, die Öffentlichkeit als demokratischen Faktor aufzuklären, besonders wenn es um maßgebliche „gesellschaftliche Verantwortung“ geht, die nur im für jedermann zugänglichen, öffentlich Raum wahrgenommen werden kann. Ich erinnere mich in diesem Zusammenhang an Kant, der meint, dass es überhaupt keine geheimen Absprachen geben dürfe, weil sonst die öffentliche Sphäre durch ein vermeintliches Recht auf Lüge ausgehöhlt werden könne. So genannte „Geheimnisse“ sind dann demokratisch nicht kontrollierbar. Darum beuge ich mich auch keinem Zwang, der mir auferlegen möchte, wie ich zu denken und zu handeln habe, bzw. was ich sagen darf – oder eben nicht. (12.05.2010)
Rücktritt vom Amt des KV-Vorsitzenden Trier-Saarburg Hiermit erkläre ich mit sofortiger Wirkung am 11. Mai 2010 meinen Rücktritt vom Amt des KV-Vorsitzenden der Partei DIE LINKE Trier-Saarburg. Dies ist meine Konsequenz aus den unüberwindbaren Konflikten mit meiner Mitvorsitzenden Katrin Werner. Es handelt sich um einen Beitrag meinerseits zur Deeskalation der Konflikte und zu einem partiellen Neuanfang im KV Trier-Saarburg. [weiter]
Ehrenamtlicher Richter Vor einigen Monaten wurde die Linksfraktion von der Verwaltung aufgerufen, einen ehrenamtlichen Verwaltungsrichter zu benennen, dessen Amtszeit 2011 beginnt. Die Linke hat mit Dr. Karl-Georg Schroll einen kompetenten und erfahrenen Genossen benannt, der zudem auch noch die formalen Anforderungen der Verwaltung an dieses Amt erfüllt. (1.5. 2010)
Irritationen im Schulträgerausschuss Obwohl Konstatin Kanty medienwirksam aus der Partei Die Linke ausgetreten ist und sich per schriftlicher Erklärung von den politischen Zielen der Partei distanziert hat, sitzt er selbstverständlich am 21. April für die Linke im Schulträgerausschuss, anstatt seinem Nachfolger Marc-Bernhard Gleißner den Sitz zu übertragen. Dies ist völlig widersprüchlich und aus meiner Sicht inakzeptabel. [weiter](24.4.2010)
Der Arbeitskreis Linke-Stadt-Trier hat sich am 12. April um 18.00h im Postillion in Trier-Nord zum ersten Mal getroffen. Vereinbart sind wöchentliche und für Interessierte öffentliche Arbeitssitzungen, um das tagespolitische Geschehen in Trier zu diskutieren und das kommunalpolitischen Programm weiter zu entwickeln. Möglichst zeitnah wird eine eigene Homepage eingerichtet, die erlaubt, die Ergebnisse des Arbeitskreises öffentlich zu kommunizieren. Interessierte sind jederzeit herzlich willkommen. Wenn Sie mitarbeiten wollen, melden sich bitte über das Kontaktformular. (18.4.2010)
Trierischer Volksfreund überschreitet ethische Grenzen: Am 10. April berichtete der TV über die zunehmende Unterstützung einer an Inhalten ausgerichteten Kommunalpolitik, die ich seit Beginn meines lokalpolitischen Engagements vertrete. Leider veröffentlichte der TV in diesem Zusammenhang auch die neuen Mitgliedschaften einiger Personen, die entweder darüber nicht informiert waren oder sogar mehrfach darum gebeten hatten, dass sie ihre Namen nicht im TV lesen möchten. Hier wurden Persönlichkeitsrechte seitens des TV verletzt, weil Mitgliedschaften in politischen Parteien strengen Datenschutz-bestimmungen unterliegen. Die Information über neue Mitglieder muss dem Trierischen Volksfreund zugetragen worden sein. Ich selbst kommentiere Anfragen seitens des TV nicht mehr, es sei denn, es werden sachpolitische Statements erwartet. Der im TV aufgegriffene und seit März vorliegende Einspruch gegen den Antrag einer Mitgliedschaft meiner Frau ist für Informierte natürlich nur als hilflose Agitation zu verstehen, um indirekt meine kommunalpolitische Arbeit zu schwächen. (18.4.2010)
Parteiaustritt von Konstantin Kanty: Anfang April trat Konstantin Kanty aus der Partei Die Linke aus. Damit sind alle seine Ämter im Ortsverband, Kreisverband und seine Vertretung der Linken im Schulträgerausschuss vakant. Wieder einmal nimmt jemand seine Arbeit und den Wählerauftrag nicht ernst. Völlig absurd sind seine Anschuldigungen, mich dafür verantwortlich zu machen, "dass weder Orts-, noch Kreisverband der Partei derzeit im Stande sind, ein angemessenes lokalpolitisches Profil zu entwickeln." Natürlich muss nicht ich die Verantwortung dafür übernehmen, dass andere keine kommunalpolitischen Beiträge leisten. Der Trierische Volksfreund hat Kantys Behauptungen leider erneut unkritisch übernommen. Mit dem Parteiaustritt von Kanty ist der Weg frei für eine kompetente Bildungs- und Schulpolitik, einen Bereich, den er unbedingt für die Fraktion übernehmen wollte, aber nicht inhaltlich gestalten konnte. Seine Nachrückerin auf dem Listenplatz für den Stadtrat ist Linde Andersen. (6.4.2010)
Fraktionsaustritt von Katrin Werner (MdB): Am 8. März 2010 trat Katrin Werner aus der gemeinsamen Linksfraktion im Stadtrat Trier aus, sodass ich seitdem als fraktionsloses Mitglied im Stadtrat die Interessen der Wählerinnen und Wählern vertrete. Bislang hat mir Katrin Werner keine Gründe für den Fraktionsaustritt mitgeteilt. Von ihrer Entscheidung habe ich über die Presse erfahren! Ich weiß auch nicht, weshalb Katrin Werner nun - entgegen der öffentlich so wahrgenomenen Empfehlung des Landesvorstandes, ihr Mandat zurückzugeben - wieder in eine Fraktion eintreten will. Durch die nicht an der Sache orientierte Presseberichterstattung fühle ich mich mittlerweile in meinem Ansehen geschädigt. Meine Absicht, linke Politik in Trier glaubwürdig voranzutreiben, so missverstanden zu wissen, hat mich gekränkt.
Es wird sich zeigen, inwiefern es Katrin Werner gelingen kann, dem Wählerauftrag an ein Stadtratsmandat in Trier nachzukommen und nun regelmäßig an Fraktionssitzungen, Ausschüssen und Ratssitzungen teilzunehmen. Dies ist - nach den negativen Auswirkungen ihrer Entscheidung - eine Voraussetzung für eine glaubwürdig vermittelte Fraktionsneubildung mit ihr. Die Option, ihr Mandat an einen Nachrücker auf dem Listenplatz abzugeben, steht Katrin Werner nach wie vor jederzeit offen.
Durch den überraschenden Fraktionsaustritt Anfang März haben wir Sitze in ca. 22 Gremien, Ausschüssen und Arbeitskreisen sowie zwei Aufsichtsratssitze verloren. Wir haben kein Fraktionsbüro im Rathaus mehr, können nicht mehr unsere politische Meinung wöchentlich in der Rathaus-Zeitung publizieren und mussten unser gesamtes Fraktionsbudget von 11 000 Euro zurück überweisen. Die repräsentativen Aufgaben fallen weg, was die Wahrnehmung der Linken im Stadtrat massiv einschränkt. (27.3.2010)